Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_204/2023  
 
 
Urteil vom 5. Oktober 2023  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichterinnen Heine, Viscione, 
Gerichtsschreiber Hochuli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Suva 
Abteilung Militärversicherung, 
Service Center, 6009 Luzern, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, 
vertreten durch Advokat Christoph Rudin, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Militärversicherung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 31. Januar 2023 
(S 22 121). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________, geboren 1957, leidet seit 2017 an einer klonalen reifzelligen B-Zell-Neoplasie, am ehesten einer CLL (chronische lymphatische Leukämie), aufgrund welcher eine Immunsuppression besteht. Während des Militärdienstes wurde er am 25. Juni 2021 bei einer unverschuldeten Frontalkollision mit einem auf seiner Fahrspur entgegenkommenden Auto im Leissigentunnel auf dem Führersitz seines Personenwagens eingeklemmt und musste von der Feuerwehr geborgen und mit der Rega ins Inselspital nach Bern geflogen werden. Die Kollisionsgegnerin verstarb auf der Unfallstelle. A.________ zog sich bei diesem Unfall unter anderem Frakturen mehrerer Rippen und beider Fussgelenke zu. Nach der stationären Primärversorgung konnte er für die Dauer vom 6. Juli 2021 bis 12. Oktober 2021 zur stationären Rehabilitation ins Rehazentrum Valens verlegt werden. Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Abteilung Militärversicherung (fortan: Suva-MV oder Beschwerdeführerin) übernahm die Heilbehandlung und richtete ein Taggeld aus. Nach der operativen Osteosynthese-Materialentfernung (OSME) vom 12. Oktober 2021 folgte vom 14. Oktober bis 6. November 2021 eine weitere stationäre Rehabilitation in Valens. Am 11. Januar 2022 nahm A.________ seine Arbeit im Homeoffice wieder auf. Mit Schreiben vom 17. August 2022 reichte er der Suva-MV ein Kostenrückerstattungsgesuch unter anderem für ungedeckte Einzelzimmerzuschläge während der stationären Reha-Aufenthalte ein. Mit Verfügung vom 7. September 2022, bestätigt durch Einspracheentscheid vom 27. Oktober 2022, verneinte die Suva-MV für den Reha-Aufenthalt vom 6. Juli bis 12. Oktober 2021 eine Leistungspflicht hinsichtlich der ungedeckten Einzelzimmerzuschläge im Betrag von Fr. 16'120.-. 
 
B.  
Die hiergegen erhobene Beschwerde des A.________ hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden gut, soweit es darauf eintrat, und hob den Einspracheentscheid vom 27. Oktober 2022 auf. Es wies die Sache zu weiteren Abklärungen und neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an die Suva-MV zurück (Urteil vom 31. Januar 2023). 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die Suva-MV die Aufhebung des angefochtenen Urteils. Zudem sei die Haftung und Leistungspflicht der Suva-MV für die Einzelzimmerzuschläge während des Rehabilitationsaufenthalts in den Kliniken Valens zu verneinen. 
Während A.________ auf Beschwerdeabweisung schliesst, verzichten die Vorinstanz und das Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die (weiteren) Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 146 V 331 E. 1). 
 
2.  
 
2.1. Rückweisungsentscheide, mit denen eine Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen wird, gelten grundsätzlich als Zwischenentscheide, weil sie das Verfahren nicht abschliessen; sie können nur unter den in Art. 93 Abs. 1 BGG genannten Voraussetzungen beim Bundesgericht angefochten werden (BGE 140 V 282 E. 2, 133 V 477 E. 4.2; Urteil 8C_643/2021 vom 26. April 2022 E. 1.2). Die Zulässigkeit der Beschwerde setzt - alternativ - voraus, dass der Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Abs. 1 lit. a) oder dass die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Abs. 1 lit. b).  
 
2.2. Die selbstständige Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden bildet aus prozessökonomischen Gründen eine Ausnahme vom Grundsatz, dass sich das Bundesgericht mit jeder Angelegenheit nur einmal befassen soll (BGE 142 III 798 E. 2.2 S. 801; BGE 141 III 80 E. 1.2 S. 81). Die Ausnahme ist restriktiv zu handhaben (BGE 144 III 475 E. 1.2 i.f. mit Hinweisen).  
 
3.  
Die Beschwerdeführerin macht einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil geltend. Das angefochtene Rückweisungsurteil schränke ihren Beurteilungsspielraum derart ein, dass sie - je nach Ergebnis der ergänzenden Abklärungen - zum Erlass einer ihres Erachtens rechtswidrigen Verfügung gezwungen werde, wonach sie mangels formeller Beschwer die Haftungsfrage und die richtige Rechtsanwendung nicht mehr überprüfen lassen könne. 
 
3.1. Ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG liegt dann vor, wenn er auch durch einen für die Beschwerde führende Partei günstigen späteren Entscheid nicht mehr behoben werden kann (so etwa BGE 146 I 62 E. 5.3; 141 IV 289 E. 1.2). Rein tatsächliche Nachteile wie die Verfahrensverlängerung oder -verteuerung reichen praxisgemäss nicht aus (BGE 144 III 475 E. 1.2 mit Hinweisen). Wird der Versicherungsträger durch den Rückweisungsentscheid jedoch gezwungen, eine seines Erachtens rechtswidrige Verfügung zu erlassen, so entsteht bei ihm ein irreversibler Nachteil. Dies liegt im Umstand begründet, dass er seinen eigenen Rechtsakt nicht mehr anfechten kann (BGE 133 V 477 E. 5.2.4). Soweit der Rückweisungsentscheid demnach materiellrechtliche Vorgaben beinhaltet, welche die untere Instanz im Rahmen ihres neuen Entscheids befolgen muss, ist diese befugt, beim Bundesgericht Beschwerde zu führen. Anders verhält es sich, wenn einzig zurückgewiesen wird, weil eine Frage ungenügend abgeklärt und deshalb näher zu überprüfen ist, ohne dass damit Anordnungen materiellrechtlicher Natur verbunden sind. In diesem Fall hat die Behörde, an welche zurückgewiesen wird, keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil (statt vieler: BGE 140 V 282 E. 4.2 mit Hinweisen; Urteil 8C_514/2022 vom 25. April 2023 E. 3.2).  
 
3.2. Das kantonale Gericht hat - soweit es auf die Beschwerde eintrat und diese guthiess - die Sache in Dispositiv-Ziffer 1 des angefochtenen Urteils zu weiteren Abklärungen und neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an die Suva-MV zurückgewiesen. Verweist das Dispositiv des Rückweisungsurteils - wie hier - ausdrücklich auf die Erwägungen, werden diese zu dessen Bestandteil und haben, soweit sie - wie hier - zum Streitgegenstand gehören, an der formellen Rechtskraft teil (statt vieler: Urteil 8C_514/2022 vom 25. April 2023 E. 4.1 mit Hinweisen).  
 
3.3. Laut Erwägungen des angefochtenen Urteils hat die Suva-MV den medizinischen Sachverhalt unvollständig festgestellt. Es lägen einander widersprechende Ansichten über die medizinische Notwendigkeit und Zweckmässigkeit einer Unterbringung des Beschwerdegegners in einem Einzelzimmer während des stationären Rehabilitationsaufenthalts in den Kliniken Valens vor. Bei der aus fachärztlicher Sicht - allenfalls unter Beizug einer Fachperson für Infektiologie/Spitalhygiene - mit Blick auf die Erreichung der Rehabilitationsziele zu beantwortenden Frage der Indikation einer Einzelzimmer-Unterbringung sei einerseits der vordienstlich entstandenen klonalen reifzelligen B-Zell-Neoplasie mit Immunsuppression und andererseits der Gefahr einer Corona-Infektion trotz Covid-19-Impfung Rechnung zu tragen. Nach Durchführung der weiteren Abklärungen im Sinne der Erwägungen habe die Beschwerdeführerin neu zu entscheiden.  
Die Beschwerdeführerin legt nicht hinreichend substanziiert dar (zur entsprechenden Begründungspflicht vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 144 III 475 E. 1.2; 137 III 324 E. 1.1; je mit Hinweisen) und es ist nicht ersichtlich, inwiefern sie aufgrund materiellrechtlicher Vorgaben gemäss angefochtenem Urteil dazu gezwungen wäre, eine ihres Erachtens rechtswidrige Verfügung zu erlassen, welche sie nicht mehr anfechten könnte (vgl. E. 3.1). Nach Ergänzung des medizinischen Sachverhalts wird sie vielmehr über ihre Haftung und Leistungspflicht hinsichtlich der ungedeckten Einzelzimmerzuschläge im Betrag von Fr. 16'120.- neu zu entscheiden haben. Folglich fehlt es an einem nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG
 
3.4. Ein Eintreten auf die Beschwerde gestützt auf Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG fällt ausser Betracht. Zwar wäre ein sofortiger Endentscheid möglich, indessen bliebe damit klarerweise kein weitläufiges Beweisverfahren im Sinne dieser Bestimmung erspart. Abgesehen davon stellt die selbstständige Anfechtbarkeit eines Zwischenentscheids aus prozessökonomischen Gründen auch diesbezüglich eine Ausnahme dar, welche restriktiv zu handhaben ist (vgl. statt vieler: BGE 139 V 99 E. 2.4; SVR 2011 IV Nr. 57, 8C_958/2010 E. 3.3.2.2.; Urteil 8C_514/2022 vom 25. April 2023 E. 4.3 mit Hinweis).  
 
4.  
Die Gerichtskosten sind der unterliegenden Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 erster Satz BGG), welche dem Beschwerdegegner überdies eine Parteientschädigung auszurichten hat (Art. 68 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 2. Kammer als Versicherungsgericht, und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 5. Oktober 2023 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Maillard 
 
Der Gerichtsschreiber: Hochuli