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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_1044/2022  
 
 
Urteil vom 2. August 2023  
 
I. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, als präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Muschietti, 
Bundesrichterin van de Graaf, 
Gerichtsschreiber Keskin. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden, Erster Staatsanwalt, Rohanstrasse 5, 7000 Chur, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Verletzung der Verkehrsregeln; Willkür, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden, I. Strafkammer, vom 5. August 2022 (SK1 22 3). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Staatsanwaltschaft Graubünden wirft A.________ vor, dass er den auf ihn eingelösten Personenwagen der Marke B.________ mit dem Kontrollschild GR xxxxxx am 13. September 2019, um 15:17 Uhr, auf dem Hof in Chur geparkt habe, ohne einen Parkzettel zu lösen bzw. diesen gut sichtbar im Fahrzeug anzubringen. Die Staatsanwaltschaft Graubünden erklärte A.________ am 16. Januar 2020 mittels Strafbefehl der Verletzung der Verkehrsregeln schuldig und bestrafte ihn mit einer Busse von Fr. 40.--. 
 
B.  
 
B.a. Auf Einsprache von A.________ bestätigte das Regionalgericht Plessur mit Urteil vom 23. März 2021 den Schuldspruch wegen Verletzung der Verkehrsregeln sowie die Strafe.  
 
B.b. Auf Berufung von A.________ bestätigte das Kantonsgericht Graubünden mit Urteil vom 5. August 2022 den regionalgerichtlichen Entscheid.  
 
C.  
A.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das Urteil des Kantonsgerichts Graubünden vom 5. August 2022, der Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Graubünden vom 16. Januar 2020 sowie die von der Stadtpolizei Chur ausgesprochene Busse vom 13. September 2019 seien aufzuheben. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Das Bundesgericht hat die Akten beigezogen. Dem diesbezüglichen Verfahrensantrag des Beschwerdeführers ist damit Genüge getan.  
 
1.2. Die Beschwerde hat ein Rechtsbegehren zu enthalten (Art. 42 Abs. 1 BGG). Gemäss Art. 107 BGG darf das Bundesgericht nicht über die Begehren der Parteien hinausgehen (Abs. 1). Heisst es die Beschwerde gut, so entscheidet es in der Sache selbst oder weist diese zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurück (Abs. 2). Der Beschwerdeführer darf sich grundsätzlich nicht darauf beschränken, die Aufhebung des angefochtenen Entscheids zu beantragen, sondern muss einen Antrag in der Sache stellen. Da die Beschwerdebegründung zur Interpretation des Rechtsbegehrens beigezogen werden kann, genügt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ein Begehren ohne einen Antrag in der Sache, wenn sich aus der Begründung zweifelsfrei ergibt, was mit der Beschwerde angestrebt wird (BGE 137 II 313 E. 1.3; 136 V 131 E. 1.2; Urteile 6B_172/2023 vom 24. Mai 2023 E. 1; 6B_966/2022 vom 17. April 2023 E. 1; 6B_889/2022 vom 2. November 2022 E. 1; je mit Hinweisen).  
Der Beschwerdeführer stellt keinen materiellen Antrag, sondern verlangt nebst der Aufhebung des angefochtenen Urteils unter anderem auch die Aufhebung der von der Stadtpolizei Chur ausgesprochenen Busse vom 13. September 2019. Damit bringt er in hinreichender Weise zum Ausdruck, dass er mit der Busse nicht einverstanden ist und einen Freispruch erreichen will. Das Rechtsbegehren ist in diesem Sinne auszulegen und die Beschwerde dementsprechend entgegenzunehmen. 
 
1.3. Der Beschwerdeführer bringt vor, das Urteil der Vorinstanz verstosse gegen das Verhältnismässigkeitsprinzip nach Art. 5 Abs. 2 BV sowie gegen den Grundsatz von Treu und Glauben gemäss Art. 3 Abs. 2 lit. a StPO, weil es erstellt sei, dass die Benutzung des öffentlichen Grundes der Stadt Chur für den strittigen Zeitraum ordnungsgemäss abgegolten sei, und dadurch die Hinterlegung des Parkscheins nicht nötig sei, weshalb ein nachvollziehbares Strafverfolgungsinteresse des Staates fehle. Bei seinen Ausführungen setzt er sich mit der einschlägigen vorinstanzlichen Begründung, wonach das Strafverfolgungsinteresse nicht entfalle, wenn die Parkgebühr bezahlt worden sei, ansonsten der zweite Satz von Art. 48 Abs. 7 aSSV obsolet wäre, mit dessen Erlass der Gesetzgeber die Absicht zum Ausdruck gebracht habe, eine fehlende Hinterlegung des Parkzettels hinter der Frontscheibe eines Motorwagens strafrechtlich zu ahnden, allerdings nicht in hinreichender Weise auseinander und legt nicht dar, inwiefern die Vorinstanz dabei Recht verletzt (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG). Auf seine Rüge ist daher nicht einzutreten.  
 
2.  
 
2.1. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz verstosse gegen das Willkürverbot, indem sie sich mit einer Fotografie auf ein untaugliches Beweismittel abstütze und Zeugenaussagen einseitig zu seinen Lasten auslege.  
 
2.2.  
 
2.2.1. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 148 IV 356 E. 2.1, 39 E. 2.3.5; 147 IV 73 E. 4.1.2). Willkür liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn die vorinstanzliche Beweiswürdigung schlechterdings unhaltbar ist, d.h. wenn die Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen oder auf einem offenkundigen Fehler beruhen (BGE 148 IV 356 E. 2.1, 39 E. 2.3.5; 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 88 E. 1.3.1; je mit Hinweisen). Dass eine andere Lösung ebenfalls vertretbar oder gar vorzuziehen ("préférable") wäre, genügt nicht (BGE 141 I 49 E. 3.4, 70 E. 2.2). Der vorinstanzliche Entscheid muss nicht nur in der Begründung, sondern auch im Ergebnis willkürlich sein (BGE 146 IV 88 E. 1.3.1; 144 III 368 E. 3.1; 141 IV 305 E. 1.2). Die Willkürrüge ist nach Art. 106 Abs. 2 BGG in der Beschwerde anhand des angefochtenen Entscheids explizit vorzubringen und substanziiert zu begründen. Auf ungenügend begründete Rügen oder allgemeine appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 148 IV 356 E. 2.1, 39 E. 2.6; 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 114 E. 2.1, 88 E. 1.3.1).  
 
2.2.2. War wie vorliegend ausschliesslich eine Übertretung Gegenstand des erstinstanzlichen Hauptverfahrens (Art. 398 Abs. 4 StPO), prüft das Bundesgericht frei, ob die Vorinstanz auf eine gegen das erstinstanzliche Urteil vorgebrachte Rüge der willkürlichen Beweiswürdigung hin zu Unrecht Willkür verneint hat. Der Beschwerdeführer muss sich bei der Begründung der Rüge, die Vorinstanz habe Willkür zu Unrecht verneint, auch mit den Erwägungen der ersten Instanz auseinandersetzen. Das Bundesgericht nimmt indes keine eigene Beweiswürdigung vor (Urteile 6B_171/2023 vom 19. Juni 2023 E. 1.2; 6B_1282/2022 vom 9. Februar 2023 E. 4; 6B_1120/2022 vom 25. November 2022 E. 2; je mit Hinweisen).  
 
2.3. Der Beschwerdeführer bringt vor, dass die Fotografie, auf welche sich das vorinstanzliche Urteil unter anderem stütze, als Beweismittel untauglich sei, weil auf ihr das Nummernschild des Fahrzeugs nicht ersichtlich sei. Dabei stellt der Beschwerdeführer nicht in Abrede, am fraglichen Tag zur fraglichen Zeit ein Fahrzeug der Marke B.________ auf dem Hof geparkt zu haben. Die Vorinstanz verweist in diesem Zusammenhang auf das erstinstanzliche Urteil, wonach das fotografierte Fahrzeug dieselben dunkelgrauen Sitzpolster habe, wie dasjenige des Beschwerdeführers, der Zeuge C.________ bestätigt habe, das Fahrzeug des Beschwerdeführers sehe so wie das Fotografierte aus, und auf der Fotografie das Tatdatum und die Tatzeit verzeichnet seien. Damit ermittelte die erste Instanz den Beweiswert der Fotografie mittels einer Gesamtwürdigung weiterer Beweismittel und Indizien. Der Beschwerdeführer tut diese Gesamtwürdigung als "Vermutungen" und "Ahnungen" ab. Damit setzt er sich mit diesen Erwägungen allerdings nicht in hinreichender Weise auseinander, weshalb auf diese Rüge nicht einzutreten ist (Art. 42 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 1 und Abs. 2 BGG). Soweit der Beschwerdeführer aufgrund einer angeblichen grossflächigen Verwischung eben an jener Stelle, wo der Parkschein hinterlegt gewesen sei, die Echtheit der Fotografie anzweifelt, vermag er nicht aufzuzeigen, inwiefern die Vorinstanz Willkür der ersten Instanz zu Unrecht verneint hätte. In diesem Zusammenhang ist es nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz die erstinstanzlichen Erwägungen, wonach keinerlei Hinweise dafür bestehen würden, dass ein auf dem Foto ersichtlicher Parkzettel wegretuschiert worden wäre, als nachvollziehbar erachtet. Damit erübrigt es sich auch, auf seinen Einwand einzugehen, ihm sei mit der Löschung der Originaldatei die Möglichkeit genommen worden, eine nachträgliche Bearbeitung der Fotografie zu belegen. Indem er gestützt auf die Aussagen der Zeugen D.________ und C.________ die Nachvollziehbarkeit der Würdigung der Aussagen, insbesondere derjenigen der Sachbearbeiterin der Stadtpolizei Chur, durch die erste Instanz abspricht und darauf schliesst, dass beide erwähnte Zeugen bestätigten, der Parkzettel habe sich beim Einsteigen ins Auto am Abend auf dem Armaturenbrett im Innern des Wagens befunden, weshalb nicht zu unterdrückende Zweifel im Sinne des Grundsatzes "in dubio pro reo" an der dem vorinstanzlichen Urteil zugrunde liegenden Sachlage bestünden, gibt er seine abweichende Darstellung des Sachverhalts wieder, ohne aufzuzeigen, inwiefern die Vorinstanz die erstinstanzliche Erwägung, den vom Beschwerdeführer zitierten Aussagen seien die Beweiskraft für die gut sichtbare Anbringung des Parkzettels hinter die Frontscheibe abzusprechen, als willkürlich hätte einstufen müssen, zumal diese selber festhält, dass gemäss den vom Beschwerdeführer zitierten Aussagen sogar offen sei, ob der Parkzettel überhaupt irgendwo in das Fahrzeug gelegt worden sei.  
Die Rügen, mit denen der Beschwerdeführer eine willkürliche Beweiswürdigung bzw. eine willkürliche Feststellung des Sachverhalts geltend macht, erweisen sich somit als unbegründet, soweit darauf eingetreten werden kann. 
 
3.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Dementsprechend sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht von Graubünden, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 2. August 2023 
 
Im Namen der I. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Denys 
 
Der Gerichtsschreiber: Keskin