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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_112/2021  
 
 
Urteil vom 23. Juni 2021  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichterinnen Heine, Viscione, 
Gerichtsschreiber Wüest. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Peter Platzer, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Personalamt des Kantons Solothurn, 
Rathaus, 4509 Solothurn, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Öffentliches Personalrecht (vorinstanzliches Verfahren), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 18. Dezember 2020 (VWBES.2020.324). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Verfügung vom 28. Juni 2019 löste das Personalamt des Kantons Solothurn - auf Antrag des Finanzdepartementes des Kantons Solothurn vom 4. Juni 2019 - das seit........ bestehende Anstellungsverhältnis mit A.________, aus wichtigen Gründen fristlos per 2. Juli 2019 auf. Einer allfälligen Beschwerde entzog es die aufschiebende Wirkung. A.________ erhob dagegen Beschwerde beim Regierungsrat des Kantons Solothurn und beantragte im Wesentlichen, die Verfügung des Personalamtes sei vollumfänglich wegen Nichtigkeit aufzuheben. Den ebenfalls gestellten Antrag, der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu gewähren, wies das instruierende Departement mit Verfügung vom 9. August 2019 ab, was das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn mit Urteil vom 21. November 2019 bestätigte. Mit Beschluss vom 18. August 2020 wies der Regierungsrat die Beschwerde der A._______ gegen die Verfügung vom 28. Juni 2019 ab, soweit er darauf eintrat (Ziff. 4.2 des Beschlusses). 
 
B.  
Mit Beschwerde an das Verwaltungsgericht beantragte A.________ die Aufhebung von Ziff. 4.2 des angefochtenen Beschlusses sowie der Verfügung des Personalamtes vom 28. Juni 2019. Es sei zudem festzustellen, dass die Kündigung rechtswidrig gewesen sei. Eventualiter sei festzustellen, dass die Kündigung missbräuchlich gewesen sei. Mit Urteil vom 18. Dezember 2020 trat das Verwaltungsgericht auf die Beschwerde nicht ein. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, es sei das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Während das Personalamt auf eine Vernehmlassung verzichtet, beantragt die Vorinstanz die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. 
Mit Eingabe vom 16. April 2021 nimmt A.________ erneut Stellung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 138 V 339 E. 1 S. 340; Urteil 8C_366/2014 vom 1. Dezember 2015 E. 1 mit Hinweisen, nicht publ. in: BGE 141 II 411). 
 
2.  
Anfechtbar beim Bundesgericht sind Endentscheide, die das Verfahren ganz (Art. 90 BGG) oder in Bezug auf unabhängig voneinander zu beurteilende Begehren oder auf einen Teil von Streitgenossen abschliessen (Teilendentscheid; Art. 91 BGG). Selbständig eröffnete Vor- oder Zwischenentscheide können demgegenüber nur unter den Voraussetzungen von Art. 92 oder 93 BGG angefochten werden (BGE 139 V 42 E. 2 S. 44). Für die Abgrenzung zwischen anfechtbarem End- beziehungsweise Teilendentscheid und nur unter besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen anfechtbarem Zwischenentscheid ist massgebend, ob der Entscheid ein Begehren behandelt, das unabhängig von anderen beurteilt werden kann (Art. 91 lit. a BGG; BGE 139 V 42 E. 2.3 S. 46). 
 
3.  
 
3.1. Das Verwaltungsgericht erwog unter Verweis auf das kantonale Recht, die Beschwerde sei ein zulässiges Rechtsmittel gegen den Beschluss des Regierungsrates vom 18. August 2020 und es sei zur Beurteilung auch zuständig (§ 53 Abs. 1 des Gesetzes über das Staatspersonal [StPG]). Eine allfällige Gutheissung der Beschwerde hätte zur Folge, dass die Beschwerdeführerin grundsätzlich Anspruch auf Weiterbeschäftigung am bisherigen oder an einem anderen möglichst gleichwertigen Arbeitsplatz hätte (§ 33 Abs. 1 StPG; § 52 Abs. 2 des Gesamtarbeitsvertrages [GAV]). Die Beschwerdeführerin strebe im Ergebnis aber nicht eine Aufhebung der Kündigung, sondern eine finanzielle Abgeltung an, was auf dem Klageweg geltend zu machen sei (§ 48 Abs. 1 des Gesetzes über die Gerichtsorganisation [GO; BGS 125.12]). Auch in ihrer Vernehmlassung an das Bundesgericht hielt die Vorinstanz an ihrer Auffassung fest, die Beschwerdeführerin habe kein Interesse an einer Weiterbeschäftigung. Es bestünden rein finanzielle Interessen.  
 
 
3.2. Die Beschwerdeführerin stellt demgegenüber in Abrede, dass es ihr lediglich um eine finanzielle Abgeltung gehe. So habe sie in ihren Anträgen stets und ausdrücklich die Aufhebung der Kündigung verlangt. Ansprüche auf Entschädigung habe sie nicht erhoben. Auf eine Weiterbeschäftigung habe sie - entgegen der Vorinstanz - zudem nie verzichtet.  
 
3.3. Aus den Erwägungen der Vorinstanz erhellt, dass die Rechtswidrigkeit resp. die Missbräuchlichkeit einer Kündigung auf dem Beschwerdeweg geltend zu machen ist. Die Gutheissung der Beschwerde hätte gemäss angefochtenem Urteil grundsätzlich den Anspruch auf Weiterbeschäftigung zur Folge. Auf dem Klageweg können demgegenüber rein finanzielle Interessen geltend gemacht werden. Beabsichtigt eine sich zu Unrecht von einem öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber des Kantons Solothurn entlassen fühlende Person die Weiterbeschäftigung, so hat sie demnach den Beschwerdeweg zu beschreiten. Indem die Vorinstanz vorliegend auf die Beschwerde nicht eintrat und die Beschwerdeführerin stattdessen auf den Klageweg verwies, lehnte sie eine Beurteilung der Streitsache aus einem Grund ab, der es endgültig verbietet, dass Anspruch auf Weiterbeschäftigung erhoben werden kann, was einer rechtskräftigen Erledigung gleichkommt (vgl. BGE 132 III 785 E. 2 mit Hinweisen). Insoweit handelt es sich beim angefochtenen Nichteintretensentscheid um einen Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG, der vor Bundesgericht angefochten werden kann.  
 
3.4. Die Streitsache betrifft eine Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a BGG). Ein Ausschlussgrund (Art. 83 BGG) liegt nicht vor. Insbesondere ist der auf dem Gebiet öffentlich-rechtlicher Arbeitsverhältnisse zu beachtende Ausnahmetatbestand des Art. 83 lit. g BGG nicht gegeben, da der zu beurteilende Streit finanzielle Forderungen vermögensrechtlicher Natur betrifft. Daran ändert der Umstand nichts, dass die Beschwerdeführerin vor der Vorinstanz keine finanziellen Forderungen geltend machte. Es ist nämlich nicht erforderlich, dass mit einem Rechtsbegehren ausdrücklich der Zuspruch eines bestimmten Geldbetrages beantragt wird, wenn dieser abgeschätzt werden kann (vgl. Urteils 8C_321/2009 vom 9. September 2009 E. 1.2 mit Hinweisen, nicht publ. in: BGE 135 I 279, aber in RtiD 2010 I S. 145). Die Beschwerdeführerin beantragte im vorinstanzlichen Verfahren die Aufhebung der Verfügung vom 28. Juni 2019. Eventualiter ersuchte sie um Feststellung, dass die fristlose Kündigung ungerechtfertigt resp. die Kündigung missbräuchlich gewesen sei. Sollte sie mit diesen Rechtsbegehren durchdringen, so hätte dies die Weiterbeschäftigung oder eine Entschädigung von mindestens sechs Monatslöhnen zur Folge (vgl. § 33 Abs. 1 StPG; BGS 126.1 und § 52 Abs. 2 GAV; BGS 126.3). Bei einem vertraglich vereinbarten Monatslohn von Fr. 10'953.55 würde die nach Art. 85 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit Art. 51 Abs. 1 lit. a BGG zu beachtende Streitwertgrenze von Fr. 15'000.- ohne Weiteres erreicht. Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten.  
 
4.  
 
4.1. Das Verwaltungsgericht begründete das Nichteintreten damit, die Beschwerdeführerin strebe im Ergebnis nicht eine Aufhebung der Kündigung, sondern eine finanzielle Abgeltung an. Rein finanzielle Forderungen seien aber auf dem Klageweg geltend zu machen. Die Frage, ob die fristlose Kündigung - als Voraussetzung einer Entschädigung - ungerechtfertigt gewesen sei, wäre dabei vorfrageweise zu prüfen. Die Beschwerdeführerin könne das von ihr angestrebte Ergebnis somit direkt mit einer Leistungsklage erreichen. Aus diesem Grund habe sie kein schutzwürdiges Interesse (vgl. § 12 Abs. 1 des solothurnischen Verwaltungsrechtspflegegesetzes [VRG; BGS 124.11]) an der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Regierungsrates vom 18. August 2020. Auch in ihrer Vernehmlassung an das Bundesgericht hielt die Vorinstanz an ihrer Auffassung fest, die Beschwerdeführerin habe kein Interesse an einer Weiterbeschäftigung. Es bestünden rein finanzielle Interessen. Es treffe zwar zu, dass im Beschwerdeverfahren vor Verwaltungsgericht auch über einen allfälligen Entschädigungsanspruch hätte befunden werden können, wenn ein Interesse an der Weiterbeschäftigung bestanden hätte. Die Beschwerdeführerin habe jedoch keine entsprechenden Anträge auf Entschädigung gestellt. Es widerspreche deshalb der Prozessökonomie, ein Beschwerdeverfahren gegen die fristlose Kündigung "durchzuspielen", wenn zum Vornherein klar sei, dass es der Beschwerdeführerin rein um finanzielle Interessen gehe, welche direkt im Klageverfahren geltend gemacht werden könnten.  
 
4.2. Die Beschwerdeführerin rügt unter anderem eine willkürliche Feststellung des Sachverhalts sowie eine willkürliche Anwendung von kantonalem Recht (§ 53 StPG; § 48 GO).  
 
 
4.2.1. Sie bringt vor, sie habe bereits vor dem Regierungsrat und später auch vor der Vorinstanz die Aufhebung der gegen sie ausgesprochenen fristlosen Kündigung verlangt. Die Vorinstanz habe den Antrag aber unter Hinweis auf einen in der Beschwerdeschrift an den Regierungsrat im Zusammenhang mit der Frage der aufschiebenden Wirkung geltend gemachten Anspruch auf Lohnfortzahlung so interpretiert, dass gar nicht die Aufhebung der Kündigungsverfügung verlangt werde. An keiner Stelle ihrer Eingaben habe sie ausgeführt, sie fordere lediglich eine Entschädigung für die ungerechtfertigte Kündigung. Vielmehr habe sie den Anspruch auf Lohnfortzahlung geltend gemacht, was gerade das Bestehen des Arbeitsverhältnisses, also die Aufhebung der Kündigung, voraussetze.  
 
4.2.2. Es erscheint in der Tat unhaltbar, wenn die Vorinstanz der Beschwerdeführerin rein finanzielle Interessen unterstellt und sie auf den Klageweg verweist, obwohl die Beschwerdeführerin in sämtlichen Verfahren die Aufhebung der Kündigung verlangte, ohne dabei Entschädigungsansprüche geltend zu machen. Hinzu kommt, dass - wie die Vorinstanz erwog (vgl. E. 3.1 hiervor) - die Beschwerde gegen den Beschluss des Regierungsrates betreffend fristlose Kündigung zulässig ist (§ 53 Abs. 1 StPG) und der Beschwerdeführerin bei erfolgreicher Anfechtung der Kündigung grundsätzlich ein Anspruch auf Weiterbeschäftigung zustünde (§ 33 Abs. 1 StPG; § 52 Abs. 2 GAV). Zwar führte die Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer Beschwerde an den Regierungsrat betreffend die Frage der aufschiebenden Wirkung aus, eine Rückkehr an den Arbeitsplatz sei aufgrund ihres gesundheitlichen Zustands illusorisch, es gehe "mit anderen Worten nur um die Frage der Lohnfortzahlung" und damit um rein fiskalische Interessen. Daraus abzuleiten, die Beschwerdeführerin sei an einer Weiterbeschäftigung generell nicht interessiert, erscheint aber - insbesondere auch mit Blick auf die Anträge im kantonalen Beschwerdeverfahren - willkürlich. Ferner könnte die Vorinstanz gemäss ihren Ausführungen im Beschwerdeverfahren auch über einen allfälligen Entschädigungsanspruch befinden, falls die Missbräuchlichkeit erstellt und eine Weiterbeschäftigung nicht möglich sein sollte. Insoweit erschliesst sich dem Bundesgericht auch nicht, worin die Prozessökonomie liegen soll, wenn die Beschwerdeführerin auf den Klageweg verwiesen wird.  
 
4.2.3. Da die Beschwerdeführerin zu keinem Zeitpunkt auf die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung verzichtet, sondern vielmehr stets die Aufhebung der Kündigung verlangt hat, sowie vor dem Hintergrund, dass die Beschwerde gegen eine Kündigungsverfügung das zulässige und vorgesehene Rechtsmittel ist und die Weiterbeschäftigung auf dem Klageweg nicht mehr geltend gemacht werden kann, erscheint die vorinstanzliche Annahme eines fehlenden schutzwürdigen Interesses unhaltbar. Mithin hat die Vorinstanz kantonales Recht (§ 53 StPG; § 48 GO) willkürlich (Art. 9 BV) angewendet, indem sie auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin nicht eingetreten ist. Bei diesem Ergebnis kann offen bleiben, ob das vorinstanzliche Nichteintreten auch eine formelle Rechtsverweigerung (Art. 29 BV) darstellt (zur Rechtsweggarantie vgl. auch Art. 29a BV und BGE 144 I 181 E. 5.3.2).  
 
4.3. Das angefochtene Urteil ist somit aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie auf die Beschwerde eintrete und materiell entscheide.  
 
5.  
Das Verfahren ist kostenpflichtig. Die unterliegende Beschwerdegegnerin hat die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdeführerin hat Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen und das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 18. Dezember 2020 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn und dem Regierungsrat des Kantons Solothurn schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 23. Juni 2021 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Der Gerichtsschreiber: Wüest