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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_475/2022, 6B_476/2022  
 
 
Urteil vom 5. April 2023  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin, 
Bundesrichter Denys, 
Bundesrichterin van de Graaf, 
Gerichtsschreiberin Unseld. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jürg Krumm, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, 
Güterstrasse 33, Postfach, 8010 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
6B_475/2022 
Anstiftung zum falschen Zeugnis, Begünstigung, 
Vergehen gegen das Waffengesetz; Beweiswürdigung, 
Beweisverwertung, 
 
6B_476/2022 
Antrag auf Wiederholung der Berufungsverhandlung; 
Recht auf Teilnahme an der Hauptverhandlung, 
 
Beschwerden gegen die Entscheide des Obergerichts 
des Kantons Zürich, II. Strafkammer, 
vom 15. Februar 2022 (SB170466-O/U/ad), 
und vom 3. März 2022 (SB170466-O/Z7/ad). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Das Bezirksgericht Zürich sprach A.A.________ am 5. September 2017 der Anstiftung zum falschen Zeugnis im Sinne von Art. 307 Abs. 1 i.V.m. Art. 24 Abs. 1 StGB, der Begünstigung im Sinne von Art. 305 Abs. 1 StGB und des Vergehens gegen das Waffengesetz im Sinne von Art. 33 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 7 und Art. 12 Abs. 1 lit. d WG schuldig. Es bestrafte ihn mit einer Freiheitsstrafe von 27 Monaten, davon 18 Monate mit bedingtem Vollzug. Gegen dieses Urteil erhoben A.A.________ Berufung und die Staatsanwaltschaft Anschlussberufung. 
 
B.  
Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigte mit Urteil vom 15. Februar 2022 die erstinstanzlichen Schuldsprüche. Es verurteilte A.A.________ zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten, davon 18 Monate mit bedingtem Vollzug, und einer bedingten Geldstrafe von 45 Tagessätzen zu Fr. 80.--. 
Den Schuldsprüchen wegen Anstiftung zum falschen Zeugnis und Begünstigung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: 
Gegen den Sohn von A.A.________, B.A.________, lief ein Strafverfahren wegen Körperverletzung. B.A.________ wurde vorgeworfen, am 1. Januar 2015, ca. 4.10 Uhr, im Tram der Linie 13 in Zürich einem Geschädigten mehrere heftige Faustschläge ins Gesicht sowie heftige Fusstritte in Richtung Gesicht und Oberkörper und einer anderen Geschädigten mehrere Faustschläge ins Gesicht versetzt zu haben. Anlässlich der Hauptverhandlung vom 1. Juni 2016 vor dem Bezirksgericht Zürich wurde C.________ auf Antrag der Verteidigung als Zeugin befragt, wobei sie u.a. aussagte, sie habe B.A.________ am 1. Januar 2015, ca. 2.30 Uhr, auf dem Heimweg an der Tramhaltestelle betrunken aufgefunden und mit seinem Mobiltelefon seinen Vater angerufen, welcher ihn in der Folge bei der Tramhaltestelle abgeholt habe. Die Vorinstanz hält für erwiesen, dass die Aussagen von C.________ nicht der Wahrheit entsprachen und dass sie von A.A.________ überredet wurde, zugunsten von dessen Sohn vor Gericht ein falsches Zeugnis abzulegen, wobei er sie instruiert habe, was sie wahrheitswidrig auszusagen habe. C.________ widerrief später ihre Aussagen vom 1. Juni 2016 und machte geltend, sie habe sich aus Hilfsbereitschaft zur wahrheitswidrigen Zeugenaussage überreden lassen. Alles was sie am 1. Juni 2016 vor Gericht ausgesagt habe, sei gelogen gewesen. 
 
C.  
Die Berufungsverhandlung vom 22. Februar 2022 fand in Abwesenheit von A.A.________ statt. Mit Beschluss vom 3. März 2022 trat das Obergericht des Kantons Zürich auf den Antrag von A.A.________ auf Wiederholung der Berufungsverhandlung nicht ein. 
 
D.  
A.A.________ gelangt gegen das Urteil vom 15. Februar 2022 und den separaten Beschluss vom 3. März 2022 je mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht. Er beantragt, das Urteil vom 15. Februar 2022 und der Beschluss vom 3. März 2022 seien aufzuheben. Er sei vollumfänglich freizusprechen (Verfahren 6B_475/2022) und das Obergericht des Kantons Zürich sei anzuweisen, die Berufungsverhandlung zu wiederholen (Verfahren 6B_476/2022). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht vereinigt mehrere Verfahren, wenn sie in einem engen sachlichen Zusammenhang stehen, namentlich wenn sie sich gegen denselben Entscheid richten und die gleichen Parteien oder ähnliche Rechtsfragen betreffen (vgl. Art. 71 BGG i.V.m. Art. 24 Abs. 2 lit. b BZP; BGE 133 IV 215 E. 1; 126 V 283 E. 1; 113 Ia 390 E. 1). Dies ist vorliegend der Fall. Die Verfahren 6B_475/2022 und 6B_476/2022 sind daher zu vereinigen und die Beschwerden in einem einzigen Entscheid zu behandeln. 
 
2.  
 
2.1. Der Beschwerdeführer rügt, er sei der Berufungsverhandlung vom 15. Februar 2022 nicht unentschuldigt ferngeblieben. Der Vorinstanz sei mitgeteilt worden, dass ein Verteidigerwechsel stattgefunden habe. Der Vorinstanz hätte aufgrund der Anzeige der Wahlverteidigung bewusst sein müssen, dass er mit der amtlichen Verteidigung nicht mehr einverstanden sei. Im Übrigen sei offensichtlich, dass er massive gesundheitliche Probleme habe und deshalb nicht arbeitsfähig und auch nicht verhandlungsfähig sei. Die Vorinstanz habe sein Gesuch um Wiederholung der Berufungsverhandlung mit Beschluss vom 3. März 2022 zu Unrecht abgewiesen.  
 
2.2. Eine Partei ist säumig, wenn sie eine Verfahrenshandlung nicht fristgerecht vornimmt oder zu einem Termin nicht erscheint (Art. 93 StPO). Würde ihr aus der Säumnis ein erheblicher und unersetzlicher Rechtsverlust erwachsen, kann sie nach Art. 94 Abs. 1 StPO die Wiederherstellung der Frist verlangen, wobei sie glaubhaft zu machen hat, dass sie an der Säumnis kein Verschulden trifft. Das Gesuch ist innert 30 Tagen nach Wegfall des Säumnisgrundes schriftlich und begründet bei der Behörde zu stellen, bei welcher die versäumte Verfahrenshandlung hätte vorgenommen werden sollen (Art. 94 Abs. 2 StPO).  
 
2.3. Aus dem Beschluss vom 3. März 2022 und dem schriftlich begründeten Urteil vom 15. Februar 2022 geht hervor, dass einem ersten Gesuch des Beschwerdeführers um Wiederholung der Berufungsverhandlung vom 23. November 2021, an welcher lediglich der amtliche Verteidiger des Beschwerdeführers teilnahm, am 3. Januar 2022 stattgegeben wurde. Der Beschwerdeführer teilte dem Obergericht seine Abwesenheit unmittelbar vor der Berufungsverhandlung vom 23. November 2021 mit. Aus den später eingereichten Unterlagen ging hervor, dass er vom 22. bis am 25. November 2021 im Universitätsspital Zürich hospitalisiert war. In der Folge wurde die Berufungsverhandlung nach Rücksprache mit den Parteien am 10. Januar 2022 neu auf den 15. Februar 2022 angesetzt. Mit E-Mail vom 14. Februar 2022, 16.07 Uhr, an die E-Mail-Adresse info.obergericht@gerichte-zh.ch teilte die Kanzlei Landmann Rechtsanwälte AG dem Obergericht mit, dass der Beschwerdeführer am 14. Februar 2022 Rechtsanwalt Krumm als erbetenen Verteidiger mandatiert habe und um Entlassung des amtlichen Verteidigers sowie - unter Beilage eines Arztzeugnisses vom 14. Februar 2022 - um Verschiebung der Berufungsverhandlung ersuche. Das Arztzeugnis vom 14. Februar 2022 attestierte dem Beschwerdeführer eine Arbeitsunfähigkeit von "weiterhin 100%" und enthielt keine weiteren Angaben. Die E-Mail vom 14. Februar 2022, 16.07 Uhr, wurde am 15. Februar 2022, 6.05 Uhr, zuständigkeitshalber an den Weibel der II. Strafkammer des Obergerichts weitergeleitet. Am 15. Februar 2022, um 10.13 Uhr, fand die Wiederholdung der Berufungsverhandlung statt, zu welcher der amtliche Verteidiger erschien. Der Beschwerdeführer und sein erbetener Verteidiger blieben der Verhandlung fern. Nach Abweisung des Gesuchs des amtlichen Verteidigers um Entlassung und Verschiebung der Verhandlung wurde die Berufungsverhandlung vom 15. Februar 2022 in Abwesenheit des Beschwerdeführers durchgeführt. Am 28. Februar 2022 reichte dieser der Vorinstanz ein weiteres Arztzeugnis vom 18. Februar 2022 ein, gemäss welchem er vom 15. bis am 18. Februar 2022 hospitalisiert war (vgl. kant. Akten, Urk. 125).  
 
2.4. Die Vorinstanz wirft dem Beschwerdeführer vor, sein erneutes Gesuch um Terminverschiebung respektive Wiederholung der Berufungsverhandlung sei trölerisch und rechtsmissbräuchlich, was keinen Rechtsschutzt verdiene. Sein Vorgehen diene offensichtlich der Verfahrensverzögerung. Ihm sei bekannt gewesen, dass ein unspezifisches, lediglich eine 100%-ige Arbeitsunfähigkeit attestierendes Arztzeugnis den Anforderungen an eine ärztliche Bescheinigung über die Verhandlungsfähigkeit nicht genüge. Er habe zudem keine ärztliche Bescheinigung eingereicht, aus welcher hervorgehe, wer ihn einen Tag vor der Berufungsverhandlung vom 23. November 2021 in die Notfallstation eingewiesen habe, weshalb androhungsgemäss davon auszugehen sei, dass er sich selbst vorgestellt habe (angefochtenes Urteil E. 2.2 S. 11 f.). Weiter habe der erbetene Verteidiger angesichts der einvernehmlichen und rechtzeitigen Terminierung der Verhandlung vom 15. Februar 2022 nicht davon ausgehen können, dass seinem kurzfristigen Verschiebungsgesuch entsprochen werde, zumal er dieses trotz bekannter Besetzung und Verfahrensleitung nicht an diese, sondern an eine allgemeine E-Mail-Adresse des Obergerichts versandt habe (angefochtenes Urteil E. 2.3 f. S. 12).  
 
2.5. Die Kritik des Beschwerdeführers ist unbegründet, soweit darauf überhaupt einzutreten ist. Dieser verkennt, dass eine 100%-ige Arbeitsunfähigkeit nicht zwingend mit einer Verhandlungsunfähigkeit einhergehen muss. Weshalb er am 15. Februar 2022 nicht nur arbeitsunfähig, sondern auch verhandlungsunfähig gewesen sein soll, ist weder rechtsgenügend dargetan noch belegt. Nicht zu hören ist der Beschwerdeführer, soweit er geltend macht, er sei am 23. November 2021 hospitalisiert gewesen, da lediglich zu prüfen ist, ob er der Verhandlung vom 15. Februar 2022 unentschuldigt fernblieb. Am 14. Februar 2022 ersuchte der Beschwerdeführer nicht wegen einer bevorstehenden Hospitalisierung um Verschiebung der Berufungsverhandlung und er behauptet in seiner Beschwerde auch nicht substanziiert, er sei bereits im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung, d.h. am Vormittag des 15. Februar 2022, hospitalisiert gewesen. Er legt sodann nicht dar, weshalb es ihm nicht möglich gewesen sein soll, rechtzeitig einen erbetenen Verteidiger zu mandatieren. Das verspätet eingereichte Verschiebungsgesuch zwecks Mandatierung eines erbetenen Verteidigers vermag sein Fernbleiben an der Verhandlung vom 15. Februar 2022 daher ebenfalls nicht zu entschuldigen.  
 
3.  
 
3.1. Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, es sei davon auszugehen, dass das angefochtene Urteil bereits vor der Berufungsverhandlung grösstenteils abgefasst worden sei. Bei der Arbeitslast der Vorinstanz und den internen bürokratischen Arbeitsabläufen sei es eher unwahrscheinlich, dass ein am 15. Februar 2022 gefälltes Urteil innert rund drei Wochen vollständig begründet, ausgefertigt und den Parteien zugestellt werden könne. Die Richter hätten daher bereits vor der Berufungsverhandlung den Ausgang des Verfahrens zumindest dergestalt vorbereitet, dass sie nicht mehr unbefangen gewesen seien.  
 
3.2. Der Anspruch auf ein unparteiisches, unvoreingenommenens und unbefangenens Gericht ist in Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK verfassungs- bzw. konventionsrechtlich verankert und wird durch Art. 56 StPO konkretisiert (BGE 144 I 234 E. 5.2). Voreingenommenheit und Befangenheit werden nach der Rechtsprechung angenommen, wenn Umstände vorliegen, die bei objektiver Betrachtung geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit des Richters zu erwecken. Solche Umstände können in einem bestimmten Verhalten des betreffenden Richters begründet sein. Dabei ist nicht auf das subjektive Empfinden einer Partei abzustellen. Das Misstrauen in die Unvoreingenommenheit muss vielmehr in objektiver Weise begründet erscheinen. Es genügt, wenn Umstände vorliegen, die bei objektiver Betrachtung den Anschein der Befangenheit und Voreingenommenheit erwecken. Für die Ablehnung ist nicht erforderlich, dass der Richter tatsächlich befangen ist (BGE 144 I 234 E. 5.2; 143 IV 69 E. 3.2; 141 IV 178 E. 3.2.1; je mit Hinweisen).  
 
3.3. Dass das Berufungsgericht vor der Berufungsverhandlung mutmasslich bereits einen schriftlichen Urteilsentwurf verfasste, lässt nicht auf eine Voreingenommenheit des Gerichts schliessen (vgl. etwa Urteile 6B_1178/2019 vom 10. März 2021 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 147 IV 340; 4A_67/2011 vom 7. Juni 2011 E. 2.2.2). Von einem professionell handelnden Gericht wird vielmehr erwartet und es ist daher davon auszugehen, dass es trotz Vorliegens eines Urteilsentwurfs offen für die Argumente der Parteien an der Berufungsverhandlung ist. Im Übrigen zeigt der Beschwerdeführer auch keine Anhaltspunkte dafür auf, dass im vorliegenden Fall vor der Berufungsverhandlung bereits ein vollständiger Urteilsentwurf erstellt worden wäre, der über ein blosses Arbeitspapier zur Vorbereitung der Hauptverhandlung hinausging. Daraus, dass die Vorinstanz für die Ausfertigung des rund 50-seitigen schriftlichen Urteils nach der Berufungsverhandlung vom 15. Februar 2022 lediglich ca. 14 Arbeitstage benötigte, lässt sich dies auf jeden Fall nicht ableiten. Ebenso wenig behauptet der Beschwerdeführer, die Vorinstanz habe sich mit Vorbringen anlässlich der Berufungsverhandlung oder allfälligen an der Berufungsverhandlung gewonnenen neuen Erkenntnissen nicht oder nur ungenügend auseinandergesetzt. Der Beschwerdeführer vermag daher keinen Anschein der Befangenheit aufzuzeigen.  
 
4.  
 
4.1. Der Beschwerdeführer rügt weiter eine Verletzung von Art. 131 Abs. 3 StPO und seines Anspruchs auf ein faires Verfahren. Die erste polizeiliche Einvernahme sei ohne die erforderliche notwendige Verteidigung durchgeführt worden. Die Einvernahme sei daher unverwertbar und wäre gemäss Art. 141 Abs. 5 StPO von Amtes wegen aus den Akten zu entfernen gewesen. Die Vorinstanz gehe zu Unrecht von einem Verzicht auf die Wiederholung der Einvernahme aus.  
 
4.2. Wurden in Fällen, in denen die Verteidigung erkennbar notwendig gewesen wäre, Beweise erhoben, bevor ein Verteidiger bestellt worden ist, so ist die Beweiserhebung "nur gültig" (deutscher und italienischer Wortlaut) bzw. "verwertbar" (französischer Wortlaut "exploitables"), wenn die beschuldigte Person auf ihre Wiederholung verzichtet (Art. 131 Abs. 3 StPO). Beim derzeit noch geltenden Art. 131 Abs. 3 StPO besteht eine Diskrepanz zwischen den deutschen und italienischen Gesetzestexten einerseits, wonach die rechtzeitige Einsetzung einer notwendigen Verteidigung eine blosse Gültigkeitsvorschrift im Sinne von Art. 141 Abs. 2 StPO ist, und dem französischen Gesetzestext andererseits (vgl. dazu BGE 141 IV 289 E. 2.3 f.; Botschaft vom 28. August 2019 zur Änderung der Strafprozessordnung [Umsetzung der Motion 14.3383, Kommission für Rechtsfragen des Ständerats, Anpassung der Strafprozessordnung], BBl 2019 6697 ff., S. 6731). Diese Diskrepanz wurde im Rahmen der Änderung der Strafprozessordnung vom 17. Juni 2022 beseitigt, anlässlich welcher sich der Gesetzgeber mit der herrschenden Lehre für ein Verwertungsverbot im Sinne des derzeit geltenden französischen Wortlauts und folglich eine Anpassung des deutschen und italienischen Wortlauts von Art. 131 Abs. 3 StPO entschied (vgl. BBl 2022 1560; BBl 2019 6731 f.).  
 
4.3. Der Beschwerdeführer wurde am Tag seiner Verhaftung vom 24. August 2016 ohne einen Verteidiger, jedoch bereits anlässlich der am Tag darauf erfolgten Hafteinvernahme vom 25. August 2016 sowie am 2. September 2016 und in der Folge auch gerichtlich jeweils in Anwesenheit eines Verteidigers einvernommen. Die Vorinstanz erwägt zusammengefasst, der Beschwerdeführer habe nach der Rechtsbelehrung anlässlich der Einvernahme vom 24. August 2016 geltend gemacht, er "werde" einen amtlichen Verteidiger beantragen. Anlässlich der Hafteinvernahme vom 25. August 2016 habe er sich zunächst geweigert, in Anwesenheit des Pikett-Anwalts Aussagen zu machen, und danach auf das Protokoll der polizeilichen Einvernahme verwiesen. Zudem habe er wiederholt auf Beweisanträge verzichtet. Es sei daher von einem Verzicht auf die Wiederholung der polizeilichen Einvernahme vom 24. August 2016 auszugehen, zumal die frühere Verteidigung keine Einwände gegen die Verwertung der Aussagen erhoben habe. Der Beschwerdeführer müsse sich diesen Verzicht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben grundsätzlich anrechnen lassen und könne sich nicht derart spät (nach Abschluss des Vorverfahrens und nach Anklageerhebung) noch nachträglich auf die Ungültigkeit berufen (angefochtenes Urteil E. 3.3 S. 16 ff.).  
 
4.4. Wie es sich damit verhält, d.h. ob in den von der Vorinstanz dargelegten Umständen ein Verzicht auf die Unverwertbarkeit im Sinne von Art. 131 Abs. 3 StPO zu erblicken ist, kann offenbleiben. Der Beschwerdeführer wurde nach dem 24. August 2016 wiederholt in Anwesenheit eines Verteidigers einvernommen. Diese Einvernahmen sind verwertbar. Dass die angeblich unverwertbare Einvernahme vom 24. August 2016 die Erhebung weiterer Beweise ermöglicht hätte, welche ohne die angeblich unverwertbare Beweiserhebung nicht möglich gewesen wäre, legt der Beschwerdeführer nicht dar und ist auch nicht ersichtlich. Die Vorinstanz nimmt in ihrer Beweiswürdigung zwar auf die polizeiliche Befragung vom 24. August 2016 Bezug. Dies jedoch nur insoweit, als sie darlegt, weshalb der Aussage des Beschwerdeführers vom 24. August 2016, wonach er seinen Sohn am 1. Januar 2015 um ca. 2.00 oder 2.30 Uhr in nicht ansprechbarem Zustand von einer Tramhaltestelle in Zürich abgeholt haben will, jegliche Glaubhaftigkeit abzusprechen ist (vgl. angefochtenes Urteil E. 3.4 S. 27 f.). Soweit ersichtlich wirkte sich die polizeiliche Einvernahme vom 24. August 2016 beweismässig daher nicht zuungunsten des Beschwerdeführers aus. Zumindest macht der Beschwerdeführer solches in seiner Beschwerde nicht geltend. Eine Verletzung des in Art. 131 Abs. 3 StPO verankerten Verwertungsverbots oder des Anspruchs auf ein faires Verfahren ist damit zu verneinen. Ein anderes schutzwürdiges Interesse an der Entfernung der Einvernahme vom 24. August 2016 aus den Strafverfahrensakten zeigt der Beschwerdeführer nicht auf. Es ist daher nicht Sache des Bundesgerichts, sich zwecks Anwendung von Art. 141 Abs. 5 StPO mit rein theoretischen Verwertungsverboten auseinandersetzen, obschon es zu keiner Verwertung des entsprechenden Beweises kam oder zumindest zu keiner Verwertung zuungunsten des Beschwerdeführers.  
 
5.  
 
5.1. Der Beschwerdeführer kritisiert weiter, die Befragung von D.________ durch die Stadtpolizei vom 25. August 2016 sei keine einfache Ermittlung zur Klärung des Sachverhalts gewesen. Jedenfalls werde in der Urteilsbegründung massiv auf dessen Aussagen abgestellt. Das Teilnahme- und Mitwirkungsrecht im Sinne von Art. 147 Abs. 1 StPO sei daher zu Unrecht eingeschränkt worden.  
 
5.2. Vor Eröffnung einer Untersuchung durch die Staatsanwaltschaft besteht kein Anspruch auf Parteiöffentlichkeit. Bei selbstständigen polizeilichen Ermittlungen gestützt auf Art. 306 StPO sind die Parteien daher nicht zur Teilnahme berechtigt (Art. 147 Abs. 1 StPO e contrario; BGE 143 IV 397 E. 3.3.2; 139 IV 25 E. 5.4.3). Art. 159 Abs. 1 StPO, wonach die Verteidigung der beschuldigten Person bei polizeilichen Einvernahmen anwesend sein und Fragen stellen kann, gilt ausschliesslich bei der polizeilichen Einvernahme der beschuldigten Person (BGE 148 IV 145 E. 1.3).  
Ab Eröffnung der Untersuchung durch die Staatsanwaltschaft gilt demgegenüber das in Art. 147 Abs. 1 StPO verankerte Teilnahmerecht. Danach haben die Parteien das Recht, bei Beweiserhebungen durch die Staatsanwaltschaft und die Gerichte anwesend zu sein und einvernommenen Personen Fragen zu stellen (Art. 147 Abs. 1 Satz 1 StPO). 
Die Staatsanwaltschaft kann die Polizei auch nach Eröffnung der Untersuchung mit ergänzenden Ermittlungen beauftragen (Art. 312 Abs. 1 StPO). Bei Einvernahmen, welche die Polizei im Auftrag der Staatsanwaltschaft durchführt, haben die Verfahrensbeteiligten die Verfahrensrechte, die ihnen bei Einvernahmen durch die Staatsanwaltschaft zukommen (Art. 312 Abs. 2 StPO). Daraus folgt, dass die Parteien das Recht haben, bei Einvernahmen, welche die Polizei im Auftrag der Staatsanwaltschaft während deren Untersuchung durchführt, anwesend zu sein und Fragen zu stellen (BGE 143 IV 397 E. 3.3.2; Urteile 6B_1092/2022 vom 9. Januar 2023 E. 2.3.2; 6B_415/2021 vom 11. Oktober 2021 E. 2.3.4; je mit Hinweisen). 
Ab Eröffnung der Untersuchung darf die Polizei grundsätzlich keine selbstständigen Ermittlungen mehr vornehmen und ohne entsprechende Delegation insbesondere keine formellen polizeilichen Einvernahmen zur Sache mehr durchführen (BGE 143 IV 397 E. 3.3.2; Urteile 6B_1040/2021 vom 5. Oktober 2022 E. 3.1; 6B_415/2021 vom 11. Oktober 2021 E. 2.3.3; 6B_1080/2020 vom 10. Juni 2021 E. 5.4). Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht absolut. Eine Ausnahme besteht bei einfachen Erhebungen zur Klärung des Sachverhalts. So ist etwa die selbstständige polizeiliche Ermittlung von Geschädigten und Zeugen sowie deren informatorische Befragung, namentlich zur Abklärung, ob diese beweisrelevante Angaben zum Sachverhalt machen können, weiterhin möglich (BGE 143 IV 397 E. 3.4.2 mit Hinweisen; Urteile 6B_415/2021 vom 11. Oktober 2021 E. 2.3.3; 6B_1080/2020 vom 10. Juni 2021 E. 5.4). Für solche polizeilichen Erhebungen gilt kein gesetzliches Teilnahmerecht (BGE 143 IV 397 E. 3.4.2). 
 
5.3. Die Vorinstanz geht davon aus, bei der polizeilichen Einvernahme von D.________ vom 25. August 2016 habe es sich um eine solche nicht parteiöffentliche, einfache polizeiliche Ermittlung im Auftrag der Staatsanwaltschaft gehandelt, welche auch nach Eröffnung der Strafuntersuchung zulässig gewesen sei. Die Befragung sei von der Delegationsverfügung der Staatsanwaltschaft vom 12. August 2016 sowie von deren Ermittlungsauftrag gedeckt gewesen, der insbesondere die Befragung von polizeilichen Auskunftspersonen umfasst habe, um deren Stellung im Strafverfahren und die Frage, ob diese Personen sachverhaltsrelevante Angaben machen können, zu klären. D.________ sei am 2. September 2016 in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seines amtlichen Verteidigers auch von der Staatsanwaltschaft einvernommen worden, womit der Konfrontationsanspruch des Beschwerdeführers erfüllt worden sei (angefochtenes Urteil E. 4.3 S. 19 f.).  
 
5.4. Der Beschwerdeführer zeigt nicht auf, weshalb die vorinstanzliche Würdigung gegen Bundesrecht verstossen soll. Die Vorinstanz legt mit Verweis auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung vielmehr zutreffend dar, dass das Teilnahmerecht bei polizeilichen Einvernahme nach Eröffnung der Strafuntersuchung nicht absolut gilt und es der Polizei daher weiterhin möglich sein muss, einfache Abklärungen, ob eine Person überhaupt als Zeuge oder Auskunftsperson infrage kommt, in Abwesenheit der beschuldigten Person vorzunehmen.  
Nicht zu hören ist der Beschwerdeführer zudem, soweit er geltend macht, in der Urteilsbegründung werde massiv auf die Aussagen von D.________ abgestellt, da dieser in der Folge unter Gewährung der Teilnahmerechte auch staatsanwaltschaftlich einvernommen wurde. Mit dem pauschalen Hinweis, die Vorinstanz stelle auf Aussagen von D.________ ab, lässt sich daher von vornherein keine Verletzung eines allfälligen Beweisverwertungsverbots begründen, da der Beschwerdeführer nicht zwischen den angeblich unverwertbaren Aussagen von D.________ gegenüber der Polizei und dessen Aussagen gegenüber der Staatsanwaltschaft unterscheidet. 
 
6.  
 
6.1. Der Beschwerdeführer wendet sich schliesslich gegen die vorinstanzliche Beweiswürdigung. Er wirft der Vorinstanz vor, sie verneine zu Unrecht einen Tippfehler in der psychiatrischen Kurzbeurteilung von B.A.________ vom 31. Mai 2016 (01.01.2016 anstatt 01.01.2015). Entgegen der Vorinstanz lägen zudem keine Anhaltspunkte für eine Instruktion des Verfassers des Dokuments vor.  
 
6.2. Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie willkürlich ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; vgl. auch Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 148 IV 356 E. 2.1, 39 E. 2.3.5; 147 IV 73 E. 4.1.2). Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn die vorinstanzliche Beweiswürdigung schlechterdings unhaltbar ist, d.h. wenn die Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen oder auf einem offenkundigen Fehler beruhen. Dass eine andere Lösung ebenfalls möglich erscheint, genügt nicht (BGE 148 IV 356 E. 2.1, 39 E. 2.3.5; 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 88 E. 1.3.1; je mit Hinweisen). Erforderlich ist zudem, dass der Entscheid nicht nur in der Begründung, sondern auch im Ergebnis willkürlich ist (BGE 146 IV 88 E. 1.3.1; 144 III 368 E. 3.1; 141 IV 305 E. 1.2).  
Die Willkürrüge muss in der Beschwerde anhand des angefochtenen Entscheids explizit vorgebracht und substanziiert begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG). Auf ungenügend begründete Rügen oder allgemeine appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 148 IV 356 E. 2.1, 39 E. 2.6; 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 114 E. 2.1, 88 E. 1.3.1). 
 
6.3. Die Rüge des Beschwerdeführers vermag den gesetzlichen Begründungsanfoderungen offensichtlich nicht zu genügen. Die Vorinstanz legt im angefochtenen Entscheid dar, weshalb die Zeugenaussagen von C.________ vom 1. Juni 2016 nicht glaubhaft und im Gegenteil auf deren späteres Geständnis abzustellen ist, wonach sie sich zur wahrheitswidrigen Zeugenaussage überreden liess. Letztere Aussagen von C.________ werden gemäss der Vorinstanz auch durch die Telefonverbindungen zwischen ihr und dem Beschwerdeführer und die Aussagen ihres damaligen Freundes D.________ untermauert (angefochtenes Urteil E. 3.2 f. S. 22 ff.). Die Vorinstanz legt zudem dar, B.A.________ sei von mehreren Zeugen übereinstimmend als Täter des Vorfalls vom 1. Januar 2015 identifiziert worden. Er sei mit Urteil vom 2. November 2017 wegen versuchter schwerer und einfacher Körperverletzung rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden (angefochtenes Urteil E. 3.4 S. 27 f.). Der Beschwerdeführer beschränkt sich darauf, einzelne Erwägungen der Vorinstanz als unzutreffend zu beanstanden. Weshalb die vorinstanzliche Beweiswürdigung im Ergebnis geradezu willkürlich sein könnte, zeigt er jedoch nicht ansatzweise auf.  
Der Beschwerdeführer wollte mit der psychiatrischen Kurzbeurteilung betreffend B.A.________ vom 31. Mai 2016 belegen, dass die Zeugenaussagen von C.________ vom 1. Juni 2016 entgegen ihren späteren Aussagen der Wahrheit entsprechen. Indes gibt die psychiatrische Kurzbeurteilung vom 31. Mai 2016 in den vom Beschwerdeführer angerufenen Passagen lediglich Aussagen von B.A.________ anlässlich der Explorationsgespräche wieder. B.A.________ bestritt darin, die ihm vorgeworfenen Körperverletzungen begangen zu haben, und machte im Einklang mit den (durch Zeugenaussagen Dritter widerlegten) Aussagen von C.________ vom 1. Juni 2016 geltend, er habe in der Tatnacht an der Tramhaltestelle geschlafen und sei von seinem Vater nach einem Anruf mit seinem entsperrten Telefon abgeholt und anschliessend nach Hause gefahren worden. Die psychiatrische Kurzbeurteilung vom 31. Mai 2016 hat daher keine über eine blosse Tatbestreitung durch B.A.________ hinausgehende Beweiskraft. Unerheblich ist folglich, ob es sich beim Datum "01.01.2016" um einen Tippfehler handelt oder ob B.A.________, der sich gemäss der Vorinstanz seit Februar 2016 in psychiatrisch-psychotherapeutischer Behandlung befand, bewusst eine falsche Jahreszahl angab, um einen "zeitlichen Konnex" herzustellen, wovon die Vorinstanz ausgeht. 
 
7.  
Die Beschwerden sind abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Verfahren 6B_475/2022 und 6B_476/2022 werden vereinigt. 
 
2.  
Die Beschwerden werden abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 6'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 5. April 2023 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari 
 
Die Gerichtsschreiberin: Unseld