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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_285/2023  
 
 
Urteil vom 26. Juli 2023  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Beusch, Bundesrichterin Scherrer Reber, 
Gerichtsschreiber Seiler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Felix Frey, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich, Ausgleichskasse, 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Alters- und Hinterlassenenversicherung, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich 
vom 1. März 2023 (AB.2022.00027). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ ist als selbständige Taxifahrerin bei der Sozialversicherungsanstalt (SVA) Zürich, Ausgleichskasse, angeschlossen. B.________ war als "Anschlussfahrer" für das Unternehmen von A.________ tätig. Die SVA Zürich war der Auffassung, dass die Tätigkeit von B.________ unselbständiger Natur gewesen sei und A.________ dafür Arbeitgeberbeiträge schulde. Die SVA Zürich stellte A.________ deshalb AHV/IV/EO-Lohnbeiträge, ALV-Beiträge, FAK-Beiträge sowie Verzugszinsen und Verwaltungskosten in Rechnung für die Jahre 2015 (Schlussrechnung vom 30. Oktober 2020 und Nachtragsrechnung vom 17. November 2020), 2016 (Schlussrechnung vom 17. November 2020), 2017 (Schlussrechnung vom 18. November 2020), 2018 (Schlussrechnung vom 18. November 2020) und 2019 (Schlussrechnung vom 30. Oktober 2020). Nach erfolglosen Mahnungen vom 23. Dezember 2020 setzte die SVA Zürich die für die Jahre 2015-2018 in Rechnung gestellten Beträge mit Begehren vom 19. Januar 2021 in Betreibung. Gegen die am 22. Januar 2021 zugestellten Zahlungsbefehle erhob A.________ Rechtsvorschlag. Am 4. Februar 2021 setzte die SVA Zürich den für das Jahr 2019 in Rechnung gestellten Betrag in Betreibung, wobei A.________ wiederum Rechtsvorschlag erhob. Gleichentags mahnte die SVA Zürich A.________ betreffend die Beiträge für das Jahr 2020. 
 
B.  
 
B.a. Mit Verfügung vom 26. Mai 2021 veranlagte die SVA Zürich für das Jahr 2017 AHV/IV/EO-Beiträge, ALV-Beiträge und FAK-Beiträge zuzüglich Verzugszins, Zahlungsbefehlkosten und Veranlagungskosten zu Fr. 3'545.05. Zugleich beseitigte sie den in der Betreibung erhobenen Rechtsvorschlag. Nachdem die Post diese Verfügung wegen unbekannter oder ungenauer Adresse retourniert hatte, schickte die SVA Zürich die Verfügung an die Adresse von A.________. Hiergegen gerichtete Schreiben von A.________ vom 13. Juni 2021 und vom 9. August 2021 nahm die SVA Zürich als Einsprache entgegen. Mit Einspracheentscheid vom 27. August 2021 wies die SVA Zürich die Einsprache ab. Diesen Entscheid versendete die SVA Zürich mittels Einschreiben. Zugleich schickte die SVA Zürich A.________ auf den Vortag (26. August 2021) datierte Beitragsverfügungen für die Jahre 2015 (Fr. 8'521.45), 2016 (Fr. 7'141.-), 2018 (Fr. 2'115.60) und 2019 (Fr. 4'515.65), mit denen sie wiederum den Rechtsvorschlag von A.________ aufhob. A.________ verweigerte am Postschalter die Annahme des Einspracheentscheids vom 27. August 2021 und der Verfügungen vom 26. August 2021 betreffend die Jahre 2015, 2016, 2018 und 2019. Mit Schreiben vom 7. Oktober 2021 stellte die SVA Zürich den Einspracheentscheid vom 27. August 2021 und die Verfügungen vom 26. August 2021 mit gewöhnlicher Post (erneut) zu. Mit Schreiben vom 12. Oktober 2021 erhob A.________ Einsprache.  
 
B.b. In Bezug auf den Einspracheentscheid vom 27. August 2021 übermittelte die SVA Zürich dieses Schreiben am 4. November 2021 an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich. Mit Urteil vom 6. Dezember 2021 trat das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich auf das Rechtsmittel nicht ein. A.________ habe mit der Zustellung des Einspracheentscheids betreffend das Jahr 2017 rechnen müssen. Demgemäss habe die Rechtsmittelfrist mit Ablauf der siebentägigen Abholfrist am 6. September 2021 zu laufen begonnen. Die Eingabe vom 12. Oktober 2021 sei folglich verspätet gewesen (vgl. Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 6. Dezember 2021 E. 3.2). Dieses Urteil focht A.________ nicht an.  
 
B.c. Mit Einspracheentscheid vom 3. Februar 2022 wies die SVA Zürich die Einsprache betreffend die Jahre 2015, 2016, 2018 und 2019 ab. Nachdem die SVA Zürich am 8. März 2022 ihren Entscheid dem neu bestellten Rechtsvertreter von A.________ geschickt hatte, erhob dieser namens A.________ mit Schreiben vom 25. März 2022 Beschwerde an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich. Mit Verfügung vom 1. März 2023 trat das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich auf die Beschwerde nicht ein. Zur Begründung führte es aus, der Einspracheentscheid vom 3. Februar 2022 sei nichtig, weil die Einsprachefrist spätestens am 6. Oktober 2021 abgelaufen sei und die SVA Zürich folglich auf die Einsprache vom 12. Oktober 2012 gar nicht habe eintreten dürfen (vgl. angefochtene Verfügung S. 3).  
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 26. April 2023 beantragt A.________ die Feststellung, dass es sich beim Einspracheentscheid der SVA Zürich vom 3. Februar 2022 um ein gültiges Anfechtungsobjekt handle, gegen das sie gültig Beschwerde erheben habe können bzw. am 25. März 2022 gültig Beschwerde habe erhoben. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts vom 1. März 2023 sei aufzuheben, die Sache sei zurückzuweisen und auf die Beschwerde sei einzutreten. Eventualiter ersucht A.________ um Rückweisung und Wiederherstellung der Einsprachefrist. 
Die SVA Zürich schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Sozialversicherungsgericht hat sich nicht vernehmen lassen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Mit der Feststellung der Nichtigkeit hat die Vorinstanz das Verfahren beendet, sodass die angefochtene Verfügung einen Endentscheid und damit ein taugliches Anfechtungsobjekt gemäss Art. 90 BGG darstellt.  
 
1.2. Die Beschwerdeführerin stellt in erster Linie einen Feststellungsantrag. Feststellungsanträge sind subsidiär zu Leistungs- und Gestaltungsbegehren und nur zulässig, wenn daran ein besonderes, schutzwürdiges Interesse besteht (BGE 141 II 113 E. 1.7; 136 III 102 E. 3.1; 135 I 119 E. 4; Urteil 9C_647/2022 vom 23. Juni 2023 E. 1.2). Hauptsächlich geht es der Beschwerdeführerin offenkundig darum, dass die Vorinstanz angehalten wird, auf die Beschwerde einzutreten und in der Sache zu entscheiden. Diesem Ansinnen kann mit einem kassatorischen Urteil entsprochen werden, wie es die Beschwerdeführerin in zweiter Linie begehrt hat, zumal im Falle eines Rückweisungsentscheids die Vorinstanz an die Erwägungen des Bundesgerichts gebunden ist (vgl. BGE 135 III 334 E. 2 und 2.1; Urteil 2C_131/2021 vom 15. Februar 2023 E. 4.2, in: StR 78/2023 S. 384). Welchen zusätzlichen Nutzen sie aus der Feststellung ziehen könnte, der Einspracheentscheid der SVA Zürich sei ein taugliches Anfechtungsobjekt, ist nicht ersichtlich. Der Feststellungsantrag ist demnach unzulässig. Im Übrigen ist auf die Beschwerde einzutreten.  
 
1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Eine Berichtigung oder Ergänzung der vorinstanzlichen Feststellungen ist von Amtes wegen (Art. 105 Abs. 2 BGG) oder auf Rüge hin (Art. 97 Abs. 1 BGG) möglich. Von den tatsächlichen Grundlagen des vorinstanzlichen Urteils weicht das Bundesgericht jedoch nur ab, wenn diese offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang zudem entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 135 E. 1.6). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet "willkürlich" (BGE 140 III 115 E. 2). Eine entsprechende Rüge ist hinreichend zu substanziieren (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 147 I 73 E. 2.2).  
 
1.4. Die Vorinstanz hat den Sachverhalt nur äusserst rudimentär und sehr lückenhaft zusammengefasst. Soweit zur Beurteilung der Beschwerde erforderlich, hat das Bundesgericht den Sachverhalt anhand der Akten vervollständigt (Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
1.5. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Die Verletzung von Grundrechten und kantonalem Recht überprüft das Bundesgericht allerdings nur, wenn eine konkrete Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht gem. Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 147 I 73 E. 2.1; 143 II 283 E. 1.2.2; 139 I 229 E. 2.2; 138 I 274 E. 1.6).  
 
2.  
Die Beschwerdeführerin macht zusammengefasst geltend, sie habe nur mit der Zustellung des Einspracheentscheids betreffend das Jahr 2017, nicht aber mit der Zustellung der Verfügungen betreffend die Jahre 2015, 2016, 2018 und 2019 rechnen müssen. Die Zustellfiktion gemäss Art. 38 Abs. 2bis des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) greife demnach nicht. 
 
2.1. Die Vorinstanz hat angenommen, der Einspracheentscheid der SVA Zürich vom 3. Februar 2022 sei nichtig, weil die Einsprache verspätet gewesen sei. Fehlerhafte Entscheide sind indessen nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung in der Regel nur anfechtbar. Als nichtig erweisen sie sich erst dann, wenn der ihnen anhaftende Mangel besonders schwer wiegt, wenn er sich als offensichtlich oder zumindest leicht erkennbar ist und die Rechtssicherheit durch die Annahme der Nichtigkeit nicht ernsthaft gefährdet wird. Inhaltliche Mängel einer Entscheidung führen nur ausnahmsweise zur Nichtigkeit. Als Nichtigkeitsgründe kommen vorab funktionelle und sachliche Unzuständigkeit der entscheidenden Behörde sowie krasse Verfahrensfehler in Betracht (BGE 148 II 564 E. 7.2; 147 III 226 E. 3.1.2; 147 IV 93 E. 1.4.4; 145 III 436 E. 4).  
 
2.2. Wenn eine Rechtsmittelinstanz einen Entscheid in der Sache fällt, obschon das Rechtsmittel erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist erhoben wurde, ist dieser Entscheid zwar fehlerhaft. Jedenfalls im Regelfall wiegt dieser Mangel aber offensichtlich nicht so schwer, dass er die Nichtigkeit des Entscheids bedeuten würde. Selbst wenn also mit der Vorinstanz anzunehmen wäre, dass die Einsprache der Beschwerdeführerin betreffend die Beitragsjahre 2015, 2016, 2018 und 2019 verspätet gewesen sei, hätte dies offensichtlich noch nicht die Nichtigkeit des Einspracheentscheids zur Folge.  
 
2.3. In diesem Punkt ist die Beschwerde also offensichtlich begründet: Entgegen der angefochtenen Verfügung war der Einspracheentscheid der SVA Zürich jedenfalls nicht nichtig. Weil eine etwaige Verspätung der Einsprache aber doch zumindest die Anfechtbarkeit des Einspracheentscheids zur Folge hätte, bleibt zu prüfen, ob die Einsprache tatsächlich verspätet war.  
 
2.3.1. Gemäss Art. 38 Abs. 2bis ATSG gelten Mitteilungen, die nur gegen Unterschrift des Adressaten bzw. der Adressatin oder einer anderen berechtigten Person überbracht werden, spätestens am siebenten Tag nach dem ersten erfolglosen Zustellungsversuch als erfolgt. Nach der Rechtsprechung kommt diese sogenannte Zustellfiktion nur zur Anwendung, wenn der Adressat mit der fraglichen Zustellung rechnen musste (BGE 134 V 49 E. 4; 130 II 396 E. 1.2.3; 127 I 31 E. 2a/aa). Nach der ständigen Rechtsprechung entsteht ein Prozessrechtsverhältnis, das die Parteien verpflichtet, sich nach Treu und Glauben zu verhalten, d.h. unter anderem dafür zu sorgen, dass ihnen behördliche Akte zugestellt werden können, die das Verfahren betreffen, erst mit der Rechtshängigkeit. Diese prozessuale Pflicht entsteht folglich mit der Begründung eines Verfahrensverhältnisses und gilt insoweit, als während des hängigen Verfahrens mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mit der Zustellung eines behördlichen Aktes gerechnet werden muss (BGE 138 III 225 E. 3.1; 130 III 396 E. 1.2.3; vgl. auch BGE 142 III 599 E. 2.5; 141 II 429 E. 3.1).  
 
2.3.2. Der Rechtsöffnungsprozess, der auf ein durch Rechtsvorschlag eingestelltes Betreibungsverfahren folgt, stellt praxisgemäss ein neues Verfahren dar. Der Schuldner muss allein aufgrund der Zustellung eines Zahlungsbefehls und des von ihm dagegen erhobenen Rechtsvorschlags noch nicht mit einem Rechtsöffnungsverfahren bzw. mit der Zustellung damit zusammenhängender Verfügungen rechnen (BGE 138 III 225 E. 3.1). Diese Rechtsprechung hat das Bundesgericht insbesondere für Krankenkassen entwickelt (vgl. etwa BGE 142 III 599 E. 2.5; 130 III 396 E. 1.2.3), sie aber für allgemeingültig erklärt (BGE 138 III 225 E. 3.1). Allerdings hat das Bundesgericht auch entschieden, dass ein Prozessrechtsverhältnis bereits dadurch begründet werden kann, dass die Krankenkasse dem Adressaten die Zustellung der Verfügung ankündigt, sofern diese Ankündigung ihrerseits dem Adressaten effektiv zugestellt wird. In diesem Fall wird bereits mit der Ankündigung ein Prozessrechtsverhältnis begründet und greift für die anschliessend per Einschreiben versandte Verfügung die Zustellfiktion (Urteil 5A_646/2015 vom 4. Juli 2016 E. 2.2.3).  
 
2.3.3. Die vorliegende Situation ist vergleichbar mit derjenigen einer Krankenkasse, die einen Rechtsvorschlag mittels Verfügung beseitigt. Wohl bestand aus Sicht der Beschwerdeführerin eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass die SVA Zürich nach der Verfügung betreffend das Beitragsjahr 2017 dereinst auch für die übrigen Beitragsjahre die erhobenen Rechtsvorschläge mittels Verfügung beseitigen würde. In diesem Sinne ist nicht auszuschliessen, dass die Beschwerdeführerin allenfalls erahnte, welchen Inhalt die weiteren Einschreiben (neben dem Einspracheentscheid betreffend das Beitragsjahr 2017) haben könnten, deren Annahme sie am Postschalter verweigerte. Im Unterschied zu einem Adressat, dem die Zustellung einer Verfügung vorgängig angekündigt worden ist, lässt sich aber nicht sagen, dass die Beschwerdeführerin - abgesehen vom Einspracheentscheid betreffend das Beitragsjahr 2017 - mit den Zustellungen rechnen musste. Es fehlte mithin in Bezug auf die Beitragsjahre 2015, 2016, 2018 und 2019 an einem Prozessrechtsverhältnis, das die Beschwerdeführerin nach Treu und Glauben zur Annahme der Einschreiben verpflichtet und die Anwendung der Zustellfiktion gemäss Art. 38 Abs. 2bis ATSG gerechtfertigt hätte. Folglich ist davon auszugehen, dass erst der Versand mit gewöhnlicher Post vom 7. Oktober 2021 zu einer wirksamen Zustellung der Verfügungen betreffend die Beitragsjahre 2015, 2016, 2018 und 2019 führte.  
 
2.4. Lief die Rechtsmittelfrist erst aufgrund dieses zweiten Zustellversuchs, erfolgte die von der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 12. Oktober 2021 erhobene Einsprache rechtzeitig und ist die SVA Zürich zu Recht auf diese Einsprache eingetreten. Die angefochtene Verfügung erweist sich damit als bundesrechtswidrig. Die Vorinstanz hätte auf die Beschwerde eintreten und sie materiell prüfen müssen.  
 
3.  
Wie die SVA Zürich bereits in ihrer Vernehmlassung vor der Vorinstanz zugestanden hatte, wurde der Beschwerdeführerin die Beitragsverfügung für das Beitragsjahr 2015 erst nach dem Ende 2020 zugestellt. Die Steuerveranlagung von B.________, auf welche die SVA Zürich für die Bemessung der Beiträge abgestellt hatte, erwuchs im Jahr 2018 in Rechtskraft. Jedenfalls solange zwischenzeitlich kein Nachsteuerverfahren eröffnet worden ist, sind für das Beitragsjahr 2015 deshalb infolge Verwirkung keine zusätzlichen Beiträge geschuldet (Art. 16 Abs. 1 AHVG; Art. 24 Abs. 1 ATSG; BGE 148 V 277 E. 4.1). Die Vorinstanz wird dies in ihrer Beurteilung zu berücksichtigen haben. 
 
4.  
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde begründet, soweit darauf einzutreten ist. Die angefochtene Verfügung ist aufzuheben und die Sache ist zu neuer, materieller Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Gerichtskosten sind der unterliegenden SVA Zürich aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Diese hat der Beschwerdeführerin eine angemessene Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 BGG). Damit wird das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos. 
Die Auffassung der Vorinstanz, der Einspracheentscheid sei nichtig, war offensichtlich unrichtig. Man könnte sich deshalb die Frage stellen, ob sie mit ihrem Nichteintreten auf das Rechtsmittel der Beschwerdeführerin die Pflicht zur Justizgewährleistung dergestalt verletzt hat, dass sich nach Art. 66 Abs. 3 BGG eine Kostenauflage rechtfertigen würde (vgl. dazu BGE 142 V 551 E. 9.1). Da aber zumindest eine Abweisung des Rechtsmittels nicht qualifiziert unrichtig gewesen wäre und diese die Beschwerdeführerin aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls zur Beschwerdeführung beim Bundesgericht motiviert hätte, mithin aufgrund des qualifiziert falschen Entscheids der Vorinstanz keine zusätzlichen Kosten entstanden sind, kann auf eine Kostenauflage verzichtet werden. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf eingetreten wird. Die Verfügung des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 1. März 2023 wird aufgehoben. Das Verfahren wird zu neuer Beurteilung an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich zurückgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdegegnerin hat den Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen. 
 
4.  
Das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege wird infolge Gegenstandslosigkeit abgeschrieben. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 26. Juli 2023 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Der Gerichtsschreiber: Seiler