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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_546/2023  
 
 
Urteil vom 9. Oktober 2023  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Bundesrichter Donzallaz, 
Bundesrichterin Hänni, 
Gerichtsschreiber Zollinger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwältin Alisa Burkhard, 
 
gegen  
 
Eidgenössische Steuerverwaltung, Dienst für Informationsaustausch in Steuersachen SEI, Amtshilfe, Eigerstrasse 65, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Amtshilfe (DBA CH-IN), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 29. August 2023 (A-5001/2021). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Das indische Ministry of Finance (nachfolgend: ersuchende Behörde) ersuchte im Nachgang an das bundesgerichtliche Urteil 2C_648/2017 vom 17. Juli 2018 am 31. Oktober 2018 gestützt auf das Abkommen vom 2. November 1994 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Indien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen (DBA CH-IN; SR 0.672.942.31) bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) um Leistung von Amtshilfe betreffend A.________. 
 
A.a. Die ersuchende Behörde führte dabei aus, die Prüfung der Veranlagungsunterlagen von A.________ habe eindeutige Hinweise auf die Verheimlichung von Einkommen und auf nicht offengelegte Investitionen in verschiedene Klassen von Vermögenswerten ergeben. Die weiteren Untersuchungen hätten die Existenz eines nicht deklarierten Bankkontos bei der B.________ (Suisse) SA (nachfolgend: Informationsinhaberin) in der Schweiz zu Tage gefördert. Ausserdem habe A.________ eine Geschäftsbeziehung mit dem "C.________ Trust". Letzterer habe ebenfalls ein Bankkonto bei der Informationsinhaberin. Die Transaktionen zwischen A.________ und dem Trust müssten untersucht werden, um zu ermitteln, welche Einkünfte A.________ nicht offengelegt habe. Das auf das betreffende Bankkonto überwiesene Geld sei der ersuchenden Behörde verheimlicht worden. Die Informationen über das Datum der Einzahlungen, die Höhe der Einlagen und deren Investition würden die Besteuerung von A.________ ermöglichen.  
 
A.b. Nach der Gewährung von Akteneinsicht und nach einem Wechsel der Rechtsvertretung erkundigte sich die ESTV bei der ersuchenden Behörde, ob die ersuchten Informationen weiterhin voraussichtlich erheblich seien, was die ersuchende Behörde mit Antwortschreiben vom 5. August 2021 bestätigte.  
 
B.  
Mit Schlussverfügung vom 13. Oktober 2021 gewährte die ESTV der ersuchenden Behörde Amtshilfe betreffend A.________. 
 
B.a. Gegen die Schlussverfügung vom 13. Oktober 2021 gelangte A.________ am 15. November 2021 mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Nach diversen Schriftenwechseln reichte A.________ am 31. März 2023 sowie am 26. Juni 2023 weitere Unterlagen ein.  
 
B.b. Mit Urteil vom 29. August 2023 hiess das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde insofern gut, als die ESTV Ziffer 2 4. Abschnitt ihres Dispositivs der Schlussverfügung vom 13. Oktober 2021 im Sinne der Erwägung 9.5 des Urteils zu präzisieren habe. Die Präzisierung betraf die Angaben zum Trust. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab, soweit darauf eingetreten wurde.  
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 2. Oktober 2023 gelangt A.________ an das Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung des Urteils vom 29. August 2023. Es sei keine Amtshilfe zu leisten. Eventualiter sei die Angelegenheit an die Vorinstanz zurückzuweisen und diese anzuweisen, den Sachverhalt vollständig festzustellen und der ESTV Frist anzusetzen, um zu den letzten vier Eingaben des Beschwerdeführers Stellung zu nehmen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die weiteren Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG) und mit freier Kognition (vgl. BGE 147 I 89 E. 1; 146 II 276 E. 1). 
 
1.1. Art. 83 lit. h BGG sieht vor, dass die Beschwerde an das Bundesgericht gegen Entscheide auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe mit Ausnahme der Amtshilfe in Steuersachen unzulässig ist. Gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe in Steuersachen ist die Beschwerde gemäss Art. 84a BGG zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder wenn es sich aus anderen Gründen um einen besonders bedeutenden Fall im Sinne von Art. 84 Abs. 2 BGG handelt. Die beschwerdeführende Partei hat in der Begründung darzulegen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt ist, es sei denn, dies treffe ganz offensichtlich zu (Art. 42 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 146 II 276 E. 1.2.1; 139 II 340 E. 4).  
 
1.1.1. Das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist regelmässig zu bejahen, wenn der Entscheid für die Praxis wegleitend sein kann - namentlich wenn von unteren Instanzen viele gleichartige Fälle zu beurteilen sein werden. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist unter Umständen auch anzunehmen, wenn es sich um eine erstmals zu beurteilende Frage handelt, die einer Klärung durch das Bundesgericht bedarf. Es muss sich allerdings um eine Rechtsfrage handeln, deren Entscheid von ihrem Gewicht her nach einer höchstrichterlichen Klärung ruft. Aber auch eine vom Bundesgericht bereits entschiedene Rechtsfrage kann von grundsätzlicher Bedeutung sein, wenn sich die erneute Überprüfung aufdrängt (vgl. BGE 139 II 404 E. 1.3; 139 II 340 E. 4; Urteil 2C_1037/2019 vom 27. August 2020 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 147 II 116).  
 
1.1.2. Gemäss Art. 84 Abs. 2 BGG liegt ein besonders bedeutender Fall insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist. Das Gesetz enthält nach dem ausdrücklichen Wortlaut von Art. 84 Abs. 2 BGG eine nicht abschliessende Aufzählung von möglichen besonders bedeutenden Fällen. Art. 84a BGG bezweckt wie Art. 84 BGG die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im Bereich der internationalen Amtshilfe in Steuerangelegenheiten. Ein besonders bedeutender Fall ist daher mit Zurückhaltung anzunehmen. Bei der Beantwortung der Frage, ob ein besonders bedeutender Fall gegeben ist, steht dem Bundesgericht ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl. BGE 139 II 340 E. 4; Urteil 2C_653/2018 vom 26. Juli 2019 E. 1.2.1, nicht publ. in: BGE 146 II 150).  
 
1.2. Die beiden vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Fragen betreffen das völkerrechtliche Vertrauensprinzip.  
 
1.2.1. Der Beschwerdeführer fragt, ob es gegen Treu und Glauben verstosse, wenn die ersuchende Behörde Informationen über oder Beweise für die Herkunft der ihrem Amtshilfeersuchen zugrunde liegenden Daten vorlege, obwohl sie dazu nach der Rechtsprechung nicht verpflichtet sei. Die ersuchende Behörde, so der Beschwerdeführer weiter, habe falsche und irreführende Behauptungen über das Vorhandensein solcher Informationen und Beweise gemacht. Es stelle sich daher ebenfalls die Frage nach dem Beweismass und den konkret erforderlichen Beweisen, damit die Verlässlichkeit der Angaben der ersuchenden Behörde in Zweifel gezogen werden könne.  
 
1.2.2. Nach dem (völkerrechtlichen) Grundsatz von Treu und Glauben im Sinne von Art. 26 des Wiener Übereinkommens vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge (SR 0.111) wird vermutet, dass ein staatsvertraglich gebundener Staat nach Treu und Glauben handelt. Im Bereich der internationalen Amtshilfe in Steuersachen bedeutet diese Vermutung, dass der ersuchte Staat auf die Angaben des ersuchenden Staats vertraut (sogenanntes Vertrauensprinzip; vgl. BGE 146 II 150 E. 7.1). Zwar steht es dem ersuchten Staat offen, zu prüfen, ob die erbetenen Informationen für den vom ersuchenden Staat angestrebten steuerlichen Zweck voraussichtlich erheblich sind. Allerdings verpflichtet das völkerrechtliche Vertrauensprinzip ihn im Grundsatz dennoch, sich auf die Angaben zu verlassen, die der ersuchende Staat mitteilt (vgl. BGE 144 II 206 E. 4.4; 142 II 161 E. 2.1.3; 142 II 218 E. 3.3) : Das Vertrauensprinzip schliesst daher nicht aus, dass der ersuchte Staat vom ersuchenden Staat zusätzliche Erklärungen verlangt, wenn ernsthafte Zweifel an der Einhaltung der völkerrechtlichen Grundsätze oder an der voraussichtlichen Erheblichkeit der ersuchten Informationen bestehen. Die Vermutung des guten Glaubens kann jedoch nur aufgrund konkreter, nachgewiesener Anhaltspunkte umgestossen werden (vgl. BGE 146 II 150 E. 7.1; 144 II 206 E. 4.4; Urteil 2C_241/2016 vom 7. April 2017 E. 5.5).  
 
1.2.3. Die Frage, ob es gegen Treu und Glauben verstosse, wenn die ersuchende Behörde Informationen über und Beweise für die Herkunft der ihrem Amtshilfeersuchen zugrunde liegenden Daten vorlege, obwohl sie dazu nach der Rechtsprechung nicht verpflichtet sei, ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von Art. 84a BGG. Der ersuchte Staat hat grundsätzlich auf die Angaben des ersuchenden Staats zu vertrauen, ohne weitere Abklärungen zu treffen. Dies gilt im Grundsatz auch für die Angaben zur Herkunft der Daten, die einem Ersuchen zugrunde liegen, auch wenn die ersuchende Behörde dazu freiwillig Angaben macht (vgl. auch Urteil 2C_141/2018 vom 24. Juli 2020 E. 6.2.3). Die aufgeworfene Frage ist demnach geklärt.  
Auch die vom Beschwerdeführer gestellte Frage zum Beweismass, das im Rahmen des völkerrechtlichen Vertrauensprinzips gelte, um die Verlässlichkeit der Angaben der ersuchenden Behörde in Zweifel zu ziehen, ist beantwortet (vgl. auch Urteile 2C_55/2022 vom 27. Januar 2022 E. 1.3.3; 2C_56/2022 vom 27. Januar 2022 E. 1.3.3). Wie soeben dargelegt (vgl. E. 1.2.2 i.f.), kann die Vermutung des guten Glaubens nur aufgrund konkreter, nachgewiesener Anhaltspunkte umgestossen werden (BGE 146 II 150 E. 7.1; 144 II 206 E. 4.4). Ob die Angaben der ersuchenden Behörde "falsche und irreführende Behauptungen" seien, wie der Beschwerdeführer meint, ist anhand dieses Massstabs zu beurteilen. Welche Beweise hierzu erforderlich sind, ist allerdings eine Frage des konkreten Einzelfalls und betrifft - auch in der vorliegenden Angelegenheit - die einzelfallspezifische Anwendung der ständigen Rechtsprechung. Auch diesbezüglich liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von Art. 84a BGG vor. 
 
1.3. Der Beschwerdeführer macht ferner geltend, in der vorliegenden Angelegenheit sei sodann ein besonders bedeutender Fall zu sehen.  
 
1.3.1. Der Beschwerdeführer legt dar, er habe im vorinstanzlichen Verfahren im ersten halben Jahr 2023 mehrere Eingaben mit Unterlagen eingereicht (vgl. auch Bst. Fehler: Verweis nicht gefunden hiervor). Die Vorinstanz habe diese der ESTV nicht rechtzeitig zur Stellungnahme weitergeleitet, sondern diese erst mit dem Urteil zugestellt. Damit habe die Vorinstanz die ESTV an einer Stellungnahme gehindert und das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers verletzt. Im Übrigen weise das indische Steuerverfahren gravierende Mängel auf, sodass ein Verstoss gegen das Spezialitätsprinzip zu befürchten sei.  
 
1.3.2. Soweit der Beschwerdeführer bemängelt, die ESTV sei an einer Stellungnahme gehindert worden, macht er einen Anspruch geltend, der einer Drittperson - der ESTV - zukäme. Weshalb er selbst von einer Verletzung elementarer Verfahrensgrundsätze betroffen sein sollte, wenn die Vorinstanz seine Eingaben und Unterlagen erst mit dem Endentscheid der Gegenpartei zustellt, ist weder offenkundig noch legt dies der Beschwerdeführer hinreichend dar. Jedenfalls hat die Vorinstanz den Anspruch auf rechtliches Gehör des Beschwerdeführers mit diesem Vorgehen nicht (qualifiziert) verletzt (vgl. auch Urteil 2C_622/2022 vom 29. Juli 2022 E. 1.3.1).  
Im Übrigen vermag der Beschwerdeführer mit dem blossen Vorbringen, das Verfahren in Indien sei systematisch ungenügend, nicht glaubhaft zu machen, dass das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweisen würde. Die Rüge, wonach die ersuchende Behörde systematisch falsche und irreführende Behauptungen aufstelle, weshalb ein Verstoss gegen das Spezialitätsprinzip zu befürchten sei, bleibt für den vorliegenden Fall des betroffenen Beschwerdeführers unsubstanziiert. 
 
1.3.3. Nach dem Dargelegten gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, die Verletzung von elementaren Verfahrensgrundsätzen oder das Vorliegen von schweren Verfahrensmängeln aufzuzeigen, weshalb es sich vorliegend nicht um einen besonders bedeutenden Fall im Sinne von Art. 84a BGG in Verbindung mit Art. 84 Abs. 2 BGG handelt.  
 
 
1.4. Im Ergebnis ist auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nicht einzutreten.  
 
2.  
Diesem Verfahrensausgang entsprechend trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 1 und Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 9. Oktober 2023 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Der Gerichtsschreiber: M. Zollinger