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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_457/2023  
 
 
Urteil vom 15. September 2023  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Bundesrichter Donzallaz, 
Bundesrichterin Hänni, 
Bundesrichter Hartmann, 
Bundesrichterin Ryter, 
Gerichtsschreiberin Wortha. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch 
Rechtsanwältin Lea Hungerbühler, 
und diese substituiert 
durch MLaw Claude Lehmann, 
 
gegen  
 
Migrationsamt des Kantons Basel-Stadt, 
Spiegelgasse 12, 4051 Basel. 
 
Gegenstand 
Vorbereitungshaft nach Art. 76a AIG (Dublin-Verfahren), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts 
des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht, 
Einzelrichter für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, vom 22. August 2023 (AUS.2023.40). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ (geb. 1998) ist Staatsangehöriger von Marokko. Er wurde am 9. August 2023 aufgrund des Verdachts auf Reisen ohne gültigen Fahrausweis kontrolliert. Dabei konnte er keine gültigen Identitätspapiere vorweisen. Gemäss Auskunft des Schengener Informationssystems SIS hat er Einreiseverbote für Italien und die Niederlande. Aus diesem Grund wurde er im Auftrag des Migrationsamts Basel-Stadt vorläufig festgenommen. 
 
B.  
Anlässlich der Befragung durch das Migrationsamt am 10. August 2023 stellte er ein Asylgesuch für die Schweiz. Gleichzeitig verfügte das Migrationsamt die Vorbereitungshaft im Dublin-Verfahren nach Art. 76a AIG für sieben Wochen gegen ihn. Mit Schreiben vom 21. August 2023 beantragte seine Rechtsvertreterin die gerichtliche Überprüfung der Haft. Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht, Einzelrichter für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, trat auf das Gesuch mit Urteil vom 22. August 2023 nicht ein, da A.________ einen Verzicht auf die gerichtliche Überprüfung abgegeben habe. 
 
C.  
Mit "Beschwerde" vom 29. August 2023 gelangt A.________ (nachfolgend Beschwerdeführer) an das Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils, die umgehende Haftentlassung, die Feststellung der Unrechtmässigkeit der Haft, eventualiter die Rückweisung an die Vorinstanz. In prozessualer Hinsicht beantragt er unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsverbeiständung. 
Die Abteilungspräsidentin lehnte es mit Verfügung vom 30. August 2023 ab, A.________ im Rahmen einer vorsorglichen Anordnung aus der Haft zu entlassen und verzichtete einstweilen auf die Erhebung eines Kostenvorschusses. 
Das Migrationsamt und die Vorinstanz beantragen in ihrer Vernehmlassung sinngemäss die Abweisung der Beschwerde. Das Staatssekretariat für Migration SEM hat sich nicht vernehmen lassen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Das Bundesgericht prüft die Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 149 II 66 E. 1.3).  
 
1.2. Ein Nichteintretensentscheid kann mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten angefochten werden, wenn diese auch für den Entscheid in der Sache offen steht (BGE 135 II 145 E. 3.2; Urteil 2C_52/2023 vom 3. August 2023 E. 1.2). Gegen den kantonal letztinstanzlichen Entscheid betreffend Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht gegeben (Art. 82 i.V.m. Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG; BGE 147 II 49 E. 1 mit Hinweisen; Urteil 2C_610/2021 vom 11. März 2022 E. 1.1, nicht publ. in: BGE 148 II 169). Es handelt sich bei der Dublin-Haft praxisgemäss auch nicht um einen Entscheid "auf dem Gebiet des Asyls" im Sinne von Art. 83 lit. d BGG (BGE 142 I 135 E. 1.1.3; Urteil 2C_610/2021 vom 11. März 2022 E. 1.1, nicht publ. in: BGE 148 II 169). Die Beschwerde steht somit auch gegen den hier angefochtenen Nichteintretensentscheid offen (BGE 137 I 371 E. 1.1; Urteile 2C_142/2023 vom 3. August 2023 E. 1.1, zur Publikation vorgesehen; 2C_336/2022 vom 29. November 2022 E. 1).  
 
1.3. Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind (Art. 42, Art. 82 lit. a, 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 89 Abs. 1, Art. 90, Art. 100 Abs. 1 BGG), ist auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten einzutreten. Die mangelhafte Bezeichnung des Rechtsmittels - sie ist bloss mit Beschwerde tituliert - schadet dem Beschwerdeführer nicht (BGE 138 I 367 E. 1.1 mit Hinweis; Urteil 2C_549/2021 vom 3. September 2021 E. 1.3).  
 
1.4. Die Vorinstanz ist im angefochtenen Urteil auf das Haftprüfungsgesuch betreffend eine Dublin-Haft nach Art. 76a AIG nicht eingetreten. Streitgegenstand ist somit einzig, ob die Vorinstanz zu Recht einen Nichteintretensentscheid gefällt hat. Soweit der Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren beantragt, die Widerrechtlichkeit der Dublin-Haft bzw. des Haftregimes festzustellen, geht seine Beschwerde über den Verfahrensgegenstand hinaus und ist darauf nicht weiter einzugehen, zumal sich die Vorinstanz auch nicht im Rahmen einer Eventualbegründung mit diesen Punkten auseinandergesetzt hat (BGE 144 II 184 E. 1.1; Urteil 2C_142/2023 vom 3. August 2023 E. 1.1, zur Publikation vorgesehen).  
 
2.  
 
2.1. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft jedoch nur die geltend gemachten Rechtsverletzungen, sofern rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 147 I 73 E. 2.1). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten gilt eine qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 147 II 44 E. 1.2; 143 II 283 E. 1.2.2).  
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Eine Berichtigung oder Ergänzung der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen ist von Amtes wegen (Art. 105 Abs. 2 BGG) oder auf Rüge hin (Art. 97 Abs. 1 BGG) möglich.  
 
3.  
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Frage, ob die Vorinstanz auf das Haftüberprüfungsgesuch gemäss Art. 80a Abs. 3 AIG nicht eintreten durfte, nachdem der Beschwerdeführer einen "Verzicht auf gerichtliche Überprüfung" abgegeben haben soll. 
 
3.1. Die Vorinstanz begründet den Nichteintretensentscheid damit, dass der Beschwerdeführer anlässlich der Eröffnung der Verfügung vom 10. August 2023, mit der die Dublin-Haft angeordnet wurde, unter Beizug eines Dolmetschers ausdrücklich auf eine gerichtliche Überprüfung der Haft verzichtet habe. Da keine Anzeichen eines Willensmangels ersichtlich seien, sei er darauf zu behaften. Würde auf das streitgegenständliche Gesuch eingetreten, würde dies bedeuten, die Überprüfung der Haft könne nicht nur jederzeit, sondern auch mehrfach beantragt werden. Dies widerspreche dem Gesetzestext. Vernehmlassungsweise ergänzt die Vorinstanz, dass das streitgegenständliche Gesuch als "Antrag auf Überprüfung der Dublin-Haft" bezeichnet worden war. Es sei deshalb nicht als Haftentlassungsgesuch entgegengenommen worden, da von einer anwaltlich vertretenen Person erwartet werden dürfe, sie würde bezeichnen, als was sie ihre Eingabe verstanden haben wolle.  
 
3.2. Der Beschwerdeführer rügt im Wesentlichen die Auffassung der Vorinstanz, er habe durch das Setzen eines Kreuzchens seinen Anspruch auf gerichtliche Überprüfung der Haft für die gesamte Haftdauer verwirkt. Es handle sich bei der Dublin-Haft um einen gravierenden Eingriff in seine Freiheitsrechte, auf deren erst- und einmalige Überprüfung er nicht ohne Weiteres, erst recht nicht dauerhaft und ohne anwaltliche Vertretung, verzichtet habe. Zudem werde die Dublin-Haft nicht automatisch vom Gericht überprüft, weshalb keine hohen Anforderungen an ein jederzeit mögliches Überprüfungsgesuch gestellt werden dürften. Die Vorinstanz habe wesentliche Verfahrensgarantien missachtet und damit Art. 80a Abs. 3 AIG, Art. 28 Dublin-III-VO i.V.m. Art. 8 Richtlinie 2013/33/EU, Art. 5 Abs. 4 EMRK sowie Art. 29 und 31 BV verletzt, was zu seiner Entlassung führen müsse.  
 
4.  
 
4.1. Freiheitsentziehende ausländerrechtliche Zwangsmassnahmen fallen sowohl in den Anwendungsbereich von Art. 5 EMRK wie auch in denjenigen von Art. 31 BV (BGE 142 I 135 E. 3.1; Urteil 2C_101/2017 vom 1. März 2017 E. 2.1 und 2.2, nicht publiziert in BGE 143 II 361). Aus beiden Garantien fliesst ein Anspruch auf gerichtliche Prüfung der Haftanordnung: Gemäss Art. 5 Ziff. 4 EMRK hat jede Person, der die Freiheit entzogen ist, das Recht zu beantragen, dass ein Gericht innerhalb kurzer Frist über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs entscheidet. Nach Art. 31 Abs. 4 BV hat jede Person, der die Freiheit nicht durch ein Gericht entzogen wurde, das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.  
 
4.2. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts räumt Art. 31 Abs. 4 BV jeder von einem Freiheitsentzug betroffenen Person das Recht ein, "jederzeit ein Gericht anzurufen", damit dieses so rasch als möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzuges befinde. Die Norm stellt eine besondere Rechtsweggarantie dar, welche weiter reicht als die allgemeine Garantie von Art. 29a BV. Sie bedeutet, dass der gerichtliche Rechtsschutz gegen den Freiheitsentzug unmittelbar einsetzt. Damit erfährt der gerichtliche Rechtsschutz eine Stärkung. "Jederzeit ein Gericht anzurufen" erlaubt somit denjenigen Personen, denen die Freiheit entzogen wurde, den Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts selbst zu bestimmen (BGE 137 I 23 E. 2.4.2; 136 I 87 E. 6.5.2). Welche Zeit daher als so rasch als möglich bzw. als innerhalb kurzer Frist gilt, hängt von den Umständen des konkreten Einzelfalls ab; insbesondere von der Art der Haft und ihrer Gründe sowie von der Komplexität des Verfahrens (BGE 137 I 23 E. 2.4.3). Artikel 5 Ziff. 4 EMRK gibt einer festgenommenen oder inhaftierten Person das Recht, die verfahrensmässigen und materiellen Bedingungen, die für die "Rechtmässigkeit" ihres Freiheitsentzugs im Sinne von Art. 5 Ziff. 1 EMRK wesentlich sind, gerichtlich überprüfen zu lassen (EGMR Urteil Khlafia und andere gegen Italien vom 15. Dezember 2016 [GC] Nr. 16483/12, § 128).  
 
4.3. Diese Prinzipien sind in Art. 80a Abs. 3 AIG festgehalten worden. Gemäss dieser Bestimmung werden Rechtmässigkeit und Angemessenheit der Dublin-Haft auf Antrag der inhaftierten Person in einem schriftlichen Verfahren überprüft; diese Überprüfung kann jederzeit beantragt werden (Art. 80a Abs. 3 AIG). Die Frist bis zur Entscheidung beträgt 96 Stunden ab Eingang des Gesuchs (BGE 142 I 135 E. 3.3). Artikel 80a AIG setzt in verfahrensrechtlicher Hinsicht die Dublin-III-Verordnung um (Verordnung [EU] Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist [ABl. L 180 vom 29. Juni 2013 S. 31 ff.]; Urteil 2C_142/2023 vom 3. August 2023 E. 3.1.4, zur Publikation vorgesehen). Die Haftbestimmungen der Dublin-III-Verordnung sollen die Rechtsgarantien und den Rechtsschutz von Personen im Dublin-Verfahren stärken (Urteil 2C_142/2023 vom 3. August 2023 E. 3.3.2, zur Publikation vorgesehen).  
 
4.4. Die ausländerrechtliche Administrativhaft stellt einen schweren Eingriff in die in Art. 10 Abs. 2 BV garantierte persönliche Freiheit dar (oben E. 1.2 und dortige Hinweise). Diese ist ein unverzichtbares Grundrecht (BGE 126 I 26 E. 4b/aa). Die Verfahrensgarantie des ohne gerichtliches Urteil Inhaftierten, jederzeit ein Gericht anzurufen (Art. 31 Abs. 4 BV), gewährleistet einen spezifischen Aspekt der persönlichen Freiheit (BGE 126 I 26 E. 2). Das Bundesgericht hat früh geklärt, dass auf die Einhaltung der Verfahrensbestimmungen zu den ausländerrechtlichen Zwangsmassnahmen nicht oder höchstens unter ganz ausserordentlichen Umständen verzichtet werden kann. Ein solcher Verzicht darf aber nicht leichthin angenommen werden, liegt es doch in der besonderen Natur des Haftverfahrens, dass der Ausländer nicht mit dem schweizerischen Recht und namentlich nicht mit den gesetzlichen Haftvoraussetzungen vertraut ist (BGE 128 II 241 E. 3.5 und 3.6; 125 II 369 E. 2). Als gänzlich unverzichtbar erachtete das Bundesgericht die Durchführung der Haftverhandlung an sich: Der Anspruch auf rechtzeitige gerichtliche Prüfung der Ausschaffungshaft bzw. deren Verlängerung in einer mündlichen Verhandlung stellt die zentrale prozessuale Garantie dar, welche vor willkürlichem Entzug der Freiheit schützen soll (BGE 128 II 241 E. 3.5). Auch der Verzicht auf die Frist zur Behandlung des Haftentlassungsgesuchs darf nicht ohne Weiteres unterstellt werden. Vielmehr braucht es eine entsprechend lautende zuverlässige und klare Äusserung. Ein gültiger Verzicht kann auch erfolgen, wenn die betroffene Person durch eine qualifizierte Vertretung verbeiständet ist (BGE 128 II 241 E. 3.6; 125 II 369 E. 2).  
 
4.5. Gemäss Rechtsprechung des EGMR kann die betroffene Person unter bestimmten Bedingungen zwar auf durch die Konvention gewährleistete Garantien verzichten. Voraussetzung für einen konventionskonformen Verzicht ist allerdings, dass dieser keinem wichtigen öffentlichen Interesse zuwiderläuft, unmissverständlich erklärt worden ist und Mindestgarantien vorhanden sind, die der Bedeutung des Verzichts entsprechen (Urteile EGMR Meloni gegen die Schweiz Nr. 61697/00 vom 10. April 2008, § 51; Natsvlishvili und Togonidze gegen Georgien vom 29. April 2014 Nr. 9043/05 § 91, je mit Hinweisen). Der EGMR hat ferner entschieden, dass das Recht auf persönliche Freiheit in einer demokratischen Gesellschaft zu wichtig sei, als dass eine Person den Schutz der Konvention allein aus dem Grund verlieren könnte, weil sie sich der Inhaftierung gefügt habe. Eine Inhaftierung kann gegen Art. 5 EMRK verstossen, obschon die betroffene Person dieser zunächst zugestimmt haben mag (Urteile EGMR Buzadji gegen Moldawien vom 5. Juli 2016 Nr. 23755/07, § 107, 109; Storck gegen Deutschland vom 15. Juni 2005 Nr. 61603/00, § 75). Steht dem Einzelnen keine Möglichkeit zur Verfügung, die Rechtmässigkeit der Inhaftierung gerichtlich anzufechten, stellt dies eine Verletzung von Art. 5 Ziff. 4 EMRK dar (EGMR Urteil Moustahi gegen Frankreich vom 25. Juni 2020 Nr. 9347/14, §§ 103-104).  
 
4.6. Vorliegend wurde dem Beschwerdeführer am 10. August 2023 durch das Migrationsamt mit Verfügung eröffnet, dass er in Dublin-Haft genommen werde. Auf der letzten Seite der Verfügung hatte er die Möglichkeit, ein Kreuz zu setzen entweder bei "Ich beantrage die gerichtliche Überprüfung der Haft" oder "Ich verzichte auf die gerichtliche Überprüfung der Haft" (Art. 105 Abs. 2 BGG). Da die Dublin-Haft anders als andere Formen der ausländerrechtlichen Administrativhaft (vgl. Art. 80 Abs. 2 AIG) nicht von Amtes wegen, sondern nur auf Antrag der betroffenen Person hin gerichtlich überprüft wird, dürfen an die Begründung von erstmaligen Beschwerden gegen die Anordnung von Dublin-Haft keine hohen Anforderungen gestellt werden (BGE 142 I 135 E. 2.3). Dass der Beschwerdeführer die Möglichkeit hatte, allein durch das Ankreuzen die gerichtliche Überprüfung der Haft zu verlangen, mithin niederschwellig von seinem Recht gemäss Art. 80a Abs. 3 AIG Gebrauch zu machen, ist vor diesem Hintergrund angemessen. Wenn er von dieser Möglichkeit jedoch keinen Gebrauch machen möchte, was er durch Ankreuzen der zweiten Möglichkeit zum Ausdruck bringen kann, darf daraus nicht geschlossen werden, er würde dauerhaft auf die gerichtliche Überprüfung der Inhaftierung verzichten. Ein solcher Verzicht ist nicht zulässig.  
 
4.7. Die gerichtliche Überprüfung einer Haft, die nicht von einem Gericht angeordnet wurde, ist ein fundamentales Verfahrensrecht zum Schutz der persönlichen Freiheit. Einen dauerhaften Verzicht darauf zuzulassen, würde heissen, auf das Recht, nicht willkürlich inhaftiert zu werden, wie es in Art. 5 Ziff. 1 EMRK und Art. 31 Abs. 1 BV verbürgt ist, zu verzichten. Dies führte letztlich zu einem Verzicht auf das Recht auf persönliche Freiheit selbst. Dabei handelt es sich aber um ein Grundrecht, auf das nicht verzichtet werden kann ("unverzichtbares Grundrecht"; vorstehend E. 4.4). Dies würde zudem dem Grundgedanken der Dublin-III-Verordnung, Rechtsgarantien und Rechtsschutz der Betroffenen zu stärken, massiv zuwiderlaufen. Das Recht auf erstmalige gerichtliche Überprüfung einer behördlich angeordneten Haft ist für einen demokratischen Rechtsstaat zu wichtig, als dass darauf dauerhaft verzichtet werden könnte. Aus diesem Grund kann auch nicht aus der anfänglich fehlenden Opposition gegen die Inhaftierung geschlossen werden, der Beschwerdeführer füge sich dem behördlichen Freiheitsentzug für die gesamte Dauer der Inhaftierung. Wenn Art. 80a Abs. 3 Satz 2 AIG statuiert, die Überprüfung könne jederzeit beantragt werden, folgt bereits aus deren Wortlaut, dass die Bestimmung einem Verzicht nicht zugänglich ist, was die Vorinstanz verkannt hat. Die gerichtliche Überprüfung der Haft gemäss Art. 80a Abs. 3 AIG stellt somit eine Verfahrensvorschrift dar, auf die - auch bei mängelfrei erklärtem Willen - nicht verzichtet werden kann.  
 
4.8. Sicher steht es dem Beschwerdeführer frei, auf die Ausübung des Verfahrensrechtes zu verzichten, indem er von seinem Recht auf gerichtliche Überprüfung keinen Gebrauch macht und keine Überprüfung verlangt. In der vorliegenden Konstellation heisst das, kein Kreuz bei der ersten Auswahlmöglichkeit zu setzen. Dies hat er getan und stattdessen in der ihm vorgelegten Entweder-oder-Situation die zweite Möglichkeit gewählt. Das kann jedoch lediglich bedeuten, dass der Beschwerdeführer für den Moment auf die Ausübung seines Rechts verzichtet, nicht aber, dass er dauerhaft auf das Recht an sich verzichtet. Er kann jederzeit auf seinen Entscheid zurückkommen, sein Recht auf gerichtliche Überprüfung ausüben und diese verlangen. Dies hat er nach zwei Wochen Haft getan. Die "jederzeitige" gerichtliche Überprüfung ist verfassungs-, konventions- und gesetzesrechtlich (Art. 80a Abs. 3 AIG) explizit vorgesehen (vorstehend E. 4.1-3). Eine Ausnahme, wonach dies nur gilt, sofern die betroffene Person nicht darauf verzichtet hat, gibt es nicht. Weder aus dem Ankreuzen der Möglichkeit, auf die Überprüfung zu verzichten, noch aufgrund der Tatsache, dass der Beschwerdeführer zunächst nicht gegen die Inhaftierung opponiert hat, durfte die Vorinstanz bundesrechtskonform schliessen, der Beschwerdeführer würde dauerhaft auf sein Recht auf gerichtliche Überprüfung der Rechtmässigkeit der Haft verzichten wollen und können.  
 
4.9. Die Vorinstanz durfte somit nicht auf die Überprüfung der Haft verzichten und hätte auf das Gesuch um Haftüberprüfung eintreten müssen. Indem sie dies nicht tat, hat sie Art. 80a Abs. 3 AIG, Art. 31 Abs. 4 BV und Art. 5 Ziff. 4 EMRK verletzt. In überspitzt formalistischer Weise (BGE 149 III 12 E. 3.3.1) hat sie das Gesuch mangels entsprechender Bezeichnung auch nicht als Haftentlassungsgesuch anhand genommen, obwohl dieses doch dasselbe Ziel - die Überprüfung der Rechtmässigkeit der Haft mit dem Ziel der Beendigung der Haft - verfolgt hätte (vgl. auch vorstehend E. 1.3). In der Verweigerung der gerichtlichen Überprüfung der Dublin-Haft liegt ein gewichtiger Verfahrensfehler, der zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids führt (BGE 128 II 246 E. 3.6).  
 
5.  
Der Beschwerdeführer beantragt die unverzügliche Entlassung aus der Haft. 
 
5.1. Nicht jede Verletzung von Verfahrensvorschriften bei der Haftprüfung führt zur Haftentlassung. Wurden aber wesentliche Verfahrensgarantien verletzt, muss die betroffene Person freigelassen werden, es sei denn, es liegen genügend Anhaltspunkte dafür vor, dass sie die öffentliche Sicherheit und Ordnung erheblich gefährden könnte. Die Garantie, dass (innert 96 Stunden) eine vollumfängliche gerichtliche Haftprüfung zu erfolgen hat, würde ihre wichtige Funktion verlieren, wenn die Sache lediglich zur Entscheidung zurückgewiesen würde (BGE 125 II 465 E. 4.f; 122 II 154 E. 3a; 121 II 110 E. 2; 121 II 105 E. 2c; Urteil 2C_1089/2012 vom 22. November 2012 E. 4.2).  
 
5.2. Die Bestimmung von Art. 80a Abs. 3 AIG, wonach die Überprüfung der Rechtmässigkeit und Angemessenheit der Haft jederzeit von der inhaftierten Person beim Gericht beantragt werden kann, stellt die zentrale prozessuale Garantie im Rahmen der Dublin-Haft dar, welche vor willkürlichem Entzug der Freiheit schützen soll. Diese Garantie ist im vorliegenden Fall in gravierender Weise missachtet worden. Die Vorinstanz ist auf das Gesuch um Haftüberprüfung nicht eingetreten und hat dem Beschwerdeführer den Rechtsschutz versagt. Es rechtfertigt sich daher, den Beschwerdeführer aus der Haft zu entlassen, zumal nach der Aktenlage keine Indizien dafür vorliegen, dass er die öffentliche Sicherheit gefährden würde.  
Den kantonalen Behörden ist mit der Entlassung nicht verwehrt, die nötigen Vorkehren für die Ausschaffung zu treffen. 
 
6.  
 
6.1. Die Beschwerde erweist sich als begründet und ist gutzuheissen, soweit darauf einzutreten ist (vorstehend E. 1.4). Der Beschwerdeführer ist umgehend aus der Haft zu entlassen.  
 
6.2. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind keine Gerichtskosten geschuldet (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Der Kanton Basel-Stadt hat die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers für das vorliegende Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Das Bundesgericht hat in Bezug auf die Parteientschädigung einen grossen Ermessensspielraum und ist nicht an die eingereichte Honorarnote der Rechtsvertretung gebunden (vgl. GRÉGORY BOVEY, Commentaire de la LTF, 3. Aufl., Bern 2022, N 31 zu Art. 68 BGG). Die Höhe der Parteientschädigung wird daher vom Bundesgericht als Gesamtsumme auf Grundlage von Art. 68 Abs. 2 BGG und des Reglements vom 31. März 2006 über die Parteientschädigung und die Entschädigung für die amtliche Vertretung im Verfahren vor dem Bundesgericht (SR 173.110.210.3) festgesetzt. Vorliegend ist der Rechtsvertretung durch den Kanton Basel-Stadt eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.-- auszurichten. Mit diesem Entscheid wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gegenstandslos.  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist. Das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht, Einzelrichter für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, vom 22. August 2023 wird aufgehoben. 
 
2.  
Der Beschwerdeführer ist unverzüglich aus der Haft zu entlassen. 
 
3.  
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
4.  
Der Kanton Basel-Stadt hat der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.-- auszurichten. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht, Einzelrichter für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 15. September 2023 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Die Gerichtsschreiberin: A. Wortha