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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_610/2022  
 
 
Urteil vom 14. August 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Haag, Merz, 
Gerichtsschreiber Mösching. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
 
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Jordi, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt 
des Kantons Bern, 
Schermenweg 5, Postfach, 3001 Bern. 
 
Gegenstand 
Entzug des Führerausweises für Motorfahrzeuge, 
 
Beschwerde gegen das Urteil der Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern 
vom 15. Juni 2022 (300.2022.42). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Am 4. März 2020 gegen Mittag fuhr A.________ mit einem Personenwagen, an den er einen Anhänger gekuppelt hatte, auf der Hauptstrasse in Reinach AG, wobei er an der Kreuzung Hauptstrasse/Alzbachstrasse/Sandgasse verkehrsbedingt anhalten musste. Bei der Weiterfahrt über die Kreuzung löste sich der Anhänger vom Zugfahrzeug. Aufgrund dieses Vorfalls sprach das Bezirksgericht Kulm A.________ mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil vom 25. August 2021 des fahrlässigen Führens eines nicht betriebssicheren leichten Anhängerzugs schuldig.  
 
A.b. Mit Verfügung vom 10. März 2022 entzog das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Bern (SVSA) A.________ den Führerausweis für Motorfahrzeuge wegen einer mittelschweren Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften und unter Berücksichtigung einer Vormassnahme auf die Dauer von vier Monaten. Zudem verpflichtete das SVSA ihn zum Besuch von einem Tag Verkehrsunterricht.  
 
B.  
Gegen diese Verfügung erhob A.________ Beschwerde bei der Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern, welche diese mit Urteil vom 15. Juni 2022 teilweise guthiess und die Verpflichtung zum Besuch eines Tages Verkehrsunterrichts aufhob. Soweit weitergehend wies sie die Beschwerde ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 18. November 2022 gelangt A.________ an das Bundesgericht und beantragt, der Entscheid der Rekurskommission des Kantons Bern vom 15. Juni 2022 sei aufzuheben, soweit dieser seine Beschwerde abweise. Zudem sei der Entscheid der SVSA aufzuheben, soweit dieser nicht die Anordnung des Verkehrsunterrichts betreffe. 
Die Rekurskommission, das SVSA und das Bundesamt für Strassen beantragen alle die Abweisung der Beschwerde. Mit Eingabe vom 6. März 2023 hält der Beschwerdeführer an seinen Anträgen fest. 
 
D.  
Mit verfahrensleitender Verfügung vom 21. Dezember 2022 erteilte der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts der Beschwerde antragsgemäss die aufschiebende Wirkung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid über einen Führerausweisentzug. Dagegen steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht offen (vgl. Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 90 BGG). Ein Ausnahmegrund nach Art. 83 BGG liegt nicht vor. Der Beschwerdeführer hat zudem am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und als vom Führerausweisentzug direkt Betroffener ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Urteils, womit er nach Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerdeführung berechtigt ist. Auf die form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten (Art. 42 Abs. 2 und Art. 100 Abs. 1 BGG). 
 
2.  
 
2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht dabei von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft die bei ihm angefochtenen Entscheide aber grundsätzlich nur auf Rechtsverletzungen hin, die von der beschwerdeführenden Person vorgebracht und begründet werden, sofern die rechtlichen Mängel des angefochtenen Entscheids nicht geradezu offensichtlich sind (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 144 V 388 E. 2). Erhöhte Anforderungen an die Begründung gelten, soweit die Verletzung von Grundrechten gerügt wird (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 143 I 1 E. 1.4; 142 I 99 E. 1.7.2; 139 I 229 E. 2.2).  
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil weiter den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen. Erforderlich ist zudem, dass die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (vgl. Art. 97 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 140 III 16 E. 1.3.1, 264 E. 2.3).  
 
3.  
Der Beschwerdeführer rügt eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung. Die Vorinstanz sei fälschlicherweise davon ausgegangen, dass er einen ungebremsten Anhänger verwendet habe. Jedoch handle es sich beim fraglichen Anhänger Daltech 25 um einen Autotransporter mit Betriebsbremse (Auflaufbremse). 
 
3.1. Die Ausführungen des Beschwerdeführers sind nicht zutreffend. Die Vorinstanz ist keinesfalls davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer einen ungebremsten Anhänger verwendet hat. Der Beschwerdeführer folgert dies vielmehr aus seinem Verständnis von Art. 189 Abs. 5 der Verordnung vom 19. Juni 1995 über die technischen Anforderungen an Strassenfahrzeuge (VTS; SR 741.41), wonach Anhänger ohne Betriebsbremsanlage seiner Ansicht nach ungebremste Anhänger seien. Wie in der Folge (hinten E. 4.3) aufzuzeigen ist, entspricht seine Auffassung der fraglichen Bestimmung nicht der tatsächlichen Anwendung der Norm, welche auch die Vorinstanz ihrem Urteil zugrunde gelegt hat. Hinsichtlich der gerügten offensichtlich falschen Sachverhaltsfeststellung reicht es vorliegend aus, festzuhalten, dass die Vorinstanz durchgehend davon ausgegangen ist, dass der Anhänger über Bremsen, d.h. vorliegend eine Auflaufbremse, verfügt. Strittig ist allerdings, wie die vorhandenen Bremsen des Anhängers gemäss den einschlägigen Normen der VTS zu behandeln sind. Dabei handelt es sich aber um eine Rechtsfrage.  
 
3.2. Im Weiteren weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass die gesamte Kupplung abgefallen und damit ein Bestandteil des Zugfahrzeuges und nicht des Anhängers abgerissen worden sei. Wie den Strafakten zu entnehmen ist, trifft dies aber nicht zu. Beim fraglichen Zwischenfall wurde nur der abnehmbare Teil, der Kupplungshals, abgerissen, wie der Beschwerdeführer bei der polizeilichen Befragung zu Protokoll gab. Die Sachverhaltsfeststellung durch die Vorinstanz erfolgte auch in dieser Hinsicht ohne Willkür. Im Weiteren ist es für den Ausgang des Verfahrens nicht entscheidend, ob nur der Kupplungshals oder die ganze abnehmbare Kupplung vom Fahrzeug abgefallen ist. So oder anders verletzte die Handlung des Beschwerdeführers die Verkehrsvorschriften (hinten E. 4.5).  
 
4.  
 
4.1. Gemäss Art. 29 SVG dürfen Fahrzeuge nur in betriebssicherem und vorschriftsgemässen Zustand verkehren. Sie müssen so beschaffen und unterhalten sein, dass die Verkehrsregeln befolgt werden können und dass Führer, Mitfahrende und andere Strassenbenützer nicht gefährdet und die Strassen nicht beschädigt werden. Zum Ziehen von Anhängern dürfen Motorfahrzeuge nur verwendet werden, wenn Zugkraft und Bremsen ausreichen und die Anhängervorrichtung betriebssicher ist (Art. 30 Abs. 3 SVG).  
Laut Art. 70 Abs. 1 der Verkehrsregelverordnung vom 13. November 1962 (VRV; SR 741.11) hat der Fahrer vor dem Wegfahren zu prüfen, ob der Anhänger oder Sattelanhänger zuverlässig angekuppelt ist, Bremsen und Beleuchtung einwandfrei wirken und bei Vorwärtsfahrt auch in Kurven ein Anstossen am Zugfahrzeug ausgeschlossen ist. 
Die Bremse muss bei Anhängern selbsttätig wirken, wenn sich der Anhänger unbeabsichtigt vom Zugfahrzeug löst. Ausgenommen davon sind Anhänger, deren Gesamtgewicht 1.5 t nicht übersteigt und die mittels einer zusätzlichen Verbindungseinrichtung mit dem Zugfahrzeug verbunden sind (Art. 189 Abs. 4 VTS). Bei Anhängern ohne Betriebsbremsanlage ist eine zusätzliche Sicherheitsverbindung (Seil, Kette) mit dem Zugfahrzeug erforderlich (Art. 189 Abs. 5 VTS). 
 
4.2. Das Bezirksgericht Kulm ging gestützt auf die Befragungen des Beschwerdeführers und eines Zeugen davon aus, dass der Beschwerdeführer den Anhänger vor der Fahrt am 4. März 2020 grundsätzlich ordnungsgemäss angekuppelt hatte und beim Anfahren an der Kreuzung die ganze Kupplungsvorrichtung abgerissen wurde. In dieser Hinsicht erkannte das Strafgericht beim Beschwerdeführer kein strafbares Verhalten. Es sprach ihn jedoch gestützt auf Art. 93 Abs. 2 lit. a SVG i.V.m. Art. 29 und Art. 100 SVG, Art. 70 Abs. 1 VRV sowie Art. 189 Abs. 5 VTS des fahrlässigen Führens eines nicht betriebssicheren Fahrzeugs schuldig, weil er das Abreissseil bzw. die Sicherungsleine des Anhängers nur um die Kupplung des Zugfahrzeugs gelegt, jedoch nicht vorschriftsgemäss und hinreichend direkt am Zugfahrzeug fixiert hatte.  
 
4.3. Wie bereits erwähnt, schliesst der Beschwerdeführer aus dem Umstand, dass sein Anhänger über 1.5 t wiegt und über eine Auflaufbremse mit Handbremshebel verfügt, auf das Bestehen einer Betriebsbremse i.S.v. Art. 189 Abs. 5 VTS. Dementsprechend könne ihm eine fehlende Sicherheitsverbindung gar nicht vorgeworfen werden bzw. stelle dies eine Rechtsverletzung dar.  
 
4.3.1. Eine Auflaufbremse wirkt nur passiv durch das Aufprallen oder Anstossen des Anhängers auf das Zugfahrzeug. Löst sich der Anhänger vom Zugfahrzeug, erzeugt sie keine Bremswirkung, Das SVSA erachtet in seiner Stellungnahme deshalb die Wirkung einer Auflaufbremse nicht als selbsttätig, folglich sei der fragliche Anhänger auch nicht mit einer Betriebsbremsanlage i.S.v Art. 189 Abs. 5 VTS ausgestattet und bedürfe einer zusätzlichen Sicherheitsverbindung.  
Mit einer Abreissleine kann sichergestellt werden, dass der Anhänger auch bremst, sollte er sich unbeabsichtigt vom Zugfahrzeug lösen. Wie auch das Bundesamt für Strassen in seinem Schreiben vom 19. Juni 1998 an die Vereinigung Schweizerischer Automobil-Importeure ausführt, wirkt eine Auflaufbremse erst durch die angebrachte Abreissleine selbsttätig. Auch der TCS erläutert in seinem Merkblatt vom 19. Juni 2019 zur Befestigung der Abreissleine ( https://www.tcs.ch/de/camping-reisen/camping-insider/ratgeber/sicheres-reisen/anhaenger-abreissleine-richtig-befestigen.php, letztmals besucht am 25. Juli 2023), dass bei Anhängern mit Auflaufbremse die Abreissleine die Aktivierung der Bremse sicherstellt, falls sich der Anhänger unbeabsichtigt vom Zugfahrzeug lösen sollte. 
 
4.3.2. Aus diesen Erläuterungen zur Funktionsweise einer Auflaufbremse ergeben sich hinsichtlich der Anwendbarkeit von Art. 189 Abs. 4 und 5 VTS folgende Konsequenzen:  
Art. 189 Abs. 5 VTS ist dahingehend zu verstehen, dass Anhänger mit Auflaufbremsen eine zusätzliche Sicherheitsverbindung benötigen. Dieses Verständnis setzen auch die Fachpublikationen, auf welche das SVSA verweist, ohne Weiteres voraus (vgl. das bereits erwähnte Merkblatt des TCS sowie die Ausführungen des ADAC zur diesbezüglichen Rechtslage in der Schweiz abrufbar unter: https://www.adac.de/rund-ums-fahrzeug/ausstattung-technik-zubehoer/ladungssicherung/sicherungsseil-anhaenger/, letztmals besucht am 25. Juli 2023). Der Beschwerdeführer selbst wurde zudem vom Verkäufer auf diesen Umstand aufmerksam gemacht. Werden Anhänger mit Auflaufbremsen ohne Abreissleine verwendet, liegt ebenso eine Verletzung von Art. 189 Abs. 4 VTS vor, weil die Bremsen nicht selbsttätig wirken, wenn sich der Anhänger vom Fahrzeug löst. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers gilt dies auch, wenn die Kupplung vom Zugfahrzeug abfällt und nicht nur, wenn sich der Anhänger aus der Kupplung löst. Alles andere wäre mit den Anliegen der Verkehrssicherheit nicht zu vereinbaren. 
 
4.4. Damit das Abreissseil wie vorgesehen funktionieren kann, muss es korrekt befestigt werden.  
 
4.4.1. Betreffend Anhänger mit Auflaufbremsen beschreibt der TCS in seinem Merkblatt dabei zwei denkbare Unfallssituationen. Entweder löse sich die Gelenkpfanne des Anhängers vom Kupplungskopf oder die Verbindung der abnehmbaren Kupplung klinkt aus bzw. fällt ab. Soll das Abreissseil in beiden Fällen funktionieren, müsse es an einem stabilen Ort direkt am Fahrzeug angebracht werden, z.B. an der Traverse unter dem Stossfänger. Der TCS empfiehlt dementsprechend diese Variante, auch wenn der Fall, dass sich die abnehmbare Kupplung löse, ungewöhnlich sei.  
Das SVSA ist ebenfalls der Ansicht, die Sicherheitsverbindung sei grundsätzlich am Zugfahrzeug zu befestigen, wie sich aus dem Wortlaut Art. 189 Abs. 5 VTS ergebe:"... ist eine Sicherheitsverbindung mit dem Zugfahrzeug erforderlich." 
 
4.4.2. Werde das Abreissseil hingegen nur über die Anhängerkupplung geschlungen, so der TCS in seinem Merkblatt weiter, könne dieses ebenso selbständig aus dem Halter fallen, wenn sich der Anhänger unkontrolliert löst. Der Anhänger könne in einer solchen Situation unkontrolliert weiterrollen und andere Verkehrsteilnehmer gefährden. Das lassomässige Überwerfen sei aus technischer Sicht ungenügend und nicht erlaubt. Auch das SVSA hält eindeutig fest, dass eine Schlaufe des Abreissseils um den Kupplungshalt als Sicherung klarerweise unzulässig sei.  
 
4.4.3. Zur Frage, ob es ausreichend wäre, wenn sich der Befestigungspunkt für die Abreissleine mittels Ösen am abnehmbaren Teil der Anhängerkupplung befunden hätte, gibt es divergierende Ansichten. Der TCS nimmt dazu nicht abschliessend Stellung, während das SVSA auch diese Methode als unzureichend erachtet und verlangt, dass die Sicherheitsleine direkt am Fahrzeug selbst bzw. allenfalls an der Verbindungsplatte der Kupplung zum Fahrzeug anzubringen sei. Unter den vorliegenden Umständen muss dies jedoch nicht abschliessend geklärt werden.  
 
4.5. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er das Abreissseil des Anhängers nur um die Anhängerkupplung gelegt hat, ohne es zu befestigen. Als Grund gab er an, sein Fahrzeug habe keine Öse gehabt, in welcher der Karabiner hätte eingehängt werden können. Jedoch habe sich sein Verhalten in keiner Weise auf den fraglichen Vorfall ausgewirkt, selbst wenn er das Abreissseil an einer Öse am Kupplungshals angebracht hätte, hätte sich der Anhänger gelöst, weil die ganze Kupplungsvorrichtung abgefallen sei.  
 
4.5.1. Diese Argumentation verfängt nicht. Erstens hätte die Befestigung des Abreissseils am Fahrzeug selbst (wie vom TCS in seinem Merkblatt beschrieben und vom SVSA gefordert) das unkontrollierte Weiterrollen des Anhängers verhindern können. Die Abreissleine hätte die Bremse auslösen können, sofern sich der Anhänger überhaupt vom Zugfahrzeug hätte lösen können, da die Abreissleine eine Verbindung auch beim Abbruch der gesamten Kupplung weiterhin sichergestellt hätte. Korrektes Verhalten hätte somit durchaus einen Einfluss auf den Unfall gehabt. Zweitens ist es zur Erfüllung des Tatbestandes unerheblich, ob die Verfehlung einen Einfluss auf den Unfallausgang gehabt hätte. Art. 93 SVG ist ein abstraktes Gefährdungsdelikt. Ob durch den Umstand, dass sich das Fahrzeug in einem nicht den Vorschriften entsprechenden Zustand befindet, tatsächlich eine Unfallgefahr bewirkt wird oder nicht, ist unerheblich (CÉLINE SCHENK, in: Basler Kommentar, Strassenverkehrsgesetz, 2014, N. 19 zu Art. 93 SVG).  
 
4.5.2. Weiter führt der Beschwerdeführer aus, er habe ein ordnungsgemäss immatrikuliertes typengeprüftes Fahrzeug mit Original-Anhängerkupplung verwendet und deshalb darauf vertrauen dürfen, dass sich sein Fahrzeug in einem betriebs- und verkehrssicheren Zustand befunden habe. Seine Anhängervorrichtung sei nicht beanstandet worden, obschon sie keine Öse aufgewiesen habe.  
Der Beschwerdeführer hat einen Anhänger angebracht und muss gemäss Art. 70 Abs. 1 VRV sicherstellen, dass der Anhänger zuverlässig angekuppelt ist (vorne E. 4.1), was er nicht getan hat. Aus der ordentlichen Immatrikulation des Zugfahrzeugs kann er nicht folgern, dass er den Anhänger auch richtig befestigt hat. Wie bereits erwähnt, hat ihn zudem der Verkäufer darauf aufmerksam gemacht, dass die Abreissleine korrekt angebracht werden müsse (vorne E. 4.3.2). 
 
4.6. Wenn die Vorinstanz unter diesen Umständen von einer Verletzung von Art. 29 und Art. 30 Abs. 3 SVG, Art. 70 Abs. 1 VRV und Art. 189 Abs. 4 und 5 VTS ausgeht, ist dies nicht zu beanstanden. Sie ging dabei von einem zumindest leichten Verschulden des Beschwerdeführers aus.  
 
5.  
Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, dass vorliegend von einem besonders leichten Fall auszugehen sei, weshalb grundsätzlich in Anwendung von Art. 16a Abs. 4 SVG das Administrativverfahren folgenlos einzustellen sei. Sollte dem nicht gefolgt werden, liege seinerseits höchstens ein leichtes Verschulden i.S.v. Art. 16 Abs. 1 lit. a SVG vor und es sei von einer leichten Widerhandlung auszugehen. Ihm sei der Führerausweis in Anwendung von Art. 16a Abs. 2 SVG für maximal einen Monat zu entziehen. 
 
5.1. Gemäss Art. 16 Abs. 2 SVG wird nach Widerhandlungen gegen die Strassenverkehrsvorschriften, bei denen das Verfahren nach dem Ordnungsbussengesetz ausgeschlossen ist, der Führerausweis entzogen oder eine Verwarnung ausgesprochen. Im Zusammenhang mit Administrativmassnahmen unterscheidet das Gesetz zwischen der leichten, mittelschweren und schweren Widerhandlung (Art. 16a-c SVG). Gemäss Art. 16a SVG begeht eine leichte Widerhandlung, wer durch Verletzung von Verkehrsregeln eine geringe Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft, sofern ihn dabei nur ein leichtes Verschulden trifft (Abs. 1 lit. a). Die fehlbare Person wird verwarnt, wenn in den vorangegangenen zwei Jahren der Ausweis nicht entzogen war und keine andere Administrativmassnahme verfügt wurde (Abs. 3). Gemäss Art. 16b SVG begeht eine mittelschwere Widerhandlung, wer durch Verletzung von Verkehrsregeln eine Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt (Abs. 1 lit. a). Nach einer mittelschweren Widerhandlung wird der Führerausweis für mindestens einen Monat entzogen (Abs. 2 lit. a); die mildere Massnahme der Verwarnung ist nicht vorgesehen. Leichte und mittelschwere Widerhandlungen werden strafrechtlich namentlich von Art. 90 Abs. 1 SVG als einfache Verkehrsregelverletzungen erfasst (BGE 135 II 138 E. 2.4).  
 
5.2. Die mittelschwere Widerhandlung stellt nach Art. 16b Abs. 1 lit. a SVG einen Auffangtatbestand dar. Sie liegt vor, wenn nicht alle privilegierenden Elemente einer leichten Widerhandlung nach Art. 16a Abs. 1 lit. a SVG und nicht alle qualifizierenden Elemente einer schweren Widerhandlung nach Art. 16c Abs. 1 lit. a SVG gegeben sind (BGE 135 II 138 E. 2.2.2). Die Annahme einer leichten Widerhandlung setzt in diesem Sinne voraus, dass der Lenker durch Verletzung von Verkehrsregeln eine geringe Gefahr für die Sicherheit anderer hervorgerufen hat und ihn dabei nur ein leichtes Verschulden trifft. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung müssen eine geringe Gefahr und ein leichtes Verschulden kumulativ gegeben sein (BGE 135 II 138 E. 2.2.3 mit Hinweisen; Urteil 1C_263/2021 vom 27. Januar 2022 E. 3.2).  
 
5.3. Im vorliegenden Fall beurteilte die Vorinstanz die Widerhandlung als mittelschwer. Der Beschwerdeführer habe mit seinem Verhalten eine erhöhte Gefahr für die anderen Verkehrsteilnehmer geschaffen und nicht nur eine geringe. Aufgrund der kumulativen Voraussetzung von geringer Gefahr und leichtem Verschulden für die Annahme einer leichten Widerhandlung konnte somit nicht mehr von einer solchen ausgegangen werden.  
Zu prüfen ist, ob diese Würdigung dem Gesetz entspricht. Die Annahme einer mittelschweren Widerhandlung nach Art. 16b Abs. 1 lit. a SVG setzt keine konkrete Gefahrensituation voraus; ein abstraktes Risiko genügt. Eine mittelschwere abstrakte Gefährdung liegt namentlich vor, wenn eine Gefährdungssituation nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung mit mittelgrosser Verletzungswahrscheinlichkeit eintritt (vgl. Urteil 1C_311/2021 vom 16. März 2021 E. 4.4 mit Hinweis). 
 
5.4. Der Beschwerdeführer bestreitet, dass durch sein Vorgehen eine abstrakte Gefahr geschaffen worden sei. Seine "nicht ideale" Befestigung des Sicherungsseils nur mit der Lasso-Methode um den Kupplungshals habe sich in keiner Art und Weise auf den Unfall ausgewirkt. Die zulässige Befestigung des Abrissseils an einer Öse am Kupplungshals wäre ebenso nutzlos gewesen, weil die gesamte Anhängervorrichtung abgefallen sei. Der Anhänger wäre ohnehin nicht gebremst worden. Im Weiteren habe seine Fahrt nur einige wenige Meter gedauert, unmittelbar nach Verlassen des Privatgrundstücks sei beim Anfahren die Kupplung weggebrochen, wobei er höchstens im Schritttempo gefahren sei.  
 
5.5. Der Beschwerdeführer legte das Abreissseil nur über die Kupplung des Zugfahrzeugs, weshalb nicht sichergestellt war, dass der Anhänger bei einer unbeabsichtigten Ablösung selbsttätig bremst und weiter hinter dem Zugfahrzeug geführt wird.  
Soweit er geltend macht, die nicht vorschriftsgemässe Befestigung des Sicherungsseils habe sich nicht ausgewirkt, weil der Anhänger auch bei einer korrekten Befestigung nicht gebremst worden wäre, ist dies unerheblich. Durch die vorschriftswidrige Befestigung des Abreissseils hat er eine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmende, insbesondere Fussgängerinnen und Fussgänger sowie Velofahrende geschaffen und damit grundsätzlich die Gefährdungstatbestände von Art. 16a-c SVG erfüllt (vgl. BERNHARD RÜTSCHE, in: Basler Kommentar Strassenverkehrsgesetz, 2014, N. 51 zu Art. 16 SVG). Nachdem sich der Anhänger vom Zugfahrzeug gelöst hatte, überquerte er ein Trottoir und kam erst an der Hauswand zum Stillstand, wobei an einem Wochentag gegen Mittag innerhalb einer Ortschaft mit Passanten zu rechnen ist. Er stellte damit eine nicht unerhebliche (zumindest abstrakte) Gefahr dar (vgl. Urteil 1C_20/2013 vom 28. Mai 2013 E. 5.5.2). 
Die Annahme einer massgeblichen Gefährdung hängt dabei nicht von der Länge des Weges ab, auch wenn bei einer längeren Fahrt der Grad der Gefährdung tendenziell zunimmt. Bereits beim Einbiegen auf die Hauptstrasse oder wie vorliegend beim Anfahren an der ersten Kreuzung kann ein führerloser Anhänger andere Verkehrsteilnehmende gefährden, wenn sich Fussgänger und Fussgängerinnen auf dem Trottoir befinden oder der Anhänger auf die Gegenfahrbahn rollt (vgl. Urteil 1C_311/2021 vom 16. März 2022 E. 4.5). Ohnehin hatte der Beschwerdeführer beabsichtigt, mit dem vorschriftswidrig verbundenen Anhänger zu sich nach Hause zu fahren und nicht bloss eine kurze Wegstrecke zurückzulegen. 
Die fragliche Gefährdung war insgesamt nicht bloss theoretischer Natur, sondern durchaus real, auch wenn es zu keiner konkreten Gefährdungslage gekommen ist. Diese von der Widerhandlung ausgegangene abstrakte Gefährdung war nicht mehr leicht. 
 
5.6. Es verstösst demnach nicht gegen Bundesrecht, wenn die Vorinstanz eine mittelschwere Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften im Sinne von Art. 16b Abs. 1 lit. a SVG bejahte.  
Schliesslich hat sich auch bereits die Vorinstanz mit den Argumenten des Beschwerdeführers auseinandergesetzt und ihr Urteil sachgemäss begründet. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor, unabhängig davon, ob der Beschwerdeführer die angebliche Verletzung seines verfassungsmässigen Rechts in ausreichender Weise gerügt hat. 
 
6.  
Angesichts der mittelschweren Widerhandlung kann der vom Beschwerdeführer anbegehrten Einstellung des Adminstrativverfahrens respektive Reduktion der Dauer des Führerausweisentzugs nicht stattgeben werden. 
Nach einer mittelschweren Widerhandlung wird gemäss Art. 16b Abs. 2 lit. b SVG der Führerausweis für mindestens vier Monate entzogen, wenn in den vorangegangenen zwei Jahren der Ausweis einmal wegen einer schweren oder mittelschweren Widerhandlung entzogen war. Diese Voraussetzung ist beim Beschwerdeführer erfüllt. Ihm war der Führerausweis mit Verfügung vom 15. November 2017 bereits einmal wegen einer schweren Widerhandlung i.S.v. Art. 16c Abs. 1 lit. a SVG für drei Monate entzogen worden. Dieser Ausweisentzug wurde bis zum 14. Mai 2018 vollstreckt und die vorliegend zu beurteilende Widerhandlung vom 4. März 2020 liegt innerhalb der massgebenden Frist. Der Führerausweisentzug für vier Monate verstösst daher nicht gegen Bundesrecht. 
 
7.  
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Der unterliegende Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Bern, der Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern und dem Bundesamt für Strassen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 14. August 2023 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Mösching