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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_152/2024  
 
 
Urteil vom 27. März 2024  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Beusch, Bundesrichterin Scherrer Reber, 
Gerichtsschreiberin Rupf. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.A.________ und B.A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Kantonales Steueramt Zürich, Dienstabteilung Spezialdienste, 
Bändliweg 21, 8090 Zürich, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Zürich und direkte Bundessteuer, Steuerperiode 2015; Revision, unentgeltliche Rechtspflege, 
 
Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 20. Februar 2024 (SB.2024.00006, SB.2024.00007). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Pflichtigen (A.A.________ und B.A.________) haben ihren Wohnsitz in U.________/ZH. Für die Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Zürich und die direkte Bundessteuer der Veranlagungsperiode 2015 wurden sie offenbar rechtskräftig durch das Steueramt des Kantons Zürichs veranlagt.  
 
1.2. Das Steuerrekursgericht des Kantons Zürich trat mit Verfügung vom 6. Dezember 2023 auf ein Revisionsgesuch (betreffend direkte Bundessteuer 2015 sowie Staats- und Gemeindesteuern 2015) der Pflichtigen vom 30. Mai 2023 nicht ein. Grund hierfür war die Nichtleistung der mit Verfügung vom 10. November 2023 geforderten Kostenvorschüsse innert erwähnter Frist.  
 
1.3. Das von den Pflichtigen hernach angerufene Verwaltungsgericht hielt fest, der/die von ihnen geführte Rekurs/Beschwerde erweise sich prima facie als aussichtslos, weshalb die Gesuche um unentgeltliche Prozessführung und Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands abzuweisen seien (vgl. einzelrichterliche Verfügung des Abteilungspräsidenten vom 20. Februar 2024, vgl. SB.2024.00006 und SB.2024.00007) :  
Hierzu verwies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich in Bezug auf die angeblich ausgebliebene Zustellung der Verfügung des Steuerrekursgerichts vom 10. November 2023 zu den Vorschüssen auf den dazugehörigen "Track & Trace" Auszug der Post und die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur Zustellfiktion. Hiernach sei die Verfügung vom 10. November 2023 den Pflichtigen am 13. November 2023 zur Abholung bis am 20. November 2023 gemeldet worden. Auch hätten die Pflichtigen prima facie nichts vorgebracht, was die Vermutung einer ordnungsgemässen Zustellung der Verfügung umzustossen vermöge oder zumindest Anlass für diesbezügliche Abklärungen hätte geben können. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung würde die Verfügung daher unter Anwendung der Zustellfiktion als zugestellt gelten: Es würden keine Hinweise darauf bestehen, dass die Zustellung der Post fehlerhaft erfolgt sein könnte und deshalb sei prima facie davon auszugehen, dass die Sendung den Pflichtigen zugestellt worden sei und die Pflichtigen folglich die Frist zur Leistung der Kostenvorschüsse verpasst hätten. 
 
1.4. Hiergegen gelangen die Pflichtigen mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 4. März 2024 an das Bundesgericht. Sie (nachfolgend: die Beschwerdeführer) beantragen zusammengefasst, die Verfügung des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 20. Februar 2024 sei aufzuheben und dem Antrag auf Revision stattzugeben.  
 
2.  
 
2.1. Die angefochtene Verfügung, mit welcher den Beschwerdeführern für das verwaltungsgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege verweigert wurde, ist als Zwischenentscheid zu qualifizieren. Die Anfechtung von Zwischenentscheiden ist unter anderem dann möglich, wenn der Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG). Für Zwischenentscheide, mit denen die unentgeltliche Rechtspflege verweigert wird, bejaht das Bundesgericht diese Voraussetzung in aller Regel (BGE 129 I 129 E. 1.1; Urteil 9C_490/2023 vom 29. November 2023 E. 2.1). Davon ist auch im vorliegenden Fall auszugehen.  
 
2.2. Nach dem Grundsatz der Einheit des Verfahrens sind Zwischenentscheide mit dem in der Hauptsache zulässigen Rechtsmittel anzufechten (BGE 137 III 380 E. 1.1; 133 III 645 E. 2.2). In der vorliegenden Angelegenheit wird gegen den Endentscheid des Verwaltungsgerichts Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht geführt werden können (Art. 82 lit. a BGG, Art. 83 BGG e contrario, Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG, Art. 90 BGG). Entsprechend steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten auch für die Anfechtung des hier interessierenden Zwischenentscheids zur Verfügung. Die weiteren Eintretensvoraussetzungen (Art. 42 und Art. 100 Abs. 1 BGG) geben zu keinen weiteren Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist einzutreten.  
 
2.3. Streitgegenstand vor Bundesgericht ist ausschliesslich die Frage, ob die Vorinstanz das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege zu Recht abgewiesen hat, mit anderen Worten, ob es die an sie gerichtete Beschwerde aufgrund einer vorläufigen und summarischen Prüfung der Prozessaussichten ("prima facie-Prüfung") als offensichtlich aussichtslos betrachten durfte.  
 
2.4. Die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht richtet sich nach § 16 Abs. 1 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes des Kantons Zürich vom 24. Mai 1959 (VRG/ZH; LS 175.2). Danach ist Privaten, denen die nötigen Mittel fehlen und deren Begehren nicht offensichtlich aussichtslos erscheinen, auf entsprechendes Ersuchen die Bezahlung von Verfahrenskosten und Kostenvorschüssen zu erlassen. Dieselben Ansprüche ergeben sich aus Art. 29 Abs. 3 BV (Urteil 2C_477/2021 vom 24. Juni 2021 E. 3.1). Die Tatbestandselemente "Prozessarmut" (BGE 144 III 531 E. 4.1) und "Prozessaussichten" (BGE 142 III 138 E. 5.1) sind dabei kumulativ zu verstehen (BGE 144 IV 299 E. 2.1).  
 
2.5. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind als aussichtslos Begehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können. Dagegen gilt ein Begehren nicht als aussichtslos, wenn sich Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder jene nur wenig geringer sind als diese. Massgebend ist, ob eine Partei, die über die nötigen Mittel verfügt, sich bei vernünftiger Überlegung zu einem Prozess entschliessen würde. Eine Partei soll einen Prozess, den sie auf eigene Rechnung und Gefahr nicht führen würde, nicht deshalb anstrengen können, weil er sie - zumindest vorläufig - nichts kostet. Ob im Einzelfall genügende Erfolgsaussichten bestehen, beurteilt sich aufgrund einer vorläufigen und summarischen Prüfung der Prozessaussichten (prima facie), wobei die Verhältnisse im Zeitpunkt der Einreichung des Gesuchs massgebend sind (zum Ganzen: BGE 142 III 138 E. 5.1; 140 V 521 E. 9.1). Mit einer knappen Beurteilung der Aktenlage soll es sein Bewenden haben (vgl. BGE 142 V 551 E. 8.2).  
 
3.  
Die Beschwerdeführer machen in ihrer Beschwerde geltend, die angebliche Verfügung des Steuerrekursgerichts vom 10. November 2023 sei ihnen nicht zugestellt worden. Entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts hätten die Beschwerdeführer weder eine Abholungseinladung noch ein E-Mail der Post erhalten. Es müsse sich um einen Fehler bei der Post handeln. Es könne nicht sein, dass das Schreiben als zugestellt gelte. Für die Nichtzustellung könnten sie auch keine Beweismittel vorlegen. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege sei daher zu gewähren. Das Verfahren sei nicht aussichtslos. 
 
3.1. Mit den durch die Beschwerdeführer aufgeworfenen Rechtsfragen zur Zustellung sah sich das Bundesgericht bereits in mehreren Entscheiden konfrontiert:  
Von Rechts wegen als zugestellt gilt eine Sendung, wenn sie in den Machtbereich des Empfängers gelangt; tatsächliche Kenntnisnahme ist nicht erforderlich (BGE 142 III 599 E. 2.4.1; Urteil 9C_616/2022 vom 18. Januar 2023 E. 3.2.1; vgl. ZWEIFEL/HUNZIKER, in: Zweifel/Beusch [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, 4. Aufl. 2022, N. 20 zu Art. 116 mit Rechtsprechungsnachweis). Als zugestellt gilt eine Sendung insbesondere auch dann, wenn sie einem vom Adressaten zur Entgegennahme der Postsendung ermächtigten Dritten zugegangen ist. Ebenso gilt eine eingeschriebene Sendung, sofern der Adressat wegen eines bestehenden Prozessrechtsverhältnisses mit Zustellungen rechnen musste und eine Abholeinladung in den Briefkasten gelegt wurde, nach Ablauf der siebentägigen Abholfrist als zugestellt (sog. "Zustellfiktion", "fiction de la notification de la citation", "finzione di consegna"; BGE 145 IV 252 E. 1.3.1; 143 III 15 E. 4.1; Urteile 9C_627/2022 vom 1. November 2023 E. 4.3; 9C_616/2022 vom 18. Januar 2023 E. 3.1; vgl. zum Ganzen wiederum ZWEIFEL/HUNZIKER, a.a.O., N. 21a zu Art. 116 m.H.). 
 
3.2. Auf diese Zustellfiktion stützt sich die angefochtene Verfügung. Auf die diesbezüglichen ausführlichen Ausführungen wird hier verwiesen (vgl. Seite 5 der angefochtenen Verfügung). Zusammenzufassen ist: Aufgrund des bestehenden Prozessrechtsverhältnisses mussten die Beschwerdeführer mit einer Zustellung rechnen. Gemäss vorinstanzlichen Feststellungen, an die das Bundesgericht gebunden ist (Art. 105 Abs. 1 BGG) wurde die Sendung zur Abholung gemeldet (vgl. E. 1.3 sowie angefochtene Verfügung), und mit der Sendungsverfolgung "Track & Trace" der Post besteht gemäss Rechtsprechung ein genügendes Indiz, dass die Sendung tatsächlich in den Empfangsbereich der Empfänger gelangt ist (vgl. E. 3.1 hiervor und insb. Urteil 9C_627/2022 vom 1. November 2023 E. 4.4.1 ff.). Die Rechtsfolge der Zustellfiktion vermögen die Beschwerdeführer nicht im Ansatz zu entkräften. Sie bringen weder Hinweise vor, wieso die Zustellung der Post fehlerhaft erfolgt sein sollte, noch machen sie anderweitige Ausführungen zum Nichteintretensentscheid. Damit durfte die Vorinstanz in einer prima facie Prüfung auf Aussichtslosigkeit der Beschwerde schliessen und das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abweisen, weshalb auch die Beschwerde der Pflichtigen abzuweisen ist.  
 
4.  
Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet, weshalb sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG abzuweisen ist. Die Gerichtskosten sind den Beschwerdeführern zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es ist keine Parteientschädigung geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.- werden den Beschwerdeführern zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 27. März 2024 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Die Gerichtsschreiberin: Rupf