Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_675/2021  
 
 
Urteil vom 5. Oktober 2022  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Chaix, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Müller, 
nebenamtliche Bundesrichterin Pont Veuthey, 
Gerichtsschreiber Dold. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Stefan Diezig, 
 
gegen  
 
1. B.________, 
2. C.________, 
3. D.________, 
4. E.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Anton Arnold, 
Beschwerdegegner, 
 
Einwohnergemeinde Zermatt, 
Kirchplatz 3, Postfach 345, 3920 Zermatt, 
 
Staatsrat des Kantons Wallis, 
Regierungsgebäude, Place de la Planta 3, Postfach 478, 1951 Sitten. 
 
Gegenstand 
Bauwesen, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Wallis, Öffentlichrechtliche Abteilung, 
vom 29. September 2021 (A1 21 123). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ ist Eigentümerin der Parzelle Nr. 4529 in Zermatt. Nachdem die Einwohnergemeinde Zermatt festgestellt hatte, dass auf der Parzelle Bauarbeiten ausgeführt worden waren, die über eine zuvor erteilte Baubewilligung hinausgingen, verfügte sie einen Baustopp und setzte eine Frist für ein nachträgliches Baugesuch. A.________ reichte am 22. Dezember 2015 ein solches ein. Mit Verfügung vom 2. September 2016 verweigerte die Einwohnergemeinde dem Projekt die Bewilligung, weil es ihres Erachtens die Vorgaben des Bundesgesetzes vom 20. März 2015 über Zweitwohnungen (Zweitwohnungsgesetz, ZWG; SR 702) nicht einhielt. Zudem verfügte es den Rückbau der bereits erstellten Bauteile. Letztinstanzlich bestätigte das Kantonsgericht Wallis mit Urteil vom 29. Juni 2018 sowohl den Bauabschlag als auch die Anordnung der Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands. 
Am 5. Juli 2018 reichte F.________ ein Baugesuch für den Bau eines Personalhauses auf der Parzelle Nr. 4529 ein. Dagegen erhoben vier Personen Einsprache: E.________, D.________, C.________ und B.________. Mit Entscheid vom 25. Juli 2019 hiess die Einwohnergemeinde die Einsprachen gut, soweit sie nicht gegenstandslos geworden waren, und verweigerte die Baubewilligung. Zur Begründung hielt sie fest, dass kein genügender Bedarf an Dienstwohnungen ersichtlich sei, weshalb eine Bewilligung als Erstwohnungen nach Art. 2 Abs. 3 lit. g ZWG ausser Betracht falle. Mit Entscheid vom 6. September 2019 ordnete sie zudem die Vollstreckung der von ihr früher erlassenen Wiederherstellungsverfügung an. 
Gegen die Entscheide der Einwohnergemeinde vom 25. Juli 2019 und 6. September 2019 erhob A.________ Beschwerde beim Staatsrat des Kantons Wallis. Dieser vereinigte die beiden Verfahren und wies die Beschwerden mit Entscheid vom 28. April 2021 ab. Eine von A.________ dagegen erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde wies das Kantonsgericht mit Urteil vom 29. September 2021 ab, soweit es darauf eintrat. Hinsichtlich des Bauabschlags legte es dar, dass sich F.________ als Baugesuchstellerin dagegen nicht gewehrt habe. A.________ sei dagegen nicht Baugesuchstellerin, weshalb sie nicht zur Beschwerde berechtigt sei. Der Staatsrat hätte deshalb auf ihr Rechtsmittel insoweit nicht eintreten dürfen. Selbst wenn auf die Beschwerde in diesem Punkt einzutreten wäre, wäre sie inhaltlich unbegründet. Auch die Kritik an der Vollstreckungsverfügung erachtete das Kantonsgericht als unberechtigt. 
 
B.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht vom 11. November 2021 beantragt A.________, das Urteil des Kantonsgerichts vom 29. September 2021 sei aufzuheben und die Baubewilligung für das Projekt "Personalhaus" zu erteilen. Eventualiter sei die Angelegenheit mit verbindlichen Anweisungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Der Staatsrat hat auf eine Stellungnahme verzichtet. B.________, C.________ und D.________ haben sich nicht vernehmen lassen. Das Kantonsgericht und E.________ schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Die Einwohnergemeinde Zermatt beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventualiter sei sie abzuweisen. Die Beschwerdeführerin hat eine Replik eingereicht und hält darin an ihren Anträgen fest. Die Einwohnergemeinde und die Beschwerdeführerin haben sich in weiteren Eingaben erneut zur Sache geäussert. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Das angefochtene Urteil hat zwei Gegenstände: erstens die Verweigerung der Baubewilligung und zweitens die Vollstreckung der Anordnung der Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands. Die Beschwerdeführerin verlangt die umfassende Aufhebung des Urteils des Kantonsgerichts, geht aber auf dessen Begründung zum zweiten Gegenstand, der Vollstreckung der Anordnung der Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands, nicht ein, weshalb auf die Beschwerde insoweit zum vornherein nicht einzutreten ist (Art. 42 Abs. 2 BGG).  
 
1.2. Hinsichtlich der Verweigerung der Baubewilligung enthält der angefochtene Entscheid zwei alternative Begründungen. Zum einen verneinte das Kantonsgericht das Beschwerderecht der Beschwerdeführerin, zum andern führte es aus, dass ihr Rechtsmittel abzuweisen wäre, wenn darauf eingetreten werden könnte. Vor diesem Hintergrund ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin gemäss Art. 89 BGG in der Sache zur Beschwerdeerhebung berechtigt ist, und gegebenenfalls in einem zweiten Schritt, ob die vorinstanzliche Eventualbegründung zur Sache vor Bundesrecht standhält.  
Dem Umstand, dass die Vorinstanz der Beschwerdeführerin das Beschwerderecht abgesprochen hat, kommt demgegenüber keine selbständige Bedeutung zu. Nachdem sich die Vorinstanz - im Rahmen einer "Eventualbegründung" - mit der Sache materiell befasst und die Beschwerdeführerin insoweit wie eine beschwerdeberechtigte Partei behandelt hat, ist es nicht angezeigt, unabhängig davon, ob die Beschwerdeführerin in der Sache zur Beschwerdeerhebung berechtigt ist, zur Gewährleistung ihrer Parteirechte im kantonalen Verfahren auf ihr Rechtsmittel einzutreten (sog. "Star-Praxis"; BGE 141 IV 1 E. 1.1; Urteil 1C_116/2021 vom 1. Februar 2022 E. 1.2; je mit Hinweisen). 
 
1.3. Zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht ist nach Art. 89 Abs. 1 BGG berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a), durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist (lit. b) und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (lit. c). Ist die beschwerdeführende Person nicht Verfügungsadressatin, muss sie durch den angefochtenen Entscheid stärker betroffen sein als eine beliebige Drittperson und in einer besonderen, beachtenswerten, nahen Beziehung zur Streitsache stehen. Zudem muss sie einen eigenen, praktischen Nutzen aus einer allfälligen Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids ziehen, das heisst, ihre Situation muss durch den Ausgang des Verfahrens in relevanter Weise beeinflusst werden können. Das schutzwürdige Interesse besteht in der Vermeidung eines unmittelbaren materiellen oder ideellen Nachteils, den der angefochtene Entscheid für sie mit sich bringen würde. Ein bloss mittelbares oder ausschliesslich allgemeines öffentliches Interesse genügt nicht (zum Ganzen: BGE 142 II 451 E. 3.4.1 mit Hinweisen).  
 
1.4. Die Beschwerdeführerin ist nicht Adressatin der Verfügung, mit der die Baubewilligung verweigert wurde. Gemäss den Feststellungen des Kantonsgerichts trat als Baugesuchstellerin einzig F.________ auf, die den Bauabschlag in der Folge jedoch nicht angefochten hat. Unter diesen Voraussetzungen fehlt es der Beschwerdeführerin an einem unmittelbaren Interesse an der Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils. Das Interesse an Mieteinnahmen, auf das sie sich beruft, unterscheidet sich nicht wesentlich von demjenigen eines Architekten oder Bauunternehmers, die ebenfalls an der Verwirklichung eines Bauprojekts interessiert sind, denen jedoch praxisgemäss das unmittelbare Interesse zur Anfechtung des Bauabschlags abgesprochen wird (BGE 99 Ib 377 E. 1b; Urteil 1C_61/2019 vom 12. Juli 2019 E. 1.2 mit Hinweisen; s. ferner Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 21. Oktober 2009, VB.2009.00321, E. 1.2 in: BEZ 2009 Nr. 54 S. 8; Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 4. März 1991 E. 2b, in: BVR 1991 S. 352). Ebensowenig hat sie ein schutzwürdiges Interesse daran, abstrakt die Möglichkeit der Überbauung ihres Grundstücks überprüfen zu lassen. Sie ist deshalb nicht zur Beschwerde berechtigt.  
 
2.  
Auf die Beschwerde ist aus diesen Erwägungen nicht einzutreten. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sie hat dem anwaltlich vertretenen Beschwerdegegner E.________ zudem eine angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdeführerin hat E.________ eine Parteientschädigung von Fr. 1'000.-- auszurichten. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, der Einwohnergemeinde Zermatt, dem Staatsrat des Kantons Wallis und dem Kantonsgericht Wallis, Öffentlichrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 5. Oktober 2022 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Dold