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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_190/2023  
 
 
Urteil vom 15. November 2023  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Beusch, Bundesrichterin Scherrer Reber, 
Gerichtsschreiberin Rupf. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, vertreten durch T+R AG, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Steuerverwaltung des Kantons Bern, Brünnenstrasse 66, 3018 Bern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Bern und direkte Bundessteuer, Steuerperiode 2016, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, vom 27. Januar 2023 (100.2021.212/213U). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Steuerverwaltung des Kantons Bern veranlagte A.________ am 5. Juni 2018 für das Steuerjahr 2016 abweichend von der Selbstdeklaration auf ein steuerbares Einkommen (nach Steuerausscheidung) von Fr. 55'239.- bei den Kantons- und Gemeindesteuern und auf Fr. 68'090.- bei der direkten Bundessteuer. Das steuerbare Vermögen setzte sie (nach Steuerausscheidung) auf Fr. 3'008'532.- fest. Die Abweichung beruht im Wesentlichen darauf, dass die Steuerverwaltung A.________ für deren Tochter B.________ (geb. xxx 1997) bei den Kantons- und Gemeindesteuern sowie der direkten Bundessteuer einerseits den geltend gemachten Kinderabzug verweigerte, und ihr andererseits damit verbundene kantonalrechtliche Abzüge sowie die Besteuerung zum Einelterntarif bei der direkten Bundessteuer verwehrte. Die gegen diese Veranlagungsverfügungen gerichtete Einsprachen wies sie mit Entscheiden vom 4. Februar 2020 ab. 
 
B.  
Den hiergegen gerichteten Rekurs und Beschwerde hiess die Steuerrekurskommission des Kantons Bern mit Entscheiden vom 15. Juni 2021 gut und gewährte den Kinderabzug sowie damit verbundene Abzüge. Die Akten wies sie zur Neuveranlagung im Sinn der Erwägungen und zur Beurteilung der Höhe der abzugsfähigen Ausbildungskosten an die Steuerverwaltung zurück. Hiergegen erhob die Steuerverwaltung mit Eingabe vom 13. Juli 2021 bezüglich der Kantons- und Gemeindesteuern als auch der direkten Bundessteuer 2016 Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Mit Urteil vom 27. Januar 2023 hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Bern die Rechtsmittel gut, hob den Entscheid der Steuerrekurskommission des Kantons Bern vom 15. Juni 2021 auf und bestätigte den Einspracheentscheid der Steuerverwaltung des Kantons Bern vom 4. Februar 2020. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 1. März 2023 beantragt A.________ (nachfolgend: die Beschwerdeführerin) die Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 27. Januar 2023 betreffend die Kantons- und Gemeindesteuern und betreffend die direkte Bundessteuer, jeweils für die Steuerperiode 2016. Sie verlangt die Rückweisung zur Neubeurteilung betreffend die Kantons- und Gemeindesteuern 2016 resp. der Festsetzung des steuerbaren Einkommens betreffend die direkte Bundessteuer 2016 auf Fr. 132'282.-. 
Die Steuerverwaltung und das Verwaltungsgericht des Kantons Bern beantragen, die Beschwerde abzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
I. Prozessuales  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten richtet sich gegen ein letztinstanzliches kantonales Urteil. Eine Ausnahme im Sinne von Art. 83 BGG liegt nicht vor, weshalb die Beschwerde zulässig ist (Art. 82 Abs. 1 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG). Auf die form- und fristgerechte Beschwerde der legitimierten Beschwerdeführerin ist gemäss Art. 89 Abs. 1 und Abs. 2 lit. d BGG (i.V.m. Art. 146 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer [DBG; SR 642.11]) einzutreten.  
 
1.2. Die Vorinstanz hat betreffend die Kantons- und Gemeindesteuern des Kantons Bern 2016 und die direkte Bundessteuer der Steuerperiode 2016 ein einziges Urteil gefällt, was zulässig ist, soweit die zu entscheidenden Rechtsfragen - wie hier - im Bundesrecht und im kantonalen Recht gleich geregelt sind (vgl. E. 6). Unter diesen Umständen hat die Beschwerdeführerin zulässigerweise nur eine einzige Beschwerdeschrift eingereicht. Aus ihrer Eingabe geht deutlich hervor, dass sie beide Steuerarten betrifft (vgl. BGE 142 II 293 E. 1.2; 135 II 260 E. 1.3.2; vgl. Urteile 2C_992/2021 vom 22. September 2022 E. 1.2; 2C_688/2021 vom 27. Januar 2022 E. 1.2).  
 
2.  
 
2.1. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft jedoch unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) nur die geltend gemachten Rechtsverletzungen, sofern rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 142 I 135 E. 1.5). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem Recht gilt eine qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 147 I 73 E. 2.1; 142 I 135 E. 1.5; 139 I 229 E. 2.2; 138 I 274 E. 1.6; 136 II 304 E. 2.5).  
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Hauptaufgabe des Bundesgerichts ist die Rechtskontrolle (Art. 189 BV). Eine Berichtigung oder Ergänzung der vorinstanzlichen Feststellungen ist von Amtes wegen (Art. 105 Abs. 2 BGG) oder auf Rüge hin (Art. 97 Abs. 1 BGG) möglich. Von den tatsächlichen Grundlagen des vorinstanzlichen Urteils weicht das Bundesgericht jedoch nur ab, wenn diese offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang zudem entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 135 E. 1.6). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet "willkürlich" (BGE 140 III 115 E. 2). Eine entsprechende Rüge ist hinreichend zu substanziieren (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 147 I 73 E. 2.2; 137 II 353 E. 5.1; 133 II 249 E. 1.4.3).  
 
II. Direkte Bundessteuer  
 
3.  
Vorliegend strittig ist, ob die Beschwerdeführerin für die an ihre volljährige Tochter im Rahmen der Ausbildung im Jahr 2016 geleisteten Beiträge Anspruch auf den Kinderabzug und auf die damit verbundenen Abzüge hat. Auch verlangt sie bei der direkten Bundessteuer die Besteuerung zum Elterntarif. 
 
3.1. Sachverhaltsmässig ist in Bezug auf die Einkommens- und Vermögenssituation der Tochter und der Beschwerdeführerin was folgt erstellt:  
Die im Jahr 2016 bereits volljährige Tochter der Beschwerdeführerin absolvierte in den Jahren 2015-2019 ein Studium in den USA, das zumindest teilweise die Mutter finanzierte. Die Ausbildungskosten (exkl. weitere Lebenshaltungskosten in den USA) beliefen sich dabei gemäss Angaben der Beschwerdeführerin im Jahr 2016 auf Fr. 34'608.- bzw. für die gesamte Studiendauer auf Fr. 196'608.-. Im Jahr 2016 betrug das steuerbare Einkommen der Tochter Fr. 0.- und das steuerbare Vermögen Fr. 237'038.-. Das Vermögen setzte sich zusammen aus einem Anlagefonds yyy mit einem Steuerwert von Fr. 72'262.- und liquiden Mitteln in der Höhe von Fr. 164'776.-, davon Fr. 140'119.- auf einem durch den Vater im Jahr 2016 in ihrem Namen eröffneten Konto bei der italienischen Bank C.________. 
Weiter ist unbestritten, dass die Beschwerdeführerin die Tochter finanziell (mindestens) in der Höhe des Kinderabzugs unterstützt hat. Die Beschwerdeführerin verfügte 2016 zwar - nebst einem steuerbaren Vermögen (nach Steuerausscheidung) von Fr. 3'008'532.- - über ein steuerbares Einkommen in der Höhe von Fr. 122'622.- (bzw. Fr. 139'482.- bei der direkten Bundessteuer). Dies ist jedoch zum überwiegenden Teil auf die Anrechnung der Eigenmietwerte ihrer Liegenschaften zurückzuführen, von denen gemäss ihren eigenen Angaben überdies einige wirtschaftlich betrachtet ihrem in Italien wohnhaften, ehemaligen Lebenspartner gehören. Das tatsächlich geldwirksam erzielte Einkommen der Beschwerdeführerin besteht ausschliesslich aus Wertschriftenerträgen und beträgt Fr. 42'166.-, wovon zudem Aufwendungen in der Höhe von Fr. 17'065.- (bzw. Fr. 16'115.- bei der direkten Bundessteuer) zum Abzug zu bringen sind. Die Beschwerdeführerin musste zur Finanzierung ihrer Lebenshaltung und gleichzeitigen Tragung der Ausbildungskosten ihrer Tochter vielmehr auf ihr eigenes, zum überwiegenden Teil in Immobilien gebundenes Vermögen zurückgreifen. 
 
3.2. Die Vorinstanz verweigerte zusammengefasst den von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Kinderabzug sowie die damit verbundenen weiteren Abzüge mit der Argumentation der fehlenden Unterstützungsbedürftigkeit der Tochter und befand, es sei zumutbar, das Vermögen der Tochter zur Finanzierung von deren Lebensunterhalt zu verwenden.  
 
3.3. Die Beschwerdeführerin macht hiergegen geltend, sie habe die Ausbildung ihrer Tochter in Erfüllung ihrer zivilrechtlichen Unterhaltspflicht finanziert, weshalb der Kinderabzug und die damit verbundenen weiteren Abzüge zu gewähren seien. Im Übrigen habe ihre Tochter auf einen wesentlichen Teil ihres Vermögens keinen Zugriff, da sich Fr. 139'000.- auf einem Konto bei der italienischen Bank befinden würden, das zwar auf die Tochter laute, jedoch von deren Vater verwaltet werde. Zudem seien Fr. 72'262.- in einem Anlagefonds gebunden, womit ihre Tochter nur über rund Fr. 25'000.- frei habe verfügen können. Weiter führt die Beschwerdeführerin aus, dass sie gemäss Art. 277 Abs. 2 ZGB gesetzlich zur Unterstützung ihres Kindes verpflichtet sei und es gesetzlich nicht zulässig sei, dafür auf das Kindsvermögen zurückgreifen zu müssen. Diese neue Praxis der Steuerverwaltung widerspreche einerseits klar den zivilrechtlichen Grundsätzen der Unterhaltspflicht und andererseits auch dem Kreisschreiben Nr. 30 (hierzu E. 4.5), in welchem die Anzehrung des Kindsvermögens als solches nicht erwähnt werde.  
 
4.  
 
4.1. Zur Ermittlung des Reineinkommens werden von den gesamten steuerbaren Einkünften die Aufwendungen und die Abzüge nach den Art. 26-33a abgezogen (vgl. Art. 25 DBG; sinngemäss Art. 30 Abs. 1 des Steuergesetzes des Kantons Bern vom 21. Mai 2000 [StG/BE; BSG 661.11], entsprechend Art. 9 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [Steuerharmonisierungsgesetz; StHG; SR 642.14]). Konkret zum Abzug zugelassen sind organische Abzüge (Gewinnungskosten; Art. 26-32 DBG), allgemeine Abzüge (auch anorganische Abzüge genannt, Art. 33 und 33a DBG) sowie die Sozialabzüge (Art. 35 DBG), wobei letztere Kategorie in Art. 25 DBG nicht erwähnt wird (BGE 149 II 19 E. 6.1 m.w.H.).  
 
4.2. Der Kinderabzug ist in Art. 35 Abs. 1 lit. a DBG unter den Sozialabzügen geregelt. Er sieht vor, dass für jedes minderjährige oder in der beruflichen oder schulischen Ausbildung stehende Kind, für dessen Unterhalt die steuerpflichtige Person sorgt, vom Einkommen Fr. 6'600.- abgezogen werden (können) (bzw. im hier massgebenden Jahr 2016 Fr. 6'500.-; vgl. aDBG Abs. 1 lit. a DBG in der bis 31. Dezember 2022 gültigen Fassung [AS 2013 S. 3027]). Werden die Eltern getrennt besteuert, so wird der Kinderabzug hälftig aufgeteilt, wenn das Kind unter gemeinsamer elterlicher Sorge steht und keine Unterhaltsbeiträge nach Art. 33 Abs. 1 lit. c DBG für das Kind geltend gemacht werden.  
 
4.3. Aus dem Wortlaut genannter Bestimmung geht in Bezug auf die Zulässigkeit des Abzugs weder hervor, dass es auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der steuerpflichtigen Person ankommt, die sich um den Unterhalt des in Ausbildung stehenden Kindes sorgt und die den Abzug geltend machen will, noch dass die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des unterstützten Kindes, das den Beitrag erhält, relevant sind. Hierzu hat sich in der Rechtsprechung für volljährige Kinder herausgebildet, dass der Kinderabzug nicht bereits deswegen ausgeschlossen ist, weil ein mündiges Kind in Ausbildung ein eigenes Einkommen erzielt und die Eltern für weniger als 50 % der Kosten des Unterhalts und der Ausbildung des Kindes aufkommen. Hingegen ist vorausgesetzt, dass die Eltern mindestens Beiträge in der Höhe des Sozialabzuges erbringen und das mündige Kind auf den Unterhaltsbeitrag angewiesen ist (auch Unterstützungsbedürftigkeit; BGE 94 I 231 E. 1; Urteil 2A.323/2003 vom 30. Januar 2004 E. 4.2). Letzteres ist nicht der Fall, wenn das mündige Kind trotz seiner Ausbildung in der Lage ist, seinen Unterhalt aus seinem Arbeitserwerb oder anderen Mitteln selbst zu bestreiten (Urteile 2C_516/2013 / 2C_517/2013 vom 4. Februar 2014 E. 2.1, in: StR 69/2014 S. 302; 2C_357/2010 vom 14. Juni 2011 E. 2.1, in: StR 66/2011 S. 676). Dem folgend sind die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Kindes für die Zulässigkeit des Kindesabzugs mit zu berücksichtigen.  
 
4.4. Obwohl die zivilrechtliche und die steuerrechtliche Unterhaltspflicht sich nicht zu decken brauchen, ist doch eine gewisse Wertungskongruenz wünschenswert (vgl. LOCHER, Kommentar zum DBG, 2. Aufl. 2019, N. 30 zu Art. 35 DBG; BOSSHARD/BOSSHARD/LÜDIN, Sozialabzüge und Steuertarife im schweizerischen Steuerrecht, 2000, S. 157 f. und S. 173 f.). Auch fokussiert die von den Sozialabzügen avisierte Besteuerung nach der subjektiven, wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auf die Berücksichtigung der sittlichen oder rechtlich bedingten Pflichten des Steuerpflichtigen gegenüber nahestehenden Personen, namentlich den Familienmitgliedern (BAUMGARTNER/EICHENBERGER, in: Zweifel/ Beusch [Hrsg.], Kommentar zum DBG, 4. Aufl. 2022, N. 1a zu Art. 35 DBG) : Nach Art. 277 Abs. 2 ZGB sind die Eltern auch nach der Mündigkeit des Kindes verpflichtet, bis zum ordentlichen Abschluss einer angemessenen Ausbildung für dessen Unterhalt aufzukommen, soweit dies nach den gesamten Umständen zugemutet werden kann. Die Rechtsprechung geht hierbei zur Bestimmung der Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber ihrem mündigen Kind, das sich noch in Ausbildung befindet, darauf ein, dass ein gerechter Ausgleich gefunden werden muss zwischen dem Beitrag, der unter Berücksichtigung aller Umstände von den Eltern erwartet werden darf, und der Leistung, die dem Kind in dem Sinne zugemutet werden kann, dass es zu seinem Unterhalt durch eigenen Arbeitserwerb oder anderer Mittel beiträgt (vgl. BGE 111 II 410 E. 2a; Urteile 5A_706/2022 vom 21. März 2023 E. 4.1.2; 5A_340/2021 vom 16. November 2021 E. 3.1). Dies widerspiegelt sich auch in der Bestimmung von Art. 276 Abs. 3 ZGB wonach Eltern von der Unterhaltspflicht in dem Mass befreit sind, als dem Kinde zugemutet werden kann, den Unterhalt aus seinem Arbeitserwerb oder anderen Mitteln zu bestreiten (vgl. hierzu BGE 135 III 66 E. 4; Urteil 5A_340/2021 vom 16. November 2021 E. 6.1). Auch hieraus ergibt sich, dass in die Beurteilung der zivilrechtlichen Unterhaltspflicht die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Kindes miteinfliessen.  
 
4.5. Das Kreisschreiben der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) Nr. 30 vom 21. Dezember 2010 betreffend "Ehepaar- und Familienbesteuerung nach dem Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG) " (nachfolgend: KS Nr. 30) präzisiert in Ziff. 10.3 in Bezug auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, dass der Kinderabzug beispielsweise nicht gewährt wird, wenn das volljährige, in beruflicher oder schulischer Ausbildung stehende Kind ein Einkommen erzielt, das ihm den selbständigen Lebensunterhalt ermöglicht, oder, "wenn das Kind über ein umfangreiches Vermögen verfügt, dessen Vermögenserträge einen selbständigen Unterhalt des Kindes erlauben".  
Beim KS Nr. 30 handelt es sich um eine Verwaltungsverordnung. Verwaltungsverordnungen richten sich an die mit dem Vollzug einer bestimmten öffentlichen Aufgabe betrauten Organe, insbesondere also an die Verwaltungsbehörden (BGE 146 I 105 E. 4.1; 142 II 182 E. 2.3.2; 141 II 103 E. 3.5). Sie statuieren keine neuen Rechte und Pflichten für Private sondern bezwecken, Gewähr für eine einheitliche und rechtsgleiche Auslegung und Anwendung der Gesetze und Verordnungen durch die Verwaltung zu bieten. In Nachachtung dieses Zwecks berücksichtigen auch die Gerichte Verwaltungsverordnungen bei der Auslegung des inländischen Rechts, obschon Verwaltungsverordnungen für die Gerichte an sich nicht verbindlich sind (BGE 146 I 105 E. 4.1; vgl. BGE 145 II 2 E. 4.3). Vorausgesetzt wird dabei immerhin, dass die betroffene Verwaltungsverordnung eine dem Einzelfall angepasste und gerecht werdende Auslegung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen zulässt. Mit anderen Worten weichen die Gerichte nicht ohne triftigen Grund von Verwaltungsweisungen ab, wenn diese eine überzeugende Konkretisierung der rechtlichen Vorgaben darstellen (BGE 146 I 105 E. 4.1; 142 V 425 E. 7.2; 142 II 182 E. 2.3.3). 
 
5.  
 
5.1. Im Lichte der vorstehenden Rechtsprechung und der Tatsache, dass die Tochter zwar kein steuerbares Einkommen im Jahr 2016 erzielt hat, hingegen per 31. Dezember 2016 über ein steuerbares Vermögen in der Höhe von Fr. 237'038.- verfügte, war es ihr zumutbar, trotz Ausbildung die Kosten für die Ausbildung und den Lebensunterhalt selbst zu übernehmen. Gemäss den vorinstanzlichen Feststellungen reichte das Vermögen der Tochter im Umfang von Fr. 96'919.-, auch unter Ausklammerung des investierten Teils, ohne weiteres aus, im Jahr 2016 die relativ kostspielige Ausbildung in den USA inkl. Lebenshaltungskosten zu finanzieren. Hinzu kommt, dass entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin der Vorinstanz zuzustimmen ist, dass auch ein Investment in einen Anlagefonds (yyy) grundsätzlich liquid oder zumindest leicht verwertbar ist. Ausgehend von den vorinstanzlichen Feststellungen ist zudem in keiner Weise belegt, dass die Tochter über die besagten Vermögenswerte nicht hätte verfügen können. Die hiergegen gerichteten Ausführungen der Beschwerdeführerin, wonach die Tochter keinen Zugriff auf das betreffende Konto hatte, da ihr Vater dieses verwaltet habe, sind nicht ausreichend, die diesbezügliche sachverhaltliche Feststellung zu erschüttern (vorne E. 2.2). Dabei unbeachtlich bleibt das KS Nr. 30, welches von "umfangreichem" Vermögen und "Vermögenserträgen" spricht (vorne E. 4.5). Zwar ist vorliegend offensichtlich, dass übliche Erträge auf dem Vermögen der Tochter nicht ausgereicht hätten, um die gesamten Ausbildungs- und Lebenshaltungskosten im Ausland zu tragen. Weiter sprechen aber Praktikabilitätsinteressen und die Verfahrensökonomie dafür, den Umfang des Vermögens nicht noch höher anzusetzen, wie es das KS Nr. 30 vorschlägt. Im Ergebnis hat die Vorinstanz den Kinderabzug zu Recht verweigert. Die Beschwerde ist damit betreffend die direkte Bundessteuer 2016 abzuweisen.  
 
5.2. Der mit dem Kinderabzug gemäss Art. 35 Abs. 1 lit. a DBG zusammenhängende zusätzliche Versicherungsabzug pro Kind von Fr. 700.- gemäss Art. 33 Abs. 1bis lit. b DBG kann nach dem Gesetzeswortlaut nur dann gewährt werden, wenn der steuerpflichtigen Person auch der Kinderabzug für das Kind zusteht. Auch die Besteuerung zum Elterntarif setzt voraus, dass der Kinderabzug zuerkannt wird (vgl. Art. 36 Abs. 2bis DBG, vgl. hierzu BGE 131 II 553 E. 3.1 m.w.H.; BAUMGARTNER/EICHENBERGER, a.a.O., N. 36a zu Art. 36 DBG). Entsprechend dem vorliegenden Ergebnis ist auch der zusätzliche Versicherungsabzug sowie die Besteuerung zum Elterntarif nicht zuzulassen und die Beschwerde diesbezüglich abzuweisen.  
 
III. Kantons- und Gemeindesteuern  
 
6.  
Der im Kanton Bern in Art. 40 Abs. 3 lit. a StG/BE festgesetzte Kinderabzug lautet in seiner massgebenden Formulierung gleich wie die bundesrechtliche Bestimmung. Hinsichtlich der Kantons- und Gemeindesteuern des Kantons Bern gilt: 
 
6.1. Die Bestimmung der Steuertarife, Steuersätze und Sozialabzüge, namentlich der Kinderabzüge, ist Sache der Kantone und damit bundesrechtlich nicht harmonisiert (vgl. Art. 129 Abs. 2 BV; Art. 1 Abs. 3 und Art. 9 Abs. 4 StHG; vgl. Urteil 2C_516/2013 / 2C_517/2013 vom 4. Februar 2014 E. 3.1). Ob der angefochtene Entscheid kantonales Recht verletzt, prüft das Bundesgericht ausserhalb des harmonisierten kantonalen Rechts im Wesentlichen nur auf Willkür und nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 42 Abs. 2 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG). Willkürlich im Sinne von Art. 9 BV ist ein Entscheid nicht schon dann, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre, sondern erst, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtssatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 138 I 49 E. 7.1).  
 
6.2. Die Verwaltungsanweisung der Steuerverwaltung des Kantons Bern (vgl. Merkblatt 12 der Steuerverwaltung des Kanons Bern) sah für Steuerperioden 2016 zu "Besteuerung von Familien" vor, dass bei volljährigen Kindern der Kinderabzug nur zulässig ist, wenn das Kind auf die Unterstützung durch die Eltern angewiesen ist. Erzielt das volljährige Kind ein eigenes Einkommen von mehr als Fr. 24'000.- pro Jahr (Lohn, Stipendien etc., aber ohne Kinderalimente), kann der Kinderabzug nicht mehr vorgenommen werden. Zum Vermögen enthielt das Merkblatt für die Steuerperiode 2016 noch keine Hinweise, was die Vorinstanz so auch festhält. Das Merkblatt ab Steuerperiode 2017 ergänzte sodann, dass wenn das Vermögen (Guthaben abzüglich Schulden) Fr. 50'000.- oder mehr beträgt, der Kinderabzug nicht mehr vorgesehen werden kann.  
 
6.3. Die Vorinstanz führt zur Thematik aus, dass den Veranlagungsbehörden bei der Konkretisierung der Voraussetzung der Unterstützungsbedürftigkeit ein grosser Ermessensspielraum zustehe, zumal in Bezug auf die finanziellen Verhältnisse des Kindes keine gesetzlichen Grenzbeträge betreffend die Einkommens- und Vermögensverhältnisse bestehen würden. Eine gewisse Schematisierung und Pauschalisierung aus Gründen der Praktikabilität und Veranlagungsökonomie sei unerlässlich. Vorliegend könne offenbleiben, welche Fassung der Verwaltungsanweisungen der Steuerverwaltung des Kantons Bern zu "Besteuerung von Familien" für die Steuerperioden 2016 oder 2017 einschlägig sei, zumal es sich um Verwaltungsverordnungen handle. Das Kindsvermögen überschreite den von der Steuerverwaltung angewandten Grenzbetrag von Fr. 50'000.- um ein Vielfaches und bestehe zudem aus grundsätzlich liquiden oder zumindest leicht verwertbaren Mitteln. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, ihre Tochter könne über das bei der italienischen Bank C.________ angelegte Geld nicht frei verfügen, sei in keiner Weise belegt. Die mit Blick auf die Grenzwerte pauschal beurteilten Verhältnisse der Tochter würden mithin den Schluss nahelegen, dass keine Unterstützungsbedürftigkeit vorliege.  
 
6.4. Der Beschwerdeführerin gelingt es nicht, hiergegen eine offensichtlich unhaltbare Verweigerung des Kinderabzugs aufzuzeigen. Auch die zitierte Gerichtspraxis des Kantones Appenzell Ausserrhoden (AR GVP 27/2015 Nr. 3644 vom 11. März 2015), wonach eine Gesamtbeurteilung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eltern und des Kindes vorzunehmen und auch die Zumutbarkeit der Vermögensverwertung aus beiden Blickwinkeln zu beurteilen sei, lässt die vorliegende Lösung des Kantons Bern mit dem angewandten Grenzbetrag von Fr. 50'000.- nicht als willkürlich erscheinen. Im Ergebnis steht die Verweigerung im Einklang mit der kantonalen Rechtsprechung sowie Verwaltungspraxis zu Art. 40 Abs. 3 lit. a StG/BE und verstösst nicht gegen Art. 9 BV (Willkürverbot). Aus diesem Grund ist die Beschwerde betreffend die kantonalen Steuern abzuweisen.  
 
6.5. Ebenfalls abzuweisen sind die durch die Beschwerdeführerin zusätzlich geltend gemachten weiteren mit dem Kinderabzug zusammenhängenden Abzüge. Wie die Vorinstanz in zutreffender Weise ausführt, ist für den Abzug für Alleinstehende (nach Art. 40 Abs. 2 StG/BE sowie mit Kind nach Art. 40 Abs. 3 lit. c StG/BE), den Ausbildungs- (nach Art. 40 Abs. 3 lit. b StG/BE), den zusätzlichen Versicherungs- (nach Art. 38 Abs. 1 lit. g Ziff. 4 StG/BE) und den Vermögensabzug (nach Art. 64 Abs. 1 lit. b StG/BE) vorausgesetzt, dass der Kinderabzug zulässig ist (vgl. CHRISTOPH LEUCH/REGINA SCHLUP GUIGNARD, in: Praxis-Kommentar zum Berner Steuergesetz, 2014, N. 14, 28, 30 und 42 zu Art. 40 StG/BE). Dasselbe gilt für die Besteuerung zum tieferen Verheirateten-/Elterntarif (nach Art. 42 Abs. 1 StG/BE). Da die Verweigerung des Kinderabzugs vorliegend nicht unhaltbar ist, ist es folgerichtig, dass die daran geknüpften Ausbildungs-, Alleinstehenden-, Versicherungs- und Vermögensabzüge verweigert wurden und auch die Besteuerung zum tieferen Tarif nicht gewährt wurde. Infolge der kantonalen Verknüpfung gilt dies auch für den Versicherungsabzug (nach Art. 38 Abs. 1 lit. g Ziff. 4 StG/BE), obwohl es sich bei letzterem Abzug um einen allgemeinen Abzug und nicht um einen Sozialabzug handelt (vgl. Art. 9 Abs. 2 lit. g StHG).  
 
IV. Verfahrensausgang und Kostenfolgen  
 
7.  
Die Beschwerde ist abzuweisen. Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG). Es ist keine Parteientschädigung geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten betreffend die direkte Bundessteuer 2016 wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten betreffend die kantonalen Staats- und Gemeindesteuern 2016 wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 15. November 2023 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Die Gerichtsschreiberin: Rupf