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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
Verwaltungskommission 
CH - 1000 Lausanne 14 
Tel. +41 (0) 21 318 91 11 
 
Korrespondenznummer 12T_1/2024  
 
Das Schweizerische Bundesgericht vertreten durch die Verwaltungskommission 
 
in Sachen administrative Aufsicht über 
das Bundesverwaltungsgericht, Verwaltungskommission, Kreuzackerstrasse 12, 9000 St. Gallen 
betreffend 
Rechtsverzögerung 
(Aufsichtsanzeige von Familie A.________ vom 30. Januar 2024) 
 
 
erwägt: 
 
1.  
 
1.1. A.A.________, dessen Ehefrau B.A.________, deren Kinder C.A.________, D.A.________ und E.A.________ aus Aserbaidschan, reichten am 6. Oktober 2017 in der Schweiz ein Asylgesuch ein. Am 29. Oktober 2021 lehnte das Staatssekretariat für Migration (SEM) das Asylgesuch ab. Aufgrund einer konkreten Gefahr für A.A.________ ordnete das SEM aber die vorläufige Aufnahme an. Gegen diese Verfügung erhob die Familie A.________ am 29. November 2021 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht.  
 
 
1.2. Am 30. Januar 2024 reichte die Familie A.________ eine Aufsichtsanzeige bei der Verwaltungskommission des Bundesgerichts ein (in der Beschwerdesache E-5221/2021 des Bundesverwaltungsgerichts, Asylverfahren). Sie rügt eine zu lange Verfahrensdauer, eine Verletzung des Rechts auf Privatleben sowie eine Verletzung des Rechts auf gleiche und gerechte Behandlung und auf Beurteilung einer Beschwerde innert angemessener Frist und beantragt, das Bundesverwaltungsgericht sei zu verpflichten, innerhalb eines Monats nach dem Entscheid des Bundesgerichts ein Urteil über die Beschwerde zu fällen.  
 
2.  
 
2.1. Beim vorliegenden Verfahren handelt es sich um eine Aufsichtsanzeige im Sinne von Art. 1 Abs. 2 des Bundesgerichtsgesetzes (BGG; SR 173.110) und Art. 3 lit. f des Aufsichtsreglements des Bundesgerichts (AufRBGer; SR 173.110.132) i.V.m. Art. 71 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVG; SR 172.021). Das Einreichen von Aufsichtseingaben begründet keine Parteirechte (Art. 9 Abs. 2 AufRBGer; Art. 71 Abs. 2 VwVG). Die von den Anzeigenden in eigener Sache vorgebrachten Anliegen sind demnach unzulässig.  
 
 
2.2. Die Aufsicht des Bundesgerichts über das Bundesverwaltungsgericht ist administrativer Art (vgl. Art. 1 Abs. 2 BGG; Art. 3 Abs. 1 VGG; Art. 1 Abs. 1 AufRBGer); die Rechtsprechung ist gemäss Art. 2 Abs. 2 AufRBGer von der Aufsicht ausgenommen. Das Bundesgericht als administrative Aufsichtsbehörde greift im Falle einer Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung nur ein, wenn ein strukturelles Problem organisatorischer oder administrativer Natur festgestellt wird (BGE 144 II 486). Die Aufsichtsbeschwerde ist kein Ersatzrechtsmittel für die gesetzlich nicht vorgesehene Beschwerde gegen Urteile des Bundesverwaltungsgerichts in Asylsachen.  
 
3.  
 
3.1. Ob strukturelle Mängel organisatorischer oder administrativer Natur vorliegen, respektive der Geschäftsgang generell den Anforderungen entspricht, ist zwar anhand der beanstandeten konkreten Fälle zu beleuchten; diese müssen aber klare Anhaltspunkte enthalten, dass es sich nicht um einen Einzelfall, sondern um ein allgemeines Problem handelt (vgl. Entscheide 12T_2/2022 vom 23. Dezember 2022 E. 3.1; 12T_1/2022 vom 26. September 2022 E. 2.1).  
 
 
3.2. Im Asyl- und Ausländerwesen ist über eine grosse Anzahl von Fällen zu entscheiden. Die Beschwerdebehörde hat zwangsläufig gewisse Prioritäten zu setzen. Das Bundesverwaltungsgericht weist jüngst in einer Stellungnahme (12T_4/2023 vom 21. November 2023) darauf hin, dass es in einer Behandlungsstrategie bestimme, welche Beschwerdeverfahren prioritär behandelt würden. Die Abteilungen IV und V würden zu Beginn des Jahres ihre Jahresziele festlegen und berücksichtigten dabei einerseits die gesetzlichen Rechtsmittel- und Behandlungsfristen nach Art. 108 und 109 AsylG und andererseits die Behandlungsstrategie des SEM (Art. 109a AsylG). Der Abbau der Altfälle sei auch ein Ziel des Bundesverwaltungsgerichts und werde regelmässig kontrolliert.  
 
 
3.3. Das vorliegende Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hat seit Einreichung der Beschwerde am 29. November 2021 mehr als 2 Jahre gedauert. Die erste Anfrage der Anzeigenden beantwortete das Bundesverwaltungsgericht am 21. Juni 2023 und teilte ihnen mit, es sei mit vielen Verfahren belastet und könne keinen Urteilszeitpunkt nennen. Auf die zweite Anfrage der Anzeigenden hin wiederholte das Bundesverwaltungsgericht am 6. September 2023, dass keine verbindlichen Angaben über den Urteilszeitpunkt gemacht werden könnten und ergänzte, dem Fall der Anzeigenden sei eine geringere Priorität eingeräumt worden. Bislang ist im Verfahren der Anzeigenden kein Urteil ergangen.  
 
 
3.4. Anhaltspunkte, dass die Dauer des Verfahrens nicht auf die Prioritätenordnung der Beschwerdebehörde, sondern auf strukturelle Mängel organisatorischer oder administrativer Natur zurückzuführen ist, liegen nicht vor. Der Anzeige ist daher keine Folge zu leisten.  
 
 
4. Das Aufsichtsverfahren ist - besondere Umstände vorbehalten, die hier nicht vorliegen - kostenlos (Art. 10 der Verordnung über Kosten und Entschädigungen im Verwaltungsverfahren; SR 172.041.0).  
 
 
Demnach stellt das Schweizerische Bundesgericht fest: 
 
 
1. Der Anzeige wird keine Folge geleistet.  
 
2. Es werden keine Kosten erhoben.  
 
3. Diese Feststellung wird der Verwaltungskommission des Bundesverwaltungsgerichts schriftlich mitgeteilt. Den Anzeigenden wird eine Orientierungskopie zugestellt.  
 
 
Lausanne, 15. April 2024 
 
Im Namen der Verwaltungskommission des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Donzallaz 
 
Der Generalsekretär: Lüscher