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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_10/2024  
 
 
Urteil vom 29. Januar 2024  
 
I. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Muschietti, als präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichterin van de Graaf, 
Bundesrichter von Felten, 
Gerichtsschreiberin Arquint Hill. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Remo Dolf, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden, Erster Staatsanwalt, Rohanstrasse 5, 7000 Chur, 
2. B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Alexander Egli, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Fahrlässige Verursachung einer Feuersbrunst, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden, I. Strafkammer, vom 16. August 2023 (SK1 22 30/31). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Regionalgericht Viamala sprach B.________ mit Urteil vom 11. April 2022 vom Vorwurf der Verursachung einer fahrlässigen Feuersbrunst frei, verwies die Zivilforderungen der Privatklägerschaft und damit auch von A.________ auf den Zivilweg und regelte die Kosten- und Entschädigungsfolgen. 
Gegen das Urteil erhoben die Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden und A.________ Berufung. 
Das Kantonsgericht von Graubünden stellte mit Urteil vom 16. August 2023 die Rechtskraft des erstinstanzlichen Urteils in Bezug auf die Verweisung der Zivilforderungen der Privatklägerschaft auf den Zivilweg fest. Es sprach B.________, wie zuvor das Regionalgericht, vom Vorwurf der fahrlässigen Verursachung einer Feuersbrunst frei und regelte die Kosten- und Entschädigungsfolgen. 
A.________ wendet sich mit Beschwerde in Strafsachen gegen den Freispruch von B.________ an das Bundesgericht. Zur Begründung seiner Legitimation weist er darauf hin, am Verfahren vor dem Kantonsgericht von Graubünden teilgenommen zu haben. Er habe sich als Privatkläger im Straf- und Zivilpunkt konstituiert und als Eigentümer des vom Brand betroffenen Gebäudes einen Schaden erlitten. Als Partei im Sinne von Art. 104 Abs. 1 lit. b StPO sei er auch ohne seine Schwester zur Beschwerde legitimiert. 
 
2.  
Die Privatklägerschaft ist zur Beschwerde in Strafsachen nur berechtigt, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Bei den Zivilansprüchen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG geht es in erster Linie um Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung gemäss Art. 41 ff. OR, die üblicherweise vor den Zivilgerichten geltend gemacht werden müssen (BGE 141 IV 1 E. 1.1). Der angefochtene Entscheid kann sich auf die Beurteilung der im Strafverfahren adhäsionsweise geltend gemachten bzw. noch geltend zu machenden Zivilforderungen dann nicht mehr auswirken, wenn das Strafverfahren im Zivilpunkt bereits erledigt ist, weil die Zivilforderungen z.B. rechtskräftig auf den Zivilweg verwiesen wurden (Urteile 6B_1280/2020 vom 3. Februar 2021 E. 1.2; 6B_305/2020 und 6B_321/2020 vom 1. Oktober 2020 E. 2.1; 6B_92/2019 vom 21. März 2019 E. 3; 6B_595/2018 vom 28. November 2018 E. 3 und 4; je mit Hinweisen). 
Im Falle eines Freispruchs des Beschuldigten setzt die Beschwerdeberechtigung der Privatklägerschaft grundsätzlich voraus, dass diese, soweit zumutbar, ihre Zivilansprüche aus strafbarer Handlung im Strafverfahren geltend gemacht hat (BGE 137 IV 246 E. 1.3.1; Urteil 6B_708/2019 vom 12. November 2019 E. 2.1; je mit Hinweisen), sich mithin im Strafverfahren nicht nur als Strafklägerin (Art. 119 Abs. 2 lit. a StPO), sondern auch als Zivilklägerin (Art. 119 Abs. 2 lit. b StPO) konstituiert hat (Urteile 6B_1202/2019 vom 9. Juli 2020 E. 1.1, nicht publ. in: BGE 146 IV 211; 6B_1239/2019 vom 20. Februar 2020 E. 2.1; je mit Hinweis). 
 
3.  
 
3.1. Wie bereits erwähnt, sprach das Regionalgericht den Beschwerdegegner 2 vom Vorwurf der fahrlässigen Verursachung einer Feuersbrunst frei Die Zivilforderungen der Privatklägerschaft verwies es auf den Zivilweg. Zur Begründung führte es insofern aus, es liege keine bezifferte und begründete Zivilklage vor, die beurteilt werden könnte. Damit erweise sich die Zivilklage als im Strafverfahren nicht spruchreif (Art. 126 Abs. 2 lit. d StPO). Die Verweisung der Zivilforderugen auf den Zivilvweg sei auch im Sinne der Privatklägerschaft, die ihre zivilrechtlichen Ansprüche, wie an der Hauptverhandlung geltend gemacht, auf dem Zivilweg beurteilt haben wolle (vgl. kantonale Akten, act. 19, regionalgerichtliches Urteil, S. 17 f. sowie S. 20, Dispositivziffer 2).  
Das Kantonsgericht bestätigte den Freispruch des Beschwerdegegners 2. Auf die Berufungen der Staatsanwaltschaft und der Privatklägerschaft, also des Beschwerdeführers, trat es nicht ein, soweit diese die Aufhebung von Dispositivziffer 2 des erstinstanzlichen Urteils verlangten, weil die Privatklägerschaft vor dem Regionalgericht keine Zivilforderungen gestellt und und die Staatsanwaltschaft im Zivilpunkt nicht zur Berufung legitimiert sei. Das Gericht kam daher zum Schluss, das erstinstanzliche Urteil sei in Bezug auf Dispositivziffer 2 rechtskräftig (Urteil S. 3 und S. 11, Dispositivziffer 1.2). 
 
3.2. Es ergibt sich, dass das Regionalgericht die Zivilklage der Privatklägerschaft, d.h. des Beschwerdeführers, auf den Zivilweg verwiesen und das Kantonsgericht die Rechtskraft des erstinanzlichen Urteils in diesem Punkt festgestellt hat. Mit der kantonsgerichtlichen Feststellung der Rechtskraft setzt sich der Beschwerdeführer vor Bundesgericht nicht auseinander. Dass sie zu Unrecht erfolgt sein könnte, macht er nicht geltend und ist im Übrigen auch nicht ersichtlich. Abgesehen davon wendet der Beschwerdeführer auch nicht ein, dass er im kantonalen Strafverfahren adhäsionsweise Zivilansprüche geltend gemacht habe, und er behauptet überdies auch nicht, dass ihm die Geltendmachung von Zivilansprüchen im kantonalen Strafverfahren unzumutbar oder unmöglich gewesen sei. Damit hat das Strafverfahren im Zivilpunkt als bereits erledigt zu gelten (vgl. vorstehend E. 2). Das angefochtene Urteil kann sich nicht (mehr) im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG auf allfällige Zivilforderungen auswirken, weshalb der Beschwerdeführer schon deshalb nicht zur Beschwerde in Strafsachen in der Sache legitimiert ist. Daran ändert auch nichts, dass er - wie er in seiner Beschwerde dartut - am kantonalen Verfahren teilgenommen, sich als Privatkläger im Straf- und Zivilpunkt konstituiert hat und einen Schaden erlitten haben soll. Seine diesbezüglichen pauschalen Ausführungen genügten, davon abgesehen, auch den Begründungsanforderungen an die Legitimation nicht.  
 
4.  
Der Beschwerdeführer rügt keine Verletzung seiner Parteirechte im kantonalen Verfahren, die ihm nach dem Verfahrensrecht, der Bundesverfassung oder der EMRK zustehen. Er macht somit keine, grundsätzlich unbesehen der fehlenden Legitimation zulässige, formelle Rechtsverweigerung geltend (sog. "Star-Praxis"; BGE 146 IV 76 E. 2 mit weiteren Hinweisen). 
 
5.  
Auf die Beschwerde ist damit im Verfahren nach Art. 109 BGG nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Aufgrund des verhältnismässig geringen Aufwands sind ihm reduzierte Kosten aufzuerlegen. 
Dem Beschwerdegegner 2 ist keine Entschädigung zuzusprechen, da er im bundesgerichtlichen Verfahren nicht zur Einreichung einer Vernehmlassung eingeladen wurde. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Dem Beschwerdeführer werden die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht von Graubünden, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 29. Januar 2024 
 
Im Namen der I. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Muschietti 
 
Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill