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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_479/2023  
 
 
Urteil vom 21. November 2023  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichterin Koch, Bundesrichter Hurni, 
Gerichtsschreiberin Rohrer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Simon Bächtold, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Güterstrasse 33, Postfach, 8010 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Lebenslängliches Tätigkeitsverbot (mehrfache Pornografie), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 20. Februar 2023 (SB220480-O/U/cwo). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Das Bezirksgericht Uster verurteilte A.________ am 13. Januar 2022 wegen mehrfacher Pornografie nach Art. 197 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 StGB zu einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je Fr. 90.--, bei einer Probezeit von 2 Jahren und sprach ein lebenslängliches Tätigkeitsverbot nach Art. 67 Abs. 3 lit. d Ziff. 2 StGB aus. Die Schuldsprüche wie auch die bedingte Geldstrafe erwuchsen unangefochten in Rechtskraft. 
 
B.  
Mit Urteil vom 20. Februar 2023 bestätigte das Obergericht des Kantons Zürich das lebenslängliche Tätigkeitsverbot zweitinstanzlich. 
 
C.  
A.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, von der Anordnung eines lebenslänglichen Tätigkeitsverbots im Sinne von Art. 67 Abs. 3 lit. d Ziff. 2 StGB sei abzusehen. Eventualiter sei die Sache zur erneuten Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen. 
Die kantonalen Akten, nicht jedoch Vernehmlassungen, wurden eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Auf die frist- (Art. 100 Abs. 1 i.V.m. Art. 46 Abs. 1 lit. a BGG) und formgerecht (Art. 42 BGG) eingereichte Beschwerde gegen den kantonal letztinstanzlichen (Art. 80 BGG), verfahrensabschliessenden Entscheid (Art. 90 BGG) eines oberen Gerichts (Art. 86 Abs. 2 BGG) betreffend eine Strafsache (Art. 78 Abs. 1 BGG) ist einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen das Tätigkeitsverbot. Er macht geltend, bei verfassungskonformer Auslegung des Verhältnismässigkeitsprinzips nach Art. 67 Abs. 4bis StGB sei im konkreten Fall auf ein lebenslängliches Tätigkeitsverbot zu verzichten. Ein Tätigkeitsverbot für Konsumenten von verbotener Pornografie sei nicht geeignet, Wiederholungstaten zu verhindern und insoweit unverhältnismässig. Zudem liege ein besonders leichter Fall vor.  
 
2.2. Wird jemand nach Art. 197 Abs. 4 StGB wegen Pornografie, die sexuelle Handlungen mit Minderjährigen zum Inhalt hatte, zu einer Strafe verurteilt, so verbietet ihm das Gericht lebenslänglich jede berufliche und jede organisierte ausserberufliche Tätigkeit, die einen regelmässigen Kontakt zu Minderjährigen umfasst (Art. 67 Abs. 3 lit. d Ziff. 2 StGB). Gemäss Art. 67 Abs. 4bis StGB kann das Gericht in besonders leichten Fällen ausnahmsweise von der Anordnung eines Tätigkeitsverbots nach Abs. 3 oder 4 absehen, wenn ein solches Verbot nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten, wie sie Anlass für das Verbot sind. Von der Anordnung eines Tätigkeitsverbots darf jedoch nicht abgesehen werden, wenn der Täter (lit. a) verurteilt worden ist wegen Menschenhandels (Art. 182), sexueller Nötigung (Art. 189), Vergewaltigung (Art. 190), Schändung (Art. 191) oder Förderung der Prostitution (Art. 195), oder (lit. b) gemäss den international anerkannten Klassifikationskriterien pädophil ist. Nach Art. 67c Abs. 6bis StGB können Verbote nach Art. 67 Abs. 3 und 4 StGB nicht aufgehoben werden.  
 
2.3. Das Bundesgericht hat sich zwischenzeitlich ausführlich zur Frage der Auslegung des Gesetzestextes betreffend das lebenslängliche Tätigkeitsverbot geäussert (BGE 149 IV 161 E. 2.3-2.6; Urteile 6B_1027/2021 vom 5. Juni 2023 E. 2.3.2-2.3.4; 6B_852/2022 vom 26. April 2023 E. 2.2; je mit Hinweisen). Darauf kann vollumfänglich verwiesen werden.  
Ein Absehen von der Anordnung eines Tätigkeitsverbots nach Art. 67 Abs. 3 StGB ist gemäss Wortlaut von Art. 67 Abs. 4bis StGB unter zwei kumulativen Voraussetzungen zulässig: Einerseits muss es sich um einen "besonders leichten Fall" handeln, andererseits darf das Verbot nicht notwendig sein, um den Täter von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten, wie sie Anlass für das Verbot sind. Aus dem Wort "ausnahmsweise" ergibt sich, dass die Bestimmung restriktiv anzuwenden ist und nur bei gewissen Anlasstaten zur Anwendung gelangt. Das zwingende lebenslängliche Tätigkeitsverbot soll die Regel sein (BGE 149 IV 161 E. 2.3-2.6; Urteile 6B_1027/2021 vom 5. Juni 2023 E. 2.3.2; 6B_852/2022 vom 26. April 2023 E. 2.2; je mit Hinweisen). Ist keine besonders leichte Anlasstat gegeben, darf somit auch bei guter Legalprognose nicht auf das Tätigkeitsverbot verzichtet werden (Urteil 7B_143/2022 vom 18. Juli 2023 E. 2.5.1 mit Hinweisen). 
 
2.4.  
 
2.4.1. Die Vorinstanz legt ihrer Beurteilung die Schuldsprüche und den entsprechenden in Rechtskraft erwachsenen Sachverhalt der ersten Instanz zugrunde. Die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen sind für das Bundesgericht verbindlich (Art. 105 Abs. 1 BGG). Soweit die erstinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen in Rechtskraft erwachsen sind, bilden sie nicht Verfahrensgegenstand vor Bundesgericht (vgl. Art. 80 Abs. 1 BGG), zumal sie nicht Gegenstand des angefochtenen Urteils sind. Die erste Instanz erachtete die Anklage als erstellt. Danach hat der Beschwerdeführer vor dem 21. Dezember 2020 verschiedene verbotene Dateien auf seine zwei Mobiltelefone heruntergeladen, darunter 4 Bild- und 2 Filmdateien von eindeutig unter 18-jährigen Mädchen in sexuell aufreizender Pose mit Fokus auf deren Geschlechtsteil sowie von einem eindeutig unter 18-jährigen Jungen beim Sexualverkehr mit einem Huhn bzw. einer Ziege. Weiter seien auf den Telefonen eine Bild- und eine Filmdatei mit sexualbezogenen Handlungen mit Tieren gefunden worden. Schliesslich habe der Beschwerdeführer am 21. Dezember 2020 zwei Bilddateien kinderpornografischen Inhalts (eindeutig unter 18-jährige Mädchen in sexuell aufreizenden Posen mit Fokus auf deren Geschlechtsteil) auf sein Dropbox-Konto heruntergeladen. Der Beschwerdeführer sei am 8. Juni 2021 anlässlich der Hausdurchsuchung im Besitz der genannten Dateien gewesen.  
 
2.4.2. Die Vorinstanz erwägt zur Frage der Verhältnismässigkeit eines Tätigkeitsverbots, der Beschwerdeführer habe bisher weder eine Arbeitsstelle gehabt, welche den Kontakt zu Kindern umfasse, noch habe er eine solche angestrebt. An der Berufungsverhandlung habe er angegeben, dass er sich selbstständig machen und eine Ausbildung zum Lehrmeister absolvieren wolle. Das Tätigkeitsverbot könne sich auf diese Pläne auswirken. Der Beschwerdeführer sei mit 25 Jahren noch jung, weshalb sich ein Tätigkeitsverbot lange Zeit auswirke. Indessen sei die Argumentation nicht stichhaltig, wonach er weder selbst pornografisches Material produziert, noch Kinder missbraucht habe. Für ein Tätigkeitsverbot sei ein Verstoss gegen Art. 197 Abs. 4 StGB ausreichend. Unter dem Titel des besonders leichten Falls führt die Vorinstanz aus, es handle sich um offenkundig pornografische Darstellungen von ca. acht- bis zehnjährigen Mädchen. Die Angabe, er habe die Bilder gespeichert, um sie bei der Polizei zur Anzeige zu bringen, wertet die Vorinstanz angesichts verschiedener Aussagen des Beschwerdeführers als unglaubhaft. Es sei weder von einem singulären Vorfall aus Dummheit noch aus jugendlichem Leichtsinn auszugehen. Beim Beschwerdeführer seien sodann nicht bloss die inkriminierten Dateien entdeckt worden. Vielmehr habe der Beschwerdeführer auch über 64 Bilder mit "Präferenzindikatoren", d.h. mit Bildern von körperlich noch nicht entwickelten acht- bis zehnjährigen leicht bekleideten Mädchen in sexuell aufreizenden Posen verfügt, welche fraglos für pädosexuelle Zwecke erstellt worden seien. Dies gelte, auch wenn dort die Geschlechtsteile - teils nur knapp - nicht sichtbar gewesen seien. Der Beschwerdeführer habe zahlreiche Bilder mit pornografischem Inhalt von noch nicht entwickelten Mädchen auf verschiedenen Speichermedien besessen. Es handle sich nicht um einen besonders leichten Fall nach Art. 67 Abs. 4bis StGB.  
 
2.5. Der Beschwerdeführer erfüllt unstreitig die Voraussetzungen für ein lebenslängliches Tätigkeitsverbot nach Art. 67 Abs. 3 lit. d Ziff. 2 StGB, da er wegen eines darin genannten Katalogdelikts verurteilt wurde. Mit der Vorinstanz handelt es sich nicht um einen leichten Fall nach Art. 67 Abs. 4bis StGB. Die Tatumstände (insbesondere das Herunterladen mehrerer Bilder und Filmdateien mit harter Pornografie; vgl. hierzu E. 2.4.1 hiervor) sowie die ausgesprochene Strafe, in welcher sich das Verschulden widerspiegelt, sprechen gegen einen eigentlichen Bagatellfall (vgl. hierzu E. 2.3 hiervor). Dies gilt umso mehr, als dass ein strenger Massstab angezeigt ist. Schliesslich hat die Vorinstanz dem Beschwerdeführer angesichts der zahlreichen weiteren aufgefundenen Dateien mit "Präferenzindikatoren" zu Recht keine gute Prognose attestiert. Die kumulativen Voraussetzungen für die Annahme eines leichten Falls liegen nicht vor.  
Soweit der Beschwerdeführer nach wie vor behauptet, er habe die Delikte begangen, um die fraglichen Bilder der Polizei zur Anzeige zu bringen oder andere ergänzende Sachverhaltselemente vorbringt, ohne Willkür darzutun, erschöpfen sich seine Ausführungen in allgemeiner appellatorischer Kritik, auf welche das Bundesgericht nicht eintritt (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 114 E. 2.1; je mit Hinweisen). 
 
3.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 21. November 2023 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Die Gerichtsschreiberin: Rohrer