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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_511/2022, 9C_516/2022  
 
 
Urteil vom 23. August 2023  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, 
Bundesrichterin Scherrer Reber, 
Gerichtsschreiber Williner. 
 
Verfahrensbeteiligte 
9C_511/2022 
A.A.________, 
handelnd durch ihre Eltern A.B.________ und A.C.________, 
und diese vertreten durch B.________, 
Beschwerdeführerin 1, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Thurgau, 
Rechts- und Einsprachedienst, St. Gallerstrasse 11, 
8500 Frauenfeld, 
Beschwerdegegnerin, 
 
und 
 
9C_516/2022 
CSS Kranken-Versicherung AG, 
Tribschenstrasse 21, 6005 Luzern, 
Beschwerdeführerin 2, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Thurgau, Rechts- und Einsprachedienst, St. Gallerstrasse 11, 8500 Frauenfeld, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerden gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 28. September 2022 (VV.2021.225/E und VV.2021.228/E). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Die am 2. Oktober 2012 geborene A.A.________ leidet an verschiedenen Geburtsgebrechen. Die IV-Stelle des Kantons Thurgau (nachfolgend: IV-Stelle) anerkannte den Anspruch auf diverse Hilfsmittel und medizinische Massnahmen zur Behandlung der Geburtsgebrechen Ziff. 494, 498, 452 und 390. Weiter gewährte sie ab November 2014 eine Hilflosenentschädigung zunächst wegen leichter, ab Januar 2016 wegen mittlerer und ab Oktober 2018 wegen schwerer Hilflosigkeit. Gleichzeitig anerkannte sie bei Aufenthalt zu Hause den Anspruch auf einen Intensivpflegezuschlag für einen Betreuungsaufwand von mindestens vier Stunden (ab November 2014) bzw. von acht Stunden (ab Oktober 2018).  
Am 10. August 2016 gewährte die IV-Stelle Kostengutsprache für Kinderspitexleistungen im Umfang von zwei Stunden pro Monat für Abklärung und Beratung und von einer Stunde pro Woche für Untersuchung und Behandlung. In Zusammenhang mit einem am 27. April 2018 gestellten Gesuch um Verlängerung dieser Leistungen verneinte die IV-Stelle den Anspruch auf solche während des Aufenthalts von A.A.________ im Sonderschulheim der Stiftung C.________ (Verfügung vom 11. Januar 2019). Eine dagegen erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 4. Dezember 2019 in dem Sinne gut, als es die angefochtene Verfügung aufhob und die Sache zu weiteren Abklärungen an die IV-Stelle zurückwies. Zur Begründung führte es aus, die Verwaltung habe nur für einen Teil der beantragten Leistungen geprüft, ob die Anspruchsvoraussetzungen von Art. 13 Abs. 1 und 14 Abs. 1 lit. a IVG erfüllt seien. 
 
A.b. Im Rahmen weiterer Abklärungen veranlasste die IV-Stelle unter anderem eine aktuelle Spitex-Bedarfserhebung gemäss IV-Rundschreiben Nr. 394 vom 12. Dezember 2019 beim Schweizerischen Kinderspitex Verein (Spitex Bedarfserhebung mit ärztlicher Spitex-Anordnung vom 18. März 2021). Zudem führte sie betreffend Hilflosenentschädigung/Kinderspitex am 31. Mai 2021 eine telefonische Abklärung bei der Mutter von A.A.________ durch. Mit Vorbescheid vom 14. Juni 2021 stellte die IV-Stelle in Aussicht, keine Kostengutsprache für Kinderspitexleistungen zu erteilen. Nachdem sowohl die CSS Kranken-Versicherung AG wie auch A.A.________ dagegen verschiedene Einwände erhoben hatten, veranlasste die Verwaltung eine Stellungnahme beim Regional Ärztlichen Dienst (RAD; Bericht von Dr. med. D.________, Facharzt Kinder- und Jugendmedizin, Schwerpunkt Neuropädiatrie, vom 31. August 2021). Gestützt auf die komplettierte Aktenlage erteilte die IV-Stelle teilweise Kostengutsprache für die Kinderspitexleistungen für den Zeitraum vom 1. März 2018 bis zum 28. Februar 2022 im Umfang von zwei Stunden für die Abklärung und Dokumentation und einmal pro Monat 15 Minuten pro Einsatz für die Untersuchung und Behandlung (Verabreichung des Vitamins B12 jeweils sonntags). Für die Ferienwochen könnten zusätzlich maximal weitere vier Sonntage pro Jahr à 15 Minuten verrechnet werden. In den zugesprochenen 15 Minuten sei ebenfalls die Instruktion des Betreuungspersonals der Stiftung C.________ inbegriffen (Verfügung vom 7. September 2021).  
 
B.  
Die jeweils dagegen von A.A.________ und der CSS Kranken-Versicherung AG erhobenen Beschwerden wies das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 28. September 2022 ab. 
 
C.  
 
C.a. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.A.________, es sei der angefochtene Entscheid und die diesem zugrunde liegende Verfügung aufzuheben und die IV-Stelle zu verpflichten, ihr die beantragten und ärztlich angeordneten Vorkehren zu gewähren, respektive Kostengutsprache für die von Pflegefachfrauen geleisteten und in den Rundschreiben gelisteten Behandlungspflegevorkehren zu erteilen (Verfahren 9C_511/2022).  
 
C.b. Auch die CSS Kranken-Versicherung AG führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Verfahren 9C_516/2022). Sie beantragt, es sei der angefochtene Entscheid aufzuheben und die IV-Stelle zu verpflichten, für die im Sonderschulheim der Stiftung C.________ durch die Kinderspitex E.________ an A.A.________ erbrachten medizinischen Massnahmen im Sinne von Art. 13 und 14 IVG aufzukommen, soweit diese im IV-Rundschreiben Nr. 394 gelistet sind.  
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Da den Eingaben der Beschwerdeführerin im Verfahren 9C_511/2022 (nachfolgend: Versicherte) und denjenigen der Beschwerdeführerin im Verfahren 9C_516/2022 (nachfolgend: CSS) der gleiche Sachverhalt zugrunde liegt, sich konnexe Rechtsfragen stellen und sich die Rechtsmittel gegen den nämlichen vorinstanzlichen Entscheid richten, rechtfertigt es sich, die beiden Verfahren zu vereinigen und in einem Urteil zu erledigen (vgl. BGE 144 V 173 E. 1.1 mit Hinweis). 
 
2.  
 
2.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 mit Hinweisen).  
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann eine - für den Ausgang des Verfahrens entscheidende (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG) - Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
2.3. Am 1. Januar 2022 trat das revidierte Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) in Kraft (Weiterentwicklung der IV [WEIV]; Änderung vom 19. Juni 2020, AS 2021 705, BBl 2017 2535). Die dem hier angefochtenen Urteil zugrunde liegende Verfügung erging am 7. September 2021. Nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Rechts und des zeitlich massgebenden Sachverhalts (statt vieler: BGE 144 V 210 E. 4.3.1; 129 V 354 E. 1 mit Hinweisen) sind daher die Bestimmungen des IVG und diejenigen der Verordnung über die Invalidenversicherung (IVV; SR 831.201) in der bis 31. Dezember 2021 geltenden Fassung anwendbar.  
 
3.  
 
3.1. Die CSS macht zunächst eine Gehörsverletzung (Art. 29 Abs. 2 BV) im Sinne einer Verletzung der Begründungspflicht durch die Vorinstanz geltend (vgl. BGE 145 IV 99 E. 3.1 mit Hinweisen). Sie wendet ein, das kantonale Gericht habe ihre gesamten Ausführungen und insbesondere ihren Verweis auf das IV-Rundschreiben Nr. 394 im Rahmen der rechtlichen Würdigung mit keinem Wort erwähnt und die vorgebrachten Argumente mit keiner Silbe gewürdigt.  
 
3.2. Die aus dem verfassungsmässigen Anspruch auf rechtliches Gehör fliessende Verpflichtung der Behörde, ihren Entscheid zu begründen, verlangt nicht, dass sich diese mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Es liegt keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör beziehungsweise der Begründungspflicht vor, wenn eine sachgerechte Anfechtung des vorinstanzlichen Entscheids möglich war (vgl. BGE 142 III 433 E. 4.3.2 mit Hinweisen; Urteil 9C_473/2021 vom 21. Februar 2022 E. 4.3.2).  
Weder legt die CSS konkret dar, welche ihrer Argumente das kantonale Gericht nicht berücksichtigt haben soll noch sind Anhaltspunkte ersichtlich oder geltend gemacht, dass sie das Urteil nicht sachgerecht hätte anfechten können. Was insbesondere das erwähnte IV-Rundschreiben anbelangt, hat die Vorinstanz die diesbezügliche Rüge ausdrücklich erwähnt, in der Folge aber eine Leistungspflicht der IV-Stelle mit der Begründung verneint, für eine solche sei allein entscheidend, ob bzw. dass in Bezug auf die (einzelnen) Leistungen der Kinderspitex die Voraussetzungen gemäss Art. 13 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 lit. a IVG gegeben seien. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor. 
 
4.  
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie die von der IV-Stelle am 7. September 2021 verfügte lediglich teilweise Kostengutsprache für Kinderspitexleistungen während der Aufenthalte der Versicherten im Sonderschulheim der Stiftung C.________ bestätigte. 
 
5.  
 
5.1. Gemäss Art. 13 Abs. 1 IVG haben Versicherte bis zum 20. Altersjahr Anspruch auf die zur Behandlung von Geburtsgebrechen notwendigen medizinischen Massnahmen. Als medizinische Massnahmen, die für die Behandlung eines Geburtsgebrechens notwendig sind, gelten nach Art. 2 Abs. 3 der Verordnung vom 9. Dezember 1985 über Geburtsgebrechen (GgV; SR 831.232.21; hier anwendbar und in Kraft gestanden bis 31. Dezember 2021) sämtliche Vorkehren, die nach bewährter Erkenntnis der medizinischen Wissenschaft angezeigt sind und den therapeutischen Erfolg in einfacher und zweckmässiger Weise anstreben. Die medizinischen Massnahmen umfassen gemäss Art. 14 Abs. 1 IVG die Behandlung, die vom Arzt selbst oder auf seine Anordnung durch medizinische Hilfspersonen in Anstalts- oder Hauspflege vorgenommen wird, mit Ausnahme von logopädischen und psychomotorischen Therapien (lit. a) sowie die Abgabe der vom Arzt verordneten Arzneien (lit. b).  
 
5.2. Bei Geburtsgebrechen sieht die Invalidenversicherung Leistungen sowohl für die eigentliche therapeutische Behandlung im Sinne von Art. 2 Abs. 3 GgV als auch für die nichttherapeutische Pflege und Betreuung vor. Die therapeutische Behandlung wird durch medizinische Massnahmen nach Art. 13 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 14 Abs. 1 lit. a IVG abgedeckt. Darunter fallen nur Vorkehren, welche notwendigerweise durch den Arzt oder - auf seine Anordnung - durch medizinische Hilfspersonen vorzunehmen sind, nicht aber solche, welche (mit oder ohne Anleitung) durch Personen ohne medizinische Spezialausbildung durchgeführt werden können. Die nichttherapeutische Pflege und Betreuung kann nicht unter dem Titel der medizinischen Massnahmen übernommen werden, aber unter Umständen einen Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung und einen Intensivpflegezuschlag begründen (BGE 136 V 209 E. 7-10; Urteile 9C_772/2020 vom 15. März 2021 E. 3.2, 9C_310/2020 vom 13. Oktober 2020 E. 3.1.2, 9C_88/2020 vom 8. Juli 2020 E. 5.2 und 9C_95/2020 vom 16. April 2020 E. 4.2; Meyer/Reichmuth, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrecht, Bundesgesetz über die Invalidenversicherung [IVG], 3. Aufl. 2014, N. 10 zu Art. 14-14 bis IVG).  
 
6.  
Das kantonale Gericht hat im Wesentlichen festgestellt, die Versicherte werde in der Sonderschule der Stiftung C.________ beschult und schlafe jeweils während drei Nächten pro Woche (Dienstag bis Freitag) auf der dortigen Wohngruppe. Es sei unbestritten bzw. ausgewiesen, dass während des Aufenthalts der Versicherten bei ihrer Familie keine Spitexeinsätze beansprucht würden und die Eltern alle Massnahmen der Grund- und Behandlungspflege selbständig übernehmen würden, wobei die Mutter eine diplomierte Pflegefachfrau sei. Die Vorinstanz mass der fachärztlichen RAD-Stellungnahme des Dr. med. D.________ vom 31. August 2021 Beweiswert zu. Gestützt darauf schloss sie, einzig die Verabreichung der intramuskulären Injektion des Vitamins B12 sei als medizinische Massnahme nach Art. 13 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 14 Abs. 1 lit. a IVG zu qualifizieren. Dabei sei ausschlaggebend für die Verneinung einer darüber hinausgehenden Kostengutsprache nicht die berufliche Qualifikation der Mutter der Versicherten als diplomierte Pflegefachfrau, sondern die für die Umsetzung der Vorkehren gemäss überzeugenden Einschätzungen von Dr. med. D.________ nicht gegebene Notwendigkeit einer medizinischen Berufsqualifikation. 
 
7.  
 
7.1. Es ist unbestritten, dass bei der Versicherten zu Hause keine Kinderspitexleistungen erbracht werden. Diese bestreitet auch den vorinstanzlichen Schluss nicht, dass die von ihren Eltern erbrachten streitbetroffenen Leistungen keine medizinische Berufsqualifikation erfordern. Sofern die CSS das Gegenteil behauptet, dringt sie nicht durch. Ihre Einwände beschränken sich letztlich auf den Hinweis, die gemäss Spitex-Bedarfserhebung vom 18. März 2021 ärztlich angeordneten Vorkehren seien im IV-Rundschreiben Nr. 394 gelistet, weshalb die Invalidenversicherung diese als medizinische Massnahmen zu vergüten habe. Damit lässt sie ausser Acht, dass gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung für eine Leistungsübernahme durch die Invalidenversicherung nicht entscheidend ist, ob eine ärztliche Verordnung für medizinische Massnahmen vorliegt, sondern ob - unabhängig von der Örtlichkeit - tatsächlich Massnahmen durchgeführt werden, welche die diesbezüglichen gesetzlichen Anforderungen erfüllen (Urteil 8C_541/2018 vom 10. April 2019 E. 4.3.1). Darauf wies bereits das kantonale Gericht hin. Die von der Verwaltung veranlasste Anfrage beim RAD hatte seinerzeit gerade bezweckt abzuklären, ob die in der Spitex Bedarfserhebung gelisteten Vorkehren notwendigerweise durch eine Arztperson oder - auf deren Anordnung hin - durch medizinische Hilfspersonen vorzunehmen sind. Im Rahmen dieser Abklärung kam Dr. med. D.________ zum Schluss, einzig die einmal wöchentlich durchzuführende intramuskuläre Injektion des Vitamins B12 stelle eine Massnahme dar, welche in der Regel durch eine medizinisch geschulte Fachperson vorzunehmen sei, wobei selbst diese Vorkehr nach entsprechender Instruktion durch Nicht-Fachpersonen übernommen werden könnte. Obwohl die Vorinstanz (wie zuvor bereits die Verwaltung) ihren Entscheid im Wesentlichen auf eben diese Stellungnahme des Dr. med. D.________ abstützte, verzichtet die CSS in ihrer Eingabe auf eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dessen Ausführungen sowie mit den gestützt darauf getroffenen vorinstanzlichen Erwägungen. Weiterungen hierzu erübrigen sich, zumal keine rechtlichen Mängel im angefochtenen Entscheid offensichtlich sind (vgl. E. 2.1 hievor).  
 
7.2. Sofern die Versicherte den Beweiswert der RAD-Stellungnahme vom 31. August 2021 in Zweifel zu ziehen versucht mit dem Hinweis, Dr. med. D.________ sei von der Invalidenversicherung beauftragt und bezahlt worden, vermag sie daraus allein nichts zu ihren Gunsten abzuleiten. Berichten und Gutachten versicherungsinterner Arztpersonen kommt nach der Rechtsprechung Beweiswert zu, sofern sie als schlüssig erscheinen, nachvollziehbar begründet sowie in sich widerspruchsfrei sind und keine Indizien gegen ihre Zuverlässigkeit sprechen (BGE 125 V 351 E. 3b/ee mit Hinweis). Trotz dieser grundsätzlichen Beweiseignung kommt den Berichten versicherungsinterner medizinischer Fachpersonen - wie die Vorinstanz zutreffend erwogen hat - praxisgemäss nicht dieselbe Beweiskraft zu wie einem gerichtlichen oder im Verfahren nach Art. 44 ATSG vom Versicherungsträger veranlassten Gutachten unabhängiger Sachverständiger. Soll ein Versicherungsfall ohne Einholung eines externen Gutachtens erledigt werden, so sind an die Beweiswürdigung strenge Anforderungen zu stellen. Bestehen auch nur geringe Zweifel an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit der versicherungsinternen ärztlichen Feststellungen, sind ergänzende Abklärungen vorzunehmen (BGE 145 V 97 E. 8.5 in fine; 139 V 225 E. 5.2; 135 V 465 E. 4.4). Solche Zweifel sind weder ersichtlich noch vermag die Versicherte derlei aufzuzeigen. Namentlich erhellt nicht, inwiefern der RAD in seiner Stellungnahme vom 31. August 2021 "sämtliche gesetzlichen Vorgaben (KLV Art. 7 a und b, IV Rundschreiben 394) ausser Kraft" gesetzt haben soll, wie die Versicherte behauptet. Nach dem bereits Dargelegten war es gerade Aufgabe des Dr. med. D.________, der Verwaltung im Rahmen einer ärztlichen Stellungnahme aufzuzeigen, inwiefern die bei der Versicherten vorgenommenen Vorkehren eine medizinische Berufsqualifikation erfordern. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Einschätzungen des Dr. med. D.________ und den gestützt darauf getroffenen vorinstanzlichen Erwägungen lässt sich aber auch der Beschwerdeschrift der Versicherten nicht entnehmen.  
 
7.3. Als Zwischenfazit ist damit festzuhalten, dass der vorinstanzliche Schluss, mit Ausnahme der Injektion des Vitamins B12 stellten die bei der Versicherten zu Hause durchgeführten Pflegeleistungen keine medizinischen Massnahmen im Sinne von Art. 14 Abs. 1 lit. a IVG dar, kein Bundesrecht verletzt. Ein Leistungsanspruch aus der Invalidenversicherung für den durch das Geburtsgebrechen erforderlichen pflegerischen Mehraufwand der Eltern und für deren Entlastung durch die Kinderspitex ist damit freilich nicht ausgeschlossen. Diesem Anspruch ist aber nicht unter dem Titel der medizinischen Massnahmen, sondern über die Hilflosenentschädigung und den Intensivpflegezuschlag Rechnung zu tragen, welche nicht zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens gehören (vgl. Urteil 8C_747/2021 vom 15. November 2022 E. 5.3.3 mit Hinweisen; vgl. auch BRIGITTE BLUM-SCHNEIDER, Pflege von behinderten und schwerkranken Kindern zu Hause, Schriften zum Sozialversicherungsrecht Bd. 30, 2015, Rz. 442, 512 und 543).  
 
7.4. Die Versicherte besucht die Schule der Stiftung C.________ während fünf Tagen die Woche. Von Dienstag bis Freitag, an jeweils einem Wochenende pro Monat sowie während ca. vier Ferienwochen pro Jahr schläft sie auf der Wohngruppe der Stiftung. Die restliche Zeit lebt die Versicherte bei ihrer Familie zu Hause. Es ist weder geltend gemacht noch aus den Akten ersichtlich, dass diese Aufenthalte auf der Wohngruppe der Stiftung C.________ medizinisch indiziert wären. Vielmehr leistet die Kinderspitex in der Stiftung C.________ während dieser Zeit diejenige Betreuung und Pflege, die in der übrigen Zeit durch die Eltern der Versicherten vorgenommen wird. Dies stellt, wie die Vorinstanz zutreffend erwogen hat und beschwerdeweise nicht in Abrede gestellt wird, eine reine Entlastungsmassnahme für die Eltern dar. Als solche vermag sie die Vorkehren nicht als medizinische Massnahme zu qualifizieren. Entscheidend ist einzig, ob - unabhängig von der Örtlichkeit - tatsächlich Massnahmen durchgeführt werden, welche die diesbezüglichen gesetzlichen Anforderungen erfüllen (vgl. Urteil 8C_541/2018 vom 10. April 2018 E. 4.3.1). Dies trifft nach dem Dargelegten auf die hier streitbetroffenen Vorkehren nicht zu. Mit Blick darauf vermag die CSS auch aus dem Hinweis auf die E. 3.2 des Urteils 9C_46/2017 vom 6. Juni 2017, wonach ein "Selber-Ausführen" den Leistungsanspruch der Eltern bei Einsatz einer Pflegefachperson nicht ausschliesst, nichts zu ihren Gunsten ableiten, ging es im damals zu beurteilenden Sachverhalt doch um Massnahmen, die grundsätzlich durch eine Pflegefachperson vorzunehmen waren. In diesem Sinne ist auch der Versicherten beizupflichten, dass Behandlungspflege Behandlungspflege bleibt, unabhängig davon, von wem sie erbracht wird. Vorkehren wie die vorliegend streitbetroffenen, welche nach dem Dargelegten keine medizinische Berufsqualifikation erfordern, stellen aber - unabhängig davon, ob die Eltern diese Massnahmen tatsächlich übernehmen oder nicht - per se keine medizinische Massnahmen im Sinne von Art. 13 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 14 Abs. 1 lit. a IVG und Art. 2 Abs. 3 GgV dar.  
 
7.5. Mit Blick auf diese Begebenheiten entspricht die vorinstanzliche Beurteilung den in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung festgehaltenen Grundsätzen.  
 
8.  
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten den unterliegenden Beschwerdeführerinnen je zur Hälfte aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Verfahren 9C_511/2022 und 9C_516/2022 werden vereinigt. 
 
2.  
Die Beschwerden werden abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.- werden den Beschwerdeführerinnen je zur Hälfte auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 23. August 2023 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Der Gerichtsschreiber: Williner