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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_340/2023  
 
 
Urteil vom 4. Oktober 2023  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, 
Bundesrichterin Moser-Szeless, Bundesrichter Beusch, Bundesrichterin Scherrer Reber, 
Gerichtsschreiber Traub. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Maria Rita Marty, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Sozialversicherungen Glarus, 
Burgstrasse 6, 8750 Glarus, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Ergänzungsleistung zur AHV/IV (örtliche Zuständigkeit; formelle und materielle Rechtskraft), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 16. März 2023 (ZL.2022.00011). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ (geb. 1937), bis dahin im Kanton Glarus wohnhaft, trat am 18. Februar 2020 in die Pflegewohngruppe des Seniorenzentrums B.________ in U.________ (ZH) ein. Der Gemeinderat U.________ lehnte ihre Anmeldung zur Niederlassung ab mit der Begründung, infolge ihrer mittelschweren Demenz sei sie in der Frage der Wohnsitznahme nicht urteilsfähig; es fehle an der nötigen Absicht dauernden Verbleibens (Beschluss vom 16. März 2021). A.________ rekurrierte beim Bezirksrat Meilen. 
Inzwischen hatte die Ausgleichskasse Glarus am 30. März 2021 einen Einspracheentscheid betreffend Ergänzungsleistungen für A.________ erlassen. Die Betroffene erhob am 11. Mai 2021 Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Glarus. Das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus überwies die Beschwerde am 14. Mai 2021 formlos an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit dem Hinweis, A.________ habe nach Auskunft des zuständigen Einwohneramts am 17. Februar 2020 ihren Wohnsitz in den Kanton Zürich verlegt. Das Zürcher Sozialversicherungsgericht hörte die Parteien zur Frage der örtlichen Zuständigkeit an. Die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin berichtete dem Sozialversicherungsgericht am 3. Juni 2021 von dem beim Bezirksrat Meilen hängigen Verfahren. Die Ausgleichskasse Glarus ersuchte darum, das Beschwerdeverfahren zu sistieren, bis ein rechtskräftiger Entscheid zum Wohnsitz vorliege. 
Mit Beschluss vom 15. Juli 2021 trat das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich auf die Beschwerde nicht ein und überwies die Sache an das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus. Das Sozialversicherungsgericht erwog, A.________ habe bis zum massgebenden Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung am 11. Mai 2021 im Kanton Zürich keinen Wohnsitz begründet; das Rekursverfahren gegen den abschlägigen Beschluss des Gemeinderates vom 16. März 2021 sei noch hängig. Bis zur Begründung eines neuen Wohnsitzes gelte nach Art. 24 Abs. 1 ZGB der bisherige (im Kanton Glarus) als sogenannt fiktiver Wohnsitz. Eine Sistierung lehnte das Sozialversicherungsgericht ab; die für die Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit massgebenden Verhältnisse zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung stünden einem Eintreten "jetzt und in Zukunft" entgegen. Das Glarner Verwaltungsgericht legte ein Verfahren an und setzte der Beschwerdegegnerin Frist zur Beschwerdeantwort. 
Mit Beschluss vom 29. September 2021 hiess der Bezirksrat Meilen den Rekurs von A.________ gegen den abschlägigen Bescheid der Gemeinde U.________ gut. Es sei davon auszugehen, dass A.________ in Bezug auf die Anmeldung zur Wohnsitznahme urteilsfähig sei. Der Bezirksrat wies die Gemeinde an, A.________ rückwirkend auf den 18. Februar 2020 zur Niederlassung anzumelden. Die Gemeinde teilte der Rechtsvertreterin von A.________ am 1. Oktober 2021 mit, sie anerkenne den Beschluss des Bezirksrats und lege kein Rechtsmittel ein. Am 5. Oktober 2021 gab die Rechtsvertreterin von A.________ dem Glarner Verwaltungsgericht Kenntnis vom Bezirksratsbeschluss und von der definitiven Wohnsitznahme im Kanton Zürich. Mit Verfügung vom 8. Oktober 2021 trat das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus auf die Beschwerde nicht ein. Es hob die laufende Frist zur Beschwerdeantwort auf und überwies die Sache zuständigkeitshalber an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich (Art. 58 Abs. 3 ATSG). 
 
B.  
Am 2. Februar 2022 liess A.________ beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich ein "Gesuch um Anhandnahme der Beschwerde vom 11. Mai 2021" einreichen. Sie machte geltend, bei Erhebung der Beschwerde gegen den Einspracheentscheid der Ausgleichskasse Glarus sei sie bereits im Kanton Zürich wohnhaft gewesen, weshalb die dortige Beschwerdeinstanz zuständig sei. Dies sei freilich erst seit dem Bezirksratsbeschluss vom 29. September 2021 bekannt. Auf den Entscheid vom 15. Juli 2021, mangels örtlicher Zuständigkeit nicht auf die Beschwerde einzutreten, sei "im Lichte dieses neuen Sachverhaltes" zurückzukommen. 
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich behandelte das Gesuch um Anhandnahme der Beschwerde als Revisionsgesuch (bezüglich seines auf Nichteintreten lautenden Beschlusses vom 15. Juli 2021) und trat darauf wiederum nicht ein. Die mit Kenntnis des Bezirksratsbeschlusses sowie des Rechtsmittelverzichts der Gemeinde ausgelöste 90-tägige Frist zur Einreichung eines Revisionsgesuchs sei spätestens am 20. Januar 2022 abgelaufen (Urteil vom 16. März 2023). 
 
C.  
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erheben. Sie beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich anzuweisen, die Beschwerde vom 11. Mai 2021 an die Hand zu nehmen. Ausserdem ersucht sie um unentgeltliche Rechtspflege. 
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich verzichtet auf eine Stellungnahme. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Dritte öffentlich-rechtliche Abteilung (bis Ende 2022: Zweite sozialrechtliche Abteilung) war bis Ende Juni 2023 zuständig für Beschwerden betreffend die Ergänzungsleistungen (Art. 82 lit. a BGG sowie Art. 31 lit. g des Reglements für das Bundesgericht vom 20. November 2006 [BGerR; SR 173.110.131] in der bis zum 30. Juni 2023 geltenden Fassung). Die am 15. Mai 2023 eingereichte Beschwerde wird noch durch diese Abteilung behandelt; die Vierte öffentlich-rechtliche Abteilung ist erst für die nach dem 30. Juni 2023 eingereichten Beschwerden betreffend Ergänzungsleistungen zuständig (vgl. den am 1. Juli 2023 in Kraft getretenen Art. 32 lit. i BGerR). 
 
2.  
Beim angefochtenen Nichteintretensentscheid handelt es sich um einen verfahrensabschliessenden Entscheid (Endentscheid) nach Art. 90 BGG. Dagegen kann Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (BGE 143 V 363 E. 1). Das Bundesgericht prüft die formellen Gültigkeitserfordernisse des vorinstanzlichen Verfahrens, insbesondere auch die Frage, ob das kantonale Gericht zu Recht auf eine Beschwerde nicht eingetreten ist, von Amtes wegen und mit freier Kognition (BGE 142 V 67 E. 2.1). 
 
3.  
Neben dieser Frage (dazu E. 4) ist zu prüfen (E. 5), ob die Vorinstanz im angefochtenen Urteil vom 16. März 2023 zu Recht davon ausgeht, dass sie aufgrund ihres Nichteintretensentscheids vom 15. Juli 2021 - im Widerspruch zu den nach dem Bezirksratsbeschluss vom 29. September 2021 feststehenden Verhältnissen - definitiv örtlich unzuständig sei, was die Behandlung der Beschwerde gegen den Einspracheentscheid der Ausgleichskasse Glarus vom 30. März 2021 angeht. 
 
4.  
 
4.1. Die Vorinstanz behandelt das Gesuch der Beschwerdeführerin um Anhandnahme des Beschwerdeverfahrens als Gesuch um Revision ihres Nichteintretensentscheids vom 15. Juli 2021. Anlass des Revisionsgesuchs sei der Beschluss des Bezirksrats Meilen vom 29. September 2021, wonach die Beschwerdeführerin schon seit dem 18. Februar 2020 Wohnsitz im Kanton Zürich hat. Dabei handle es sich um eine neue erhebliche Tatsache beziehungsweise um ein Beweismittel im Sinn des Revisionsrechts. Die mit Entdeckung des Revisionsgrunds (Kenntnis des Bezirksratsbeschlusses und des Rechtsmittelverzichts der Wohnsitzgemeinde) ausgelöste 90-tägige Frist sei bei Einreichung des Gesuchs schon abgelaufen gewesen.  
Die Beschwerdeführerin hält dagegen, der Nichteintretensentscheid vom 15. Juli 2021 sei nie rechtskräftig geworden. Dessen Revision sei somit nicht erforderlich. Nachdem die Wohnsitzfrage durch den Bezirksratsbeschluss vom 29. September 2021 rückwirkend geklärt worden und das Glarner Gericht seinerseits nicht eingetreten sei, habe sie davon ausgehen dürfen, dass das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die Beschwerde ohne Weiteres behandeln würde. Als sie erfahren habe, dass dies nicht der Fall sei, habe sie umgehend das Gesuch um Anhandnahme gestellt. 
 
4.2.  
 
4.2.1. Nach Art. 61 lit. i ATSG muss das kantonale Recht die Revision von Entscheiden u.a. wegen Entdeckung neuer Tatsachen oder Beweismittel gewährleisten. Das zürcherische Gesetz vom 7. März 1993 über das Sozialversicherungsgericht (GSVGer; LS 212.81) sieht in § 29 lit. a vor, dass am Verfahren Beteiligte die Revision rechtskräftiger Entscheide des Gerichts verlangen können, wenn sie neue erhebliche Tatsachen erfahren oder Beweismittel auffinden, die sie im früheren Verfahren nicht beibringen konnten. Das Revisionsgesuch ist innert 90 Tagen, von der Entdeckung des Revisionsgrundes an gerechnet, beim Gericht schriftlich einzureichen (§ 30 Abs. 1 GSVGer).  
 
4.2.2. Inwiefern hier überhaupt ein Revisionstatbestand gegeben ist, kann offenbleiben. Es liegt schon deswegen kein revisionsfähiger Entscheid vor, weil der Beschluss des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 15. Juli 2021, den die Vorinstanz als Revisionsobjekt sieht, nicht rechtskräftig geworden ist (dazu E. 5). Mangels Rechtskraft erübrigt es sich auch zu prüfen, ob ein anderer Rückkommenstitel des kantonalen Rechts (Wiedererwägung, Widerruf) zur Verfügung stünde (vgl. dazu BGE 147 V 65 E. 4).  
 
4.3. Nachdem eine Revision des Nichteintretensentscheids vom 15. Juli 2021 ausser Betracht fällt, steht fest, dass die Vorinstanz insoweit zu Unrecht auf das Gesuch der Beschwerdeführerin vom 2. Februar 2022 nicht eingetreten ist.  
 
5.  
Zu prüfen bleibt, ob die Beschwerdeführerin zu Recht geltend macht, dass der Beschluss vom 15. Juli 2021, mit dem die Vorinstanz ihre örtliche Unzuständigkeit festgestellt hat, keinen Bestand hat. Die Vorinstanz nimmt an, der Entscheid sei rechtskräftig. 
 
5.1. Die Frage der Rechtsbeständigkeit ist unter den Aspekten der formellen (nachfolgend E. 5.2) und der materiellen Rechtskraft (E. 5.3) zu beurteilen. Ein Entscheid wird formell rechtskräftig, sobald er nicht mehr anfechtbar, mithin vollstreckbar ist. Materielle Rechtskraft meint Unabänderlichkeit, Unwiderruflichkeit der gerichtlich beurteilten Sache ( res iudicata) und ihre Verbindlichkeit im Hinblick auf zukünftige Verfahren (vgl. z.B. RHINOW ET AL., Öffentliches Prozessrecht, 4. Aufl. 2021, Rz. 951 ff.; SABINE SPROSS, in: Gesetz über das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Kommentar, Zünd/Pfiffner Rauber [Hrsg.], 2. Aufl. 2009, Vorbemerkungen zu §§ 29-32 N 2; MARKUS/WUFFLI, Rechtskraft und Vollstreckbarkeit: zwei Begriffe, ein Konzept?, in: ZBJV 2015 S. 83 f.).  
 
5.2.  
 
5.2.1. Zu beurteilen ist die Rechtskraft eines Beschlusses, mit dem die Vorinstanz ihre örtliche Zuständigkeit als kantonale Beschwerdeinstanz verneint hat. Im Verwaltungsverfahren der Ergänzungsleistungen richtet sich die örtliche Zuständigkeit für die Festsetzung und Auszahlung nach Art. 21 ELG (Urteil 9C_392/2019 vom 27. August 2019 E. 3.1). Grundsätzlich ist die EL-Durchführungsstelle im Wohnsitzkanton des Bezügers zuständig. Der Aufenthalt in einem Pflegeheim in einem anderen Kanton begründet keine neue Zuständigkeit (vgl. Art. 21 Abs. 1bis ELG; BGE 142 V 67 E. 3.1 f.). Nach der seit Anfang 2021 gültigen Fassung des ELG bleibt der Kanton, in dem die Person vor Eintritt in das Heim oder die Einrichtung Wohnsitz hatte (hier der Kanton Glarus), auch dann zuständig, wenn die Person am Standort des Heims oder der Einrichtung (hier im Kanton Zürich) neuen Wohnsitz begründet (Art. 21 Abs. 1quater ELG). Dieser EL-rechtlichen Sondernorm kommt für die Bestimmung der örtlich zuständigen Beschwerdeinstanz indessen keine Bedeutung zu (BGE 142 V 67 E. 2.2; IVO SCHWEGLER, in: Basler Kommentar zum ATSG, 2020, N 5 und 12 zu Art. 58 ATSG; JEAN MÉTRAL, in: Commentaire romand, Loi sur la partie générale des assurances sociales, 2018, N 17 zu Art. 58 ATSG). Art. 58 Abs. 1 ATSG regelt die örtliche Zuständigkeit der kantonalen Versicherungsgerichte im Bereich der Ergänzungsleistungen abschliessend (Urteil 9C_489/2022 vom 27. April 2023 E. 3.1 mit Hinweisen). Demnach liegt die Zuständigkeit zur Behandlung von Beschwerden stets beim Versicherungsgericht desjenigen Kantons, in dem die versicherte Person oder der Beschwerde führende Dritte zur Zeit der Beschwerdeerhebung (zivilrechtlichen) Wohnsitz hat.  
 
5.2.2. Wirft der Wohnsitz Fragen auf, kann es geschehen, dass alle infrage kommenden kantonalen Beschwerdeinstanzen ihre jeweilige Zuständigkeit verneinen und ein sogenannter negativer Kompetenzkonflikt entsteht. Nach Art. 100 Abs. 5 BGG beginnt bei interkantonalen Kompetenzkonflikten die Frist für die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten "spätestens" dann zu laufen, wenn in beiden Kantonen Entscheide getroffen worden sind, gegen welche Beschwerde geführt werden kann. Hält die betroffene Person das erste Nichteintreten für falsch, kann sie trotzdem den zweiten (für richtig gehaltenen) Zuständigkeitsentscheid abwarten und diesen anfechten, dabei aber geltend machen, der erste Entscheid sei bundesrechtswidrig (GRÉGORY BOVEY, in: Commentaire de la LTF, 3. Aufl. 2022, N 34 zu Art. 100 BGG). Nach dem Wortlaut von Art. 100 Abs. 5 BGG ("spätestens") ist freilich auch schon der erste Nichteintretensentscheid umgehend anfechtbar (BGE 139 V 170 E. 2.2; SCHWEGLER, a.a.O., N 35 zu Art. 58 ATSG). Bei Anfechtung des zweiten Nichteintretensentscheids gehört der erste - mitangefochten - zum Verfahrensgegenstand. Folglich wird der frühere auch erst zusammen mit dem späteren, nach Ablauf von dessen Rechtsmittelfrist, formell rechtskräftig (BGE 148 I 104 E. 1.1; 143 V 363 E. 2; 135 V 153 E. 1.1 und 1.2; UELI KIESER, Kommentar zum ATSG, 4. Aufl. 2020, N 46 zu Art. 58 ATSG).  
 
5.2.3. Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus eine bei ihm eingereichte Beschwerde gegen einen Einspracheentscheid der EL-Durchführungsstelle formlos an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich überwiesen, weil es davon ausging, der für die örtliche Zuständigkeit massgebende zivilrechtliche Wohnsitz der Beschwerdeführerin befinde sich inzwischen im Kanton Zürich. Das Zürcher Sozialversicherungsgericht trat am 15. Juli 2021 aber nicht auf die Beschwerde ein, obwohl ihm bekannt war, dass vor dem zuständigen Bezirksrat noch ein Rekursverfahren in der Frage des Wohnsitzes hängig war. Offenkundig rechnete die Vorinstanz nicht damit, dass der Bezirksrat die Wohnsitzbegründung rückwirkend terminieren würde. Das Glarner Verwaltungsgericht eröffnete das Beschwerdeverfahren. Am 29. September 2021 entschied der Bezirksrat Meilen indessen, dass die Beschwerdeführerin schon seit dem 18. Februar 2020 - mithin vor Einreichung der Beschwerde vom 11. Mai 2021 - im Kanton Zürich niedergelassen sei. Damit war die Wohnsitzfrage endgültig geklärt; der Bezirksratsbeschluss wurde umgehend rechtskräftig, nachdem die betroffene Gemeinde den Verzicht auf ein Rechtsmittel erklärt hatte (vgl. HANS-JAKOB MOSIMANN, in: Basler Kommentar zum ATSG, 2020, N 2 zu Art. 54 ATSG). In der Folge trat das Glarner Verwaltungsgericht auf die Beschwerde nicht ein und überwies die Sache wiederum an das Zürcher Sozialversicherungsgericht (Verfügung vom 8. Oktober 2021).  
Nach allgemeiner Regel wäre die formelle Rechtskraft des Zürcher Nichteintretensentscheids vom 15. Juli 2021 bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist der Glarner Verfügung vom 8. Oktober 2021 aufgeschoben gewesen (oben E. 5.2.2). Die Beschwerdeführerin hat keinen der beiden Entscheide angefochten. Damit stellt sich die Frage, ob ihr entgegenzuhalten ist, der - unbestrittenermassen nicht mit der objektiven Rechtslage übereinstimmende - Nichtzuständigkeitsentscheid vom 15. Juli 2021 sei rechtskräftig geworden. Falls dies zu bejahen sein sollte, fände die Beschwerde gegen den Einspracheentscheid betreffend Ergänzungsleistungen keinen Gerichtsstand. 
 
5.2.4. Ein Nichteintretensentscheid wegen örtlicher Unzuständigkeit impliziert die Zuständigkeit eines anderen Gerichts. Die positive Zuweisung der Zuständigkeit liegt indessen ausserhalb der Regelungskompetenz des sich für unzuständig haltenden Gerichts. Jede Beschwerdeinstanz kann die Frage der örtlichen Zuständigkeit nur für sich selbst beurteilen, die Sache immerhin aber interkantonal an die Behörde überweisen, die sie für zuständig hält (Art. 58 Abs. 3 ATSG). Nach einer ersten Unzuständigkeitsbekundung (zur Möglichkeit einer formlosen Überweisung anstelle eines förmlichen Nichteintretensentscheids vgl. unten E. 5.3.2) liegt ein vollständiges, abschliessendes Erkenntnis erst vor, nachdem sich die andere infrage kommende Instanz geäussert hat, sei es, dass sie ihre Zuständigkeit ebenfalls verneint und die als negativen Kompetenzkonflikt bezeichnete Pattsituation eintritt, oder dass sie sie bejaht und die Sache an die Hand nimmt. In beiden Konstellationen wird nach Ablauf der Rechtsmittelfrist zusammen mit dem zweiten Prozessentscheid auch der erste formell rechtskräftig.  
Vorliegend ist die Ausgangslage indessen eine andere: Nachdem der Wohnsitz der Beschwerdeführerin aufgrund des Bezirksratsbeschlusses vom 29. September 2021 definitiv feststand, führte die Erledigung des Verfahrens beim Glarner Verwaltungsgericht durch Nichteintreten keineswegs zu einem Zuständigkeitskonflikt, der auf dem Rechtsmittelweg zu lösen gewesen wäre. Es gab keine latent konkurrierenden Zuständigkeiten verschiedener Beschwerdeinstanzen mehr. Somit fehlten der Gegenstand für ein Beschwerdeverfahren und das Rechtsschutzinteresse an der Durchsetzung des zutreffenden Gerichtsstands. An sich wäre das Glarner Verfahren bloss als gegenstandslos abzuschreiben (statt durch Nichteintreten zu erledigen) gewesen (zur Abgrenzung vgl. BGE 137 I 23 E. 1.3.1; 118 Ia 488 E. 1a). Der Nichteintretensentscheid des Zürcher Sozialversicherungsgerichts vom 15. Juli 2021 konnte - mangels eines negativen Kompetenzkonflikts - nicht formell rechtskräftig werden. Die Beschwerdeführerin hatte keinen Grund, ihn mittels einer Beschwerde gegen die Verfügung des Verwaltungsgerichts Glarus vom 8. Oktober 2021 nachträglich anzufechten. 
 
5.2.5. Unter diesen Voraussetzungen kam ohne Weiteres die mit der objektiven Rechtslage übereinstimmende Zuständigkeit der Vorinstanz zum Tragen. Um eine formelle Rechtsverweigerung (Art. 29 Abs. 1 BV) zu vermeiden (dazu BGE 148 I 104 E. 6.1; 144 II 184 E. 3.1) und um einen effektiven Zugang zum gerichtlichen Rechtsschutz zu gewährleisten (Rechtsweggarantie, Art. 29a BV; vgl. etwa BERNHARD WALDMANN, in: Basler Kommentar zur Bundesverfassung, 2015, N 13 zu Art. 29a BV), war es insoweit geboten, dass die Vorinstanz nach Erhalt der Verfügung des Verwaltungsgerichts Glarus von Amtes wegen auf den Nichteintretensentscheid vom 15. Juli 2021 zurückkommt und das Beschwerdeverfahren aufnimmt.  
 
5.3. Dies steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass die Vorinstanz nicht unter dem Titel der materiellen Rechtskraft an ihren Nichteintretensentscheid vom 15. Juli 2021 gebunden war.  
 
5.3.1. Nach der Rechtsprechung bedeutet materielle Rechtskraft, dass ein formell rechtskräftiges Urteil in jedem späteren Verfahren mit denselben Parteien verbindlich ist (BGE 145 III 143 E. 5.1; 139 III 126 E. 3.1; vgl. auch BGE 142 III 210 E. 2; Urteil 9C_335/2020 vom 25. August 2020 E. 1.3). Auch das urteilende Gericht selbst ist nicht zur Abänderung einer bereits abgeurteilten Sache ( res iudicata) befugt. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Urteil materiell rechtskräftig wird, richtet sich nach Bundes- oder kantonalem Recht, je nachdem, worauf sich die Regelung stützt (vgl. BGE 144 I 11 E. 4.2; 125 III 241 E. 1). Der im Prozessentscheid vom 15. Juli 2021 verneinte Gerichtsstand betrifft Bundesrecht (Art. 58 ATSG).  
Die materielle Rechtskraft setzt freilich nicht unter allen Umständen voraus, dass das Urteil bereits formell rechtskräftig ist. In der Regel kann ein Gericht schon während laufender Rechtsmittelfrist nicht mehr auf seinen eigenen Entscheid zurückkommen (UELI KIESER, in: Kommentar zum ATSG, 4. Aufl. 2020, N 11 zu Art. 53 ATSG; DERSELBE, Das Verwaltungsverfahren in der Sozialversicherung, 1999, Rz. 590). 
 
5.3.2. Dieser Regelfall von Selbstbindung ist hier jedoch nicht gegeben. Nach Art. 58 Abs. 3 ATSG überweist die Behörde, die sich als unzuständig erachtet, die Beschwerde ohne Verzug an das zuständige Versicherungsgericht. Das Gericht, das sich für unzuständig hält, kann einen Nichteintretensentscheid erlassen oder die Sache auch (formlos) an das zuständig erscheinende Gericht eines anderen Kantons weiterleiten (BGE 143 V 363 E. 2; SCHWEGLER, a.a.O., N 34 zu Art. 58 ATSG; MÉTRAL, a.a.O., N 20 zu Art. 58 ATSG). Allein schon diese Erledigungsalternative schliesst aus, dass die erste Nichtanhandnahmeerklärung - ob formlose Weiterleitung oder Nichteintretensentscheid - materiell rechtskräftig wird, noch bevor sich das andere Gericht erklärt hat. Für das Gericht, an das die Sache zuständigkeitshalber überwiesen wird, ist ein erster Nichteintretensentscheid ohnehin unverbindlich, weil es frei bleiben muss, sich gegebenenfalls seinerseits für unzuständig zu erklären; kein Gericht kann über die Zuständigkeit eines anderen Gerichts entscheiden, es sei denn als Rechtsmittelinstanz (BGE 138 III 471 E. 6; vgl. MIGUEL SOGO, Das andere Gericht ist zuständig - oder doch nicht, in: SJZ 2016 S. 539, mit Hinweis auf ANDRÉ BLOCH, Die Prüfung der örtlichen Zuständigkeit von Amtes wegen und die Folgen bei örtlicher Unzuständigkeit gemäss Art. 34 GestG, 2003, S. 226, 228 f.). Entsprechend frei bleibt auch das Gericht, das den Nichteintretensentscheid erlassen hat, selbst.  
 
5.3.3. Mangels materieller Rechtskraft des Beschlusses vom 15. Juli 2021 stand einer zuständigkeitsmässigen Aufnahme des Beschwerdeverfahrens nichts im Weg.  
 
5.4. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass ein Nichteintretensentscheid wegen örtlicher Unzuständigkeit nach Art. 58 ATSG nicht formell rechtskräftig werden kann, solange kein negativer Kompetenzkonflikt eintritt oder nicht ein anderes Gericht die Sache an die Hand nimmt. Er wird für sich allein auch nicht materiell rechtskräftig.  
 
5.5. Erweist sich der Nichteintretensentscheid vom 15. Juli 2021 als nicht rechtsbeständig, ist das am 11. Mai 2021 eingeleitete Beschwerdeverfahren seitens der Vorinstanz aufzugreifen. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben.  
 
6.  
Die im vorliegenden Urteil abgehandelten Fragen tangieren das EL-rechtliche Verhältnis zwischen Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin nicht. Auch mit Blick auf den Hergang des mit dem angefochtenen Nichteintretensentscheid ausgelösten selbständigen Verfahrens (vgl. E. 2) kann die Ausgleichskasse des Kantons Glarus nicht als unterliegende Partei im Sinn von Art. 68 Abs. 2 BGG betrachtet werden. Daher entschädigt der Kanton Zürich die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren, dies infolge des Verursacherprinzips (dazu etwa Urteil 8C_846/2016 vom 24. Mai 2017 E. 4; vgl. auch Urteil 9C_518/2014 vom 23. September 2014 E. 5; zur Frage der Entschädigungsberechtigung: Art. 9 des Reglements vom 31. März 2006 über die Parteientschädigung und die Entschädigung für die amtliche Vertretung im Verfahren vor dem Bundesgericht [SR 173.110.210.3]). Der Kanton trägt keine Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 4 BGG). 
Das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege ist gegenstandslos. Mit Blick auf den Antrag um unentgeltliche Rechtspflege geht die Entschädigung praxisgemäss direkt an die Rechtsvertreterin. Die Kosten des vorinstanzlichen Verfahrens sind im Rahmen des Urteils in der Sache zu verlegen. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 16. März 2023 wird aufgehoben. 
 
2.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.  
Der Kanton Zürich entschädigt die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin, lic. iur. Maria Rita Marty, Zürich, für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.-. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, der Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 4. Oktober 2023 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Der Gerichtsschreiber: Traub