Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_216/2023  
 
 
Urteil vom 20. März 2023  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin, 
Bundesrichterin Koch, 
Bundesrichter Hurni, 
Gerichtsschreiberin Frey Krieger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, 
Güterstrasse 33, Postfach, 8010 Zürich, 
2. Justizvollzug und Wiedereingliederung, 
Rechtsdienst der Amtsleitung, 
Hohlstrasse 552, 8048 Zürich, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Verweigerung der bedingten Entlassung, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 3. Abteilung, Einzelrichter, vom 25. Januar 2023 (VB.2022.00786). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Mit Verfügung vom 20. September 2022 wies die Behörde Justizvollzug und Wiedereingliederung Kanton Zürich, Bewährungs- und Vollzugsdienste, das Gesuch des Beschwerdeführers um bedingte Entlassung (Art. 86 StGB) ab. Einen dagegen erhobenen Rekurs wies die Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich mit Verfügung vom 29. November 2022 ab. Auf die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Beschwerde trat das Verwaltungsgericht Zürich mit Verfügung vom 25. Januar 2023 nicht ein.  
 
1.2. Der Beschwerdeführer wendet sich mit Eingabe vom 10. Februar 2023 an das Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung der Verfügung der Vorinstanz und deren Anweisung, das Verfahren anhand zu nehmen und zu urteilen. Insoweit er damit einhergehend ein Gesuch um aufschiebende Wirkung im Sinne von Art. 103 BGG bzw. den Erlass anderer vorsorglicher Massnahmen im Sinne von Art. 104 BGG stellte, wurde dieses mit Verfügung vom 15. Februar 2023 abgewiesen.  
 
2.  
Die Vorinstanz erwägt, dass der Beschwerdeführer mit Präsidialverfügung vom 30. Dezember 2022 auf die Mangelhaftigkeit seiner per 25. Dezember 2022 eingereichten Eingabe hingewiesen worden sei. Unter der Androhung, dass ansonsten auf die Beschwerde nicht eingetreten würde, sei er aufgefordert worden, bis zum Ablauf der Beschwerdefrist eine verbesserte Beschwerdeschrift einzureichen, mithin diese mit einem rechtsgenügenden Antrag, einer rechtsgenügenden Begründung und mit seiner Originalunterschrift zu versehen. 
Die alsdann vom 1. Januar 2023 datierende Beschwerdeschrift habe rechtsgenügende Anträge und eine rechtsgenügende Begründung enthalten, nicht aber eine Originalunterschrift. Zwar sei auf der Rückseite des zugehörigen Couverts eine singuläre Unterschrift angebracht worden. Indes fehle es dort an einer anderweitigen Absenderangabe, weshalb keine zweifelsfreie Zurechnung möglich sei. Hinzu komme, dass der Beschwerdeführer mit der Präsidialverfügung vom 30. Dezember 2022 ausdrücklich aufgefordert worden sei, die Beschwerdeschrift mit seiner Originalunterschrift zu versehen. Gründe, weshalb ihm dies nicht hätte möglich sein sollen, bringe er keine vor und seien auch nicht ersichtlich. Unter diesen Umständen sei es nicht überspitzt formalistisch, die Unterschrift auf dem Couvert nicht genügen zu lassen und sei auf die Beschwerde androhungsgemäss nicht einzutreten. 
 
3.  
 
3.1. Es bedeutet keinen überspitzten Formalismus, vom Bürger zu verlangen, dass er seine Rechtsschriften eigenhändig unterzeichnet oder von einem bevollmächtigten und nach einschlägigem Verfahrensrecht zugelassenen Vertreter unterzeichnen lässt. Fehlt indes eine gültige Unterschrift, ist eine angemessene, gegebenenfalls auch über die gesetzliche Rechtsmittelfrist hinausgehende Nachfrist für die gültige Unterzeichnung anzusetzen. (BGE 142 V 152 E. 4.3 f.; 142 I 10 E. 2.4.6; vgl. auch BGE 120 V 413 E. 4). Eine von Amtes wegen angesetzte Nachfrist mit entsprechender Androhung schafft die Voraussetzung für ein Nichteintreten, sofern der Fristansetzung nicht nachgelebt wird (BGE 142 V 152 E. 4.4 mit Hinweis auf Urteil 8C_556/2009 vom 1. März 2010 E. 4.2).  
 
3.2. Das Verwaltungsgericht hat den Beschwerdeführer mit Präsidialverfügung vom 30. Dezember 2022 u.a. und explizit darauf hingewiesen, dass die von ihm per 25. Dezember 2022 eingereichte Beschwerde keine gültige Unterschrift aufweise. Unter Hinweis auf § 56 Abs. 1 VRG und die zufolge Fristenstillstand noch "geraume Zeit" laufende Rechtsmittelfrist wurde er dementsprechend aufgefordert, bis zum Ablauf (der bis am 17. Januar 2023 dauernden) Rechtsmittelfrist eine verbesserte, mithin u.a. mit einer Originalunterschrift versehene Beschwerdeschrift einzureichen. Nach der unbestritten gebliebenen Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz (Art. 105 Abs. 1 BGG) war die alsdann vom 1. Januar 2023 datierende, am 4. Januar 2023 versandte und am 5. Januar 2023 beim Verwaltungsgericht eingegangene Beschwerdeschrift wiederum nicht unterzeichnet (vgl. vorinstanzliche Akten [VI] act. 8) respektive war die Rückseite des zugehörigen Couverts mit einer singulären Unterschrift versehen, "bei der es sich um diejenige des Beschwerdeführers handeln könnte" (vgl. wiederum VI act. 8; angefochtene Verfügung S. 5).  
Der Beschwerdeführer setzt sich nicht mit den Erwägungen der Vorinstanz auseinander, gemäss welchen es deswegen und weil es "dort", mithin auf der Rückseite des zugehörigen Couverts, an einer anderweitigen Absenderangabe fehle, keine zweifelsfreie Zurechnung der Beschwerdeschrift möglich sei. Ebenso wenig mit deren Schluss, dass es unter diesen Umständen nicht überspitzt formalistisch sei, die Unterschrift auf dem Couvert nicht genügen zu lassen. Darauf ist dementsprechend nicht weiter einzugehen (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG). 
 
3.3. Der Beschwerdeführer bringt indes vor, es entspreche "Usanz und Gewohnheitsrecht", "dass die Gerichte bei der Eingangskontrolle proaktiv über ein allfälliges Versäumnis informieren" würden und handle es sich bei der fehlenden Unterschrift um ein Versäumnis, das innerhalb der gesetzlichen Frist ohne weiteres hätte behoben werden können.  
Damit macht er - zumindest sinngemäss - geltend, dass ihn die Vorinstanz nach der unbestrittenermassen per 30. Dezember 2022 ergangenen Nachfristansetzung ein zweites Mal auf die fehlende Unterzeichnung der Rechtsschrift hätte hinweisen müssen. Damit einhergehend ignoriert er jedoch, dass er bereits mit der Präsidialverfügung vom 30. Dezember 2022 explizit und unter Ansetzung einer Nachfrist bis zum Ablauf der Beschwerdefrist dazu aufgefordert worden ist, die verbesserte Beschwerdeschrift mit seiner Originalunterschrift zu versehen, unter der Androhung, dass bei deren Fehlen auf die Beschwerde nicht eingetreten würde (VI act. 1 S. 4). Die Aufforderung zur Verbesserung ist klar und unmissverständlich. Der Beschwerdeführer macht denn auch nicht geltend, die in der Präsidialverfügung enthaltene Aufforderung nicht verstanden oder aber übersehen zu haben; ebenso wenig, dass er entgegen der unmissverständlichen Aufforderung davon ausgegangen wäre, mit der blossen Unterzeichnung der Rückseite des Couverts den Formvorschriften Genüge zu tun oder aber, dass er die Aufforderung zur Verbesserung nicht, respektive nicht rechtzeitig erhalten hätte. Zwar wurde die vom 30. Dezember 2022 datierende Präsidialverfügung offenbar erst am 3. Januar 2023 versandt (vgl. VI act. 1 S. 5). Damit ist unklar, ob der Beschwerdeführer bei der Verfassung seiner vom 1. Januar 2023 datierenden und alsdann per 4. Januar 2023 der Post übergebenen Beschwerde, (bereits) Kenntnis von der Präsidialverfügung hatte, respektive ob es allenfalls zu einer "Überschneidung" der Zustellung der (per 3. Januar 2023 versandten) Präsidialverfügung mit dem (per 4. Januar 2023 erfolgten) Versand der teilweise verbesserten Beschwerde gekommen ist. Dies ist aber letztlich nicht entscheidend, da der Beschwerdeführer unabhängig davon nicht dartut, dass und weshalb sich die Vorinstanz angesichts der unmissverständlichen Aufforderung hätte veranlasst sehen müssen, ihn ein weiteres Mal auf dieselbe Mangelhaftigkeit seiner Rechtsschrift hinzuweisen. Dies ist denn auch nicht ersichtlich. Umso weniger, als dem Beschwerdeführer nach der Einreichung der zweiten, nur unzureichend verbesserten Beschwerde per 4. Januar 2023 (Eingang beim Verwaltungsgericht am 5. Januar 2023 [VI act. 8]) genügend Zeit blieb, um bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist per 17. Januar 2023 aufforderungsgemäss für die vollständige Verbesserung seiner Beschwerdeschrift besorgt zu sein. 
 
3.4.  
 
3.4.1. Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, sich am 11. Januar 2023 telefonisch beim Verwaltungsgericht danach erkundigt zu haben, ob seine Beschwerde eingetroffen und "alles in Ordnung sei". Die Fragen seien "bestätigt und bejaht" worden, von einer fehlenden Unterschrift sei keine Rede gewesen. Damit rügt er sinngemäss eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben (Art. 5 Abs. 3 und Art. 9 BV) respektive beruft er sich auf den Vertrauensschutz.  
 
3.4.2. Der Beschwerdeführer bringt erstmals vor Bundesgericht vor, das Verwaltungsgericht telefonisch kontaktiert zu haben und legt erstmals vor Bundesgericht eine Telefonliste zwecks Nachweis dieses Anrufes ins Recht. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen indes nur soweit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Die Partei, die Noven anruft, muss begründen, dass und weshalb diese zulässig sein sollen (BGE 139 III 120 E. 3.1.2; 133 III 393 E. 3; Urteil 6B_509/2022 vom 5. Oktober 2022 E. 2.4). Der Beschwerdeführer tut nicht dar, inwiefern die erwähnte Voraussetzung erfüllt sein soll, womit die Noven unbeachtlich bleiben. Selbst wenn diese zulässig wären, wäre anhand der vorgelegten Telefonliste zwar davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer am 11. Januar 2023 mit dem Verwaltungsgericht telefonisch Kontakt aufgenommen hat. Indes vermag er mit seinen bloss pauschalen Vorbringen keine Verletzung des Vertrauensschutzes darzutun (vgl. zum Prinzip des Vertrauensschutzes (BGE 147 IV 209 E. 2.5 m.H. auf 143 V 95 E. 3.6.2, 141 I 161 E. 3.1 und 137 II 182 E. 3.6.2; Art. 106 Abs. 2 BGG). Daran ändert nichts, wenn er geltend macht, dass sein Anruf explizit dem Zweck gedient habe, sich nach der "Ordnungsmässigkeit" seiner Eingabe zu erkundigen. Er konkretisiert nicht, von wem und in welcher Form ihm entgegen der mit der Präsidialverfügung vom 30. Dezember 2022 unmissverständlich ergangenen Aufforderung, die Rechtsschrift zu unterzeichnen, anderslautende und insbesondere vorbehaltlose Zusagen gemacht worden sein sollen; oder aber, anhand welcher konkreter Aussagen er entgegen der präsidialiter ergangenen Aufforderung darauf hätte schliessen dürfen, dass seine verbesserte Rechtsschrift trotz der nach wie vor fehlenden respektive anhand der lediglich auf dem Couvert angebrachten Unterschrift den Formerfordernissen genügen sollte.  
Soweit die Beschwerde den Begründungsanforderungen zu genügen vermag, erweisen sich die erhobenen Rügen damit als offensichtlich unbegründet. Die Beschwerde ist damit im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf überhaupt einzutreten ist. 
 
4.  
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist in Anwendung von Art. 64 BGG wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen. Der finanziellen Lage des Beschwerdeführers ist mit reduzierten Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, Einzelrichter, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 20. März 2023 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari 
 
Die Gerichtsschreiberin: Frey Krieger