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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_730/2023  
 
 
Urteil vom 21. November 2023  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Schöbi, Bundesrichterin De Rossa, 
Gerichtsschreiber Buss. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Schweizerische Eidgenossenschaft, 
vertreten durch die Serafe AG, Schweizerische Erhebungsstelle für die Radio- und Fernsehabgabe, Halten Center, Summelenweg 91, 8808 Pfäffikon, 
Beschwerdegegnerin, 
 
Betreibungsamt Bezirk Frauenfeld, 
St. Gallerstrasse 4, 8510 Frauenfeld. 
 
Gegenstand 
Zahlungsbefehl, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Obergerichts des Kantons Thurgau als kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs vom 25. August 2023 (BS.2023.12). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Zahlungsbefehl Nr. xxx des Betreibungsamts Bezirk Frauenfeld vom 8. Februar 2023 leitete die Schweizerische Eidgenossenschaft gegen A.________ für eine Forderung von Fr. 393.-- die Betreibung ein. 
 
B.  
Die gegen den Zahlungsbefehl bzw. die genannte Betreibung erhobene Beschwerde wies das Bezirksgericht Frauenfeld als untere Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungssachen mit Entscheid vom 6. Juli 2023 ab. 
 
C.  
Am 4. August 2023 erhob A.________ dagegen Beschwerde an das Obergericht des Kantons Thurgau als kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs. Mit Verfügung vom 25. August 2023 trat das Obergericht auf die Beschwerde zufolge Fristversäumnisses nicht ein. 
 
D.  
Gegen die am 28. August 2023 in Empfang genommene Verfügung des Obergerichts ist A.________ mit Eingabe vom 26. September 2023 an das Bundesgericht gelangt. Die Beschwerdeführerin verlangt die Aufhebung der Verfügung des Obergerichts und die Rückweisung des Verfahrens an das Obergericht zur materiellen Beurteilung. 
Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten beigezogen, hingegen keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 145 II 168 E. 1; 144 II 184 E. 1). 
 
1.1. Entscheide kantonaler Aufsichtsbehörden über Beschwerden gegen Verfügungen von Vollstreckungsorganen gemäss Art. 17 SchKG unterliegen der Beschwerde in Zivilsachen (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG i.V.m. Art. 19 SchKG). Das Rechtsmittel ist unabhängig von einer Streitwertgrenze zulässig (Art. 74 Abs. 2 lit. c BGG). Die Beschwerdeführerin, auf dessen kantonale Beschwerde die obere kantonale Aufsichtsbehörde nicht eingetreten ist, ist mit ihren Anträgen vor der Vorinstanz unterlegen und somit zur Beschwerde legitimiert (Art. 76 Abs. 1 BGG).  
 
1.2. Bei Beschwerden gegen Entscheide der kantonalen Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen beträgt die Frist zur Beschwerde an das Bundesgericht zehn Tage (Art. 100 Abs. 2 lit. a BGG). Die Beschwerdefrist endete am 7. September 2023. Die am 26. September 2023 der Post aufgegebene Beschwerde erweist sich daher als verspätet.  
 
1.3. In ihrer Rechtsmittelbelehrung weist die Vorinstanz allerdings darauf hin, dass gegen ihren Entscheid "innert der nicht erstreckbaren Frist von 30 Tagen von der Zustellung des Entscheids an gerechnet" beim Bundesgericht Beschwerde eingereicht werden könne. Aus einer unrichtigen Rechtsmittelbelehrung dürfen den Parteien keine Nachteile erwachsen (Art. 49 BGG). Voraussetzung für die Anwendbarkeit der zitierten Norm ist, dass sich die Prozesspartei nach Treu und Glauben auf die fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung verlassen durfte. Wer hingegen die Fehlerhaftigkeit einer Rechtsmittelbelehrung erkennt oder bei gebührender Aufmerksamkeit hätte erkennen müssen, kann sich nicht auf die darin enthaltenen unzutreffenden Angaben berufen (Urteil 4A_203/2019 vom 11. Mai 2020 E. 1.3.2 mit Hinweis, nicht publ. in: BGE 146 III 254). Anhaltspunkte dafür, dass die nicht anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin die fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung kannte oder hätte erkennen können, sind vorliegend nicht ersichtlich. Die Eingabe an das Bundesgericht ist daher als fristgerecht erfolgte Beschwerde entgegenzunehmen.  
 
2.  
 
2.1. Mit der vorliegenden Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt. Die beschwerdeführende Partei hat in gezielter Auseinandersetzung mit den für das Ergebnis des angefochtenen Entscheides massgeblichen Erwägungen aufzuzeigen, welche Rechte bzw. Rechtsnormen die Vorinstanz verletzt haben soll (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 140 III 86 E. 2). Auch die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist zu begründen, wobei hier das Rügeprinzip gilt (BGE 142 III 364 E. 2.4).  
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen vor Bundesgericht nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG), was in der Beschwerde näher darzulegen ist (BGE 148 V 174 E. 2).  
 
3.  
Streitig ist die Einhaltung der zehntägigen Beschwerdefrist gemäss Art. 18 Abs. 1 SchKG für den Beschwerde-Weiterzug an die obere kantonale Aufsichtsbehörde. 
 
3.1. Das Obergericht hat erwogen, der Entscheid der unteren kantonalen Aufsichtsbehörde spreche sich über die Begründetheit der Beschwerde aus und enthalte keine Anweisungen an das Betreibungsamt. Somit liege keine Betreibungshandlung vor und die Bestimmungen über die Betreibungsferien würden nicht gelten. Wie die Beschwerdeführerin selbst darlege, habe sie den Entscheid vom 6. Juli 2023 kurz vor dem 15. Juli 2023 in Empfang genommen. Damit erweise sich die Beschwerde vom 4. August 2023 als offensichtlich verspätet. Auf sie sei nicht einzutreten.  
Die Beschwerdeführerin ist demgegenüber der Ansicht, dass die Beschwerde vom 4. August 2023 - dem dritten Werktag nach dem Ende der Betreibungsferien - gestützt auf Art. 63 Satz 2 SchKG rechtzeitig erhoben worden sei. Zur Begründung führt die Beschwerdeführerin aus, dass die Vorinstanz das Vorliegen einer Betreibungshandlung nicht hätte verneinen dürfen. Eine Aufhebung einer Betreibungshandlung - wie sie mit der erhobenen betreibungsrechtlichen Beschwerde beantragt worden sei - müsse sachlogisch einer Betreibungshandlung gleichgestellt werden. Im Sinne einer Eventualbegründung macht die Beschwerdeführerin geltend, dass die Beschwerde aufgrund der Gerichtsferien gemäss Art. 145 Abs. 1 ZPO rechtzeitig erfolgt sei. 
 
3.2. Die Gerichtsferien gemäss Art. 145 Abs. 1 ZPO gelten für die Beschwerde gemäss Art. 17 f. SchKG nicht (Art. 31 a.E. SchKG; Art. 145 Abs. 4 ZPO; BGE 141 III 170 E. 3). Vielmehr richtet sich die Frage der Fristwahrung nach Art. 56 Ziff. 2 SchKG (Betreibungsferien) und Art. 63 SchKG (Wirkungen der Betreibungsferien auf den Fristenlauf). Gemäss konstanter bundesgerichtlicher Praxis steht Art. 63 SchKG in unmittelbarer Verbindung zu den Bestimmungen über die Betreibungsferien und den Rechtsstillstand, weshalb die Bestimmung nur auf solche Fristen anzuwenden ist, welche durch eine Betreibungshandlung ausgelöst werden. Liegt keine Betreibungshandlung im Sinne von Art. 56 SchKG vor, ist eine Fristerstreckung nach Art. 63 SchKG nicht möglich (BGE 149 III 179 E. 4.1; 143 III 149 E. 2.1; Urteil 5A_471/2013 vom 17. März 2014 E. 2.2 und 2.3).  
 
3.3. Eine Betreibungshandlung im Sinne von Art. 56 SchKG liegt allgemein nur vor, wenn eine Amtshandlung der hierfür zuständigen Behörde den Betreibenden seinem Ziel näher bringt und in die Rechtsstellung des Betriebenen eingreift (BGE 143 III 149 E. 2.1; 121 III 88 E. 6c/aa). Entscheide der Aufsichtsbehörde, die sich bloss über die Begründetheit einer Beschwerde aussprechen, ohne den Vollstreckungsorganen eine bestimmte Betreibungshandlung vorzuschreiben oder eine solche selbst anzuordnen, stellen keine Betreibungshandlungen im Sinne von Art. 56 SchKG dar (BGE 117 III 4 E. 3; 121 III 88 E. 6c/aa; Urteile 5A_1/2020 vom 3. März 2020 E. 3; 5A_677/2013 vom 6. Dezember 2013 E. 2.1; 5A_448/2011 vom 31. Oktober 2011 E. 2.5).  
 
3.4. Die Abweisung der Beschwerde gegen die Zustellung des Zahlungsbefehls hat keine Anweisungen an das Betreibungsamt zur Folge, welche das Betreibungsverfahren in ein vorgerückteres Stadium bringen würden. Damit handelt es sich nicht um eine Betreibungshandlung im Sinne der vorstehenden Ausführungen (Urteil 5A_448/2011 vom 31. Oktober 2011 E. 2.5; BGE 115 III 11 E. 1b f.; SCHMID/BAUER, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 3. Aufl. 2021, N. 27a zu Art. 56 SchKG).  
 
3.5. Nach dem Gesagten ist der Beschwerde-Weiterzug nach Art. 18 SchKG nicht rechtzeitig erfolgt und die Vorinstanz auf die Beschwerde vom 4. August 2023 zu Recht nicht eingetreten. Einzig bei Nichtigkeit im Sinne von Art. 22 Abs. 1 SchKG hätte die Vorinstanz jederzeit von Amtes wegen, d.h. ungeachtet der Einhaltung der Beschwerdefrist eingreifen können. Derartiges bringt die Beschwerdeführerin aber nicht vor (zur diesbezüglichen Begründungspflicht s. E. 2 hievor) und ist auch nicht ersichtlich.  
 
4.  
Aus den dargelegten Gründen ist der Beschwerde kein Erfolg beschieden. Ausgangsgemäss trägt die Beschwerdeführerin die Verfahrenskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Obergericht des Kantons Thurgau als kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 21. November 2023 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Escher 
 
Der Gerichtsschreiber: Buss