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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_561/2022  
 
 
Urteil vom 4. August 2023  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Viscione, 
Gerichtsschreiber Grunder. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Stefan Rolli, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle Bern, Scheibenstrasse 70, 3014 Bern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente; Arbeitsunfähigkeit; Valideneinkommen), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 19. August 2022 (200 22 272 IV). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die 1965 geborene A.________ meldete sich am 5. September 2017 wegen verschiedener psychischer Leiden zur Früherfassung und am 26. Oktober 2017 zum Leistungsbezug bei der Invalidenversicherung an. Die IV-Stelle Bern klärte den Sachverhalt in erwerblicher und medizinischer Hinsicht ab. Sie gewährte im Rahmen einer Frühinterventionsmassnahme ein Belastbarkeitstraining (vgl. Mitteilung vom 9. Mai 2018), das wegen der gesundheitlichen Situation abgebrochen wurde (vgl. Mitteilung vom 5. Juni 2018). Weiter holte sie unter anderem das auf rheumatologischen und psychiatrischen Untersuchungen beruhende bidisziplinäre Gutachten der ABI, Aerztliches Begutachtungsinstitut GmbH, Basel, vom 23. September 2020 ein. Danach leidet A.________ mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit an einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung (ICD-10 F60.31) sowie einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig leichte bis mittelgradige Episode (ICD-10 F33.0, F33.1). Sie sei in der zuletzt langjährig ausgeübten Tätigkeit im IT-Bereich zu 60 % arbeitsfähig. In einer angepassten einfachen Tätigkeit, beispielsweise Sachbearbeitung, vermöge sie ab Mai 2017 eine höhere Leistung zu erzielen (80 % bezogen auf ein Vollzeitpensum). Nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren verneinte die IV-Stelle einen Anspruch auf Invalidenrente mangels leistungsbegründenden Invaliditätsgrades (Verfügung vom 18. März 2022). 
 
B.  
Die hiegegen eingereichte Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Urteil vom 19. August 2022 ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, das vorinstanzliche Urteil sei aufzuheben und die Beschwerdegegnerin sei anzuweisen, im Sinne der nachstehenden Erwägungen neu über den Leistungsanspruch der Beschwerdeführerin zu verfügen. 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung. A.________ lässt sich mit einer weiteren Eingabe im Sinne der Beschwerdevorbringen vernehmen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 145 V 57 E. 4.2 mit Hinweis). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
1.2. Die Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung der Vorinstanz ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig (willkürlich), wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist. Es genügt somit nicht, dass eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erscheint. Willkür liegt insbesondere vor, wenn die Vorinstanz offensichtlich unhaltbare Schlüsse gezogen, erhebliche Beweise übersehen oder solche grundlos ausser Acht gelassen hat (BGE 144 V 50 E. 4.2 mit Hinweisen).  
 
1.3. Die gerichtlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit sowie die konkrete Beweiswürdigung sind für das Bundesgericht, da sie Tatfragen betreffen, grundsätzlich verbindlich (vgl. E. 1.2 sowie BGE 132 V 393 E. 3.2). Um frei überprüfbare Rechtsfragen geht es hingegen, soweit die unvollständige Feststellung rechtserheblicher Tatsachen, die Missachtung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 43 Abs. 1 und Art. 61 lit. c ATSG) und die Anforderungen an den Beweiswert ärztlicher Berichte und Gutachten beanstandet werden (BGE 134 V 231 E. 5.1; 125 V 351 E. 3a; Urteil 8C_225/2021 vom 10. Juni 2021 E. 1.2).  
 
2.  
Streitig ist, ob das kantonale Gericht Bundesgericht verletzt hat, indem es in Bestätigung der Verfügung der Beschwerdegegnerin vom 18. März 2022 einen Anspruch auf Invalidenrente verneint hat. 
 
3.  
 
3.1. Am 1. Januar 2022 trat das revidierte Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) in Kraft (Weiterentwicklung der IV [WEIV]; Änderung vom 19. Juni 2020, AS 2021 705, BBl 2017 2535).  
Entsprechend den allgemeinen intertemporalrechtlichen Grundsätzen (vgl. BGE 144 V 210 E. 4.3.1) ist nach der bis zum 31. Dezember 2021 geltenden Rechtslage zu beurteilen, ob bis zu diesem Zeitpunkt ein Rentenanspruch entstanden ist. Trifft dies zu, so erfolgt ein allfälliger Wechsel zum neuen stufenlosen Rentensystem je nach Alter der Rentenbezügerin oder des Rentenbezügers gemäss lit. b und c der Übergangsbestimmungen des IVG zur Änderung vom 19. Juni 2020. Gemäss lit. c gilt für Rentenbezügerinnen und -bezüger das bisherige Recht, sofern der Rentenanspruch vor Inkrafttreten dieser Änderung entstanden ist und sie bei Inkrafttreten dieser Änderung das 55. Altersjahr vollendet haben (Weiterentwicklung der IV; vgl. auch Rz. 9100 ff. des Kreisschreibens des Bundesamtes für Sozialversicherungen [BSV] über Invalidität und Rente in der Invalidenversicherung [KSIR]). 
Zwar erging die dem hier angefochtenen Urteil zugrunde liegende Verfügung erst nach dem 1. Januar 2022. Vorliegend steht indessen ein vorher entstehender Rentenanspruch (Ablauf Wartefrist: 1. Juni 2018) zur Diskussion. Überdies war die Beschwerdeführerin am 1. Januar 2022 bereits 56 Jahre alt. Damit beurteilt sich die vorliegende Streitigkeit allein nach der bis zum 31. Dezember 2021 geltenden Rechtslage. 
 
3.2. Die Vorinstanz hat die rechtlichen Grundlagen und die Rechtsprechung betreffend die Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG), die Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG), die Voraussetzungen des Rentenanspruchs (Art. 28 IVG) und die Invaliditätsbemessung bei im Gesundheitsfall voll Erwerbstätigen nach der Methode des Einkommensvergleichs (Art. 16 ATSG) richtig dargelegt. Gleiches gilt bezüglich der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit bei psychischen Erkrankungen (BGE 145 V 215 E. 5.1, 143 V 409 und 418, 141 V 281; vgl. auch BGE 145 V 361 E. 3.1), des massgebenden Beweisgrads der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 146 V 51 E. 5.1) und des Beweiswerts ärztlicher Berichte (BGE 125 V 351 E. 3a). Darauf wird verwiesen.  
 
4.  
 
4.1.  
 
4.1.1. Das kantonale Gericht hat erwogen, zur Beurteilung des Gesundheitszustands und der Arbeitsfähigkeit sei auf das in allen Teilen beweiskräftige bidisziplinäre Gutachten der ABI vom 23. September 2020 abzustellen. Der orthopädische Teilgutachter lege dar, die Beschwerdeführerin leide seit Jahren an wechselhaft ausgeprägten Beschwerden des Bewegungsapparates. Auf radiologischer Ebene bestünde eine deutliche tiefzervikale Osteochondrose bei regelrechten Verhältnissen an der lumbalen Wirbelsäule. An der rechten Hüfte lägen beginnende arthrotische Veränderungen vor, desgleichen am linken Knie samt Komplexläsion des Innenmeniskus. Die angegebenen Beschwerden liessen sich durch die klinischen und radiologischen Befunde nur zum Teil begründen. Für körperlich leicht belastende, in Wechselhaltung verrichtbare Tätigkeiten sei die Beschwerdeführerin uneingeschränkt arbeitsfähig. Nach der Rechtsprechung müssten bei der sozialversicherungsrechtlichen Leistungsprüfung die subjektiven Schmerzangaben durch damit korrelierende, fachärztlich schlüssig feststellbare Befunde hinreichend erklärbar sein (mit Hinweis auf BGE 143 V 124 E. 2.2.2, 136 V 279 E. 3.2.1). Daran fehle es nach den schlüssigen Auskünften des orthopädischen Experten teilweise. Dessen Einschätzung der Arbeitsfähigkeit stimme im Übrigen mit der Beurteilung des behandelnden Orthopäden vom 8. Oktober 2021 überein.  
 
4.1.2. Weiter hat die Vorinstanz ausgeführt, der psychiatrische Sachverständige habe eine emotional-instabile Persönlichkeitsstörung (ICD-10 F60.31) sowie eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte bis mittelgradige Episode (ICD-10 F33.0, F33.1), diagnostiziert. Die Beschwerdeführerin leide an vermindertem Antrieb und sei wenig motiviert, sich um den Haushalt zu kümmern. Sie sei freudlos, resigniert und ziehe sich sozial zurück. Sie habe vermehrt Mühe, ihre Emotionen und Impulse zu kontrollieren beziehungsweise zu steuern, und sei durch die Gereiztheit, die finanziellen Probleme und die fehlenden Perspektiven belastet. Während Jahren habe sie mit guter Leistung gearbeitet. Sie sei stationär behandelt worden, was sie als wenig hilfreich erlebt habe. Zwar befinde sie sich in ambulanter psychiatrischer Therapie, indessen nehme sie das verordnete Antidepressivum nicht ein. Im Rahmen der beruflichen Massnahmen hätten sich wegen der Persönlichkeitsstörung Schwierigkeiten mit geringer Leistung gezeigt. Dieses verminderte Leistungsvermögen sei durch die Depression und die Persönlichkeitsstörung verursacht, wobei die Depression aufgrund der fehlenden Compliance nicht adäquat behandelt sei. Bezogen auf ein Vollzeitpensum vermöge die Beschwerdeführerin in einer angepassten einfachen Tätigkeit, beispielsweise Sachbearbeitung, ab Mai 2017 eine Leistung von 80 % zu erzielen. Die Arbeitsfähigkeit könne innert sechs bis acht Wochen verbessert werden.  
 
4.1.3. Zusammenfassend hat das kantonale Gericht festgehalten, es sei erstellt, dass die Beschwerdeführerin seit Mai 2017 in einer Tätigkeit im IT-Bereich zu 60 % und in einer angepassten Beschäftigung zu 80 % arbeits- und leistungsfähig sei. Ob der aus psychiatrischer Sicht eingeschätzten Arbeitsunfähigkeit von 20 % auch aus rechtlicher Sicht zu folgen sei, müsse nicht geprüft werden, könne doch eine darüber liegende Verminderung aus der Indikatorenprüfung nicht resultieren (mit Hinweis auf das Urteil 8C_153/2021 vom 10. August 2021 E. 5.4.2).  
 
4.2.  
 
4.2.1.  
 
4.2.1.1. Die Beschwerdeführerin macht zunächst geltend, aus den im Verwaltungsverfahren eingereichten Berichten des Dr. med. B.________, Facharzt für Radiologie, vom 2. März 2021 und des PD Dr. med. C.________, Facharzt für Orthopädie und Traumatologie, vom 4. März 2021 ergebe sich im Vergleich zu den Voruntersuchungen eine progrediente Gonarthrose mit stetig zunehmender Minderbelastbarkeit und Schmerzen, sodass therapeutisch nur noch ein Gelenksersatz am linken Knie in Frage komme. Die aktuellen fachmedizinischen Abklärungen hätten dem orthopädischen Gutachter der ABI, der davon keine Kenntnis gehabt habe, zur Würdigung vorgelegt werden müssen. Jedenfalls bestreite sie, dass die aktenkundige Minderbelastbarkeit der Wirbelsäule, der Hüfte und des Kniegelenks verbunden mit den Dauerschmerzen sich nicht auf die Arbeitsfähigkeit auswirken soll.  
 
4.2.1.2. Aus diesen Vorbringen geht nicht hervor, inwieweit das kantonale Gericht den medizinischen Sachverhalt in somatischer Hinsicht offensichtlich unrichtig oder unvollständig gewürdigt haben soll. Das Bundesgericht verweist auf die hievor zitierten Erwägungen im angefochtenen Entscheid. Beizufügen ist einzig, dass sich Dr. med. D.________, Facharzt für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, Regionaler Ärztlicher Dienst (RAD), am 23. August 2021 insbesondere zu der aufgeworfenen Frage der progredienten symptomatischen Gonarthorse geäussert hat. Er hat in Kenntnis des radiologischen Befundes vom 2. März 2021 festgehalten, die zu konstatierende Minderbelastbarkeit sei im orthopädischen Teilgutachten der ABI bereits vollumfänglich berücksichtigt worden, weshalb dem Zumutbarkeitsprofil (wechselbelastende, körperlich leichte Tätigkeiten) weiterhin zu folgen sei. Daher hat die Beschwerdegegnerin und mit ihr das kantonale Gericht zu Recht davon abgesehen, die Frage auch noch dem rheumatologischen Gutachter zu unterbreiten. Im Übrigen handelt es sich entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin bei den von der Beschwerdeführerin zitierten ärztlichen Berichte offensichtlich nicht um unzulässige Noven.  
 
4.2.2.  
 
4.2.2.1. Sodann macht die Beschwerdeführerin geltend, der sie behandelnde Dr. med. E.________, Psychiatrie und Psychotherapie FMH, Forensische Psychiatrie und Psychotherapie FMH, habe in seiner Stellungnahme vom 8. April 2022 erneut dargelegt, dass erhebliche (teilweise mittlere, teilweise schwere und teilweise extreme) Beeinträchtigungen in den verschiedenen Funktionsniveaus der Persönlichkeit zu erkennen seien (Selbstidentität; Selbststeuerung; interpersonelle Beziehungen, Empathie und Nähe). Dies ergebe sich schon aus den Ergebnissen des vom 14. Mai bis 3. Juni 2018 im Institut F.________ der Universität G.________ absolvierten Belastbarkeitstrainings, das trotz Wille und Motivation habe abgebrochen werden müssen. Dem Bericht der H.________ vom 6. Juni 2018 sei zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin aus Sicht der Durchführungsstelle im ersten Arbeitsmarkt weder arbeits- noch vermittlungsfähig gewesen sei. Dr. med. E.________ habe klar darauf hingewiesen, dass das Zustandsbild durch psychotherapeutische (verhaltenstherapeutische) Interventionen schwer zu beeinflussen sei, wobei auch die antidepressive Medikation kaum Einfluss gehabt habe. Dazu äussere sich der psychiatrische Sachverständige der ABI nicht. Mit seiner nicht näher substanziierten Annahme, die Depression und die Persönlichkeitsstörung verursachten ein geringeres Leistungsvermögen, hätte er auch eine Arbeitsfähigkeit von 40 % im IT-Bereich beziehungsweise von 60 % in einer angepassten Tätigkeit begründen können. Hinzu komme, dass sich dem psychiatrischen Teilgutachten keine Angaben zur effektiven Untersuchungsdauer entnehmen liessen. Es liege daher der Verdacht auf der Hand, dass der psychiatrische Experte die Arbeitsfähigkeit bereits aufgrund der Akten eingeschätzt und die persönliche Untersuchung als überflüssig erachtet habe.  
 
4.2.2.2. Die bundesgerichtliche Überprüfung der vorinstanzlichen Beweiswürdigung hat sich darauf zu beschränken, ob mit Blick auf die vorgebrachten Rügen die Sachverhaltsfeststellung im angefochtenen Urteil offensichtlich unrichtig ist oder eine Rechtsverletzung, namentlich hinsichtlich der Regeln über den Beweiswert von ärztlichen Berichten, vorliegt (vgl. E. 1.2 f. hievor).  
Bei der Beweiswürdigung ist sodann zu beachten, dass die psychiatrische Exploration von der Natur der Sache her nicht ermessensfrei erfolgen kann. Sie eröffnet dem begutachtenden Psychiater beziehungsweise der begutachtenden Psychiaterin daher praktisch immer einen gewissen Spielraum, innerhalb dessen verschiedene medizinisch-psychiatrische Interpretationen möglich, zulässig und zu respektieren sind, sofern der Experte lege artis vorgegangen ist (Urteile 8C_28/2021 vom 9. April 2021 E. 4.2; 8C_720/2020 vom 8. Januar 2021 E. 4.2; 8C_107/2020 vom 17. April 2020 E. 4.1.3; je mit Hinweisen). Dem kantonalen Versicherungsgericht steht zudem als Sachgericht im Bereich der Beweiswürdigung ein erheblicher Ermessensspielraum zu (vgl. BGE 120 Ia 31 E. 4b; Urteil 8C_28/2021 vom 9. April 2021 E. 4.2 mit Hinweis). Das Bundesgericht greift auf Beschwerde hin nur ein, wenn das Sachgericht diesen missbraucht, insbesondere offensichtlich unhaltbare Schlüsse zieht, erhebliche Beweise übersieht oder solche willkürlich ausser Acht lässt (BGE 132 III 209 E. 2.1; zum Begriff der Willkür BGE 144 II 281 E. 3.6.2 mit Hinweisen). Inwiefern das kantonale Gericht sein Ermessen missbraucht haben soll, ist in der Beschwerde klar und detailliert aufzuzeigen (BGE 130 I 258 E. 1.3). 
 
4.2.2.3. Mit ihren Vorbringen begründet die Beschwerdeführerin nicht, inwieweit die Vorinstanz den Sachverhalt in psychiatrischer Hinsicht bundesrechtswidrig festgestellt haben soll. Das Bundesgericht verweist auch in diesem Zusammenhang auf die nicht zu beanstandenden Erwägungen im angefochtenen Entscheid. Diesen ist zur Verdeutlichung das Folgende beizufügen: Der Frage, ob die Auffassung des psychiatrischen Sachverständigen, mit der zu beginnenden medikamentösen antidepressiven Therapie sei nach vier bis sechs Wochen mit einer Verbesserung der Arbeitsfähigkeit zu rechnen, muss nicht weiter nachgegangen werden. Die Vorinstanz ist von einer seit dem frühestmöglichen Rentenbeginn (Mai 2018) bestehenden, dauernden Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit von 20 % ausgegangen. Sie hat mithin die einzig sich stellende Frage, ob für den Zeitraum vor Erlass der Verfügung eine Verbesserung des Gesundheitszustands und der Arbeitsfähigkeit hätte erreicht werden können, wenn die Beschwerdeführerin die verordneten Antidepressiva eingenommen hätte, offen gelassen.  
 
5.  
 
5.1. Zu prüfen bleibt die Bestimmung des Invaliditätsgrades gemäss Art. 16 ATSG. Dabei ist unbestritten, dass das hypothetische Invalideneinkommen anhand der standardisierten Bruttolöhne der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) des Bundesamtes für Statistik (BfS), Totalwert, Kompetenzniveau 1 (Einfache Tätigkeiten körperlicher oder handwerklicher Art), Frauen, bezogen auf den frühestmöglichen Rentenbeginn (Mai 2018) zu ermitteln ist. Streitig ist hingegen, wie das hypothetische Valideneinkommen festzustellen ist.  
 
5.2.  
 
5.2.1. Das kantonale Gericht hat erwogen, die Beschwerdeführerin sei von 1991 bis Ende 1995 bei der I.________ im IT-Bereich angestellt gewesen. Ab Februar 1997 habe sie während vieler Jahre bei der J.________ AG mit einem von dieser entwickelten Informatikprogramm gearbeitet und dabei, auch durch interne Schulungen, spezifische Fachkenntnisse erworben. Das Programm habe jedoch auf dem Markt zusehends an Bedeutung verloren. Der Arbeitgeberin sei es nicht gelungen, ihre Software so weiterzuentwickeln, dass diese am Markt habe weiterbestehen können. Mit dem nahenden Ende des Programms seien die erworbenen produktspezifischen Kenntnisse der Beschwerdeführerin nicht mehr nachgefragt und das Arbeitsverhältnis sei per Ende 2009 aufgelöst worden. Danach sei die Beschwerdeführerin arbeitslos gewesen. Im Oktober 2011 habe sie eine Ausbildung zur dipl. Informatikerin HF (Höhere Fachschule) in Wirtschaftsinformatik begonnen, die sie 2013 erfolgreich abgeschlossen habe. Dennoch habe sie im IT-Bereich weiterhin keine Anstellung finden können. Von Januar 2015 bis Januar 2016 sei sie bei der K.________ GmbH teilzeitlich als Sachbearbeiterin in der Administration beschäftigt gewesen. Sie habe ansonsten bis April 2017 Arbeitslosenentschädigung bezogen.  
 
Angesichts dieser Umstände, so die Vorinstanz weiter, sei anzunehmen, dass die Beschwerdeführerin es nicht vermocht habe, die Defizite im IT-Bereich auszugleichen. Daher hätte sie mit Blick auf die ihr obliegende Schadenminderungspflicht bereits lange vor dem Eintritt des Gesundheitsschadens auch ausserhalb des IT-Bereichs eine Arbeit suchen müssen. Mangels anderweitig in der Schweiz verwertbarer Ausbildung kämen sämtliche Wirtschaftszweige des Totals der LSE, Kompetenzniveau 1, in Frage, die dementsprechend auch das hypothetische Valideneinkommen abbildeten. Daher sei zu dessen Bestimmung auf den Totalwert der LSE, Kompetenzniveau 1, Frauen, abzustellen. 
 
5.2.2. Die Beschwerdeführerin bringt vor, zwar habe sie trotz des seit Jahren bestehenden Mangels an Fachkräften im IT-Bereich keine neue Anstellung gefunden. Indessen sei sie schon vor der Anmeldung zum Leistungsbezug bei der Invalidenversicherung gesundheitlich deutlich beeinträchtigt gewesen, wie sich aus dem von Dr. med. E.________ nachvollziehbar beschriebenen Krankheitsverlauf ergebe. Ohne dessen Berücksichtigung sei davon auszugehen, dass sie im Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung vom 18. März 2022 als diplomierte Informatikerin arbeiten würde. Daher sei ein deutlich über Fr. 100'000.- liegendes Valideneinkommen zu ermitteln.  
 
5.3.  
 
5.3.1. Wie die Vorinstanz richtig festgehalten hat, ist für das hypothetische Einkommen ohne Invalidität (Valideneinkommen) in der Regel vom zuletzt erzielten, nötigenfalls der Teuerung und der realen Einkommensentwicklung angepassten Verdienst auszugehen, da erfahrungsgemäss die bisherige Tätigkeit ohne Gesundheitsschaden fortgesetzt worden wäre. Ausnahmen von diesem Erfahrungssatz müssen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erstellt sein (BGE 135 V 58 E. 3.1; vgl. auch BGE 135 V 297 E. 5.1, 134 V 322 E. 4.1). Ein zuletzt bezogener (hoher) Verdienst ist nur dann als Valideneinkommen heranzuzuziehen, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass er weiterhin erzielt worden wäre (SVR 2009 IV Nr. 58 S. 181 E. 2.3, 9C_5/2009). Erfolgte der Stellenverlust aus invaliditätsfremden Gründen, ist der Validenlohn anhand von Durchschnittswerten zu bestimmen (SVR 2007 IV Nr. 38 S. 130, I 943/06 E. 5.1.3 und 6.2). Auf sie darf jedoch im Rahmen der Invaliditätsbemessung nur unter Mitberücksichtigung der für die Entlöhnung im Einzelfall gegebenenfalls relevanten persönlichen und beruflichen Faktoren abgestellt werden (BGE 144 I 103 E. 5.3 mit Hinweisen).  
 
5.3.2. Der von Dr. med. E.________ beschriebene Krankheitsverlauf betrifft im Wesentlichen den Zeitraum vor Beginn seiner Behandlung am 16. Mai 2017 (vgl. Bericht vom 16. Januar 2018), in dem die Beschwerdeführerin unbestritten keine nennenswerte psychiatrische Therapie in Anspruch genommen hatte. Dr. med. L.________, FMH Psychiatrie und Psychiatrie, RAD, hat in seiner Stellungnahme vom 19. Januar 2022 dazu angemerkt, dass Persönlichkeitsstörungen in der Kindheit oder Jugend beginnen und sich auf Dauer im Erwachsenenalter manifestieren und gleichförmig verlaufen. Jedoch habe die Beschwerdeführerin mehrere berufliche Ausbildungen absolvieren und eine erfolgreiche berufliche Karriere durchlaufen können. Auch die depressive Störung scheine schon früh begonnen zu haben, sie habe sich aber lange Zeit nicht auf die Arbeits- und Leistungsfähigkeit ausgewirkt. Gesamthaft betrachtet bestehen keine konkreten Anhaltspunkte, dass die Beschwerdeführerin schon lange Zeit vor Beginn der Wartefrist gemäss Art. 28 Abs. 1 lit. b IVG im Mai 2017 infolge fortschreitender Verschlechterung ihres Gesundheitszustands berufliche Rückschläge hat hinnehmen müssen (vgl. Urteil I 476/84 des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 19. April 1984 E. 3b; publ. in: ZAK 1985 632). Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass sie deswegen im IT-Bereich keine Anstellung gefunden hat.  
 
5.3.3. Zu prüfen bleibt der massgebliche statistische Lohnansatz, der gestützt auf die Tabelle TA1_triage_skill_level, Privater Sektor der LSE 2018 (abrufbar unter: https://www.koordination.ch/de/online-hand buch/ atsg/ invaliditaetsgrad/tabellenloehne-lse/#c66464), zu bestimmen ist. Die Wahl des massgeblichen Wirtschaftssektors und des zu berücksichtigenden Kompetenzniveaus sind Rechtsfragen, die das Bundesgericht frei überprüft (vgl. SVR 2008 IV Nr. 4, I 732/06). Dabei ist vorab festzuhalten, dass die vorinstanzliche Berufung auf die Schadenminderungspflicht an der Sache vorbeigeht und im Kontext unverständlich ist. Diese ist allenfalls im Zusammenhang mit der Bestimmung des hypothetischen Invalideneinkommens von Belang. Es steht aufgrund der Akten fest, dass die Beschwerdeführerin im IT-Bereich fast zwanzig Jahre lang gearbeitet und zudem eine dreijährige Ausbildung zur Wirtschaftsinformatikerin erfolgreich abgeschlossen hat. Sie hat danach, was ebenfalls unbestritten ist, während mehrerer Jahre in diesem Wirtschaftszweig eine Anstellung gesucht. Angesichts dieser Umstände rechtfertigt es sich, für die Ermittlung des Valideneinkommens die standardisierten Bruttolöhne im Sektor 3 "Dienstleistungen", Rz. 58-63 "Information und Kommunikation", der LSE 2018 heranzuziehen.  
Auf die über der Umschreibung des Kompetenzniveaus 1 ("Einfache Tätigkeiten körperlicher und handwerklicher Natur") liegenden Fähigkeiten weisen nicht nur der festgehaltene berufliche Werdegang hin, sondern auch der Umstand, dass die Beschwerdeführerin in ihrer Heimat ein technisches Gymnasium abgeschlossen hat und dass sie bei der K.________ GmbH als Sachbearbeiterin in der Administration angestellt gewesen ist. Daher ist anzunehmen, dass sie im Gesundheitsfall weiterhin in einer anspruchsvolleren, dem Kompetenzniveau 2 ("Praktische Tätigkeiten wie Verkauf/ Pflege/ Datenverarbeitung und Administration/ Bedienen von Maschinen und elektronischen Geräten/ Sicherheitsdienst/ Fahrdienst") entsprechenden Beschäftigung arbeiten würde. Unter Berücksichtigung dieser Aspekte ist der LSE 2018, Spalte "Frauen", ein Wert von Fr. 5946.- zu entnehmen. 
Insgesamt ist festzuhalten, dass die Vorinstanz den Grundsatz, wonach das hypothetische Valideneinkommen so konkret wie möglich zu ermitteln ist, verletzt hat. Namentlich hat sie die relevanten persönlichen und beruflichen Faktoren ungenügend berücksichtigt (BGE 144 I 103 E. 5.3 mit Hinweisen). 
 
5.4.  
 
5.4.1. Wie oben bereits festgehalten (E. 5.1), ist zur Bestimmung des hypothetischen Invalideneinkommens auf die standardisierten Bruttolöhne des Totals, Kompetenzniveau 1, Frauen, der LSE abzustellen. Dieses beträgt gemäss LSE 2018 Fr. 4371.-, beziehungsweise vermindert um die Arbeitsunfähigkeit von 20 % Fr. 3496.80 (4371 x 0.8). Nach vorinstanzlicher Auffassung ist mit Blick auf das von den medizinischen Sachverständigen der ABI beschriebene Zumutbarkeitsprofil ein Abzug gemäss BGE 126 V 75 nicht gerechtfertigt. Die Beschwerdeführerin beschränkt sich darauf zu wiederholen, das Zumutbarkeitsprofil entspreche nicht den sie erheblich einschränkenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Weiterungen dazu erübrigen sich, nachdem feststeht, dass das bidisziplinäre Gutachten in allen Teilen beweiskräftig ist. Auf die beantragten ergänzenden Beweisvorkehren ist mit der Vorinstanz in antizipierter Beweiswürdigung zu verzichten.  
 
5.4.2. Zusammenfassend ergibt der Einkommensvergleich einen Invaliditätsgrad von 41.20 % ([5946 - 3496.80] : 5946 x 100; vgl. zur Rundung BGE 130 V 121). Dementsprechend hat die Beschwerdeführerin Anspruch auf eine Viertelsrente der Invalidenversicherung. Auf eine Anpassung der gestützt auf die standardisierten Bruttolöhne ermittelten Vergleichseinkommen an die betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit ist zu verzichten, da sich am Ergebnis nichts ändern würde. Die Beschwerde ist teilweise gutzuheissen. Die Sache ist zur Festsetzung des Beginns des Rentenanspruchs an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen.  
 
6.  
 
6.1. Die Gerichtskosten sind der Beschwerdegegnerin als unterliegender Partei aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Sie hat der Beschwerdeführerin eine angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).  
 
6.2. Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des vorinstanzlichen Verfahrens an das kantonale Gericht zurückgewiesen.  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. In Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 19. August 2022 und der Verfügung der IV-Stelle Bern vom 18. März 2022 wird festgestellt, dass die Beschwerdeführerin Anspruch auf eine Viertelsrente hat. Die Sache wird an die IV-Stelle zurückgewiesen, damit sie den Beginn des Rentenanspruchs festsetze. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen. 
 
4.  
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Verwaltungsgericht des Kantons Bern zurückgewiesen. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 4. August 2023 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Der Gerichtsschreiber: Grunder