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[AZA 0/2] 
5C.82/2001/min 
 
II. Z I V I L A B T E I L U N G ******************************** 
 
 
30. Oktober 2001 
 
Es wirken mit: Bundesrichter Reeb, Präsident der II. Zivilabteilung, 
Bundesrichter Raselli, Bundesrichterin Escher 
sowie Gerichtsschreiber Zbinden. 
 
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In Sachen 
S.________, Beklagter und Berufungskläger, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Fritz Frey, Nüschelerstrasse 35, Post-fach 4173, 8022 Zürich, 
 
gegen 
 
1. T.________, 
2. M.________, Kläger und Berufungsbeklagte, beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Bösch, Alte Landsstrasse 106, 8702 Zollikon, 
 
betreffend 
Notwegrecht, hat sich ergeben: 
 
A.- In einem Landspickel der Gemeinde X.________ befindet sich eine dreiteilige Kernzonenbaute. Der nördliche Hausteil steht auf dem Grundstück Nr. 463 im Eigentum von T.________, der südliche auf dem Grundstück Nr. 466 im Eigentum von M.________ und der mittlere auf dem Grundstück Nr. 464 im Eigentum von S.________. Jeder der drei Hausteile besitzt auf der Südostseite einen befestigten Vorplatz, wodurch eine strassenähnliche Verbindung zwischen der Strasse Y.________ und der Strasse Z.________ gebildet wird. 
M.________ ist im Weitern Eigentümer des Grundstückes Nr. 465. S.________ stellt sich auf den Standpunkt, seinen Nachbarn zur Linken und zur Rechten stehe kein Recht zu, sein eigenes, in der Mitte gelegenes Grundstück als Weg zu nutzen. 
Im Juni 1992 sperrte er den Weg auf seinem Vorplatz mit Fahrzeugen, kurz darauf mit abschliessbaren Toren. 
 
B.- Mit Urteil vom 13. Februar 2001 gewährte das Obergericht des Kantons Zürich im Berufungsverfahren T.________ und M.________ je ein Notwegrecht im Sinne von Art. 694 ZGB zu Gunsten ihrer Grundstücke bzw. zu Lasten desjenigen von S.________ und legte die Entschädigung an diesen fest. Ferner stellte es den Bestand eines altrechtlichen Fuss- und Fahrwegrechts von 2.7 m Breite zu Gunsten und zu Lasten der Grundstücke Nr. 464 und Nr. 466 entlang der südöstlichen Grenze fest. 
 
Das Kassationsgericht des Kantons Zürich wies die von S.________ gegen den Bestand der altrechtlichen Dienstbarkeit eingereichte Beschwerde am 2. September 2001 ab. 
C.- S.________ gelangt mit Berufung ans Bundesgericht. 
Er beantragt die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils in Bezug auf das Notwegrecht und die Abweisung der diesbezüglichen Klage. Eventualiter sei das Notwegrecht von T.________ auf den ausgerundeten Mündungsbereich des belasteten Weggebietes an der Strasse Z.________ zu beschränken. Die Verlegung der Kosten- und Entschädigungen im kantonalen Verfahren sei dem Ausgang der Berufung anzupassen. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Vorliegend ist über ein Notwegrecht und damit eine Zivilrechtsstreitigkeit im Sinne von Art. 46 OG zu befinden. 
Der erforderliche Streitwert richtet sich nach dem Interesse der Kläger. Das Bundesgericht legt ihn von Amtes wegen fest. 
Die Schätzung der Vorinstanz lautet auf Fr. 60'000.--. Davon abzuweichen, besteht kein Anlass. Es liegt ein Endentscheid vor, der nicht mehr durch ein ordentliches kantonales Rechtsmittel angefochten werden kann (Art. 48 Abs. 1 OG). Die Berufung ist damit zulässig. 
 
2.- a) Der Beklagte verneint die Wegenot des Grundstückes Nr. 463. Dieses grenze unmittelbar an eine öffentliche Strasse, welche von der Eigentümerin ohne Beanspruchung eines Fremdgrundstückes über ihren eigenen Boden erreicht werden könne. Zudem sei die Erschliessung von Bauland mit den Instrumenten des öffentlichen Rechts vorzunehmen. Das Institut des Notwegrechts diene keinesfalls dazu, allfällige Versäumnisse im Quartierplanverfahren zu beheben. Schliesslich widerspreche die konkrete räumliche Festlegung des Notwegrechts dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit, da die allfälligen Bedürfnisse des berechtigten Grundstückes im Vergleich zur gewerblichen Nutzung des belasteten Grundstückes zu stark gewichtet werden. 
 
b) Der Beklagte anerkennt, dass es sich beim Grundstück Nr. 465 um eine gefangene Parzelle handle. Indes habe der Eigentümer zuerst die Möglichkeiten des Quartierplanverfahrens auszuschöpfen, welche dem zivilrechtlichen Notwegrecht vorgingen. Wollte man hier eine Wegenot bejahen, so hätte sich der Anspruch gegen das Nachbargrundstück Nr. 467 zu richten, über welches das Grundstück Nr. 465 vor der Parzellierung anfangs der 60er-Jahre einen direkten Zugang zur öffentlichen Strasse hatte. Die Einwände der Vorinstanz zu dieser Variante seien aus planungsrechtlicher Sicht unverständlich. 
Ihr Hinweis, dass der Schopf auf dem Grundstück Nr. 465 seit jeher auf den bestehenden Fahrweg ausgerichtet war, erweise sich als widersprüchlich. Aktenwidrig sei zudem die vorinstanzliche Feststellung, dass vom Grundstück Nr. 465 je eine Verbindung über das Grundstück Nr. 467 zum Grundstück Nr. 466 bzw. die Strasse Y.________ geführt hätte. 
 
3.- Gemäss Art. 694 Abs. 1 ZGB kann der Grundeigentümer, der keinen genügenden Weg von seinem Grundstück auf eine öffentliche Strasse hat, beanspruchen, dass ihm die Nachbarn gegen volle Entschädigung einen Notweg einräumen. 
 
a/aa) Mit Blick auf die Entstehungsgeschichte hat das Bundesgericht die Gewährung des Notwegrechts seit jeher von strengen Voraussetzungen abhängig gemacht. Erforderlich ist eine eigentliche Notlage, welche zum Beispiel im Hinblick auf die Verbesserung eines mangelhaften Zuganges nicht gegeben ist. Was als genügender Weg zu gelten hat, legt das Bundesprivatrecht fest. Die öffentlich-rechtlichen Anforderungen an die Zufahrt für eine Überbauung begründen noch keine Wegenot. 
Hingegen richtet sich die bestimmungsgemässe Nutzung eines Grundstückes nach planungsrechtlichen Grundsätzen. Kann eine Parzelle diesen zufolge nicht überbaut werden, fehlt auch das Bedürfnis für eine motorfahrzeugmässige Erschliessung (BGE 120 II 185 E. 2a, 2b). 
 
bb) Das Raumplanungsrecht umschreibt die Nutzungspläne und damit die Zonen (Art. 14 ff. RPG) und legt die Anforderungen an die Erschliessung fest (Art. 19 Abs. 1 RPG). 
Das Gemeinwesen ist zur Erschliessung verpflichtet, und der Grundeigentümer kann erst bei seinem Versäumnis selber tätig werden (Art. 19 Abs. 2 und 3 RPG). Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung gehört zu einer hinreichenden Zufahrt nach Art. 19 Abs. 1 RPG auch das Verbindungsstück von der öffentlich zugänglichen Strasse zum Baugrundstück. Gleichwohl gibt es in der Praxis in den zur Überbauung bestimmten Gebieten immer wieder Land, das über keinen genügenden Zugang verfügt; diese Situation kann Folge einer Parzellierung sein, bei welcher die nachbarrechtlichen Beziehungen vernachlässigt worden sind. In solchen Fällen ein Notwegrecht zu gewähren, ohne dass die planungsrechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft worden sind, kann dem Zweck der Raumplanung sogar zuwiderlaufen, was nicht wünschenswert ist (BGE 120 II 185 E. 2c am Ende; 121 I 65 E. 3c; vgl. auch BGE 117 II 35 E. 2 und 4). 
 
b/aa) Gemäss den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (Art. 63 Abs. 2 OG) lag dem Quartierplan 'P.________' die Annahme zugrunde, die bestehenden Liegenschaften hätten eine direkte Zufahrt über die Strasse Z.________ und die Strasse Y.________. Im hier strittigen Bereich erfolgten keine planerischen Massnahmen. Allerdings stellte sich die Frage der Zufahrt damals nur für die gefangene Parzelle Nr. 465, da die Grundstücke Nr. 463 und Nr. 464 erst im Rahmen der Erbteilung im Jahre 1988 entstanden sind. Nunmehr besteht ein Fahrweg entlang der südöstlichen Grenze der Grundstücke Nr. 464 und Nr. 466. Es geht nach Auffassung der Vorinstanz nur mehr darum, ob auch die Eigentümer der Grundstücke Nr. 463 und Nr. 465 diesen benutzen dürfen. Dies könne als zivilrechtliche Frage beantwortet werden, da kein Konflikt mit dem bestehenden Quartierplan drohe. 
 
bb) Die Gemeinde X.________ hat am 20. Juli 1993 die Quartierplanbedürftigkeit verneint und demzufolge eine Revision des Quartierplanes 'P.________' abgelehnt. Ihrer Ansicht nach war die Zufahrt zu den Grundstücken Nr. 466 und Nr. 463 im damaligen Quartierplanverfahren als genügend erachtet worden. 
Daher gehe es nunmehr um eine rein zivilrechtliche Streitigkeit unter Nachbarn, was auch das Verwaltungsgericht in seinem Urteil vom 22. April 1993 annehme. Dieser Ansicht durfte sich das Obergericht anschliessen und folgerichtig die Voraussetzungen zur Gewährung eines Notwegrechts prüfen. Die Kläger haben nämlich versucht, mit einem Revisionsbegehren das Quartierplanverfahren neu aufzurollen. Ob ihrem Ansinnen zu Recht kein Erfolg beschieden war, ist für den vorliegenden Fall nicht von Bedeutung. Massgebend ist in diesem Zusammenhang, dass die öffentlich-rechtlichen Mittel zur Regelung der Zufahrt von den Klägern genutzt worden sind (vgl. nicht veröffentlichter Entscheid des Bundesgerichts vom 4. April 2000 i.S. B., [5C. 64/2000]). Zudem ist es nicht Aufgabe des Zivilrichters, Entscheide einer Planungsbehörde auf ihre Übereinstimmung mit dem kantonalen und eidgenössischen Recht zu überprüfen. Wird der geltende Quartierplan hinsichtlich der verkehrsmässigen Erschliessung nicht überarbeitet, kann zudem durch die Einräumung eines Notwegrechts kein Konflikt mit späteren planerischen Massnahmen in dieser Richtung geschaffen werden. 
 
c) Die Vorinstanz bejahte die Voraussetzungen für die Gewährung eines Notwegrechts zu Gunsten des Grundstücks Nr. 463. Zwar grenze es direkt an die Strasse Z.________. 
Indessen widerspreche es dem seit 1985 geltenden Quartierplan 'P.________' zusätzlich zum bereits bestehenden Fuss- und Fahrweg zu Gunsten und zu Lasten der Grundstücke Nr. 466 und Nr. 464 eine weitere Zufahrt zu dieser öffentlichen Strasse zu schaffen. Zudem (wenn auch nicht mehr entscheidend) könnte die Zufahrt vom Grundstück Nr. 463 zur Strasse Z.________ wohl auch aus strassenpolizeilichen Gründen an der fraglichen Stelle nicht bewilligt werden. 
 
Diese wenn auch knappen Erwägungen genügen durchaus, um eine Wegenot zu bejahen. Es bleibt klarzustellen, dass ein Notweg dann nicht beansprucht werden kann, wenn ein Grundstück an die öffentliche Strasse grenzt, aber die Einmündung in diese wegen der Verkehrssicherheit nicht in Frage kommt (BGE 120 II 185 E. 2d). Hingegen sind bei der Festlegung von Lage und Verlauf eines Notwegs auch mögliche Gefahren der Benutzer zu berücksichtigen. 
 
d) Was das Grundstück Nr. 465 betrifft, stellt die Vorinstanz fest, dass es sich dabei unbestrittenermassen um eine gefangene Parzelle handle. Angesichts des bestehenden Fahrwegs zu Gunsten und zu Lasten der Grundstücke Nr. 464 und Nr. 466, der mit dem Quartier- bzw. Kernzonenplan in Einklang stehe, und den Verhältnissen seit der zweiten Hälfte des 
19. Jahrhunderts komme ein Notwegrecht über das Grundstück Nr. 467 nicht in Frage. 
 
In diesem Fall geht es einzig um die Frage, ob der Notweg über das Grundstück Nr. 464 gelegt werden soll. Angesichts der Tatsache, dass in diesem Bereich schon ein Fahr- und Fussweg von 2.7 m besteht, musste die Vorinstanz den Kläger nicht an den Eigentümer des Grundstückes Nr. 467 verweisen. 
Bei Berücksichtigung sämtlicher konkreter Umstände erscheint die Belastung des Grundstückes Nr. 464 als die am wenigsten schädliche (Meier-Hayoz, Berner Kommentar, N. 32 zu Art. 694 ZGB). Entgegen der Auffassung des Beklagten ist es nicht völlig unverständlich, wenn die Vorinstanz durch die Einräumung eines Notwegrechts zu Lasten des Grundstückes Nr. 467 einen offensichtlichen Widerspruch zur planungsrechtlichen Situation im betroffenen Quartier sieht. Wenn diese Frage hier auch nicht abschliessend zu prüfen ist, sei immerhin daran erinnert, dass eines der Ziele der Raumplanung der haushälterische Umgang mit dem Boden ist (Art. 75 BV; Art. 1 Abs. 1 RPG; Haller/Karlen, Raumplanungs- Bau- und Umweltrecht, Band I, 3.A., Zürich 1999, S. 25). Demzufolge kann es nicht falsch sein, wenn nur wirklich notwendige und nicht etwa zusätzliche Zufahrten gebaut werden. 
 
Soweit sich der Beklagte zur seinerzeitigen Erschliessung des Quartiers äussert, laufen seine Vorbringen auf eine unzulässige Kritik am Sachverhalt hinaus (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG). Die Beweiswürdigung der Vorinstanz kann nur im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde überprüft werden (Art. 43 Abs. 1 OG; BGE 120 II 97 E. 2b S. 99). 
Offensichtlich auf Versehen beruhende Feststellungen der Vorinstanz sind nicht ersichtlich (Art. 63 Abs. 2OG). 
 
4.- Der angefochtene Entscheid verletzt nach dem Gesagten kein Bundesrecht. Die Berufung ist somit abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann, und das vorinstanzliche Urteil ist zu bestätigen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beklagte kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Eine Parteientschädigung an die Kläger entfällt, da keine Berufungsantwort eingeholt worden ist. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1.-Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist, und das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 13. Februar 2001 wird bestätigt. 
2.-Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird dem Beklagten auferlegt. 
 
3.-Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
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Lausanne, 30. Oktober 2001 
 
Im Namen der II. Zivilabteilung 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS 
Der Präsident: 
 
Der Gerichtsschreiber: