Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
5A_939/2014  
   
   
 
 
 
Urteil vom 12. August 2015  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter von Werdt, Präsident, 
Bundesrichter Schöbi, Bovey, 
Gerichtsschreiberin Friedli-Bruggmann. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.A.________, 
vertreten durch Advokat Dr. Rolf Jucker, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
B.A.________, 
vertreten durch Advokatin Ama Mülthaler, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Ehescheidung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Zivilgericht, 1. Kammer, vom 2. September 2014. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die am 1. Juli 1988 geschlossene Ehe zwischen A.A.________ (Beschwerdeführerin) und B.A.________ (Beschwerdegegner) wurde mit Urteil des Gerichtspräsidiums Laufenburg vom 28. Februar 2014 geschieden. Das Gerichtspräsidium genehmigte dabei eine Teilvereinbarung der Parteien vom 5. Dezember 2013 über die Scheidungsfolgen (betreffend Teilung der Pensionskassenguthaben, Übernahme der gemeinsamen Liegenschaft durch die Ehefrau zu Alleineigentum, güterrechtliche Auseinandersetzung). Soweit nachfolgend noch strittig, verpflichtete das Gerichtspräsidium sodann den Beschwerdegegner folgende monatliche Unterhaltsbeiträge an die Beschwerdeführerin zu leisten: Fr. 4'590.-- ab Rechtskraft des Scheidungsurteils bis zum 31. Januar 2015; Fr. 3'880.-- ab 1. Februar 2015 bis zum 31. Dezember 2028. Die Parteien haben zwei volljährige Kinder. 
 
B.  
 
B.a. Der Beschwerdegegner erhob am 2. April 2014 Berufung beim Obergericht des Kantons Aargau und verlangte, es sei festzustellen, dass er der Beschwerdeführerin keinen nachehelichen Unterhalt zu zahlen habe. Eventualiter sei er zu monatlichen Unterhaltsbeiträgen von Fr. 1'213.-- bis zum 31. Januar 2015 zu verpflichten. Subeventualiter seien die Unterhaltsbeiträge auf Fr. 1'213.-- bis zum 31. Januar 2015 und Fr. 1'000.-- ab dem 1. Februar 2015 bis zum 1. Januar 2018, eventualiter bis zum 1. Januar 2020, festzusetzen.  
 
B.b. Die Beschwerdeführerin beantragte mit Berufungsantwort vom 23. Mai 2014 die Abweisung der Berufung. Der Beschwerdegegner ergänzte am 26. Mai 2014 seine Berufungsanträge in einem nachfolgend nicht (mehr) strittigen Punkt. Am 13. August 2014 reichte die Beschwerdeführerin eine Bestätigung ihrer Arbeitgeberin nach.  
 
B.c. Das Obergericht hiess die Berufung mit Urteil vom 2. September 2014 teilweise gut und verpflichtete den Beschwerdegegner, der Beschwerdeführerin monatliche Unterhaltsbeiträge von Fr. 4'411.-- ab Rechtskraft des Scheidungsurteils bis zum 31. Januar 2015 und von Fr. 419.-- ab 1. Februar 2015 bis zum 31. Dezember 2018 zu bezahlen.  
 
C.  
 
C.a. Die Beschwerdeführerin gelangt mit Beschwerde in Zivilsachen vom 27. November 2014 an das Bundesgericht. Sie verlangt die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils. Ihr sei ein indexierter Unterhaltsbeitrag von Fr. 4'411.-- ab Rechtskraft des Scheidungsurteils bis zum 31. Januar 2015 und von Fr. 3'880.-- ab 1. Februar 2015 bis zum 31. Dezember 2028 zuzusprechen. Eventualiter sei die Sache zur Bestimmung des der Beschwerdeführerin möglichen und effektiv zu erzielenden Einkommens an die Vorinstanz zurückzuweisen. Sodann ersucht sie - für den Fall einer Gutheissung der Beschwerde - um Neuregelung der vorinstanzlichen Kosten, eventualiter ebenfalls um Rückweisung.  
 
C.b. Der Beschwerdegegner beantragt mit Beschwerdeantwort vom 11. Mai 2015 die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das Urteil des Obergerichts sei zu bestätigen. Das Obergericht selbst verzichtete ausdrücklich auf eine Vernehmlassung.  
 
C.c. Die Beschwerdeantwort wurde der Beschwerdeführerin zur Wahrung ihres rechtlichen Gehörs zugestellt. Sie verzichtete auf eine weitere Stellungnahme.  
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten sind die Fr. 30'000.-- übersteigenden vermögensrechtlichen Folgen eines kantonal letztinstanzlichen Ehescheidungsurteils (Art. 72 Abs. 1, Art. 74 Abs. 1 lit. b, Art. 75 Abs. 1, Art. 90 BGG). In der Sache ist strittig, in welcher Höhe und für welche Dauer der Beschwerdegegner nachehelichen Unterhalt an die Beschwerdeführerin zu leisten hat. Die Beschwerdeführerin ist gemäss Art. 76 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt. Die Beschwerdefrist (Art. 100 Abs. 1 i.V.m. Art. 46 BGG) ist ebenfalls eingehalten, womit die Beschwerde in Zivilsachen grundsätzlich zulässig ist.  
 
1.2. In rechtlicher Hinsicht sind bei der Beschwerde in Zivilsachen alle Rügen gemäss Art. 95 f. BGG zulässig und das Bundesgericht wendet in diesem Bereich das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254; 132 II 257 E. 2.5 S. 262). Allerdings ist in der Beschwerdeschrift in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). Dabei ist das Bundesgericht grundsätzlich an den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt gebunden (Art. 105 Abs. 1 BGG). Diesbezüglich kann einzig vorgebracht werden, dieser sei offensichtlich unrichtig festgestellt worden (Art. 97 Abs. 1 BGG) oder er beruhe auf einer anderen Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG. Hierfür gilt das strenge Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 254 f.; 134 II 244 E. 2.2 S. 246). Strenge Anforderungen gelten auch für Verfassungsrügen einschliesslich der willkürlichen Anwendung von kantonalem Recht und Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung. Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und soweit möglich belegte Rügen, während es auf ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid nicht eintritt (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246).  
 
 Willkür (Art. 9 BV) in der Beweiswürdigung liegt vor, wenn das Gericht Sinn und Tragweite eines Beweismittels offensichtlich verkannt hat, wenn es ohne sachlichen Grund ein wichtiges Beweismittel, das für den Entscheid wesentlich sein könnte, unberücksichtigt gelassen hat oder wenn es auf Grundlage der festgestellten Tatsachen unhaltbare Schlussfolgerungen getroffen hat. Vorausgesetzt ist dabei, dass die angefochtene Tatsachenermittlung den Entscheid im Ergebnis und nicht bloss in der Begründung als willkürlich erscheinen lässt (vgl. BGE 137 III 226 E. 4.2 S. 234; 136 III 552 E. 4.2 S. 560). 
 
1.3. Soweit die Festsetzung von Unterhalt in Frage steht, ist zu beachten, dass der Sachrichter in verschiedener Hinsicht auf sein Ermessen verwiesen ist (Art. 4 ZGB; BGE 127 III 136 E. 3a S. 141). Bei der Überprüfung solcher Entscheide übt das Bundesgericht eine gewisse Zurückhaltung. Es greift nur ein, wenn die kantonale Instanz von dem ihr zustehenden Ermessen falschen Gebrauch gemacht hat (BGE 128 III 161 E. 2c/aa S. 162; 128 III 121 E. 3d/aa S. 124; je mit Hinweis).  
 
2.   
Die Vorinstanz ging bei der Berechnung der Unterhaltsbeiträge auf Seite 26 f. des Urteils bis und mit 31. Januar 2015 vom tatsächlichen Einkommen der Beschwerdeführerin aus (Nettolohn von monatlich Fr. 3'817.30 für eine bis 31. Januar 2015 befristete Anstellung bei der C.________ GmbH mit einem Pensum von 50 %). Ab dem 1. Februar 2015 rechnete ihr die Vorinstanz ein hypothetisches Einkommen für eine Vollzeitstelle zu einem Lohn von monatlich Fr. 7'430.-- an. Die erste Instanz war bei der Beschwerdeführerin von einem hypothetischen Einkommen von Fr. 4'260.-- ausgegangen. 
 
3.   
Die Beschwerdeführerin wehrt sich in verschiedener Hinsicht (nachfolgend E. 3. und E. 4) gegen die Einsetzung eines hypothetischen Einkommens von mehr als Fr. 4'260.--. 
 
3.1. Vorab wendet sie sich gegen die vorinstanzliche Annahme, sie sei voll arbeitsfähig. Sie bringt vor, sie leide seit Jahren an gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Sie sei nur zu etwa 60 % arbeitsfähig. Auch bestreite sie den Schluss der Vorinstanz, dass mit Abschluss des Scheidungsverfahrens ihre Belastung wegfalle und sich ihr psychischer Zustand stabilisiere. Das erstinstanzliche Gericht habe das Zeugnis von Dr. D.________ vom 5. Juli 2013 als tauglichen Beweis anerkannt und damit eine Arbeitsfähigkeit von 60-80 % angenommen. Ergänzend verweist sie zum Beweis auf "Arztzeugnisse vom 24.7., 25.7., 25.7. und 20.6.2012, 5.7.2013, 3.5.2014 (sic); Beilagen 15-20". Die Vorinstanz habe willkürlich gehandelt und es verletze Bundesrecht (Art. 125 Abs. 1 ZGB), wenn ihre gesundheitlichen Beschwerden nicht berücksichtigt würden.  
 
3.2. Soweit sie die vorinstanzliche Beweiswürdigung rügt, müsste die Beschwerdeführerin Willkür dartun (E. 1.2). Der Beschwerde lässt sich indes keine Auseinandersetzung mit den vorinstanzlichen Erwägungen entnehmen, welche den Anforderungen an eine Willkürrüge genügt. Namentlich hielt der angefochtene Entscheid zum Arztzeugnis vom 5. Juli 2013 fest, die Beweiseingabe sei erst am 8. November 2013 und damit verspätet erfolgt, d.h. nach Abschluss des Behauptungsverfahrens gemäss Art. 229 Abs. 1 ZPO. Deshalb könne auf eine Würdigung dieses Beweismittels verzichtet werden. Die Beschwerdeführerin äussert sich hierzu nicht. Weiter kritisiert sie die Annahme der Vorinstanz, ihr psychischer Gesundheitszustand dürfte sich mit Abschluss der Scheidung bessern, beschreibt aber weder, weshalb dies ausgeschlossen, noch inwiefern ihre Arbeitsfähigkeit überha upt aus psychischen Gründen eingeschränkt sei. Sie legt vor Bundesgericht auch keine anderen Gründe für eine allfällige Arbeitsunfähigkeit dar. Eine blosse Auflistung von Arztzeugnissen, wie dies die Beschwerdeführerin tut, reicht nicht aus. Die Beschwerdeführerin kommt damit ihrer Rügepflicht nicht nach.  
 
4.   
Die Beschwerdeführerin ist sodann der Ansicht, die Aufnahme einer vollzeitlichen Erwerbstätigkeit sei ihr nicht zumutbar (E. 4.2) und eine Anstellung mit dem von der Vorinstanz angenommenen Lohn zu finden, überhaupt nicht möglich (E. 4.3). 
 
4.1. Von einem hypothetischen Einkommen kann ausgegangen werden, falls und soweit der Pflichtige bei gutem Willen bzw. bei ihm zuzumutender Anstrengung mehr zu verdienen vermöchte, als er effektiv verdient. Wo die reale Möglichkeit einer Einkommenssteigerung fehlt, muss eine solche jedoch ausser Betracht bleiben. Zu den Beurteilungskriterien gehören insbesondere die berufliche Qualifikation, das Alter und der Gesundheitszustand des betreffenden Ehegatten sowie die Lage auf dem Arbeitsmarkt (BGE 137 III 102 E. 4.2.2.2 S. 108; Urteil 5A_668/2014, 5A_670/2014 vom 11. Mai 2015 E. 3.2.1). Unterlässt es ein Ehegatte aus bösem Willen oder aus Nachlässigkeit oder verzichtet er freiwillig darauf, ein für den Familienunterhalt ausreichendes Einkommen zu erzielen, kann auf das Einkommen abgestellt werden, das er bei gutem Willen verdienen könnte (BGE 128 III 4 E. 4a S. 5; mit Hinweis auf BGE 127 III 136 E. 2a S. 139, 119 II 314 E. 4a S. 316, 117 II 16 E. 1b S. 17, 110 II 116 E. 2a S. 117 und Hinweisen auf die Literatur).  
 
 Ob der Beschwerdeführerin ein hypothetisches Einkommen in der angenommenen Höhe zugemutet werden kann, ist Rechtsfrage, ob dessen Erzielung auch als tatsächlich möglich erscheint, ist hingegen Tatfrage, die durch entsprechende Feststellungen oder durch die allgemeine Lebenserfahrung beantwortet wird (BGE 137 III 102 E. 4.2.2.2 S. 108; 137 III 118 E. 2.3 S. 121); auch letzternfalls müssen aber jene Tatsachen als vorhanden festgestellt sein, die eine Anwendung von Erfahrungssätzen überhaupt erst ermöglichen (BGE 128 III 4 E. 4c/bb S. 7 mit Hinweisen). 
 
4.2. In Bezug auf die (fehlende) Zumutbarkeit beruft sich die Beschwerdeführerin auf ihren Gesundheitszustand, das Alter und ihre Ausbildung. Sie verfüge nicht über spezifische berufliche Abschlüsse und entsprechende Ausbildungen. Die erste Instanz habe ihr ein hypothetisches Einkommen von Fr. 4'260.-- zugemutet, für ein Pensum von 60 % auf der Basis ihrer heutigen 50 %-Stelle. Dies habe sie akzeptiert. Eine Arbeitstätigkeit von 100 % sei ihr indes nicht zumutbar. Daran ändere die Qualifikation ihrer geschiedenen Ehe als Zuverdienst-Ehe nichts.  
 
 Die Rüge betreffend Gesundheit ist angesichts des Ergebnisses in Erwägung 3 gegenstandslos. Im Übrigen beschränkt sich die Beschwerdeführerin darauf, die weiteren Gründe für die behauptete Unzumutbarkeit als blosse Stichworte in den Raum zu stellen. Dies genügt den Begründungsanforderungen an die Beschwerde nicht (E. 1.2). Hierauf ist nicht einzutreten. 
 
4.3. Die Beschwerdeführerin bestreitet sodann, dass eine reale Möglichkeit bestünde, ein Einkommen in der umstrittenen Höhe von monatlich Fr. 7'430.-- zu erzielen.  
 
4.3.1. In diesem Zusammenhang wirft die Beschwerdeführerin der Vorinstanz Willkür vor. Die Vorinstanz nehme an, ihr sei eine grössere Anstrengung zuzumuten. Dies reiche aber nicht, sie müsse das ihr unterstellte Einkommen auch real erzielen können. Die Beschwerdeführerin verweist dabei auf BGE 137 III 118. Sie führt aus, die Vorinstanz hätte die rechtserheblichen Umstände prüfen müssen, d.h. die konkrete Arbeitsmarktsituation, Ausbildung und Alter der Beschwerdeführerin. Die entsprechenden Sachverhaltsfeststellungen würden indes fehlen. Willkürlich sei sodann, dass die Vorinstanz für die hypothetische Einkommensprognose lediglich auf den letzten Verdienst und damit auf ein einziges Jahr aus ihrem Erwerbsleben abgestützt habe, ohne die früheren Anstellungen und den dafür erzielten Lohn in die Überlegungen miteinzubeziehen. Seit 2003 habe sie 40-50 % gearbeitet. Ab 2010 habe sie 80 % gearbeitet und damit einen durchschnittlichen monatlichen Nettolohn von Fr. 4'000.-- gehabt. Die Stelle bei der C.________ GmbH, auf welche sich die Vorinstanz nun abstütze, sei auf ein Jahr befristet gewesen (bis 31. Januar 2015). Dies sei eine aussergewöhnliche Chance gewesen. Per 1. Februar 2015 habe sie noch keine Anstellung gefunden. Mangels Abschluss der Marketing-Weiterbildung verfüge sie nur über eine Ausbildung als kaufmännische Angestellte. Jedenfalls lasse sich nicht willkürfrei annehmen, dass sie bei einem Pensum von 100 % einfach das Einkommen verdoppeln könne, das sie bei der C.________ GmbH für die befristeten 50 % erzielt habe. Der hypothetische Betrag sei in etwa das Doppelte des Einkommens, das sie in den davorliegenden elf Jahren jeweils bei einem Pensum von 80 % erzielt hatte (resp. hätte). Ohne entsprechende Qualifikationen lasse sich eine Vollzeitstelle mit derart hoher Verdienstmöglichkeit nicht finden. Gemäss Lohnstrukturerhebungen des Bundesamtes für Statistik sei für eine Frau im Alter der Beschwerdeführerin (50) ohne Kaderfunktion, im privaten Sektor, von einem Medianlohn von Fr. 5'211.-- für eine Vollzeitstelle auszugehen. Das Vorgehen der Vorinstanz sei um so stossender, als der Beschwerdegegner über ein Jahres-Nettoeinkommen von über Fr. 165'000.-- (Steuern und Krankenkassenprämien bereits abgezogen) verfü ge.  
 
4.3.2. Der Beschwerdeführer hält dem in seiner Vernehmlassung vom 11. Mai 2015 insbesondere entgegen, die Vorinstanz habe richtigerweise den letzten (höheren) Verdienst als massgeblich erachtet. Die Beschwerdeführerin habe sich als Assistenz Bankleitung/Marketing, als Geschäftsstellenleitung, als Produkt Manager und als CFO-Assistant 80-100 % beworben. Es sei anzunehmen, dass diese Stellen dem höheren Entlöhnungssektor entsprächen. Schliesslich sei auch der Einwand nicht zu hören, die Beschwerdeführerin habe wenig Arbeitserfahrung. Sie sei sieben Jahre vor der Geburt des Sohnes 1992 und ab 2002 wieder 13 Jahre berufstätig gewesen sei, wie sich aus einer AHV-Rentenvorausberechnung ergebe, welche die Beschwerdeführerin im Scheidungsverfahren eingereicht habe. Im Übrigen berufe sich die Beschwerdeführerin auf Rechtsprechung zum hypothetischen Einkommen, welche für den Kindesunterhaltspflichtigen in engen wirtschaftlichen Verhältnissen gelte, nicht jedoch für die Beschwerdeführerin als Unterhaltsberechtigte.  
 
4.3.3. Vorab kann festgehalten werden, dass der Vorwurf des Beschwerdegegners, die Beschwerdeführerin stütze sich auf nicht einschlägige Rechtsprechung, ins Leere läuft. Der Richter kann im Rahmen der Unterhaltsbemessung gemäss Art. 125 Abs. 2 ZGB auch der unterhaltsberechtigten Person ein hypothetisches Einkommen anrechnen (BGE 137 III 102 E. 4.2.2.2 S. 108; anders gelagert ist der vorliegend - entgegen den Vorbringen des Beschwerdegegners - nicht zu besprechende Fall von Art. 125 Abs. 3 ZGB, wo ein an sich gegebener Unterhaltsanspruch gekürzt oder aufgehoben werden kann; vgl. hierzu Urteil 5A_716/2013 vom 31. März 2014 E. 3.4 mit Hinweisen).  
 
 Die Kritik der Beschwerdeführerin trifft demgegenüber zu. Zwar lassen sich dem angefochtenen Entscheid einige tatsächliche Feststellungen zu den ab 2003 ausgeübten Tätigkeiten entnehmen. Auf den jeweils erzielten Lohn geht die Vorinstanz aber nur teilweise ein. Die Vorinstanz hat immerhin festgehalten, die Beschwerdeführerin habe sich zehn Jahre ausschliesslich der Kinderbetreuung gewidmet. Etwa im Jahr 2003 sei sie mit einem Pensum von 40 % wieder ins Erwerbsleben eingetreten und habe sich in der Folge mittels einer eineinhalbjährigen Abendschule im Bereich Marketing weitergebildet. Feststellungen zu ihrer ursprünglichen Ausbildung/Qualifikationen, zu Arbeitsstellen und Berufserfahrungen vor der Erwerbspause fehlen aber. Ebensowenig äussert sich der angefochtene Entscheid dazu, in welchen Tätigkeitsfeldern die Beschwerdeführerin (heute) über genügende und aktuelle Kenntnisse aufweist, um entsprechende Stellenprofile antreten zu können. Sodann ist richtig, dass sich die Vorinstanz für die Berechnung des hypothetischen Einkommens ausschliesslich auf das zuletzt erzielte Einkommen stützte, d.h. dieses praktisch verdoppelte. 
 
 Für die Festlegung hypothetischer Einkommenszahlen wird in der Praxis regelmässig auf Lohnstrukturerhebungen abgestützt. Diese weisen den monatlichen Bruttolohn nach Wirtschaftszweigen, Anforderungsniveau des Arbeitsplatzes ("Kategorien") und Geschlecht aus. Zu berücksichtigen ist sodann das Alter. Die ersten beiden Parameter lassen sich indes mangels vorinstanzlichen Feststellungen oder nachprüfbaren Behauptungen zu den beruflichen Qualifikationen sowie Berufserfahrungen nicht bestimmen. Ebensowenig kann nach Erfahrungswissen beurteilt werden, wie die Chancen der Beschwerdeführerin auf dem Arbeitsmarkt sind. Die hierzu notwendigen Feststellungen lassen sich auch dem erstinstanzlichen Urteil nicht entnehmen. Der Erstrichter hatte das als zumutbar erachtete Einkommen von Fr. 4'260.-- ebenfalls auf der Basis der Anstellung bei der C.________ GmbH errechnet, indem er nämlich das Einkommen von 50 % auf 60 % erhöhte. Die vom Beschwerdegegner ins Feld geführten Bewerbungen lassen sodann keine Rückschlüsse auf die tatsächlichen Erwerbsmöglichkeiten der Beschwerdeführerin zu - dies um so weniger, als die Bewerbungen offensichtlich nicht zu einer Anstellung geführt haben. Zumindest behauptet dies der Beschwerdegegner nicht. Ebensowenig reicht eine AHV-Rentenvorausberechnung, um die fachlichen Qualifikationen und Erfahrungen einer Person einzuschätzen. Auch insofern kann dem Beschwerdegegner nicht gefolgt werden. 
 
4.3.4. Zusammengefasst kann willkürfrei nicht angenommen werden, der Beschwerdeführerin sei die Erzielung eines Einkommens von Fr. 7'430.-- tatsächlich möglich. Aufgrund des unvollständig ermittelten Sachverhalts, kann das Bundesgericht nicht reformatorisch entscheiden.  
 
4.4. Die Beschwerdeführerin dringt mit ihrem Eventualantrag (lit. C.a) durch, womit die Beschwerde teilweise gutzuheissen ist. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache zur Ergänzung des Sachverhalts (im Hinblick auf die Ermittlung des real erzielbaren Einkommens) und zu neuem Entscheid an das Obergericht zurückzuweisen (Art. 107 Abs. 2 BGG). Entsprechend neu zu berechnen ist auch der von der Höhe des Lohns abhängige Betrag für den Vorsorgebedarf der Beschwerdeführerin. Die Vorinstanz wird dabei - je nach Ausgang - auch neu über die Kostenverteilung im kantonalen Verfahren zu befinden haben.  
 
 Die Rüge der Beschwerdeführerin betreffend die vorinstanzliche Kostenverlegung wird damit gegenstandslos. Ebenso der Antrag der Beschwerdeführerin, neue Beweise zuzulassen (Absagen auf Bewerbungen). 
 
5.   
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten dem, im Rahmen der Gutheissung des Eventualbegehrens, unterliegenden Beschwerdegegner aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und er hat die Beschwerdeführerin für den im bundesgerichtlichen Verfahren angefallenen Aufwand zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist. Der Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau vom 2. September 2014 wird aufgehoben und die Sache zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an das Obergericht zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten für das bundesgerichtliche Verfahren von Fr. 1'500.-- werden dem Beschwerdegegner auferlegt. 
 
3.   
Der Beschwerdegegner hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'500.-- zu entschädigen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 12. August 2015 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: von Werdt 
 
Die Gerichtsschreiberin: Friedli-Bruggmann