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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_429/2023  
 
 
Urteil vom 22. Februar 2024  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter von Werdt, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Hartmann, Bundesrichterin De Rossa, 
Gerichtsschreiber Levante. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Betreibungs- und Konkursamt Emmental-Oberaargau, Jurastrasse 22, Postfach 1647, 4900 Langenthal. 
 
Gegenstand 
Freihandverkaufsverfügung etc., 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, vom 17. Mai 2023 (ABS 23 35). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Am 3. August 2022 eröffnete das Regionalgericht Emmental-Oberaargau über den Nachlass von B.________ selig (gest. 2022) die konkursamtliche Liquidation, da alle nächsten Erbinnen und Erben die Erbschaft ausgeschlagen haben. Mit der Durchführung der Liquidation wurde das Konkursamt Emmental-Oberaargau, Dienststelle Emmental-Oberaargau, beauftragt.  
 
A.b. Am 8. August 2022 wandte sich das Konkursamt an C.________, den Vermieter der Erblasserin. Es teilte ihm den Nichteintritt in den Mietvertrag und die Möglichkeit mit, ein Angebot für die käufliche Übernahme von in der Wohnung verbliebenen Aktiven zu machen. Mit Freihandverkaufsverfügung vom 4. Oktober 2022 veräusserte das Konkursamt als Notverkauf die in der Mietwohnung vorhandenen Aktiven (Waschturm, Tiefkühlschrank) der Erblasserin an C.________ zum Kaufpreis von CHF 500.00. Der Kaufpreis wurde mit den offenen Mietzinsforderungen von C.________ verrechnet.  
 
A.c. Mit Entscheid vom 12. Oktober 2022 stellte das Regionalgericht auf Antrag des Konkursamtes vom 11. Oktober 2022 den Konkurs mangels Aktiven ein und wies darauf hin, dass das Verfahren geschlossen werde, sofern nicht innert zehn Tagen ein Kostenvorschuss in der Höhe von CHF 5'000.00 geleistet werde (SHAB vom 19. Oktober 2022). Ein Kostenvorschuss wurde nicht geleistet, so dass der Konkurs als geschlossen gilt.  
 
A.d. Mit Schreiben vom 1. November 2022 wandte sich das Konkursamt an sämtliche bekannten Gläubiger der Erblasserin und informierte diese darüber, dass nach seiner Einschätzung A.________, der Sohn der Erblasserin, durch den Bargeldbezug vom 11. Juli 2022 seine Befugnis zur Ausschlagung der Erbschaft nach Art. 571 Abs. 2 ZGB verwirkt habe. Ausserdem machte das Konkursamt die Gläubiger darauf aufmerksam, dass jeder von ihnen die Möglichkeit habe, seine nicht gedeckte Forderung gegenüber A.________ persönlich geltend zu machen; die definitive Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführer seine Ausschlagungsbefugnis tatsächlich verwirkt habe, habe durch den Zivilrichter im Rahmen eines durch die Gläubiger einzuleitenden Zivilprozesses zu erfolgen.  
 
A.e. Am 28. Dezember 2022 wurde A.________ von der D.________ AG in der Betreibung Nr. xxx für eine Spitalrechnung seines (ebenfalls) verstorbenen Vaters betrieben. Am 9. Januar 2023 stellte ihm das Betreibungsamt Emmental-Oberaargau, Dienststelle Oberaargau, den Zahlungsbefehl zu. Gleichentags erhob A.________ Rechtsvorschlag.  
 
B.  
Am 22. Januar 2023 (Postaufgabe am 23. Januar 2023) gelangte A.________ an das Obergericht des Kantons Bern als Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen und wandte sich gegen die konkursamtliche "Liquidationsdurchführung der Wertsachen der Erblasserin" vom 4. Oktober 2022, das Schreiben des Konkursamtes vom 1. November 2022 und den Zahlungsbefehl des Betreibungsamtes in der Betreibung Nr. xxx. Mit Entscheid vom 17. Mai 2023 trat das Obergericht auf die Beschwerde nicht ein. 
 
C.  
Mit Eingabe vom 3. Juni 2023 (Postaufgabe) hat A.________ Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Der Beschwerdeführer verlangt die Aufhebung des obergerichtlichen Entscheides vom 17. Mai 2023. 
Es sind die kantonalen Akten, indes keine Vernehmlassungen in der Sache eingeholt worden. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gegen den Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen ist die Beschwerde in Zivilsachen gegeben (Art. 19 SchKG i.V.m. Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. c und Art. 75 Abs. 1 BGG).  
 
1.2. Der Beschwerdeführer ist gemäss Art. 76 Abs. 1 BGG gegen den vorliegenden Nichteintretensentscheid zur Beschwerde berechtigt und die Beschwerdefrist ist eingehalten (Art. 100 Abs. 2 lit. a BGG). Insofern kann auf die Beschwerde gegen den am 26. Mai 2023 zugestellten obergerichtlichen Entscheid eingetreten werden.  
Auf die Eingabe des Beschwerdeführers vom 28. Juni 2023 (Postaufgabe 1. Juli 2023) kann zufolge Beschwerdeverspätung nicht eingetreten werden; entgegen seiner Darstellung wurde ihm mit Verfügung vom 7. Juni 2023 keine Gelegenheit zur Einreichung einer Eingabe gegeben. Zufolge Beschwerdeverspätung kann auf seine Eingabe vom 22. Oktober 2023 (Postaufgabe 23. Oktober 2023) ebenfalls nicht eingetreten werden. 
 
1.3. Die Beschwerde in Zivilsachen ist ein reformatorisches Rechtsmittel (Art. 107 Abs. 2 BGG), womit ein materieller Antrag in der Sache zu stellen ist (BGE 137 II 313 E. 1.3). Das Aufhebungsbegehren des Beschwerdeführers genügt. Es kann angenommen werden, ihm gehe es darum, dass die Vorinstanz auf seine Beschwerde eintrete und materiell beurteile, dass (wie im kantonalen Verfahren verlangt) der Freihandverkaufsverfügung vom 4. Oktober 2022, das Schreiben des Konkursamtes vom 1. November 2022 und der Zahlungsbefehl (Betreibung Nr. xxx) aufzuheben seien.  
 
1.4. Mit der vorliegenden Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 140 III 86 E. 2). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist zu begründen (Art. 106 Abs. 2 BGG), wobei hier das Rügeprinzip gilt (BGE 142 III 364 E. 2.4).  
 
1.5. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der vorinstanzliche Entscheid dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).  
 
2.  
Das Obergericht hat Gründe zum Eintreten auf die Beschwerde sowohl gegen die Freihandverkaufsverfügung vom 4. Oktober 2022 als auch gegen das Schreiben des Konkursamtes vom 1. November 2022 und den Zahlungsbefehl in der Betreibung Nr. xxx verneint. 
 
2.1. Der Beschwerdeführer wirft vorab den beiden Angestellten (Vorsteher E.________ sowie F.________) des Betreibungs- und Konkursamtes Befangenheit vor, weil er in einem arbeitsrechtlichen Konflikt mit dem Amt stehe und der Vorsteher des Amtes persönlich involviert sei. Er sagt indes selber, dass er bereits früher im Verfahren (zu Beginn der Durchführung der konkursamtlichen Liquidation der ausgeschlagenen Erbschaft) eine Befangenheit hätte rügen sollen. Das Obergericht hat weder in tatsächlicher noch rechtlicher Hinsicht Ausführungen zu einer Ausstandspflicht von Beamten oder Angestellten des Betreibungs- und Konkursamtes getroffen. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, inwiefern frist- und formgerecht vorgebrachte, rechtserhebliche Umstände vom Obergericht in rechtsverletzender Weise übergangen worden seien. Im bundesgerichtlichen Verfahren sind die Vorbringen des Beschwerdeführers neu und daher unzulässig.  
 
2.2. Das Obergericht hat festgehalten, dass das Vorgehen des Beschwerdeführers gegen die im Rahmen eines Notverkaufs gemäss Art. 243 Abs. 2 SchKG erfolgte Freihandverkaufsverfügung vom 4. Oktober 2022 von keinem aktuellen und praktischem Interesse mehr sei.  
 
2.2.1. Der Beschwerdeführer rügt das Nichteintreten des Obergerichts und beruft sich auf Art. 132a Abs. 3 SchKG. Die Jahresfrist zur Ausübung des Beschwerderechts sei im konkreten Fall (Freihandverkaufsverfügung mit Datum vom 4. Oktober 2022 und Unterschrift des Erwerbers vom 10. Oktober 2022) noch nicht abgelaufen.  
 
2.2.2. Die Regeln über die Anfechtung der Verwertung mit Beschwerde gegen den Zuschlag oder den Abschluss eines Freihandverkaufs gelten auch im Konkurs (Art. 259 i.V.m. Art. 132a SchKG), und damit auch bei Verwertung im Rahmen des Notverkaufs durch die Konkursverwaltung (Art. 243 Abs. 2 SchKG). Gemäss Art. 132a Abs. 3 SchKG erlischt das Beschwerderecht ein Jahr nach der Verwertung. Das Obergericht hat festgehalten, dass nach vollständiger Durchführung des Freihandverkaufs als Notverkauf und nach abgeschlossenem Konkursverfahren kein aktuelles und praktisches Interesse des Beschwerdeführers an der Anfechtung der Verwertung mehr bestehe (unter Hinweis auf RUSSENBERGER/WOHLGEMUTH, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 3. Aufl. 2021, N. 17 zu Art. 243). Es hat zum Ausdruck gebracht, dass selbst vor Ablauf der Jahresfrist von Art. 132a Abs. 3 SchKG der Zuschlag oder eine Freihandverkaufsverfügung trotz Mangel Bestand haben bzw. eine Beschwerde ausgeschlossen sein kann (ROTH, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 3. Aufl. 2021, N. 39 ff., 46 zu Art. 132a).  
 
2.2.3. Auf die Erwägung des Obergerichts geht der Beschwerdeführer nicht ein. Er beruft sich einzig auf die Gläubiger, die unverändert ein Interesse an einer besseren Verwertung der - nach seiner Auffassung mit Fr. 500.-- zu günstig verkauften - Aktiven hätten. Allerdings führt der Beschwerdeführer selber aus, dass er in der vorliegenden konkursamtlichen Liquidation der ausgeschlagenen Erbschaft gar nicht als Gläubiger registriert sei. Soweit er vorbringt, dass das Konkursamt ihn gleichsam von Amtes wegen als Gläubiger hätte betrachten müssen, fehlt es in tatsächlicher Hinsicht an jeglicher Grundlage im angefochtenen Entscheid, um seine Gläubigereigenschaft anzunehmen. Ein Interesse als ausschlagender Erbe behauptet er nicht. Seine Vorbringen gegen das Nichteintreten des Obergerichts auf die Beschwerde gegen die Freihandverkaufsverfügung genügen den Begründundsanforderungen nicht.  
 
2.3. Weiter hat das Obergericht festgehalten, dass das Informationsschreiben des Konkursamtes vom 1. November 2022 an die Gläubiger nicht mit Beschwerde nach Art. 17 SchKG anfechtbar sei. Das Konkursamt habe mit dem Schreiben lediglich auf eine allfällige Einmischung und Verwirkung des Ausschlagungsrechts des Beschwerdeführers aufmerksam gemacht und korrekterweise auf den Zivilprozessweg verwiesen.  
 
2.3.1. Der Beschwerdeführer führt aus, dass das Schreiben des Konkursamtes vom 1. November 2022 an die bekannten Gläubiger unangebracht sei und auf unrichtigen Informationen beruhe. Dabei schildert er die Umstände des Bargeldbezuges vom 11. Juli 2022 und besteht auf Richtigstellung mit Bezug auf die (Nicht-) Einmischung in Erbschaft.  
 
2.3.2. Die Vorbringen sind unbehelflich. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, inwiefern das Obergericht den Begriff der anfechtbaren Verfügung nach Art. 17 SchKG (BGE 142 III 643 E. 3.1) verkannt habe, wenn es die betreibungsrechtliche Beschwerde gegen das Schreiben des Konkursamtes vom 1. November 2022 als unzulässig erachtet und die (materielle) Frage über die Verwirkung der Ausschlagung nicht beurteilt hat. Dass das Konkursamt in einer konkursamtlichen Liquidation über eine ausgeschlagene Erbschaft die Gläubiger über allfällige Einmischungen und die Zuständigkeit des ordentlichen Gerichts informiert, geht im Übrigen aus Praxis und Lehre hervor (Urteil 7B.169/2004 vom 15. September 2004 E. 2.3; STAEHELIN, Bemerkungen, in: ZZZ 2004 S. 424).  
 
2.4. Schliesslich hat das Obergericht festgehalten, dass die betreibungsrechtliche Beschwerde gegen den Zahlungsbefehl in der Betreibung Nr. xxx verspätet und (mit Hinweis auf BGE 113 III 2 E. 2b) ohnehin nicht geeignet sei, die Begründetheit der Betreibungsforderung in Frage zu stellen. Das Nichteintreten des Obergerichts wird vom Beschwerdeführer nicht in Zweifel gezogen. Insoweit ist das Beschwerdebegehren (Aufhebungsantrag) mangels Begründung unzulässig.  
 
2.5. Die weiteren Ausführungen des Beschwerdeführers betreffen die Spezialliquidation des Mietkautionskontos in Anwendung Art. 230a Abs. 2 SchKG, auf welche - seiner Meinung nach - das Obergericht nicht eingegangen sei, obschon Anlass dazu bestanden hätte. Das Obergericht hat zur Spezialliquidation keine Erwägungen getroffen. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, inwiefern das Obergericht entsprechende Vorbringen zu Unrecht übergangen und den Gegenstand der von ihm am 22. Januar 2023 erhobenen Beschwerde verkannt habe. Es handelt sich um neue Vorbringen des Beschwerdeführers, welche - wie die weiteren Ausführungen - im vorliegenden Verfahren unzulässig sind.  
 
3.  
Auf die Beschwerde gegen den obergerichtlichen (Nichteintretens-) Entscheid kann nicht eingetreten werden, weil sie den Begründungsanforderungen nicht genügt. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Entschädigungspflicht besteht nicht. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Betreibungs- und Konkursamt Emmental-Oberaargau und dem Obergericht des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 22. Februar 2024 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: von Werdt 
 
Der Gerichtsschreiber: Levante