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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_202/2023  
 
 
Urteil vom 21. Dezember 2023  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, 
Bundesrichterin Moser-Szeless, 
Bundesrichter Beusch, Bundesrichterin Scherrer Reber, 
Gerichtsschreiberin Keel Baumann. 
 
Verfahrensbeteiligte 
GastroSocial Ausgleichskasse, 
Buchserstrasse 1, 5001 Aarau, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________ GmbH, 
vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Biedermann, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Erwerbsersatz für Dienstleistende und bei Mutterschaft (Covid-19), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 6. Februar 2023 (200 22 731 EO). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit in Rechtskraft erwachsenen Verfügungen vom 3. und 12. November 2021 forderte die GastroSocial Ausgleichskasse von der A.________ GmbH in der Zeit vom 17. September 2020 bis 31. August 2021 zu viel ausgerichtete Erwerbsausfallentschädigung im Zusammenhang mit den Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (nachfolgend: Corona-Erwerbsersatz) im Betrag von Fr. 21'981.70 zurück, welche für die beiden Arbeitnehmenden in arbeitgeberähnlicher Stellung, B.________ und C.________, bezogen worden war. Ein von der A.________ GmbH gestelltes Gesuch um Erlass der Rückerstattung wies die Ausgleichskasse ab (Verfügung vom 4. August 2022, bestätigt mit Einspracheentscheid vom 28. Oktober 2022). 
 
B.  
Beschwerdeweise liess die A.________ GmbH die Aufhebung des Einspracheentscheides und den Erlass der Rückforderung beantragen. Das angerufene Verwaltungsgericht des Kantons Bern hiess die Beschwerde gut, hob den Einspracheentscheid vom 28. Oktober 2022 auf und wies die Sache an die Ausgleichskasse zurück, damit sie - nach Vornahme der Abklärungen im Sinne der Erwägungen - neu verfüge. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab (Urteil vom 6. Februar 2023). 
 
C.  
Die GastroSocial Ausgleichskasse führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, das kantonale Urteil vom 6. Februar 2023 sei aufzuheben und die Beschwerde gegen den Einspracheentscheid vom 28. Oktober 2022 vollumfänglich abzuweisen. 
In ihrer Vernehmlassung schliesst die A.________ GmbH auf Nichteintreten, eventualiter auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Weiter ersucht sie um unentgeltliche Rechtspflege. Im Nachgang zu ihrer Vernehmlassung reichte sie Unterlagen zu den finanziellen Verhältnissen ein. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Stellungnahme. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft die Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (BGE 149 II 66 E. 1.3 mit Hinweis). 
 
1.1. Die Beschwerde ans Bundesgericht hat unter anderem die Begehren und deren Begründung zu enthalten (Art. 42 Abs. 1 BGG). Dabei ist in der Begründung in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG).  
 
1.1.1. Entgegen der von der Beschwerdegegnerin vertretenen Auffassung (und dem von ihr gestellten Nichteintretensantrag) erfüllt die Beschwerde die Begründungsanforderungen: Die Ausgleichskasse zeigt darin in Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil auf, weshalb sie die vorinstanzliche Herleitung der anwendbaren Bestimmungen für bundesrechtswidrig hält bzw. in der vorinstanzlichen Bejahung der grossen Härte einen Verstoss gegen Art. 25 ATSG in Verbindung mit Art. 5 ATSV sowie gegen weitere Rechtsgrundsätze (Gleichbehandlungsgebot, Untersuchungsgrundsatz und Willkürverbot) erblickt. Sie nimmt dabei in rechtsgenüglicher Weise Bezug auf die für das Ergebnis des angefochtenen Urteils massgebenden Erwägungen und legt dar, welche Rechte bzw. Rechtsnormen die Vorinstanz damit verletzt haben soll.  
 
1.1.2. Nicht gefolgt werden kann der Beschwerdegegnerin auch, soweit sie auf teilweises Nichteintreten schliesst mit der Begründung, das Rechtsbegehren der Ausgleichskasse laute auf Abweisung der gegen den Einspracheentscheid erhobenen Beschwerde. Es trifft zwar zu, dass im bundesgerichtlichen Verfahren nicht der Einsprache-, sondern der vorinstanzliche Entscheid das Anfechtungsobjekt bildet. Das von der Kasse gestellte Beschwerdebegehren ist aber ohne weiteres dahingehend auszulegen, dass es auf die Bestätigung des Einspracheentscheides abzielt. Ohnehin wurde gleichzeitig die Aufhebung des kantonalen Urteils beantragt, was für sich allein bereits genügen würde, denn bei einer Gutheissung dieses Antrages fiele die vorinstanzliche Aufhebung des Einspracheentscheides dahin. Die Eintretensvoraussetzungen sind damit auch in dieser Hinsicht erfüllt.  
 
1.2. Beim angefochtenen Rückweisungsentscheid handelt es sich um einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 Abs. 1 BGG (BGE 140 V 321 E. 3.1; 133 V 477 E. 4.2). Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist somit nur zulässig, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG), oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit und Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG). Nach der Rechtsprechung hat die beschwerdeführende Partei darzutun, dass die Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG erfüllt sind, es sei denn, deren Vorliegen springe geradezu in die Augen (BGE 142 V 26 E. 1.2 mit Hinweisen).  
 
1.2.1. Die Vorinstanz hob den Einspracheentscheid vom 28. Oktober 2022 auf und wies die Sache zu weiteren Abklärungen im Sinne der Erwägungen an die Beschwerdeführerin zurück. Sie stellte sich auf den Standpunkt, für die Prüfung der Erlassvoraussetzung der grossen Härte fänden andere Rechtsgrundlagen als die von der Kasse beigezogenen Anwendung (vgl. dazu im Einzelnen nachstehende E. 5.1). Gestützt darauf sei die grosse Härte entgegen dem Einspracheentscheid zu bejahen und die Kasse zu verpflichten, über den guten Glauben als kumulativ erforderliche Erlassvoraussetzung zu befinden.  
 
1.2.2. Die Beschwerdeführerin äussert sich nicht zu den hier einschlägigen, bei einem Zwischenentscheid geltenden Eintretensvoraussetzungen. Ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ist indessen evident: Die Beschwerdeführerin würde durch das vorinstanzliche Urteil, sollte sie den guten Glauben bejahen, gezwungen, eine ihres Erachtens rechtswidrige Verfügung zu erlassen, und wäre nicht legitimiert, diese anzufechten. Die Beschwerdegegnerin ihrerseits hätte keinen Grund, die neu erlassene Verfügung anzufechten, wenn sie zu ihrem Vorteil ist, so dass es im Ergebnis beim allenfalls rechtswidrigen Entscheid bliebe und das aus Sicht der Beschwerdeführerin falsche Ergebnis nicht mehr korrigiert werden könnte (vgl. BGE 133 V 477 E. 5.2.4). Auf die Beschwerde ist damit auch unter diesem Gesichtspunkt einzutreten.  
 
2.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 147 I 73 E. 2.1; 145 V 57 E. 4.2; je mit Hinweis). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
3.  
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie den das Erlassgesuch abweisenden Einspracheentscheid vom 28. Oktober 2022 aufhob, die grosse Härte als erste Erlassvoraussetzung bejahte und die Sache an die Beschwerdeführerin zurückwies, damit sie den guten Glauben als zweite Erlassvoraussetzung prüfe. 
 
4.  
 
4.1. Die Bestimmungen des ATSG sind auf die Entschädigungen gemäss der Covid-19-Verordnung Erwerbsausfall anwendbar, soweit die Bestimmungen der Verordnung nicht ausdrücklich eine Abweichung vom ATSG vorsehen (Art. 1 der vorliegend anwendbaren, vom 17. März 2020 bis 31. Dezember 2022 gültig gewesenen Verordnung über Massnahmen bei Erwerbsausfall im Zusammenhang mit dem Coronavirus [Covid-19; Covid-19-Verordnung Erwerbsausfall; AS 2020 871] in Verbindung mit Art. 15 Abs. 5 des Bundesgesetzes vom 25. September 2020 über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie [Covid-19-Gesetz; SR 818.102], hier anwendbare, am 17. September 2020 in Kraft getretene [Art. 21 Abs. 3 Covid-19-Gesetz] und inzwischen aufgehobene Bestimmung).  
 
4.2. Gemäss Art. 25 Abs. 1 ATSG sind unrechtmässig bezogene Leistungen zurückzuerstatten (Satz 1). Wer Leistungen in gutem Glauben empfangen hat, muss sie nicht zurückerstatten, wenn eine grosse Härte vorliegt (Satz 2). Rechtsprechungsgemäss steht die Erlassmöglichkeit nicht nur natürlichen, sondern auch juristischen Personen offen (BGE 122 V 270 E. 4; Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts [EVG] I 553/01 vom 28. Juni 2002 E. 2b, publ. in: AHI 2003 S. 159).  
 
4.3. Massgebend für die Beurteilung, ob eine grosse Härte vorliegt, ist der Zeitpunkt, in welchem über die Rückforderung rechtskräftig entschieden ist (Art. 4 Abs. 2 ATSV). Eine grosse Härte im Sinne von Art. 25 Abs. 1 ATSG liegt vor, wenn die vom Bundesgesetz vom 6. Oktober 2006 über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (ELG) anerkannten Ausgaben und die zusätzlichen Ausgaben nach Abs. 4 die nach ELG anrechenbaren Einnahmen übersteigen (Art. 5 Abs. 1 ATSV). Es fehlt eine Regelung, wie die grosse Härte bei juristischen Personen zu beurteilen ist (was bereits unter der vor Inkrafttreten der ATSV geltenden Rechtslage der Fall war [Art. 79 Abs. 1bis AHVV in Kraft bis Ende 2002]; vgl. auch AHI 2003 S. 159, I 553/01 E. 4a).  
 
5.  
 
5.1. Die Vorinstanz erwog, wenn die Ausgleichskasse bei juristischen Personen für die Bejahung der grossen Härte in analoger Anwendung von Art. 40 AHVV eine eingetretene oder unmittelbar drohende Überschuldung verlange (wobei sie den Covid-19-Kredit als Eigen- und nicht als Fremdkapital berücksichtige), trage sie dem Umstand nicht Rechnung, dass sich diese Norm auf den Erlass der Nachforderung von Beiträgen beziehe und es hier um unrechtmässig bezogene Leistungen gehe. Der Corona-Erwerbsersatz sei eine der Kurzarbeitsentschädigung nachgebildete Leistung insbesondere für arbeitgeberähnliche Personen, welche grundsätzlich keine arbeitslosenversicherungsrechtlichen Leistungen beanspruchen könnten. Aus diesem Grund rechtfertige es sich, an den Erlass der Rückerstattung von Corona-Erwerbsersatz keine strengeren Anforderungen zu stellen als bei Kurzarbeitsentschädigungen. In diesem Bereich sei gemäss den Weisungen des Staatssekretariats für Wirtschaft (seco) auf die durchschnittlichen Reingewinne (Positiv-Saldo der Gewinn- und Verlustrechnung/Betriebsrechnung) der letzten drei Jahre abzustellen. Dabei werde das Vorliegen einer grossen Härte bereits dann bejaht, wenn die Rückforderungssumme 20 % des durchschnittlichen Reingewinns von drei Jahren übersteige (AVIG-Praxis RVEI [Rückforderung, Verrechnung, Erlass und Inkasso] Rz. C7). Aufgrund der in den Erfolgsrechnungen der A.________ GmbH in den letzten vier Jahren ausgewiesenen Verluste (31. Dezember 2019: -Fr. 3'530.42; 31. Dezember 2020: -Fr. 33'214.59; 31. Dezember 2022: -Fr. 15'346.90) und des kaum nennenswerten Gewinns (31. Dezember 2021: Fr. 1'545.05) würde eine Rückerstattung der unrechtmässig bezogenen Entschädigung im Betrag von Fr. 21'981.70 die A.________ GmbH offensichtlich in grosse finanzielle Schwierigkeiten bringen. Entgegen der Ausgleichskasse sei die für den Erlass erforderliche Voraussetzung der grossen Härte damit erfüllt.  
 
5.2. Die Ausgleichskasse wendet ein, die Vorinstanz habe die anwendbaren Rechtsgrundsätze unzutreffend hergeleitet, denn der Corona-Erwerbsersatz sei nicht der Kurzarbeitsentschädigung, sondern den allgemeinen EO-Leistungen nachgebildet.  
 
5.2.1. Aus dem Umstand, dass der Corona-Erwerbsersatz unter anderem den arbeitgeberähnlichen Personen zukommen kann, welche keinen Anspruch auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung haben, lässt sich entgegen der Vorinstanz nicht ableiten, dass für die Frage des Erlasses der Rückerstattung die Bestimmungen der Arbeitslosenversicherung analoge Anwendung finden. Näher als diesem Gebiet ist der Corona-Erwerbsersatz dem Bereich der Erwerbsersatzordnung. So wurde in der bundesrätlichen Botschaft vom 12. August 2020 zum Bundesgesetz über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie (Covid-19-Gesetz) festgehalten, dass sich die Leistungen im Zusammenhang mit dem Erwerbsausfall in Bezug auf die Umsetzung und das Verfahren an das System beim Erwerbsersatz gemäss dem Bundesgesetz über den Erwerbsersatz für Dienstleistende, bei Mutterschaft und bei Vaterschaft vom 25. September 1952 (Erwerbsersatzgesetz, EOG; SR 834.1) anlehnen (BBl 2020 6563 ff., S. 6612). Aus diesem Grund finden die Bestimmungen aus dem EO-Bereich auf den Corona-Erwerbsersatz in verschiedenen Fragen und so grundsätzlich auch hier (vgl. E. 5.2.2) analoge Anwendung.  
 
5.2.2. Gemäss Rz. 1077 des Kreisschreibens über die Entschädigung bei Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus - Corona-Erwerbsersatz (KS CE; gültig ab 17. September 2020) gelten in Bezug auf Abtretung, Verpfändbarkeit, Rückerstattung, Erlass und Abschreibung die Rz. 7001-7017 der Wegleitung zur Erwerbsersatzordnung (WEO) sinngemäss. Die sich mit dem Erlass befassende Rz. 7016 WEO verweist auf Rz. 10701-10722 der Wegleitung über die Renten (RWL) in der Eidgenössischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung. Der grossen Härte widmen sich Rz. 10712 ff. RWL. Allerdings geben auch diese Verwaltungsweisungen (zu deren Bedeutung allgemein: BGE 148 V 385 E. 5.2; 145 V 84 E. 6.1.1; 142 V 442 E. 5.2) auf die sich vorliegend stellende Frage keine Antwort.  
 
5.3. Wie bereits in ihrem Einspracheentscheid vertritt die Kasse die Auffassung, für die Beurteilung der grossen Härte sei die zu Art. 40 AHVV ergangene Rechtsprechung analogieweise beizuziehen. Gemäss BGE 113 V 248 setze die grosse Härte bei juristischen Personen eine bestehende oder unmittelbar drohende Überschuldung voraus, wobei eine solche vorliege, wenn die Forderungen der Gesellschaftsgläubiger durch die Aktiven nicht mehr gedeckt seien. Dabei sei ein strenger Massstab anzulegen und der Erlass nur restriktiv zu gewähren (BGE a.a.O. E. 3b).  
 
5.3.1. Die Vorinstanz folgte der sich an BGE 113 V 248 orientierenden Betrachtungsweise der Ausgleichskasse nicht, dies unter Hinweis darauf, dass es hier nicht um den Erlass der Nachzahlung von Beiträgen, sondern um den Erlass der Rückerstattung von Leistungen gehe, in welchem Bereich sich gemäss dem Urteil I 553/01 vom 28. Juni 2002 (publ. in: AHI 2003 S. 159) ein milderer Massstab rechtfertige.  
 
5.3.2. Dem Urteil I 553/01 vom 28. Juni 2002, auf welches sich die Vorinstanz beruft, lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine Arbeitgeberin hatte ihrem Arbeitnehmer trotz verminderter Arbeitsfähigkeit den vollen Lohn (nach ihren Angaben Fr. 45'000.-) ausgerichtet. Im Gegenzug liess sie sich von der Ausgleichskasse die dem Arbeitnehmer später von der IV-Stelle rückwirkend zugesprochene Invalidenrente (im Betrag von Fr. 27'976.-) auszahlen. Als sich im Nachhinein herausstellte, dass die Drittauszahlung zu Unrecht erfolgt war, forderte die IV-Stelle die Arbeitgeberin zur Rückerstattung der Rentenbetreffnisse auf, wozu sich diese - aus der zu Unrecht erfolgten Zahlung lagen keine Mittel mehr vor - nicht in der Lage sah. Das Eidg. Versicherungsgericht erwog, es beständen durchaus Gründe, für die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage einer Aktiengesellschaft betreffend den Beitragserlass einen strengeren Massstab anzuwenden als betreffend den Erlass der Rückerstattung von Leistungen. So sei der Erlass der Nachzahlung nur restriktiv zu gewähren, weil er eine Ausnahme vom Grundprinzip der Beitragsordnung darstelle, welche, ohne Rücksicht auf die finanzielle Leistungsfähigkeit, auf der Erhebung von Lohnprozenten beruhe. Demgegenüber rechtfertige es sich, beim Erlass der Rückerstattung von Leistungen vermehrt den besonderen Umständen des Einzelfalles Rechnung zu tragen und eine grosse Härte ausnahmsweise auch dann zu bejahen, wenn noch keine Überschuldung bestehe oder unmittelbar drohe, die Rückerstattung die Gesellschaft aber in ernste finanzielle Schwierigkeiten bringen würde (E. 4a). Besondere, einen milderen Massstab rechtfertigende Umstände wurden im damals zu beurteilenden Sachverhalt darin erblickt, dass sich die Arbeitgeberin durch den Bezug der zu Unrecht an sie ausbezahlten Leistungen nicht bereichert, sondern dem Versicherten entsprechende Vorschussleistungen erbracht hatte. Weiter wurde berücksichtigt, dass aus den zu Unrecht erfolgten Zahlungen auch keine Mittel mehr vorlagen, aus welchen die Rückerstattung hätte erfolgen können. Unter diesen besonderen Gegebenheiten liess das Gericht für die Erlassvoraussetzung der grossen Härte genügen, dass die Rückerstattung die Gesellschaft in ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten gebracht hätte, denn die Rückforderungssumme betrug rund 41 % des durchschnittlichen Gewinns der vergangenen drei Jahre bzw. 72 % des durchschnittlichen Gewinns der vergangenen fünf Jahre (E. 4b).  
 
5.3.3. Soweit die Vorinstanz den milderen Massstab nun allerdings bereits deshalb für anwendbar hält, weil es um die Rückerstattung von Leistungen geht, hält sie sich nicht an das im Urteil I 553/01 vom 28. Juni 2002 Entschiedene. Wie sich aus den diesbezüglichen, in E. 5.3.2 hiervor wiedergegebenen Urteilserwägungen (insbesondere E. 4a) ergibt, setzt der mildere Massstab voraus, dass im konkret zu beurteilenden Fall besondere Umstände vorliegen, welche weniger strenge Anforderungen als gerechtfertigt erscheinen lassen. Die mithin entscheidende Frage, ob auch der hier vorliegende Sachverhalt in diesem Sinne speziell gelagert ist, wurde im angefochtenen Urteil nicht geprüft. Während die Beschwerdegegnerin behauptet, es lägen analoge Verhältnisse vor, stellt die Beschwerdeführerin entsprechende Besonderheiten in Abrede.  
 
5.3.4. Im Unterschied zum Urteil I 553/01 vom 28. Juni 2002, wo die zur Rückerstattung verpflichtete Arbeitgeberin ihrem Arbeitnehmer kulanterweise Vorschussleistungen erbracht hatte, aus welchen ihr keinerlei Vorteile erwuchsen, stehen hier Zahlungen zur Diskussion, welche die A.________ GmbH für ihre Inhaber bzw. ihre Arbeitnehmenden in arbeitgeberähnlicher Stellung (B.________ und C.________) erhalten hatte, womit der für sie daraus resultierende Vorteil offensichtlich ist. Der hier zu beurteilende Sachverhalt weist insofern keine Parallelen zu dem am 28. Juni 2002 beurteilten auf. Auch anderweitig sind keine speziellen Umstände ersichtlich, welche ausnahmsweise für eine mildere Betrachtung sprechen könnten. Damit gilt für die Beurteilung der grossen Härte der (grundsätzlich anwendbare) strenge Massstab. Mit anderen Worten kann die entsprechende Erlassvoraussetzung nur bejaht werden, wenn eine Überschuldung eingetreten ist oder unmittelbar droht. Eine solche liegt bei einer GmbH gemäss Art. 725 in Verbindung mit Art. 820 OR (je in der hier anwendbaren, bis 31. Dezember 2022 in Kraft gewesenen Fassung) vor, wenn durch Kapitalverluste das gesamte Eigenkapital und sogar ein Teil des Fremdkapitals nicht mehr gedeckt sind, weder zu Fortführungs- noch zu Liquidationswerten.  
 
5.4. Entsprechend dem Grundsatz, dass für die Beurteilung, ob eine grosse Härte vorliegt, der Zeitpunkt massgebend ist, in welchem über die Rückforderung rechtskräftig entschieden wurde (Art. 4 Abs. 2 ATSV), sind hier die finanziellen Verhältnisse im März 2022 relevant, denn die gegen die Rückforderungsverfügungen erhobene Einsprache wurde am 7. März 2022 zurückgezogen. Es steht fest und ist unter den Parteien unbestritten, dass sich die wirtschaftliche Lage der A.________ GmbH am 31. März 2022 wie folgt präsentierte: Stammkapital von Fr. 20'000.-, Verlustvortrag von -Fr. 21'585.28 und Jahresverlust von -Fr. 11'307.57. Weiterungen zu diesen Faktoren erübrigen sich.  
 
5.4.1. Die Parteien sind sich demgegenüber uneinig, ob der Covid-Kredit von Fr. 52'000.- als Eigen- oder als Fremdkapital zu berücksichtigen ist (welche Frage die Vorinstanz bei dem von ihr eingeschlagenen Lösungsweg offenlassen konnte). Während die Beschwerdegegnerin den Kredit, allgemeinen Regeln folgend, als Fremdkapital betrachtet, macht die Beschwerdeführerin gestützt auf Art. 24 des Bundesgesetzes vom 18. Dezember 2020 über Kredite mit Solidarbürgschaft infolge des Coronavirus (Covid-19-Solidarbürgschaftsgesetz, Covid-19-SBüG, SR 951.26) Eigenkapital geltend.  
 
5.4.2. Nach Art. 24 Abs. 1 Covid-19-SBüG in der hier anwendbaren, bis 31. Dezember 2022 in Kraft gewesenen Fassung werden für die Berechnung der Deckung von Kapital und Reserven nach Art. 725 Abs. 1 OR und für die Berechnung einer Überschuldung nach Art. 725 Abs. 2 OR (je ebenfalls in der bis 31. Dezember 2022 in Kraft gewesenen Fassung) Kredite, die gestützt auf Art. 3 Covid-19-SBüV (AS 2020 1077; Kredite bis Fr. 500'000.-) verbürgt werden, nicht als Fremdkapital berücksichtigt. Gemäss Abs. 2 derselben Bestimmung gilt dies sinngemäss für alle Rechtsformen, die einer entsprechenden Anzeigepflicht unterstehen, mithin auch für die GmbH (Art. 820 OR in der bis 31. Dezember 2022 gültig gewesenen Fassung).  
 
5.4.3. In der Botschaft des Bundesrats vom 18. September 2020 zum Bundesgesetz über Kredite mit Solidarbürgschaft infolge des Coronavirus (BBl 2020 8477 ff.) wird ausgeführt, dass für die Berechnung der Deckung von Kapital und Reserven bzw. einer Überschuldung (Art. 725 Abs. 1 und 2 OR) die gestützt auf Art. 3 Covid-19-SBüV vergebenen, zu 100 Prozent verbürgten Covid-19-Kredite bis Fr. 500'000.- nicht als Fremdkapital berücksichtigt würden. Gemäss Rechnungslegung blieben sie aber Fremdkapital und auch im Fall eines Konkurses seien sie als solches zu berücksichtigen (S. 8525). Der Bundesrat stellte damit klar, dass auch für diese Covid-Kredite in anderen Bereichen als dem hier spezialgesetzlich geregelten Sachverhalt der allgemeine Grundsatz gilt, wonach Kredite (handelsrechtlich) Fremdkapital darstellen. Mit der in Art. 24 Covid-19-SBüG formulierten Ausnahme wurde bezweckt, zu verhindern, dass bei Kreditnehmern gerade wegen des ihnen gewährten Covid-Kredites eine der in Art. 725 OR beschriebenen Situationen (Kapitalverlust, Überschuldung) eintritt, in welcher sie gesetzlich verpflichtet sind, Massnahmen zu treffen, so insbesondere das Gericht zu benachrichtigen (vgl. dazu auch Botschaft, a.a.O., S. 8525). Ohne diese Spezialregelung hätte die Gefahr bestanden, dass die mit den Covid-Krediten beabsichtigte Entlastung der Unternehmen in einem pandemiebedingt schwierigen wirtschaftlichen Umfeld ins Gegenteil verkehrt worden wäre. In den parlamentarischen Beratungen wurde denn auch betont, dass die Covid-Kredite zum Ziel hätten, die Liquidität der Unternehmen zu sichern, und mit deren Qualifikation als Eigenkapital vermieden werden könne, dass die Unternehmen durch die Covid-Kredite in eine Situation der Überschuldung oder des Konkurses geraten würden (vgl. Voten Schmid, AB 2020 S 1173 f., und Levrat, AB 2020 S 1174 f.; vgl. auch Voten Zanetti, AB 2020 S 252 f., und Widmer, AB 2020 N 505 f., zur Motion [20.3156] "Solidarbürgschaftskredite für die gesamte Dauer der Solidarbürgschaft nicht als Fremdkapital berücksichtigen"). Auch wenn die Bestimmung des Art. 24 Abs. 1 Covid-19-SBüG sehr allgemein formuliert ist, zielt sie mithin allein darauf ab, die Unternehmen im Fall von Kapitalverlust oder Überschuldung von der Anzeigepflicht nach Art. 725 OR zu befreien. Mit anderen Worten war es nicht die Absicht des Gesetzgebers, Covid-Krediten generell den Charakter von Fremdkapital abzusprechen. Dass die Covid-Kredite bei der Fragestellung, ob nach Art. 725 OR vorzugehen ist, als Eigenkapital gelten, ändert nämlich nichts daran, dass sie als Fremdkapital die Gesellschaft belasten und gemäss Art. 3 Abs. 2 Covid-19-SBüG innerhalb von acht Jahren vollständig amortisiert werden müssen (wobei diese Frist gemäss Art. 3 Abs. 3 Covid-19-SBüG verlängert werden kann, wenn die fristgerechte Amortisation eine erhebliche Härte bedeuten würde). In diesem Sinne macht es für die wirtschaftlichen Verhältnisse einer Gesellschaft keinen wesentlichen Unterschied, ob sie einen Covid- oder einen anderen Kredit aufgenommen hat. Würde man die Covid-Kredite auch in anderen Situationen, in denen die finanzielle Lage einer Gesellschaft zu beurteilen ist, d.h. ausserhalb des Anwendungsbereichs von Art. 24 Covid-19-SBüG, als Eigenkapital qualifizieren, würde die mit dieser Norm beabsichtigte Wohltat ihres Sinnes entleert. Aus diesem Grund sind auch im Rahmen des hier zur Diskussion stehenden Erlasses der Rückerstattung von Corona-Erwerbsersatz bei der Prüfung der Frage, ob eine Überschuldung besteht oder unmittelbar droht, Covid-19-Kredite - wie alle anderen Kredite, ungeachtet der Bestimmung von Art. 24 Covid-19-SBüG - als Fremdkapital zu berücksichtigen.  
 
5.4.4. Die Berechnung der Beschwerdeführerin, in welcher der Covid-19-Kredit von Fr. 52'000.- als Eigenkapital figuriert (ermitteltes Eigenkapital von total Fr. 39'107.15), erweist sich nach dem in E. 5.4.3 Gesagten als bundesrechtswidrig. Bei entsprechender Korrektur, d.h. unter Berücksichtigung des Covid-19-Kredites als Fremdkapital, belief sich das Eigenkapital der Beschwerdegegnerin am 31. März 2022 auf -Fr. 12'892.85 (Fr. 20'000.- - Fr. 21'585.28 - Fr. 11'307.57), womit eine Überschuldung vorlag. Bei dieser Sachlage ist die grosse Härte (als erste Voraussetzung für den Erlass der Rückerstattungsschuld) zu bejahen.  
 
5.5. Zusammenfassend ergibt sich, dass das vorinstanzliche Urteil, in welchem die Erlassvoraussetzung der grossen Härte bejaht und die Sache zur Prüfung des guten Glaubens an die Beschwerdeführerin zurückgewiesen wurde, im Ergebnis kein Bundesrecht verletzt.  
 
6.  
Entsprechend dem Prozessausgang hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und der Beschwerdegegnerin eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Damit wird deren Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege (Prozessführung, Verbeiständung) gegenstandslos. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 21. Dezember 2023 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Die Gerichtsschreiberin: Keel Baumann