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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
4A_30/2023  
 
 
Urteil vom 4. September 2023  
 
I. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jametti, Präsidentin, 
Bundesrichterin Kiss, 
Bundesrichter Rüedi, 
Gerichtsschreiber Matt. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Verein A.________, 
vertreten durch Fürsprecher Urs Kröpfli, Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Patrick Wagner, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Haftpflicht, Zwischenentscheid, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts 
des Kantons Aargau, Zivilgericht, 1. Kammer, 
vom 6. Dezember 2022 (ZVE.2022.43 / rb) 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der Verein A.________ (Beschwerdeführer) deckt unter anderem die Haftung für Schäden ab, die durch ausländische Motorfahrzeuge und Anhänger in der Schweiz verursacht werden, soweit nach dem SVG eine Versicherungspflicht besteht. 
Am 4. Mai 2019 ereignete sich in U.________ (Schweiz) ein Autounfall, wobei die in Deutschland wohnhafte und obligatorisch motorfahrzeugversicherte Unfallverursacherin auf das Auto der in der Schweiz wohnhaften B.________ (Beschwerdegegnerin) auffuhr. In der Folge wurden sich die Parteien über die Folgen des Unfallereignisses nicht einig. 
 
B.  
Nachdem die Beschwerdegegnerin in einem vorsorglichen Beweisaufnahmeverfahren die Einholung eines Gutachtens erwirkt hatte, reichte sie am 25. Januar 2021 vor dem Bezirksgericht Laufenburg Teilklage mit folgenden Rechtsbegehren ein: 
 
"1. Es sei die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin Fr. 30'000.-- zuzüglich Zins zu 5% ab 1. Februar 2021 (ein Anteil des der Klägerin zwischen dem 4. Mai 2019 und dem 31. Januar 2021 entstandenen Haushaltsschadens) zu bezahlen; 
2. Es sei davon Vormerk zu nehmen, dass es sich bei der vorliegenden Klage um eine Teilklage (ein Anteil des der Klägerin zwischen dem 4. Mai 2019 und dem 31. Januar 2021 entstandenen Haushaltsschadens) handelt und dass gegenüber der Beklagten weitere Forderungen aus dem Ereignis vom 27. November 2017 [recte wohl 4. Mai 2019] vorbehalten bleiben; 
3. Der Beklagten seien die Gerichtskosten (Fr. 5'900.--) und die Parteikosten der Klägerin (Fr. 8'240.20) des vorsorglichen Beweisführungsverfahrens vor dem Bezirksgericht Laufenburg aufzuerlegen. Die im vorsorglichen Beweisführungsverfahren einstweilen der Klägerin auferlegten Parteikosten der Beklagten (CHF 2'746.60) seien von dieser selber zu tragen und der Klägerin im Umfang von CHF 2'746.60 ein Rückgriffsrecht auf die Beklagte einzuräumen. 
4. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zuzüglich MWST zulasten der Beklagten." 
Der Beschwerdeführer beantragte die kostenfällige Abweisung der Klage. Replicando begründete die Beschwerdegegnerin das unveränderte Klagebegehren mit dem zwischen dem 4. Mai 2019 und dem 31. Mai 2021 und mit Eingabe vom 7. Oktober 2021 mit dem zwischen dem 4. Mai 2019 und dem 30. September 2021 entstandenen Haushaltsschaden. An der erstinstanzlichen Hauptverhandlung vom 18./20. Januar 2022 begründete die Beschwerdegegnerin ihr unverändertes Klagebegehren mit dem zwischen dem 4. Mai 2019 und dem 31. Dezember 2021 entstandenen Haushaltsschaden. 
Mit Entscheid vom 28. Juni 2022 wies das Bezirksgericht Laufenburg die Klage kostenfällig ab. Das Obergericht des Kantons Aargau hiess die Berufung der Beschwerdegegnerin am 6. Dezember 2022 insoweit teilweise gut, als es den erstinstanzlichen Entscheid aufhob und die Streitsache im Sinne der Erwägungen zur Weiterführung des Verfahrens sowie zum Entscheid über die obergerichtliche Kostenverlegung und die Regelung der Parteikosten an die Erstinstanz zurückwies. 
 
C.  
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt der Beschwerdeführer, das Urteil des Obergerichts vom 6. Dezember 2022 sei aufzuheben und die Berufung sowie die Klage seien abzuweisen. Die Verfahrenskosten seien der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen und diese sei zu verpflichten, den Beschwerdeführer angemessen zu entschädigen. Ferner seien die Kosten- und Entschädigungsfolgen für das vorinstanzliche Verfahren neu zu regeln, indem der Beschwerdegegnerin die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt und diese verpflichtet wird, den Beschwerdeführer angemessen zu entschädigen (jeweils zuzüglich MWST und Auslagen). 
Die Beschwerdegegnerin beantragt die kostenfällige Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist. Das Obergericht verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist ein Entscheid eines oberen kantonalen Gerichts (Art. 75 BGG), womit dieses die Angelegenheit zur Einholung eines weiteren Gerichtsgutachtens zum natürlichen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Beschwerden der Beschwerdegegnerin an die Erstinstanz zurückgewiesen hat. Es handelt sich somit nicht um einen Endentscheid und auch um keinen selbstständig eröffneten Vor- oder Zwischenentscheid über die Zuständigkeit oder über Ausstandsbegehren (Art. 90-92 BGG). Gegen andere selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG).  
Die selbstständige Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden bildet aus prozessökonomischen Gründen eine Ausnahme vom Grundsatz, dass sich das Bundesgericht mit jeder Angelegenheit nur einmal befassen soll. Die Ausnahme ist restriktiv zu handhaben (BGE 144 III 475 E. 1.2; 141 III 80 E. 1.2; 134 III 188 E. 2.2; 133 III 629 E. 2.1). Dementsprechend obliegt es der beschwerdeführenden Partei darzutun, dass die Voraussetzungen von Art. 93 BGG erfüllt sind, soweit deren Vorliegen nicht offensichtlich in die Augen springt (BGE 142 III 798 E. 2.2; 141 III 80 E. 1.2; 137 III 324 E. 1.1; 134 III 426 E. 1.2 in fine; 133 III 629 E. 2.3.1 und 2.4.2). 
 
1.2.  
 
1.2.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, bei Gutheissung der Beschwerde würde die Berufung abgewiesen und das erstinstanzliche Urteil auf Klageabweisung endgültig bestätigt. Er beruft sich für die Zulässigkeit der Beschwerde somit auf Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG.  
Danach ist die Beschwerde zulässig, wenn deren Gutheissung sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit "oder" Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde. Entgegen dem deutschen (wie auch dem italienischen) Wortlaut muss das durch den Endentscheid entfallende Beweisverfahren sowohl lang als auch kostspielig sein (vgl. den zutreffenden französischen Wortlaut: "longue et coûteuse", Urteil 4A_228/2023 vom 24. Mai 2023 E. 2.2 mit Hinweisen). 
Macht die beschwerdeführende Partei geltend, die Voraussetzung des Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG sei erfüllt, dass mit einem Endentscheid ein bedeutender Aufwand an Zeit und Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren erspart werden könnte, ist zu differenzieren: Geht bereits aus dem angefochtenen Urteil oder der Natur der Sache hervor, dass ein bedeutender Aufwand an Zeit und Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren erforderlich sein wird, darf auf lange Ausführungen verzichtet werden. Andernfalls hat die beschwerdeführende Partei im Einzelnen darzutun, welche Tatfragen offen sind und welche weitläufigen Beweiserhebungen in welchem zeit- oder kostenmässigen Umfang erforderlich sind. Zudem hat sie unter Aktenhinweisen darzulegen, dass die betreffenden Beweise im kantonalen Verfahren bereits angerufen oder entsprechende Anträge in Aussicht gestellt wurden (BGE 133 III 629 E. 2.4.2; 133 IV 288 E. 3.2). Das Bundesgericht prüft frei, ob die Voraussetzung, dass bei einer Gutheissung der Beschwerde ein bedeutender Aufwand an Zeit und Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren erspart werden kann, erfüllt ist (BGE 133 IV 288 E. 3.2; Urteil 4A_228/2023 vom 24. Mai 2023 E. 2.2 mit Hinweisen). 
 
1.2.2. Der Beschwerdeführer bringt vor, gemäss angefochtenem Urteil müsste ein weiteres medizinisches Gerichtsgutachten eingeholt werden, was Kosten und Zeitverzögerungen zur Folge hätte. Damit vermag er indes nicht rechtsgenüglich aufzuzeigen, inwiefern bei Gutheissung der Beschwerde ein bedeutender Aufwand an Zeit und Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren erspart würde. Die Voraussetzungen nach Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG sind nur erfüllt, wenn das Beweisverfahren in Bezug auf Dauer und Kosten erheblich von einem üblichen Prozess abweicht (Urteil 4A_605/2021 vom 5. Mai 2022 E. 1.2.2 mit Hinweisen). Dass dies vorliegend aufgrund eines weiteren Gutachtens der Fall wäre (vgl. dazu auch Urteil 4A_563/2021 vom 9. Februar 2022 E. 1.3), ist weder ersichtlich noch seitens des Beschwerdeführers hinreichend dargetan. Dies ergibt sich auch nicht ohne Weiteres aus dem angefochtenen Entscheid, weshalb die sofortige Beschwerde gegen den Zwischenentscheid nicht gerechtfertigt ist.  
Zur Möglichkeit eines nicht wiedergutzumachenden Nachteils im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG äussert sich der Beschwerdeführer nicht. Auf die Beschwerde ist somit nicht einzutreten. 
 
2.  
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen. Er hat die Beschwerdegegnerin angemessen zu entschädigen (Art. 66 Abs. 1, Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 4. September 2023 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jametti 
 
Der Gerichtsschreiber: Matt