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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_764/2022  
 
 
Urteil vom 3. Juli 2023  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichterin Escher, 
Bundesrichter von Werdt, 
Gerichtsschreiber Levante. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt David Knecht, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Kantonsgericht von Graubünden, I. Zivilkammer, Poststrasse 14, 7002 Chur, 
 
Amt für Migration und Zivilrecht des Kantons Graubünden, Bürgerrecht und Zivilrecht, Grabenstrasse 1, 7001 Chur. 
 
Gegenstand 
Bereinigung des Zivilstandsregisters (Art. 42 ZGB), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden, I. Zivilkammer, vom 1. September 2022 (ZK1 22 67). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________, geb. A.A.________, wurde 1963 als Tochter von B.________ und von C.________ geboren.  
 
A.b. Die Mutter war im Zeitpunkt der Geburt mit D.________ verheiratet, weshalb der Ehemann rechtlich als Vater des Kindes galt. Auf Klage von D.________ gegen die Mutter und das Kind stellte das Bezirksgericht Vorderrhein am 10. Juli 1964 fest, dass das Kind A.________ nicht das eheliche Kind von D.________ ist, sondern das uneheliche Kind von B.________.  
 
A.c. In der Folge machten die Mutter und das Kind beim Bezirksgericht Vorderrhein (am 10. Dezember 1964) gegen C.________ eine Klage auf Feststellung der Vaterschaft hängig. Im Laufe des Verfahrens erklärten die Klägerinnen den Klagerückzug unter Vorlage einer Vereinbarung der Parteien vom 8. März 1966. Darin anerkannte C.________ die Vaterschaft von A.________ und verpflichtete sich zu Unterhaltszahlungen für das Kind. Die Vereinbarung wurde von der Vormundschaftsbehörde (am 25. Mai 1966) genehmigt und das Gericht schrieb das Verfahren am 17. August 1966 ab. C.________ wurde nicht als Vater des Kindes im Zivilstandsregister eingetragen. Er verstarb 2021.  
 
A.d. Am 1. März 2022 erhob A.________ Klage auf Bereinigung nach Art. 42 ZGB beim Regionalgericht Surselva und verlangte, dass der Zivilstandsregistereintrag betreffend C.________ dahingehend zu ergänzen sei, dass sie (A.________) als Tochter von C.________ aufgeführt werde.  
 
A.e. Das Regionalgericht Surselva beteiligte die kantonale Aufsichtsbehörde, Amt für Migration und Zivilrecht, am Verfahren und wies die Klage nach Art. 42 ZGB mit Entscheid vom 13. April 2022 ab.  
 
B.  
Gegen den Entscheid des Regionalgerichts erhob A.________ Berufung beim Kantonsgericht von Graubünden. Mit Urteil vom 1. September 2022 wies das Kantonsgericht die Berufung ab, soweit es darauf eintrat, und bestätigte den Entscheid des Regionalgerichts. 
 
C.  
Mit Eingabe vom 6. Oktober 2022 hat A.________ Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung des kantonsgerichtlichen Urteils. In der Sache verlangt sie (wie im kantonalen Verfahren), es sei der Zivilstandsregistereintrag betreffend C.________ mit der Eintragung zu ergänzen, dass sie (A.________) als Tochter von C.________ aufgeführt werde. 
Es sind die kantonalen Akten, indes keine Vernehmlassungen eingeholt worden. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist das Urteil des Kantonsgerichts als Rechtsmittelinstanz betreffend die gerichtliche Bereinigung (Art. 42 ZGB) des Personenstandsregisters. Der Entscheid unterliegt der Beschwerde in Zivilsachen (Art. 72 Abs. 2 lit. b BGG; Urteil 5A_680/2018 vom 19. November 2019 E. 1.1, mit Hinweisen).  
 
1.2. Die Beschwerdeführerin, welche die gerichtliche Bereinigung des Personenstandsregisters betreffend die Angabe über ihre Anerkennung als Kind verlangt, hat ein schutzwürdiges Interesse an der Beschwerdeführung (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG).  
 
1.3. Mit der Beschwerde kann die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und b BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 140 III 86 E. 2). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen, wobei hier das Rügeprinzip gilt (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 142 III 364 E. 2.4).  
 
1.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel sind nur zulässig als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).  
 
2.  
Das Kantonsgericht hat geprüft, ob das zuständige Zivilstandsamt von wichtigen Tatsachen keine Kenntnis erhielt, und untersucht, ob die in der Vereinbarung vom 8. März 1966 enthaltene Erklärung von C.________ eine Anerkennnung mit Standesfolge war, welche Anlass zur Eintragung des Kindesverhältnisses gegeben hätte. Das Kantonsgericht ist zum Schluss gelangt, dass die damalige Anerkennung der Vaterschaft und Unterhaltspflicht eine blosse Zahlvaterschaft - und damit kein Kindesverhältnis - begründete. Eine fehlerhaft unterlassene Eintragung bzw. ein Grund zur Bereinigung des Zivilstandsregisters liege nicht vor. 
Sodann hat das Kantonsgericht die Tragweite von Art. 13a SchlT ZGB erörtert, wonach nur diejenigen Kinder, für die beim Inkrafttreten des neuen Rechts (am 1. Januar 1978) eine Zahlvaterschaftsregelung bestand und die das zehnte Altersjahr noch nicht vollendet hatten, die Möglichkeit bestand, innert zwei Jahren auf Feststellung zu klagen. Die BV- und EMRK-Konformität der damals getroffenen Übergangsregelung (Art. 13a SchlT ZGB) sei zu bezweifeln. Das Bundesgericht habe in zwei neueren unpublizierten Urteilen den Klageausschluss von Art. 13a SchlT ZGB nicht angewendet und die Vaterschaftsklage nach Art. 263 ZGB, unter Vorbehalt wichtiger Gründe für das Fristversäumnis, zugelassen. Über die Vaterschaftsklage könne jedoch nicht im (vorliegenden) Verfahren nach Art. 42 ZGB entschieden werden. 
 
3.  
Anlass zur Beschwerde gibt eine im Jahre 1966 erklärte Anerkennung der Vaterschaft. Gegenstand der Bereinigungsklage nach Art. 42 ZGB ist die Eintragung der Angabe über das Kindesverhältnis; streitig ist die Angabe in einer Zivilstandsurkunde, die der Vaterschaftsanerkennung zu Grunde liegt. 
 
3.1. Die Beschwerdeführerin besteht darauf, dass die damalige Erklärung des Vaters eine Anerkennung des Kindes mit Standesfolge war, weshalb das Zivilstandsregister durch entsprechende Ergänzung des Kindesverhältnisses zu bereinigen sei. Die Beschwerdeführerin wirft dem Kantonsgericht vor, die damalige Kindesanerkennung falsch qualifiziert zu haben und damit die damals geltenden Vorschriften des ZGB (insb. Art. 303 aZGB) und die Regeln über die Eintragung der Kindesverhältnisse in das Personenregister (Art. 8 lit. l Ziff. 4 und 5 ZStV) unrichtig anzuwenden.  
 
3.2. Art. 42 ZGB regelt die Bereinigung des Zivilstandsregisters durch das Gericht: Wer ein schützenswertes persönliches Interesse glaubhaft macht, kann auf Eintragung von streitigen Angaben über den Personenstand sowie auf Berichtigung oder Löschung einer Eintragung klagen.  
 
3.2.1. Das Klageverfahren zur Bereinigung dient dazu, eine Eintragung zu korrigieren, die bereits im Zeitpunkt der Vornahme unrichtig war, sei es infolge eines Irrtums oder Fehlers des Zivilstandsbeamten (etwa durch unrichtige Gesetzesauslegung) oder deshalb, weil dieser in Unkenntnis wichtiger Tatsachen war (vgl. BGE 135 III 389 E. 3; Urteil 5A_756/2015 vom 16. Juni 2016 E. 3.1.2, E. 3.3; Urteil 5A_805/2020 vom 8. Dezember 2021 E. 6.1). Das Entsprechende gilt, wenn das Klageverfahren dazu dienen soll, eine richtige, aber unterlassene Eintragung vorzunehmen.  
 
3.2.2. Keine Bereinigung (durch Eintragung, Berichtigung oder Löschung) des Zivilstandsregisters ist möglich, wenn das geltend gemachte Begehren in einem eigenen Verfahren zu beurteilen ist, wie etwa eine Statusklage zur Feststellung des Kindesverhältnisses nach Art. 261 ZGB (BGE 131 III 201 E. 1.2; Urteil 5A_519/2008 vom 12. Oktober 2009 E. 3.1; TUOR/SCHNYDER/SCHMID, Das Schweizerische Zivilgesetzbuch, 14. Aufl. 2015, § 13 Rz. 20).  
 
3.3. Von diesen Grundsätzen ist das Kantonsgericht zutreffend ausgegangen. Es ist nicht zu beanstanden, wenn es ein schützenswertes Interesse der Beschwerdeführerin an der Bereinigung durch korrekte Eintragung der im Jahre 1966 erklärten Kindesanerkennung angenommen hat, die verlangte Angabe mit Bezug auf die damalige Kindesanerkennung als streitig bezeichnet und das Verfahren nach Art. 42 ZGB wegen allfälliger unrichtiger Gesetzesauslegung als zulässig erachtet hat. Die bereits von der Erstinstanz angenommene Zuständigkeit (Art. 22 ZPO) wurde nicht in Frage gestellt. Zu prüfen ist, ob das Kantonsgericht - wie von der Beschwerdeführerin kritisiert - die konkret anbegehrte Bereinigung durch Eintragung verweigern und die Vaterschaftsklage als richtiges Verfahren für das Begehren um Eintragung des Kindesverhältnisses bezeichnen durfte.  
 
3.4. Im Zeitpunkt der Geburt der Beschwerdeführerin (im Jahre 1964) und bis zur Inkraftsetzung des neuen Kindesrechts am 1. Januar 1978 kannte das ZGB die sogenannte Zahlvaterschaft und die Vaterschaft mit Standesfolgen. Die Zahlvaterschaft war von bloss unterhaltsmässiger Natur und der freien Disposition der Parteien überlassen: Sie erschöpfte sich in der Verpflichtung des Vaters zu Vermögensleistungen, ohne zwischen dem Erzeuger und dem Nachkommen eine familiäre bzw. rechtliche Bindung zu schaffen (BGE 124 III 1 E. 1a; HEGNAUER, Berner Kommentar, 3. Aufl. 1969, N. 37 zu Art. 302, N. 7, 16 f. zu Art. 303 [a]ZGB). Zu einer Vaterschaft mit Standesfolge (Art. 302 Abs. 2, Art. 303 aZGB) war erforderlich, dass die Erklärung des Anerkennenden mit dem Inhalt beurkundet wird, dass er das Kind - dem Sinn nach - mit Begründung der familienrechtlichen Beziehung ("mit Standesfolge") anerkenne (HEGNAUER, a.a.O., N. 73 zu Art. 303 [a]ZGB, mit Hinweis auf BGE 65 III 120 E. 1); nur die Anerkennung mit Standesfolge wurde dem Zivilstandsamt mitgeteilt und von diesem eingetragen (HEGNAUER, a.a.O., N. 7, 13 zu Art. 324-327 [a]ZGB).  
 
3.4.1. Das Kantonsgericht hat festgestellt, dass C.________ in der Vereinbarung vom 8. März 1966, welche zur gerichtlichen Abschreibung der gegen ihn erhobenen Vaterschaftsklage führte, "hiermit [anerkenne], Vater des a/e [ausserehelichen] Kindes A.________ [...] zu sein". Es gebe keinen Anhaltspunkt, welcher objektiv die Annahme erlaube, dass der Anerkennende damals etwas anderes als die einfache (Grund-) Form der Vaterschaftsanerkennung meinte, d.h. dass er eine Zahlvaterschaft (Schuldverpflichtung), und nicht darüber hinaus eine Vaterschaft mit Standesfolge (Art. 303 aZGB) begründen wollte.  
 
3.4.2. Die Auffassung des Kantonsgerichts ist nicht zu beanstanden. Aus der Vereinbarung vom 8. März 1966 geht einzig die Erklärung von C.________ hervor, "Vater des ausserehelichen Kindes" zu sein. Er legte damit das Geständnis der Beiwohnung ab, welche den Rechtsgrund für den konkret vereinbarten Unterhaltsvertrag zum Ausdruck brachte (vgl. HEGNAUER, a.a.O., N. 17 zu Art. 303, N. 82 f. zu Art. 319 [a]ZGB) : Mit dem Vergleich werden einzig die finanzielle Verpflichtung betreffend Unterhalt bis zum erfüllten 18. Lebensjahr des Kindes sowie eine Pauschalentschädigung zugunsten der Mutter für die Geburt und die Zahlungsmodalitäten geregelt. Entsprechend erfolgte damals keine Mitteilung an das Zivilstandsamt.  
Alles deutet darauf hin, dass Zweck der von C.________ erklärten Kindesanerkennung war, gestützt auf die natürliche Vaterschaft die finanzielle Verpflichtung zu begründen, nicht jedoch eine rechtliche Verwandtschaft zu schaffen (vgl. HEUSSLER, Vaterschaftsurteil und Kindesanerkennung ohne Begründung eines Kindesverhältnisses, ZZW 2006 S. 125), wie das Kantonsgericht zutreffend annehmen durfte. Die Beschwerdeführerin wirft dem Kantonsgericht vergeblich vor, einzig auf die damals "übliche" Situation abgestellt zu haben; es beschränke sich darauf, aus der Nichteintragung im Zivilstandsregister geradewegs auf die Zahlvaterschaft zu schliessen. Dass Tatsachen im Abschreibungsbeschluss und der Vereinbarung vom 8. März 1966 übergangen oder unrichtig (im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG) festgestellt worden seien, die einen anderen Zweck der Anerkennung - nämlich die Begründung der familienrechtlichen Verwandtschaft (Standesfolge) - nahe legen könnten, behauptet die Beschwerdeführerin selber nicht. Von einem Irrtum oder Fehler des Zivilstandsbeamten, oder von einer Unkenntnis wichtiger Tatsachen, die nun als Grund für eine Bereinigung durch Eintragung (nach Art. 42 ZGB) dienen könnten, kann nicht gesprochen werden. 
 
3.4.3. Liegt keine Anerkennung mit Standesfolge vor, erübrigt sich zu erörtern, ob das Verbot einer Anerkennung mit Standesfolge für "ein im Ehebruch erzeugtes Kind" (Art. 304 aZGB) im Jahre 1966 noch Geltung beanspruchen konnte. Auf die betreffenden Ausführungen des Kantonsgerichts ist daher nicht weiter einzugehen, ebenso wenig auf die betreffende Kritik der Beschwerdeführerin.  
 
3.5. Die Beschwerdeführerin macht weiter geltend, dass die ZGB-Bestimmungen grundrechtskonform auszulegen seien, und dass die Weigerung zur Bereinigung des Registers (nach Art. 42 ZGB) eine Verletzung von verfassungsmässigen Rechten und konventionsrechtlichen Garantien darstelle (mit Hinweis auf Art. 8 Abs. 1 und 2 BV, Art. 14 EMRK).  
 
3.5.1. Die Beschwerdeführerin nimmt in ihrer Kritik Bezug auf die Ausführungen des Kantonsgerichts zur Tragweite von Art. 13a SchlT ZGB. Nach dieser Gesetzesbestimmung hatten nur diejenigen Kinder, für welche beim Inkrafttreten des neuen Rechts (am 1. Januar 1978) eine Zahlvaterschaftsregelung bestand und die das zehnte Altersjahr noch nicht vollendet hatten, die Möglichkeit, innert zwei Jahren auf Feststellung zu klagen (HEGNAUER, Die Übergangsbestimmungen zum neuen Kindesrecht, in: Festgabe Deschenaux, 1977, S. 166; STETTLER, Droit de filiation, in: Traité de droit privé suisse, Bd. III/2/1, 1987, S. 90).  
 
3.5.2. In der Lehre wird - wie das Kantonsgericht festgehalten hat - bezweifelt, ob die damals getroffene Übergangsregelung von Art. 13a SchlT ZGB mit der EMRK vereinbar ist (u.a. PIOTET, in: Commentaire romand, Code civil II, 2016, N. 3 f. zu Art. 13a Schl ZGB; MEIER/STETTLER, Droit de filiation, 6. Aufl. 2019, Rz. 181 Fn. 431, Rz. 207; BREITSCHMID, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch II, 7. Aufl. 2023, N. 2 zu Art. 12, N. 2 zu Art. 13a SchlT ZGB). Es wird auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) hingewiesen, welcher die Unterscheidung zwischen einer Vaterschaft mit zivilstandsrechtlicher Wirkung und einer blossen Zahlvaterschaft im Urteil Nr. 3545/04, Brauer gegen Deutschland, vom 28. Mai 2009 als Verstoss gegen Art. 8 und 14 EMRK beurteilte; der EGMR hat den erwähnten Garantien im konkreten Fall mehr Gewicht als dem Rückwirkungsverbot und der Rechtssicherheit beigemessen (EGMR-Urteil, Brauer, a.a.O., § 43, 44). Aus dem EGMR-Urteil Nr. 17038/04, Grönmark gegen Finnland, vom 6. Juli 2010 (§ 55) betreffend das finnische Übergangsrecht (mit einer 5-jährigen Frist zur Aufwertung von "Zahlvaterschaften") wird abgeleitet, dass die Absolutheit der 2-jährigen Klagefrist in Art. 13a SchlT ZGB mit der EMRK nur schwierig zu vereinbaren ist.  
 
3.5.3. Die Beschwerdeführerin kann die Aufwertung der Zahlvaterschaft in ein rechtliches Kindesverhältnis nicht gestützt auf die Rechtsprechung des EGMR ableiten. Die von der Lehre formulierte Kritik geht vielmehr dahingehend, dass die schweizerische Übergangsrechtsordnung (Art. 13a SchlT ZGB) jedem Kind bei einem Gesetzeswechsel ohne Altersbeschränkung die Möglichkeit hätte geben müssen, eine Vaterschaft mit zivilstandsrechtlicher Wirkung gerichtlich zu begründen; dabei wird auch festgehalten, dass eine Änderung dem Gesetzgeber vorbehalten sei (so PIOTET, a.a.O.). Einen unbedingten Anspruch, welcher auf dem Wege der blossen Bereinigung (ohne materiellen Prozess) - im Rahmen der freiwilligen Gerichtsbarkeit (E. 3.2) - eine automatische Aufwertung der Zahlvaterschaft zum rechtlichen Kindesverhältnis rechtfertigen würde, lässt sich der Rechtsprechung des EGMR nicht entnehmen. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin (u.a. mit dem Hinweis auf das EGMR-Urteil Nr. 24406/97, Mazurek gegen Frankreich, vom 1. Februar 2000) vermögen daran nichts zu ändern.  
 
3.5.4. Das Bundesgericht hat sodann im Jahre 1997 bestätigt, dass Art. 13a SchlT ZGB - bzw. die alters- und fristmässig begrenzte Klagemöglichkeit - massgebend ist, ob und auf welche Weise mit dem Inkrafttreten des neuen Kindesrechts eine sog. Zahlvaterschaft in ein Kindesverhältnis umgewandelt werden kann (BGE 124 III 1 E. 2). Es hat einen Verstoss gegen Art. 8 BV verneint (Urteil 2P.256/2004 vom 7. Januar 2005 E. 4, StR 2005 S. 210).  
Hingegen spricht das Kantonsgericht von einer "Praxisänderung" des Bundesgerichts und erblickt eine Aufweichung der an sich klaren intertemporalrechtlichen Regelung: Es verweist auf zwei unpublizierte Bundesgerichtsurteile, in welchen die Vaterschaftsklage (nach Art. 263 ZGB) zugelassen und das Fristversäumnis nach Art. 263 Abs. 3 ZGB ("wichtige Gründe") beurteilt wurde, obwohl die Klagefrist von Art. 13a SchlT ZGB ungenutzt abgelaufen war (Urteil 5A_423/2016 vom 7. März 2017 E. 5.3.2; ferner Urteil 5A_518/2011 vom 22. November 2012; vgl. dazu SPRENGER/ENGEL, Neue Hoffnung für Kinder ohne rechtlichen Vater?, FamPra 2022 S. 360 ff., 369). 
 
3.5.5. Ob die zitierten Urteile eine Aufweichung oder Änderung der Praxis (BGE 124 III 1) bedeuten, muss hier nicht erörtert werden. Der EGMR hat sich im Urteil Nr. 69997/17, Lavanchy gegen Schweiz, vom 28. Februar 2022 (betreffend das zit. Urteil 5A_423/2016) zum Klageausschluss von Art. 13a SchlT ZGB gar nicht geäussert, sondern lediglich die Anwendung von Art. 263 Abs. 3 ZGB ("wichtige Gründe") zur Erhebung der Vaterschaftsklage (als EMRK-konform) beurteilt. Sodann kann das mit einer Bereinigungsklage nach Art. 42 ZGB befasste Gericht ein Verfahren nicht von Amtes wegen auf die materielle Statusfrage ausdehnen (E. 3.2), wie das Obergericht zutreffend festgehalten hat. Die Bereinigung nach Art. 42 ZGB ist subsidiär zur einschlägigen Statusklage (Art. 261 ZGB), d.h. die Frage der Feststellung des rechtlichen Kindesverhältnisses ist einer materiellen Klage vorbehalten (abgesehen von der Anerkennung des "Zahlkindes" durch Erklärung oder durch letztwillige Verfügung nach Art. 260 Abs. 3 ZGB; Urteil 5A_631/2021 vom 20. Juni 2022 E. 3.2). Die Beantwortung der Frage nach dem Klageausschluss bzw. der Zulässigkeit der Klage nach Art. 261 liegt in der Hand des ordentlichen Gerichts.  
 
3.6. Nach dem Dargelegten stellt keine Rechtsverletzung dar, wenn das Kantonsgericht die Abweisung der Bereinigungsklage nach Art. 42 ZGB bestätigt hat.  
 
4.  
Der Beschwerde ist kein Erfolg beschieden. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zu leisten. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Kantonsgericht von Graubünden, I. Zivilkammer, und dem Amt für Migration und Zivilrecht des Kantons Graubünden, Bürgerrecht und Zivilrecht, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 3. Juli 2023 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Levante