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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_268/2023  
 
 
Urteil vom 31. August 2023  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Bundesrichterin Hänni, 
Bundesrichterin Ryter, 
Gerichtsschreiber Weber. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Migrationsamt des Kantons Zürich, 
Berninastrasse 45, 8090 Zürich, 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, Neumühlequai 10, 8090 Zürich. 
 
Gegenstand 
Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2. Abteilung, vom 15. März 2023 (VB.2023.00016). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der 1990 geborene nordmazedonische Staatsangehörige A.________ heiratete am 15. September 2015 in seinem Heimatland die 1995 geborene ungarische Staatsangehörige B.________. Am 17. September 2015 reiste er gemeinsam mit seiner Ehefrau in die Schweiz ein und ersuchte hier gleichentags um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei seiner Ehegattin. Gestützt hierauf erteilte ihm das Migrationsamt des Kantons Zürich am 7. Dezember 2015 eine Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA mit Gültigkeit bis zum 16. September 2020. 
 
B.  
Am 20. Juli 2020 ersuchte A.________ um Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA und gab dabei an, mit seiner Ehegattin zusammenzuwohnen. Aufgrund eines Hinweises vom 4. Juni 2020 ging das Migrationsamt dem Verdacht einer lediglich zur Aufenthaltssicherung eingegangenen Ehe nach. In der diesbezüglichen Untersuchung erhärteten sich die Indizien für eine Scheinehe und es stellte sich heraus, dass die Ehegattin gemäss Informationen der (auch für Ungarn zuständigen) Schweizer Botschaft in Österreich seit dem 17. November 2018 Mutter einer ausserehelichen Tochter ist und am 2. August 2019 einen anderen Mann heiratete. Ausserdem meldete sich die Ehegattin per 11. Juli 2020 aus der Schweiz ab. 
Mit Verfügung vom 15. August 2022 verweigerte das Migrationsamt A.________ die Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA unter Ansetzung einer Ausreisefrist bis zum 15. November 2022. Die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich sowie das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich wiesen die dagegen erhobenen kantonalen Rechtsmittel mit Rekursentscheid vom 9. Dezember 2022 bzw. Urteil vom 15. März 2023 ab. 
 
C.  
A.________ beantragt vor Bundesgericht, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 15. März 2023 sei aufzuheben und das Migrationsamt sei anzuweisen, die Aufenthaltsbewilligung zu verlängern. 
Die Abteilungspräsidentin hat der Beschwerde mit Verfügung vom 12. Mai 2023 antragsgemäss die aufschiebende Wirkung erteilt. 
 
Das Verwaltungsgericht beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das Migrationsamt, die Sicherheitsdirektion und das Staatssekretariat für Migration lassen sich nicht vernehmen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts, der grundsätzlich der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unterliegt (vgl. Art. 82 lit. a BGG, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG, Art. 90 BGG). Auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten jedoch nur zulässig, wenn das Bundesrecht oder das Völkerrecht einen Anspruch auf die Bewilligung einräumt (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG e contrario). Der Beschwerdeführer macht in knapp vertretbarer Weise einen Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltsbewilligung gestützt auf Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG geltend (vgl. Urteile 2C_1056/2021 vom 7. Juli 2022 E. 1; 2C_574/2019 vom 9. Dezember 2019 E. 1.2). Ob ein Anspruch besteht, bildet eine Frage der materiellen Prüfung und keine solche des Eintretens (BGE 147 I 268 E. 1.2.7; 139 I 330 E. 1.1; 137 I 305 E. 2.5). Die Beschwerde wurde zudem unter Einhaltung der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 und Art. 46 Abs. 1 lit. a BGG) formgerecht (Art. 42 BGG) eingereicht und der Beschwerdeführer ist zur Erhebung des Rechtsmittels legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist somit einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. Mit der Beschwerde kann namentlich die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und lit. b BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), wobei es - unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 2 BGG) - nur die geltend gemachten Vorbringen prüft, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 142 I 135 E. 1.5). Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten, insbesondere des Willkürverbots, gilt eine qualifizierte Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 143 II 283 E. 1.2.2; 142 I 135 E. 1.5; 138 I 274 E. 1.6).  
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann nur gerügt oder vom Bundesgericht von Amtes wegen berichtigt oder ergänzt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 97 Abs. 1 bzw. Art. 105 Abs. 2 BGG). Eine entsprechende Rüge ist rechtsgenüglich substanziiert vorzubringen (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 139 I 72 E. 9.2.3.6; 133 II 249 E. 1.4.3) und setzt zudem voraus, dass die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Zur Sachverhaltsfeststellung gehört auch die auf Indizien gestützte Beweiswürdigung (BGE 140 III 264 E. 2.3; Urteile 2C_468/2019 vom 18. November 2019 E. 1.2, nicht publiziert in: BGE 146 II 49; 2C_437/2021 vom 18. August 2021 E. 3.1).  
 
3.  
Der Beschwerdeführer rügt eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung durch die Vorinstanz. Er zieht namentlich gewisse Indizien in Zweifel, derer sich die Vorinstanz bediente, um den Nachweis einer Scheinehe zu erbringen. Wie es sich damit verhält, kann offen bleiben: Die Sachverhaltsfeststellung betreffend Rechtsmissbrauch erweist sich im Folgenden als nicht entscheidwesentlich, weil die Beschwerde bereits aus anderen Gründen abzuweisen ist (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG). 
 
4.  
 
4.1. Der Beschwerdeführer macht einen nachehelichen Aufenthaltsanspruch gemäss Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG in Verbindung mit Art. 7 lit. d FZA (SR 0.142.112.681) sowie Art. 3 Anhang I zum FZA geltend. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz liege, so bringt er vor, kein rechtsmissbräuchliches Verhalten vor.  
 
4.2. Bevor auf die Rüge der Verletzung von Art. 50 AIG im Zusammenhang mit dem Freizügigkeitsabkommen und dem Vorwurf des Rechtsmissbrauchs einzugehen ist, ist im Rahmen der Rechtsanwendung von Amtes wegen (E. 2.1) zu prüfen, ob diese Bestimmung überhaupt anwendbar ist (vgl. BGE 144 II 1 E. 4.2).  
 
4.2.1. Gemäss Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG (in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 AIG) besteht nach Auflösung der Ehe oder der Familiengemeinschaft der Anspruch des Ehegatten und der Kinder auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung nach den Art. 42 und 43 AIG weiter, wenn die Ehegemeinschaft mindestens drei Jahre bestanden hat und eine erfolgreiche Integration besteht. Dieser Aufenthaltsanspruch knüpft gemäss dem Wortlaut des Gesetzes an diejenigen von Art. 42 und 43 AIG an und setzt damit voraus, dass die Ehegattin, von der die Bewilligung abgeleitet wurde, das Schweizer Bürgerrecht oder eine Niederlassungsbewilligung in der Schweiz besass. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung sind im Lichte des Diskriminierungsverbots von Art. 2 FZA ehemalige Ehegatten von EU-Angehörigen gleich zu behandeln wie die ehemaligen Ehegatten von Schweizer Bürgern. Art. 50 AIG ist folglich auch dann anzuwenden, wenn die ehemalige Ehegattin nur eine Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA und nicht eine Niederlassungsbewilligung besitzt (BGE 144 II 1 E. 4.7; Urteile 2C_1056/2021 vom 7. Juli 2022 E. 4.3.1; 2C_71/2021 vom 7. Mai 2021 E. 5.2). Die Anwendung von Art. 2 FZA ist indes in jedem Fall abhängig von einem aktuellen Aufenthaltsanspruch der EU-angehörigen Ex-Ehegattin; hat diese kein Anwesenheitsrecht in der Schweiz mehr, entfällt auch das Diskriminierungsverbot für die Regelung ihrer familiären Beziehungen (BGE 144 II 1 E. 4.7; Urteile 2C_812/2020 vom 23. Februar 2021 E. 2.2.1; 2C_71/2021 vom 7. Mai 2021 E. 5.2; 2C_574/2019 vom 9. Dezember 2019 E. 3.1).  
 
4.2.2. Die Vorinstanz hat festgestellt, dass die Ehefrau unbestrittenermassen die Schweiz verlassen hat, nach Ungarn weggezogen ist und sich per 11. Juli 2020 abgemeldet hat. Damit verfügt die EU-Angehörige, von welcher der Beschwerdeführer ursprünglich sein Aufenthaltsrecht abgeleitet hat, selbst über kein Aufenthaltsrecht mehr in der Schweiz (vgl. BGE 144 II 1 E. 4.8; Urteil 2C_1056/2021 vom 7. Juli 2022 E. 4.3.2). Nach dem Gesagten entfallen damit auch sämtliche aus Art. 2 FZA abgeleiteten Ansprüche, da der geltend gemachte Anspruch ausserhalb des Anwendungsbereichs des FZA liegt.  
 
4.2.3. Art. 50 AIG ist in Bezug auf den Beschwerdeführer folglich gleich anwendbar wie gegenüber Drittstaatsangehörigen, d.h. nur unter der Voraussetzung, dass die ehemalige Ehegattin in der Schweiz eine Niederlassungsbewilligung hatte (BGE 144 II 1 E. 4.5 und 4.8). Weder behauptet der Beschwerdeführer, dass seine ehemalige Ehegattin über eine Niederlassungsbewilligung verfügte, noch ergibt sich dies aus dem vorinstanzlichen Sachverhalt. Vielmehr führt der Beschwerdeführer selber aus, dass seine ehemalige Ehegattin lediglich über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt habe (Ziff. 8 und 11 der Beschwerde).  
 
4.3. Vorliegend besteht demnach weder ein aus Art. 2 FZA (in Verbindung mit Art. 50 AIG) abgeleitetes noch ein direkt auf Art. 50 AIG abgestütztes Aufenthaltsrecht. Es erübrigt sich, die einzelnen Anspruchsvoraussetzungen gemäss Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG sowie die Frage des Rechtsmissbrauchs zu prüfen (vgl. BGE 144 II 1 E. 4.8; Urteile 2C_1056/2021 vom 7. Juli 2022 E. 4.3.2; 2C_812/2020 vom 23. Februar 2021 E. 2.2.2).  
 
5.  
Der Beschwerdeführer kann sich nach dem Dargelegten nicht erfolgreich auf ein aus Art. 2 FZA (in Verbindung mit Art. 50 AIG) abgeleitetes oder direkt auf Art. 50 AIG abgestütztes Aufenthaltsrecht berufen. Eine andere Anspruchsgrundlage macht der Beschwerdeführer nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich. 
Die Beschwerde ist unbegründet und damit abzuweisen. Diesem Verfahrensausgang entsprechend hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 31. August 2023 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Der Gerichtsschreiber: F. Weber