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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_620/2022  
 
 
Urteil vom 20. Januar 2023  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, Beusch, 
Gerichtsschreiber Seiler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Einwohnergemeinde U.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Konrad Jeker, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Kanton Solothurn, 
vertreten durch das Volkswirtschaftsdepartement, 
Barfüssergasse 24, 4509 Solothurn. 
 
Gegenstand 
Gebühr Hundehaltung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 4. April 2022 (VWKLA.2020.6). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Nach § 11 Abs. 1 des Gesetzes über das Halten von Hunden des Kantons Solothurn vom 7. November 2006 (HuG/SO; BGS 614.71) hat der Halter oder die Halterin für jeden meldepflichtigen, im Kanton gehaltenen Hund in seiner Wohnsitzgemeinde eine jährliche Hundesteuer von Fr. 50.-- bis maximal Fr. 200.-- und eine Kontrollzeichengebühr von Fr. 40.-- gemäss § 115 lit. c des Gebührentarifs des Kantons Solothurn vom 8. März 2016 (GT/SO; BGS 615.11) zu entrichten. Für die Veranlagung der Hundesteuer und der Kontrollzeichengebühr sind die Einwohnergemeinden zuständig. Sie haben jährlich eine Bezugsliste über die in ihrem Gebiet gehaltenen Hunde zu erstellen und der zuständigen kantonalen Dienststelle jährlich eine Kopie der Bezugsliste in elektronischer Form zu übermitteln (§ 14 Abs. 1 HuG/SO). Für die Hundesteuer sieht das kantonale Gesetz vor, dass die Einnahmen daraus an die Gemeinden fallen (§ 11 Abs. 3 HuG/SO).  
 
A.b. Mit Verfügung vom 12. Dezember 2017 forderte der Veterinärdienst des Kantons Solothurn die Einwohnergemeinde U.________/SO auf, eine Bezugsliste in elektronischer Form für die auf dem Gemeindegebiet gehaltenen Hunde zu übermitteln. Nachdem die Gemeinde dieser Aufforderung nicht nachgekommen war, verfügte der Veterinärdienst am 16. April 2018, dass die Gemeinde dem Kanton Solothurn für die am 1. April 2017 auf Gemeindegebiet gehaltenen 346 Hunde den Betrag von total Fr. 13'840.-- zu bezahlen habe. Die Zahl der Hunde entnahm der Veterinärdienst der Datenbank AMICUS.  
Die Gemeinde führte verschiedene Rechtsmittel gegen diese Verfügung. Nachdem zunächst mehrere Instanzen nicht auf die Rechtsmittel eingetreten waren, wies das Steuergericht des Kantons Solothurn das Volkswirtschaftsdepartement des Kantons Solothurn mit Urteil vom 2. März 2020 an, die Sache materiell zu behandeln. Mit Entscheid vom 1. September 2020 erkannte das Volkswirtschaftsdepartement, dass das Amt für Landwirtschaft (bzw. der Veterinärdienst) nicht zum Erlass der Verfügung vom 16. April 2018 befugt gewesen sei, weshalb es diese Verfügung aufhob. 
 
B.  
Mit Klage vom 19. November 2020 beantragte das Volkswirtschaftsdepartement des Kantons Solothurn dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn, die Einwohnergemeinde U.________ sei zu verpflichten, dem Kanton Solothurn die Gebühr Kennzeichnungskontrolle der Jahre 2017, 2018 und 2019 in Höhe von total Fr. 43'520.-- zuzüglich 5 % Zins "seit wann rechtens" zu bezahlen, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Gemeinde. Mit Urteil vom 4. April 2022 hiess das Verwaltungsgericht die Klage gut und verpflichtete die Einwohnergemeinde U.________, dem Kanton Solothurn Fr. 43'520.-- zuzüglich Zins zu 5 % seit dem 19. November 2020 zu bezahlen. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 23. Mai 2022 beantragt die Einwohnergemeinde U.________, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 4. April 2022 sei aufzuheben und die Klage des Kantons Solothurn vom 19. November 2020 sei abzuweisen. 
Die Vorinstanz und das Volkswirtschaftsdepartement des Kantons Solothurn beantragen die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Die Beschwerdeführerin repliziert. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die frist- (Art. 100 Abs. 1 BGG) und formgerecht (Art. 42 BGG) eingereichte Eingabe betrifft eine Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a BGG) und richtet sich gegen das kantonal letztinstanzliche, verfahrensabschliessende Urteil eines oberen kantonalen Gerichts (Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 und Art. 90 BGG). Es liegt kein Ausschlussgrund nach Art. 83 BGG vor.  
 
1.2. Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, sie sei durch das angefochtene Urteil in ihren finanziellen Interessen berührt und in ihrer Rechtsstellung wie eine Privatperson betroffen. Des Weiteren werde sie in spezifischer, schutzwürdiger Weise in der Wahrnehmung einer hoheitlichen Aufgabe betroffen, sodass sie auch aus diesem Grund zur Beschwerde legitimiert sei. Der Kanton Solothurn bestreitet dies.  
 
1.3. Nach Art. 89 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat, durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat. Diese Regelung ist in erster Linie auf Privatpersonen zugeschnitten, doch kann sich auch das Gemeinwesen darauf stützen, falls es durch einen angefochtenen Entscheid gleich oder ähnlich wie ein Privater oder aber in spezifischer, schutzwürdiger Weise in der Wahrnehmung einer hoheitlichen Aufgabe betroffen wird (BGE 147 II 227 E. 2.3.2; 146 V 121 E. 2.3.1; 141 II 161 E. 2.1). Die Beschwerdebefugnis zur Durchsetzung hoheitlicher Anliegen setzt eine erhebliche Betroffenheit in wichtigen öffentlichen Interessen voraus. Das allgemeine Interesse an der richtigen Rechtsanwendung begründet keine Beschwerdebefugnis im Sinne dieser Regelung. Gestützt auf die allgemeine Legitimationsklausel von Art. 89 Abs. 1 BGG sind Gemeinwesen nur restriktiv zur Beschwerdeführung zuzulassen (BGE 147 II 227 E. 2.3.2; 141 II 161 E. 2.1; 136 V 346 E. 3.3.2).  
 
1.4. Bei Entscheiden mit finanziellen Auswirkungen wird die Legitimation von Gemeinwesen bejaht in Konstellationen, in denen es um finanzielle Leistungen aus Rechtsverhältnissen geht, die zwar öffentlich-rechtlich geregelt sind, aber Analogien haben zu entsprechenden privatrechtlichen Instituten wie etwa das öffentliche Dienstrecht, das Staatshaftungsrecht oder das Enteignungsrecht. Im Übrigen ist das Gemeinwesen in seinen fiskalischen Interessen aber grundsätzlich nicht wie ein Privater betroffen, sondern in seiner Eigenschaft als Hoheitsträger (BGE 141 II 161 E. 2.3; 138 II 506 E. 2.3; 136 II 274 E. 4.2; 135 II 156 E. 3.3). Die Legitimation ist dabei nicht schon dann zu bejahen, wenn ein Entscheid Auswirkungen auf das Vermögen des Gemeinwesens hat: Zur Begründung des allgemeinen Beschwerderechts genügt nicht jedes beliebige, mit der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe direkt oder indirekt verbundene finanzielle Interesse des Gemeinwesens (BGE 141 II 161 E. 2.3).  
Im hier streitbetroffenen Bereich öffentlicher Abgaben hat die Rechtsprechung die Beschwerdelegitimation einer Gemeinde etwa bejaht, wenn das kantonale Recht der Gemeinde den gesamten Ertrag einer Spezialsteuer überlässt und ihr besondere Kompetenzen bei deren Erhebung zuweist, wie es in einigen Kantonen bei der Grundstückgewinnsteuer vorgesehen ist (Urteil 2P.204/2006 vom 21. Mai 2007 E. 6; vgl. BGE 136 V 346 E. 3.3.2; 136 II 274 E. 4.2), hingegen die Legitimation eines Kantons verneint, der die Erbschaftssteuer für Nachkommen abgeschafft hatte und vor Bundesgericht die Auslegung der übergangsrechtlichen Regelung durch das kantonale Gericht infrage stellen wollte; der Kanton hatte mit der Abschaffung der Steuer dargetan, dass es für ihn nicht mehr um einen wichtigen Regelungsbereich ging, dies obwohl ein Steueraufkommen von insgesamt rund Fr. 30 Mio. auf dem Spiel stand (BGE 136 II 383 E. 2.5; vgl. für weitere Beispiele BGE 141 II 161 E. 2.3; 138 II 506 E. 2.1.2; 136 V 346 E. 3.3.2; 136 II 274 E. 4.2). 
 
1.5. Der vorliegende Streit dreht sich um die Frage, ob die Beschwerdeführerin Einnahmen aus dem Bezug einer kantonalrechtlichen Abgabe an den Kanton weiterleiten muss. Beim Bezug einer öffentlich-rechtlichen Abgabe und der Ablieferung der Einnahmen hieraus handelt es sich um eine hoheitliche Aufgabe, die keine Analogie zu einem privatrechtlichen Institut aufweist. Der Streit betrifft die Beschwerdeführerin demnach nicht wie eine Privatperson.  
 
1.6. Es stellt sich somit die Frage, ob die Beschwerdeführerin in genügend schwerer Weise in der Ausübung ihrer Hoheitsbefugnisse betroffen ist, dass ihr die Beschwerdebefugnis zugestanden werden muss. Das ist nicht der Fall. Im Unterschied zur Hundesteuer, bei der die Einwohnergemeinden im Kanton Solothurn den Betrag in einer Bandbreite von Fr. 50.-- bis Fr. 200.-- selbst festsetzen können und die Einnahmen daraus ihnen zustehen (vgl. § 11 Abs. 1 und 3 HuG/SO), geniessen sie bei der Kontrollzeichengebühr keinerlei Autonomie. Zu Recht beruft sich die Beschwerdeführerin denn auch gar nicht erst auf ihre Gemeindeautonomie (Art. 89 Abs. 2 lit. c BGG; Art. 50 Abs. 1 BV; Art. 3 und 45 f. der Verfassung des Kantons Solothurn vom 8. Juni 1986 [KV/SO; SR 131.221]), um ihre Beschwerde und ihre Beschwerdelegitimation im Besonderen zu begründen. Der Beschwerdeführerin fehlt aber nicht nur die Autonomie im Bereich der Kontrollzeichengebühr, sondern es ist sogar zweifelhaft, ob sich das angefochtene Urteil für sie überhaupt finanziell auswirkt. Gemäss ihrer Beschwerde gedenkt die Beschwerdeführerin nämlich, bereits erhobene Kontrollzeichengebühren an die Hundehalter zurückzuerstatten respektive noch ausstehende Beträge nicht zu erheben, sollte sie mit ihrer Beschwerde durchdringen. Unterliegt die Beschwerdeführerin, hat sie - soweit nicht bereits geschehen - von den Hundehaltern die Kontrollzeichengebühren zu erheben und an den Kanton abzuliefern. Finanzielle Auswirkungen zeitigt das angefochtene Urteil also nur oder zumindest in erster Linie für die gebührenpflichtigen Hundehalter. Demgegenüber beschränkt sich das Interesse der Beschwerdeführerin an der Prozessführung im Wesentlichen auf die Sicherstellung der korrekten Anwendung des Rechts. Dies genügt jedoch praxisgemäss nicht, um der Beschwerdeführerin die Beschwerdelegitimation nach Art. 89 Abs. 1 BGG zuzuerkennen (vgl. Hinweise oben E. 1.3 am Ende).  
 
2.  
Da die Beschwerdeführerin nicht zur Beschwerdeführung legitimiert ist, erweist sich ihre Beschwerde als unzulässig und ist darauf nicht einzutreten. Die Beschwerdeführerin gibt zwar vor, eigene Vermögensinteressen zu verfolgen. Wie gesehen, stehen jedoch in Wahrheit die Vermögensinteressen der Hundehalter und nicht jene der Beschwerdeführerin auf dem Spiel. Verfolgt sie also keine eigenen Vermögensinteressen, sind der unterliegenden Beschwerdeführerin als Einwohnergemeinde, die in ihrem amtlichen Wirkungskreis handelt, keine Gerichtskosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 4 BGG). Es ist auch keine Parteientschädigung geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.  
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Kanton Solothurn und dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 20. Januar 2023 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Der Gerichtsschreiber: Seiler